Jörg Huffschmid (1940-2009) – BEIGEWUM

Jörg Huffschmid (1940-2009)

am 12. Dezember 2009 um 21:46h

Der BEIGEWUM trau­ert um Prof. Dr. Jörg Huff­schmid, der am letz­ten ver­gan­ge­nen Sams­tag (5.12.2009) nach schwe­rer Krank­heit viel zu früh aus dem Leben schied. Als einem der füh­ren­den deutsch­spra­chi­gen poli­ti­schen Öko­no­men der letz­ten vier Jahr­zehn­te ver­ban­den den BEIGEWUM und vie­le sei­ner Mit­glie­der mit Jörg Huff­schmid eine lan­ge Rei­he von per­sön­li­chen und insti­tu­tio­nel­len Kon­tak­ten und Koope­ra­tio­nen. Mehr noch: Jörg Huff­schmid war ein leuch­ten­der Fix­stern am intel­lek­tu­el­len Fir­ma­ment vie­ler kri­ti­scher Sozi­al- und Wirt­schafts­wis­sen­schaf­te­rIn­nen, die sich im BEIGEWUM engagierten.


Das per­sön­li­che Ethos von Jörg Huff­schmid war von dem inten­si­ven Bestre­ben getra­gen, kri­ti­sche Wis­sen­schaft in den Dienst fort­schritt­li­cher Poli­tik zu stel­len. Die­ses Ziel hat er nicht nur mit zahl­rei­chen wis­sen­schaft­li­chen Ana­ly­sen und Publi­ka­tio­nen aktiv ver­folgt, son­dern auch durch prak­ti­sche orga­ni­sa­to­ri­sche Tätig­keit an der Schnitt­stel­le von Wis­sen­schaft und Politik.


Obgleich er in den Anfän­gen sei­ner wis­sen­schaft­lich-poli­ti­schen Tätig­keit mit der Grün­dung der „Arbeits­grup­pe Alter­na­ti­ve Wirt­schafts­po­li­tik“ im Jahr 1975 und den seit 1977 jähr­lich erschei­nen­den Jah­res­gut­ach­ten (Memo­ran­den) noch einen Schwer­punkt auf die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land gelegt hat­te­leg­te, hat­te die Arbeit der Memo­ran­dum-Grup­pe schon damals für den BEIGEWUM Vor­bild­cha­rak­ter. In den spä­ten 1980er und frü­hen 1990er Jah­ren kam es auch zu ers­ten Kon­tak­ten zwi­schen der Memo­ran­dum Grup­pe und dem BEIGEWUM. In den 1990er Jah­ren erwei­ter­te Jörg Huff­schmid den geo­gra­phi­schen Radi­us sei­ner Inter­es­sen und Akti­vi­tä­ten auf die euro­päi­sche Ebe­ne. Als Grün­der der Arbeits­grup­pe für eine ande­re Wirt­schafts­po­li­tik für Euro­pa (Euro­Me­mo­ran­dum-Grup­pe) im Jahr 1995 und Haupt­au­tor des jähr­lich erschei­nen­den Euro-Memo­ran­dums leis­te­te Jörg Huff­schmid Pio­nier­ar­beit im Auf­bau einer kri­ti­schen öko­no­mi­schen und poli­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zung mit der euro­päi­schen Inte­gra­ti­on. Eben­so wies er schon früh­zei­tig und nach­drück­lich auf die Gefah­ren eines außer Kon­trol­le gera­ten­den Finanz­sek­tors und die ver­fehl­te Kon­struk­ti­on der euro­päi­schen Finanz­markt­in­te­gra­ti­on hin. Huff­schmids Bestre­ben war es dabei immer, pro­gres­si­ve Alter­na­ti­ven zur herr­schen­den Wirt­schafts-und Sozi­al­po­li­tik in der EU auf­zu­zei­gen. Er for­mu­lier­te dabei einen soli­tä­ren und erst mit der Zeit auf brei­te­re Reso­nanz sto­ßen­den Gegen­stand­punkt zum zuneh­mend neo­li­be­ral über­form­ten Inte­gra­ti­ons­mo­dell. Auf­grund die­ser stark in den Vor­der­grund tre­ten­den euro­päi­schen Dimen­si­on im Wir­ken von Jörg Huff­schmid inten­si­vier­te sich in den letz­ten Jah­ren auch die Zusam­men­ar­beit mit dem BEIGEWUM. Huff­schmid war mit Attac Öster­reich, der Arbei­ter­kam­mer und dem BEIGEWUM aktiv in die Orga­ni­sa­ti­on der ers­ten Alter­na­ti­ven ECO­FIN-Kon­fe­renz in Wien im April 2006 ein­ge­bun­den. Sei­ne füh­ren­de Mit­wir­kung an den alter­na­ti­ven ECO­FIN-Kon­fe­renz in den Fol­ge­jah­ren, wie auch zahl­rei­cher euro­päi­scher For­schungs­ak­ti­vi­tä­ten und Ver­an­stal­tun­gen, ver­deut­lich­ten uns die Not­wen­dig­keit, kon­se­quent an der Ver­net­zung von kri­ti­scher Wis­sen­schaft und Öffent­lich­keit in den Staa­ten der Euro­päi­schen Uni­on zu arbeiten.


Im Rück­blick erscheint es uns als Geschenk, dass Jörg Huff­schmid im Früh­jahr 2009 für meh­re­re Mona­te als Gast­pro­fes­sor am Insti­tut für Poli­tik­wis­sen­schaf­ten in Wien weil­te. Dadurch konn­ten wir ihm bei meh­re­ren öffent­li­chen Ver­an­stal­tun­gen und pri­va­ten Tref­fen noch­mals begeg­nen, und von sei­ner ana­ly­ti­schen Schär­fe und sei­nem poli­ti­schen Weit­blick profitieren.


Jörg Huff­schmid war als Mensch lie­bens­wür­dig und völ­lig unprä­ten­ti­ös. Mit sei­nem Tod ver­lie­ren wir des­halb nicht nur einen gro­ßen Wis­sen­schaf­ter, son­dern wir trau­ern auch um den Men­schen Jörg Huffschmid.


Vor­stand des BEIGEWUM


Wei­te­re Nach­ru­fe zum Tode von Jörg Huffschmid:

Nach­ruf von Rudolf Hickel
Heinz‑J. Bon­trup in der Frank­fur­ter Rund­schau
Heinz‑J. Bon­trup im Neu­en Deutsch­land
Nach­ruf von Axel Troost

Nach­ruf von Rai­ner Ril­ling bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung 
Sei­te von ATTAC Öster­reich zu Hiffschmid
http://www-user.uni-bremen.de/~huffschm/



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