Staatsausgaben senken statt Steuern erhöhen?
So macht man also Politik: Zuerst werden die »Leistungsträger« einer Gesellschaft, also die oberen Prozent, entlastet, indem man Steuern senkt, dann muss bei den Staatsausgaben gespart werden. So wurde die Körperschaftssteuer gesenkt und die Erbschafts- und Schenkungssteuer abgeschafft, und die letzten Reformen sind noch gar nicht lange her: Man hat die Grenze, ab der der Spitzensteuersatz greift, auf 60.000 Euro zu versteuerndes Einkommen im Jahr angehoben. Daneben wurde ein ungebundener Freibetrag für Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und Gewerbebetrieben beschlossen sowie der Freibetrag für investierte Gewinne erhöht. Steuersenkungspolitik als Standortpolitik war die Devise, wobei die Entlastungen natürlich zu einem erheblichen Teil denjenigen zu Gute kamen, denen es sowieso schon vergleichsweise gut geht. Die Folge: Staatsausgaben mussten zurückgefahren werden und das Investitionsdefizit in den Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge ist immens. Und die steigende Ungleichheit auch.
Dann kam die Krise. Bzw. sie war auch eine Folge der beschriebenen Politik, denn eine ungleiche Einkommensverteilung ist eine Ursache der Krise. Hieß es noch vor wenigen Monaten: „Es gibt nichts zu verteilen“, so wurden nun in Kürze der Zeit zahlreiche Hilfspakete für Banken und Konjunkturprogramme geschnürt – auf vergleichbare Zusatzausgaben für Soziales und Bildung wartet man jedoch noch immer. Die Banken- und Konjunkturpakete jedoch wollen nun bezahlt sein. Wer aber glaubt, dass dies auch über eine Vermögensbesteuerung passiert oder andere Steuern, der sieht sich getäuscht. Wer das auch nur andenkt, der wird mit einer Kampagne überzogen. Und Bernhard Felderer macht aktuell im Standard klar, was passieren wird:
Statt Steuern zu erhöhen oder neue einzuführen, redet der Wirtschaftsforscher einer Reduktion der Staatsausgaben das Wort: „Das muss absolute Priorität haben.“
Damit wird die alte Politik fortgeschrieben – nicht die Medizin war falsch, sondern die Dosis. Denn wenn das nicht wirkt, dann muss man eben mehr davon nehmen. Dass von Staatsausgaben eben gerade auch die sozial Schwächeren profitieren, von den Steuersenkungen aber nicht, ist bekannt aber offensichtlich egal. Dass Staatsausgaben gerade auch Nachfragewirksam sind – auch egal. Nur nicht das Vermögen und die Einkünfte der Besserverdienenden angreifen…
Es bleibt zu hoffen, dass Herr Felderer Widerstand bekommt und man endlich einmal eine Debatte über eine sinnvolle Vermögensbesteuerung zu Finanzierung öffentlicher Ausgaben führen kann. Die Kürzung der wifo-Gelder durch die Industriellenvereinigung macht dabei auch deutlich, warum Wissenschaft unabhängig sein muss.