§ 278a StGB: Ein Angriff auf die Zivilgesellschaft
Am 21. Mai 2008 stürmten Spezialeinheiten der Polizei gegen ca. 6:00 Uhr mindestens 24 Wohnungen bzw. Vereinslokale von Tierrechtsaktivist_innen in Wien und anderen Orten in Österreich. Viele der Bewohner_innen wurden mit gezogenen Waffen aus dem Schlaf gerissen.
Begründung für die Hausdurchsuchungen ist der Vorwurf der “Bildung einer kriminellen Organisation” gemäß §278a StGB, sowie verschiedene Straftatbestände wie Sachbeschädigungen, Brandstiftungen etc.
§278a StGB stellt die Gründung oder Beteiligung an einer sog. „kriminellen Organisation“ unter Strafe. Diese muss “eine größere Zahl von Personen“ umfassen, längere Zeit bestehen und auf die „wiederkehrende und geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen“ ausgerichtet sein. . Eingeführt wurde der Paragraph zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität – insbesondere des Handels mit Menschen, Drogen, Falschgeld, radioaktiven Stoffen oder Waffen – die durch ihre Tätigkeit „eine Bereicherung in großem Umfang oder erheblichen Einfluß auf Politik oder Wirtschaft anstrebt“.
Die U‑Haft für die verhafteten Tierrechtsaktivist_innen wurde mehrmals mit der Begründung von Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr verlängert. Nach 105 Tagen Haft und unzähligen globalen Solidaritätsbekundungen wie Demonstrationen, Tierbefreiungen, Kletteraktionen, etc. befinden sich die Aktivist_innen endlich wieder auf freiem Fuß.
Am 11. August 2009 wurde bekannt, dass ein Strafantrag gegen 10 der ehemals inhaftierten Tierrechtsaktivist_innen am Gericht Wiener Neustadt liegt, damit ist klar, dass es zu einem Prozess gegen sie kommen wird. Die Ermittlungen gegen sie und weitere Aktivist_innen werden wegen zusätzlicher Vorwürfe trotzdem weiter geführt.
So gibt es erstmalig Details aus den Strafanträgen gegen 10 Tierrechtler_innen: Vorgeworfen wird den Beschuldigten vor allem Aktivitäten zur Förderung der Ziele der vermeintlichen kriminellen Organisation, so etwa die „Anmeldung von Demonstrationen“ gegen den Verkauf von Echtpelzprodukten, das Halten von öffentlich zugänglichen Vorträgen, das Verfassen von Artikeln für Zeitschriften oder Recherchen zu Pelzverkauf und Tierhaltung. Verfolgt wird also ganz alltägliche und bis jetzt legale Arbeit von NGO‚s und anderen politischen Gruppen. Konkrete Straftaten sollen fast ausschließlich von „unbekannten Mittäter_innen“ begangen worden sein. Kontakt hatten die Beschuldigten zu diesen „Mittäter_innen“ laut Strafantrag „zu unbekannter Zeit an unbekanntem Ort“.
Über zwei Jahre massivste Ermittlungen waren offenbar vor allem auf das öffentliche, politische und legale Engagement von Personen und Vereinen fokussiert. Wovor bereits seit langem gewarnt wird, dass die Anwendung von Organisations-Paragraphen wie diesem der Kriminalisierung und Überwachung von politischen Bewegungen Tür und Tor öffnet, hat sich bestätigt.
Weitere Hintergründe zu diesem Fall finden sich auf der Homepage http://antirep2008.lnxnt.org/ Dort wird auch um finanzielle Unterstützung zur Bewältigung der Kosten die für die Anwält_innen anfallen gebeten. Ersten Schätzungen zufolge belaufen sich diese auf mehrere 10.000 Euro pro Person.
Kontonummer: 01910815837, Bankleitzahl: 14 000
Kontoinhaberin: Grünalternative Jugend Wien, Zweck (wichtig, bitte auf jeden Fall angeben!): Antirep 2008
IBAN: AT451400001910815837, BIC: BAWAATWW
Getroffen hat es wenige, gemeint sind wir alle! Darum hier der Appell, aktiv zu werden, Solidaritätsaktionen zu starten und auf das Solikonto zu spenden!