Steuersenkungsbremse
Finanzminister Pröll will eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild, um die Staatsverschuldung in Europa einzudämmen. Das ist zwar reiner Populismus – in Deutschland sind noch nicht einmal die Konjunkturbereinigungsverfahren klar, nach denen die strukturelle Neuverschuldung berechnet werden soll – dennoch kann sich Pröll vermutlich breiter Zustimmung sicher sein. Vorurteile gegen Schulden im Allgemeinen und südeuropäische Haushaltsdisziplin im Speziellen werden dafür sorgen. Nur: Was heißt das eigentlich, Schuldenbremse? In erster Linie vermutlich, dass die Staatsfinanzen ausgabenseitig saniert werden sollen. In Deutschland hat der hessische Ministerpräsident Koch – der den Haushalt fit für die Schuldenbremse machen muss – auch schon gesagt, wie dies geschehen soll: Die Bildungsausgaben sollen zurückgefahren werden!
Erinnern wir uns doch mal kurz zurück: In den vergangenen Jahren sind europaweit die Steuern gesenkt worden – und zwar nicht für die normalen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Aber Unternehmen zahlten immer weniger Steuern, wer es sich leisten konnte gründete eine Privatstiftung, und das Bankgeheimnis hilft Steuerhinterziehern aus dem Ausland beim Parken des Schwarzgeldes. Die, auch auf Grund sinkender Besteuerung, steigenden Gewinne und die zunehmende Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen führten zu gigantischen Massen anlagesuchenden Kapitals. Diese wurden durch eine zunehmende Privatisierung der Altersvorsorge noch ausgeweitet. So vagabundierten erhebliche Summen Spielgeld durch die internationalen Finanzcasinos. Immer weitere Deregulierungen folgten, kurzum: Paradiese für Zocker entstanden. Als das dann alles zusammenbrach war der Staat da und stützte die Banken. Natürlich, indem er Schulden aufnahm. Diese Schulden wiederum sind der Anlass für diverse Fonds, gegen einzelne Staaten zu spekulieren um so Milliarden auf Kosten der Allgemeinheit zu verdienen. Frau Merkel spielte sich als Madame Non auf, und das Problem Griechenland wuchs sich zu einem Problem Euro aus. Die Folge: Weitere Hilfspakete mit evtl. folgender weiterer gigantischer Staatsverschuldung. Was aber macht die Politik? Etwa Kreditausfallversicherungen zu verbieten, wenn es keine Kredite gibt? Die Finanzmärkte regulieren? Die Finanzierung der Krisenkosten über Vermögenssteuern, Finanztransaktionssteuern, Erbschaftssteuern, Unternehmenssteuern, Spitzensteuersätze vorantreiben und so die Staatsverschuldung reduzieren? Nein, Josef Pröll will eine Schuldenbremse. Anders formuliert: Josef Pröll will eine finanzmathematische Legitimation für den anstehenden Sozialabbau.
Natürlich, das schönrechnen des griechischen Haushaltes ist nicht zu tolerieren. Natürlich, eine sparsame Haushaltspolitik ist immer notwendig, die Mittel sollen und müssen gezielt – das heißt politisch gewollt – eingesetzt werden. Und ja: Staatsverschuldung ist in guten Zeiten auch abzubauen. Nur: Das wäre alles kein Problem, würde man nicht bei jeder Gelegenheit die Steuern für Unternehmen, Vermögende, Erben usw. senken oder abschaffen. Denn ein Haushalt lässt sich auch einnahmeseitig sanieren. Und es ist höchste Zeit, dass es eine Steuersenkungsbremse gibt. Die Steuern müssen hoch – und zwar dort, wo sie am meisten gesenkt wurden, also bei Unternehmen, bei Vermögenden, bei Erben großer Erbschaften, bei Spitzenverdienern. Dagegen aber sperrt sich Josef Pröll. Seine Politik zielt darauf ab, die Lasten der Krise auf die Schwächsten der Gesellschaft abzuwälzen – auf diejenigen, die auf einen starken Staat angewiesen sind. Dagegen gilt es sich zu wehren – und zwar bereits bei der scheinheiligen Debatte über eine Schuldenbremse.