„Erbschaften besteuern!“ ist einmal mehr gefragt
Ende 2013 startete die Initiative „Erbschaften besteuern!“, für die wir damals eine eigene Homepage angelegt haben. Nun gewinnt die Forderung nach mehr Verteilungsgerechtigkeit erneut an Dringlichkeit – denn die Steuerreform der Bundesregierung droht zu einem Schutzprogramm für Reiche zu werden. Auf leistungslose Vermögenseinkommen sind seit Abschaffung der Erbschaftssteuer keine Steuern fällig, gleichzeitig ist die Steuerbelastung auf Arbeitseinkommen in Österreich hoch.
Die Argumente der Initiative haben unverändert Gültigkeit: Die Einführung einer Erbschaftssteuer ist ökonomisch sinnvoll und sozial gerecht! Erbschaften sind in Österreich nach wie vor äußerst konzentriert, sodass wenige Menschen sehr große Hinterlassenschaften empfangen und damit vielfach noch reicher werden. Eine Abgabe auf Erbschaften ist immer noch Voraussetzung für Gerechtigkeit, denn die soziale Herkunft darf nicht über die Zukunft der Menschen entscheiden.
Zwei Dinge haben sich seit dem Beginn der Kampagne geändert: Zum einen ist die Bundesregierung, an die sich die Forderung richtet, nicht mehr neu und tritt nun selbst für Steueränderungen ein. Zum anderen ist die empirische Unterfütterung unserer Argumente heute besser als noch vor einem Jahr:
- Wir selbst haben mit unserem Buch „Mythen des Reichtums“ versucht, den gerade in der Erbschaftsteuerdebatte öffentlich präsenten Rechtfertigungsstrategien von Reichtum faktenreiche Argumente entgegenzusetzen. Zudem hat das Jahoda-Bauer-Insitut hat einige dieser Reichtumsmythen online aufbereitet.
- Es ist klarer geworden, wen eine Erbschaft- und Schenkungsteuer wirklich treffen würde. Die Berichte über das reichste Promille der Bevölkerung häufen sich, auch abseits von tendenziell verherrlichenden Reichenlisten à la „Die 100 reichsten Österreicher“. So hat ein Forschungsteam im Vorjahr die sozioökonomische Zusammensetzung der Millionärshaushalte untersucht. Wenig überraschend decken sich die Ergebnisse mit der Zusammensetzung der „Mittelstandskampagne“, also v.a. GroßgrundbesitzerInnen und UnternehmerInnen, kaum jedoch ArbeitserbringerInnen.
- Die wirtschaftswissenschaftliche Abteilung der AK Wien hat basierend auf den HFCS-Datensatz der OeNB bzw. des Eurosystems die Vermögensverteilung anschaulich aufgearbeitet. Erstens gibt es eine allgemeine Broschüre zu Vermögen in Österreich; zweitens eine spezifische zu den Spitzeneinkommen und –vermögen; drittens und viertens wurde eine Reihe von Studien beauftragt, die besondere Verteilungsaspekte behandeln (zB geschlechtsspezifische Vermögensunterschiede, Bestimmungsfaktoren der Vermögensungleichheit mit dem Schwerpunkt Erbschaften, die Untererfassung des HFCS-Datensatzes, die Auswirkungen der Vermögens- auf die Einkommensverteilung etc.)
- Mit dem Blog „Arbeit & Wirtschaft“ gibt es eine neue Plattform, wo aktuelle Verteilungsfragen einen der Schwerpunkte bilden.
- Die in regelmäßigen Abständen erscheinenden Berichte zur Verteilungsentwicklung in Österreich bescheinigten in ihren neuesten Ausgaben eine steigende Ungleichheit. Der Sozialbericht 2013/14 des Sozialministeriums zeigt, dass die Kluft zwischen Arbeits- und Vermögenseinkommen weiter auseinandergeht. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der Einkommensbericht 2014 des Rechnungshofes, der die Einkommensschere zwischen Gering- und den SpitzenverdienerInnen thematisiert.
- International sind mit dem Buch „das Kapital im 21. Jahrhundert“ von Thomas Piketty Verteilungsfragen wieder ins Zentrum der wirtschaftswissenschaftlichen Debatte – und darüber hinaus – zurückgekehrt (eine Nachlese zu seinem Österreich-Auftritt samt Zusatzinformationen findet sich hier). Selbst Institutionen wie die OECD oder der IWF, die seit Jahren mit ihren Schriften den Boden für neoliberale Reformen aufbereitet, kommen heute nicht mehr an der Verteilungsfrage vorbei (zB diese OECD- bzw. IWF-Links).
Umso wichtiger ist es gerade jetzt, das Engagement für mehr Verteilungsgerechtigkeit zu verstärken.