Europas Multiple Krisen: Eine Agenda für einen wirtschaftlichen Wandel, Solidarität und Demokratie
Am 20. April luden wir gemeinsam mit der ÖFSE und der wirtschaftspolitischen Akademie zur Präsentation des neuen EuroMemos . Das EuroMemo beleuchtet aktuelle Entwicklungen in Europa und entsteht kollaborativ aus Diskussionen und Arbeiten renommierter ÖkonomInnen aus ganz Europa, welche sich für Vollbeschäftigung mit guten Arbeitsverhältnissen, für soziale Gerechtigkeit, für Beseitigung von Armut und sozialer Exklusion, für ökologische Nachhaltigkeit und für internationale Solidarität einsetzen.
Europäische Wirtschaftspolitik – nach wie vor neoliberal ausgerichtet
Seit dem Erscheinen des EuroMemo 2015 ist es zu keinen nennbaren Kursänderungen auf gesamteuropäischer Ebene in der Ausrichtung der politischen Maßnahmen gekommen. Zwar wurde die Austeritätspolitik – mit der Ausnahme des Troika-Diktats in Griechenland – etwas aufgeweicht, doch dafür der Druck zu neoliberalen Strukturreformen mit dem Schwerpunkt Abbau von Löhnen und Arbeitsrechten verschärft. Entsprechend ist die Arbeitslosigkeit weiterhin hoch, vor allem unter Jugendlichen, und setzen sich Ungleichgewichte zwischen den einzelnen Mitgliedsländern insbesondere durch die hohen Importdefizite von Deutschland und Holland fort.
Während auf fiskalpolitischer Ebene Anstrengungen unternommen werden Investitionen anzukurbeln, verhindert die konstitutionalisierte Austeritätspolitik eine staatlich koordinierte Stabilisierung der Nachfrage und Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten. Gleichzeitig schränken die technokratischen Fiskalregeln auf europäischer Ebene demokratisch geforderte, wirtschaftspolitische Gestaltungsmöglichkeiten, drastisch ein. Dabei verschärft die Austeritätspolitik Genderungleichgewichte: Frauen sind strukturell stärker von der deflationären Wirkung der Ausgabenkürzung betroffen.
Fortschreitende Entdemokratisierung
Diese Problemanalyse sowie mögliche Lösungsansätze standen im Mittelpunkt der Veranstaltung. Zentral war die Frage der Einschränkung der demokratischen Gestaltungsmöglichkeiten auf nationaler Ebene, wie sie Luis Lopes am Beispiel Portugal ebenso aufzeigte wie Stefanie Wöhl in Bezug auf die Fiskalpolitik. Verschärft wird die Entdemokratisierung dadurch, dass es keine entsprechende Ausweitung demokratischer Aushandlungs- und Gestaltungsprozesse auf europäischer Ebene gibt. Werner Raza zeigte am Beispiel der europäischen Handelspolitik vielmehr auf, wie strategisch selektiv die europäische Politikkonstellation wirkt und wie schwer es deshalb für national noch relativ gut verankerte Akteure ist auf diesem Spielfeld mitzumischen.
Die Unfähigkeit die ökonomischen und sozialen Probleme durch eine gemeinsame Europäische Politik zu beseitigen zeigt sich schließlich auch in der Migrationspolitik. Anstatt gemeinsam Lösungen zu suchen kommt es zu neuen Grenzziehungen und einer Abwälzung der Herausforderungen auf die Peripherie Europas – insbesondere auf Griechenland.