Argumente in der (Staatsschulden-)Krise
Der „Rettungsschirm“ für Griechenland und andere Euroländer mit Refinanzierungsproblemen erhitzt sozialdarwinistische Gemüter. Im Grunde werden mit dem Geld Exportmärkte und Schuldner der Banken im Kern Europas stabilisiert. Die Sparauflagen, mit denen die Überbrückungskredite versehen wurden, sind makroökonomisch und sozial desaströs. Durch die populistische Welle, die selbst diesen eigeninteressierten Stabilisierungsversuchen entgegenschwappt, werden solche Fragen jedoch überschwemmt, und eine Diskussion um Alternativen (Marshall Plan für Griechenland, Eurobonds, internationale Regelung für geordnete Staateninsolvenz, Regulierung der Finanzmärkte etc.) erstickt.
Nach jahrzehntelanger sozialdarwinistischer Rhetorik neoliberaler Eliten wird die Geltung dieser Prinzipien jetzt von Rechtsextremen empört eingefordert – in einem Moment, wo die wirtschaftspolitischen Eliten die Grenzen der Leistungsfähigkeit dieser Diskurse und der damit verbundenen wirtschaftspolitischen Paradigmen erkennen müssen. Die neoliberale Moral fliegt den ProtagonistInnen jetzt um die Ohren.
Dem Muster der BEIGEWUM-Mythen-Reihe verwandt hat die deutsche Luxemburg-Stiftung jetzt ein sehr gutes Argumentarium herausgegeben, das „20 beliebte Irrtümer in der Schuldenkrise“ aufgreift und Gegenargumente präsentiert.
Hier österreichische Zahlen zur Ergänzung:
3) „Faulheit“? In Österreich beträgt die durchschnittliche Jahresarbeitszeit 1.621 Stunden pro BeschäftigteR (Griechenland: 2.119 Stunden)
5) Luxusrenten? Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter beträgt 58,9 Jahre in Österreich (Griechenland: über 61,9 Jahre)
9) Mangelnde Wettbewerbsfähigkeit? Spiegelbild österreichische Exporte: Der Außenhandelsüberschuss gegenüber Griechenland betrug in den letzten Jahren rund eine halbe Mrd. Euro pro Jahr
10) Korruption: Die Schattenwirtschaft wird in Österreich auf 8% des BIP geschätzt. Grundsätzlich sind solche Schätzungen sehr umstritten.
13) Gläubigerbeteiligung? Österreichische Banken halten griechische Staatspapiere im Wert rund 3–4 Mrd. Euro.
17) Für Freunde nicht bürgen? Der österreichische Anteil am Rettungsschirm für Griechenland liegt bislang bei rund 2,3 Mrd. Euro.
Von den Ausgaben für die Bankenretttung in Österreich sind bislang 1,4 Mrd. uneinbringlich.
20.6.: Symposium „Heinz Steinert: Erinnerung an den Soziologen und kritischen Begleiter der Rechtspolitik“
Erinnerung an den Soziologen und kritischen Begleiter der Rechtspolitik Heinz Steinert — ein Auftrag für die Zukunft wird diskutiert.
20. Juni 2011
Bildungszentrum der Arbeiterkammer Wien
Theresianumgasse 16–18, 1040 Wien
Das Programm:
17 Uhr Rückblicke von KollegInnen und LehrerInnen:
Arno Pilgram, Wolfgang Gratz, Oliver Brüchert, Helga Cremer-Schäfer
18 Uhr Podiumsdiskussion
Welche Wissenschaft braucht die Rechtspolitik?
mit: Wolfgang Bogensberger, Lukas Oberndorfer, Jürgen Pelikan, Petra Velten, Alfred Zauner
Moderation: Reinhard Kreissl
Veranstaltung des Instituts für Rechts-& Kriminalsoziologie