Die Banker, die Manager, die Boni und die Staatshilfe: Ein Dreigroschenopern-Roman
In Bertolt Brechts Theatermoritat von Dieben, Bettlern und der feinen Gesellschaft (1) ist Moral eine heuchlerische, der Bourgeoisie vorbehaltene Kategorie; gesellschaftlicher Zusammenhalt existiert faktisch nicht. Dort fragt Mackie Messer rhetorisch „Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie? Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ Berechtigte Fragen, die sowohl in der Literatur von damals als auch in der Realität von heute unbeantwortet bleiben.
Der österreichische Staat hat – wie viele andere Länder dieser Welt – hohe Summen zur Absicherung seines Finanzsektors zur Verfügung gestellt. 100 Milliarden Euro werden für Haftungen und Rekapitalisierung reserviert, um marode Banken vor dem Absturz zu schützen und dadurch die ins Trudeln geratene Wirtschaft wieder mit Geld zu versorgen. Weil letzteres nur bedingt funktioniert und die Banken Unternehmen kaum längerfristigen Kredite geben (können?), wurden vom Bankenrettungspaket nunmehr 10 Milliarden Euro für so genannte Unternehmenskredithaftungen umgewidmet. An welche – nicht nur symbolisch bedeutsamen – Bedingungen die Gewährung dieser Haftungen geknüpft ist, dürfte derzeit Gegenstand politischer Auseinandersetzungen sein (2). So soll offenbar die ÖVP kein Problem damit haben, dass gut bezahlte Manager von solcherart unterstützten Firmen nach wie vor ihre Boni kassieren. In Abwandlung von Mackie Messers Diktum, kommt da wohl einiges an feinem Essen, bevor auch nur der Hauch von Moral sichtbar wird. Und Dividenden bitte auch noch für die Aktionäre – denn was bei Banken recht ist, muss bei Unternehmen billig sein.
So ist natürlich auch beim Partizipationskapital für die Banken ‑also bei jenem Geld, mit dem der Staat dem Finanzsektor zwar direkt unter die Arme, aber keinesfalls ins unternehmerische Ruder greift – die Frage von Bonuszahlungen und Dividenden eine heikle gewesen. Und sie wurde bisher nicht bzw. nur zum Teil beantwortet. Eine Verpflichtung, dass Boni nicht ausgezahlt werden, gibt es in der öffentlich zugänglichen Vereinbarung nicht; es ist nur von „Angemessenheit“ solcher Zahlungen die Rede. Und was die Dividenden betrifft, so sind auch hier bei einigen Banken keine Beschränkungen gegeben: Der Aktienkurs der Ersten Bank ist beispielsweise nach der Geldspritze durch den Staat wieder deutlich nach oben gegangen – verteilungspolitisch ist das eine schräge Sache!
Gleichzeitig legt sich die ÖVP aber quer, was die 13. und 14. Auszahlung der Mindestsicherung betrifft. Nur zur Größenordnung: Dabei würde es sich um kolportierte 20 bis 30 Millionen Euro an Mehrkosten für rund 270.000 Betroffene handeln. Oder: Das Arbeitsmarktpaket I (im wesentlichen Kurzarbeit) kostet 2009 rund 300 Millionen Euro, das Arbeitsmarktpaket II (Altersteilzeit, Bildungskarenz etc) überhaupt nur ca. 60 Millionen Euro pro Jahr (ab 2010), die nicht einmal durch zusätzliche Mittel aus dem Bundesbudget aufgebracht werden. Zum Vergleich: 300 Millionen Euro ist das obere Limit, das ein einzelnes Unternehmen als Haftungsgrenze für Bankkredite bekommen kann! Was hier an Ausfällen möglich ist, ist im Krisen-Budget 2009/2010 noch nicht einmal eingeplant.
Der bald zu sanierenden Staatshaushalt gerät jedenfalls nicht durch die soziale Hängematte, die von Grünen à la Langthaler bis zu den traditionell Konservativen heraufbeschworen wird, aus dem Ruder, sondern aufgrund eines fehlgeleiteten (Finanz-)Systems. Vor diesem Hintergrund ist es eine Frage des politischen Anstands, eben der vielfach zitierten Moral, zumindest den Schein zu wahren und auf das eine oder andere „goodie“ zu verzichten. Aber, um wieder in den Zitatefundus der Straßenräuber und Bettlerkönige zu greifen: „Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so“ ….
(1) Die Dreigroschenoper von Bertolt Brecht mit Musik von Kurt Weil wurde am 31. August 1928 im Theater am Schiffbauerdamm in Berlin uraufgeführt
(2) siehe Artikel in der Presse vom 13. August 2009: „Koalitionszwist um Staatshaftungen“
…netter Artikel. Leider mit billiger Anti-Gruen-Polemik am Schluss. Was auch immer Langthaler diesbezueglich gesagt hat, sie hat seit mittlerweile ueber 10 Jahren mit den Gruenen ziemlich wenig zu tun und die ihr zugeschriebene Einstellung gar nichts mit gruener Programmatik oder Politik.