Prölls Kampfansage
Finanzminister Pröll hielt seine erste Budgetrede. Sie war eine Kampfansage. Eine Kampfansage an die Krise, wie er es bezeichnete?
Wohl kaum.
Die Konjunkturpakete, die die Regierung bis jetzt beschlossen hat, inkl. Steuerreform, dem letztjährigen „Osterfrieden“ und dem Maßnahmenpaket vom Herbst werden lt. OeNB eine Wachstumswirkung von 0,8% des BIP heuer, und 1,4% des BIP nächstes Jahr entfalten. Mit einem kumulierten Beschäftigungseffekt von 25.000 Personen 2010. Dabei waren schon im April über 300.000 Menschen in Österreich arbeitslos, wenn die SchulungsteilnehmerInnen mitgezählt werden. Es ist also nicht alles eine Konjunkturmaßnahme, auch wenn sie so bezeichnet wird. Aber das wäre einen eigenen blog wert.
Was gibt es Positives zu berichten? Die Budgets werden expansiv wirken, weil die automatischen Stabilisatoren wirken. Mehr Geld gibt es also in den Bereichen Arbeit und Sozialversicherung, aber auch Gesundheit, Bildung, Wissenschaft und Forschung.
Kaum jemand ist damit aber zufrieden, weil von den Maßnahmen des Regierungsprogramms, die unter Finanzierungsvorbehalt gestanden sind (und dies war der überwiegende Teil) kaum eine umgesetzt wird. Die Ermessensausgaben wurden zudem gekürzt und der Personalplan sieht bis 2013 Kürzungen von 1.800 Stellen vor, ausgenommen sind nur Bildung und Inneres. Ach ja, an Banken werden heuer 10.300 Mio. Euro ausbezahlt werden. Die sind allerdings zufrieden damit.
Warum war die Rede Prölls trotzdem eine Kampfansage? Die Kampfansage galt denen, die sich für Verteilungsgerechtigkeit in diesem Land einsetzen. „Man kann sicherlich vieles über Österreich behaupten, aber doch sicher nicht, dass es unserem Land an Verteilungsgerechtigkeit mangelt …“, ist da nachzulesen. Und „Die wirklich wichtige Frage ist daher nicht: Wer zahlt die Krise?“ Sondern? „Die entscheidende Frage kann doch nur sein: Wie können wir diese Krise möglichst schnell überwinden? Und auch hier kann die Antwort nur sein: Wir alle gemeinsam.“
Wieso sollen wir nicht darüber reden, wer die Krise bezahlen soll? Fast gleichzeitig mit dem Budget ist das Stabilitätsprogramm an die EU verschickt worden, wo die Regierung schreibt, dass sie das Defizit bis 2012 wieder unter 3 Prozent bringen will. Was heißt das? Das nächste Budget wird schon ein Konsolidierungsbudget. Die ÖVP wehrt sich, Steuern zu erhöhen. Zur Erinnerung: Als 1997 erstmals das Maastricht-Defizit unter 3% gedrückt wurde, lag die Abgabenquote bei 44,4 Prozent. Als 2001 der unvergleichliche Karl Heinz Grasser ein Nulldefizit schrieb, lag die Abgabenquote gar bei 45,3 Prozent. Beide Male war die ÖVP in der Regierung.
Für 2010 und die Folgejahre ist allerdings eine Abgabenquote von 41,2 Prozent prognostiziert – kein Wunder, gehen doch die Steueraufkommen aus Körperschaftssteuer, veranlagter Einkommenssteuer – nicht zuletzt aufgrund von Steuerprivilegien – und Kapitalertragssteuer dramatisch zurück. Bei einem Defizit von 4,7% des BIP, dies soll auch in den Folgejahren noch so hoch sein. Wenn also einnahmenseitige Maßnahmen getroffen werden würden, um die 3%-Grenze zu erreichen, würde die Abgabenquote wieder auf ca. 43% steigen. Dort lag sie 2008 auch. Sie liegt damit weit unter 1997 und 2001. Trotzdem legt sich die ÖVP quer.
Die ÖVP macht eine Kampfansage, nicht an die Krise, sondern an den Sozialstaat. Dieser verteilt in Österreich vor allem ausgabenseitig um. Und dort soll gekürzt werden. Weil es für die ÖVP, wie wir gelernt haben, an vielem mangelt, aber an Verteilungsgerechtigkeit in Österreich noch viel zu viel gibt.