2017 April – BEIGEWUM

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Der rechte Streit um Europa?

21. April 2017 – 7:57 Uhr

Im Rah­men der Prä­sen­ta­ti­on des aktu­el­len Kurs­wech­sels debat­tier­ten die AutorIn­nen Joa­chim Becker (WU Wien) und Han­na Lich­ten­ber­ger (Uni Wien) unter der Mode­ra­ti­on von Chris­ta Schla­ger (Kurs­wech­sel Redak­ti­on) in den Räu­men des Repu­bli­ka­ni­schen Clubs die Situa­ti­on der Rech­ten in Europa.

Der aktu­el­le Kurswechsel

Die poli­ti­sche Rech­te gibt sowohl in der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on, im Rat als auch im Par­la­ment den Ton an, liegt aber mit den rechts­ex­tre­men und rechts­po­pu­lis­ti­schen Par­tei­en im Streit um die Zukunft Euro­pas: Wirt­schafts- und Flücht­lings­kri­se haben die Inte­gra­ti­ons­mü­dig­keit ver­schärft und für Zulauf gesorgt. Mit dem so genann­ten Bre­x­it hat das ers­te Land sei­nen Aus­tritt aus der Uni­on ange­kün­digt. Im Lau­fe des Jah­res 2017 ste­hen in den Nie­der­lan­den, Frank­reich, Deutsch­land und even­tu­ell Ita­li­en und Öster­reich Wah­len an, über­all wer­den rechts­ex­tre­men und rechts­po­pu­lis­ti­schen Par­tei­en Zuwäch­se pro­gnos­ti­ziert. Aber auch die Par­tei­en der ehe­ma­li­gen Mit­te (SP, VP) kon­kur­rie­ren mit oft ähn­li­chen Tönen um die ent­täusch­ten Wäh­le­rIn­nen. Wie sehen nun kon­kur­rie­ren­de Euro­pa-Kon­zep­te von ganz rechts bis wirt­schafts­li­be­ral kon­kret aus? Wel­che Vor­stel­lun­gen von Bin­nen­markt und Fes­tung Euro­pa sind im Umlauf? Und wel­che Rol­le spie­len klein­räu­mi­ge­re Abschot­tungs­kon­zep­te? Um die­se Fra­gen dreht sich der aktu­el­le Kurswechsel.

Dobro doš­li u Jugoslaviji!

Mit einem „Will­kom­men in Jugo­sla­wi­en“ begrüß­te Joa­chim Becker (WU Wien) die rund 50 Anwe­sen­den zur Dis­kus­si­on rund um den rech­ten Streit um Euro­pa. Für Becker ist es klar: Die EU ist an einem Punkt ange­langt wie Jugo­sla­wi­en am Ende der 1980er Jah­re oder die Sowjet­uni­on ein paar Jah­re spä­ter: „Der Punkt ist über­schrit­ten, an dem die des­in­te­gra­ti­ve Logik hät­te auf­ge­hal­ten wer­den kön­nen“. Die EU habe also ein Sta­di­um erreicht – und der Bre­x­it ist ein ers­tes kla­res Zei­chen dafür – in dem sie ihre hege­mo­nia­le Macht ver­lo­ren habe und von den Bevöl­ke­run­gen Euro­pas breit abge­lehnt wer­de. Die Kri­se hat ver­deut­licht, dass ein neo­li­be­ra­les Kon­zept von Euro­pa, das die Kon­kur­renz­ideo­lo­gie statt die sozia­le Fra­ge in den Mit­tel­punkt des Dis­kur­ses gestellt hat, kei­ne Zukunft hat. Wei­te Tei­le der euro­päi­schen Bevöl­ke­rung sind aus ver­schie­dens­ten Grün­den von der EU ent­täuscht – sei es der arbeits­lo­se Deut­sche, dem die Zuwan­de­rung angeb­lich zusetzt oder die grie­chi­sche Klein­un­ter­neh­me­rin, die ihre Pro­duk­te nicht mehr kon­kur­renz­fä­hig am Bin­nen­markt ver­mark­ten kann. Sie alle eint die Ableh­nung – bis­her nur an den Urnen – der medi­al ver­kauf­ten Errun­gen­schaf­ten der euro­päi­schen Inte­gra­ti­ons­be­mü­hun­gen wie der freie Per­so­nen- und Waren­ver­kehr. Und die­se Ableh­nung ist nicht nur unter rechts­ex­tre­men Par­tei­gän­ge­rIn­nen zu fin­den, son­dern fin­det ihren Wider­hall auch in den ehe­ma­li­gen Volks­par­tei­en der Sozi­al­de­mo­kra­tie oder der Christ­lich-Sozia­len. Wich­tig zu beto­nen ist jedoch, dass ein poten­zi­el­ler Wahl­ge­winn einer rech­ten Par­tei in einem euro­päi­schen Land nicht zwangs­läu­fig den Aus­tritt die­ses Lan­des aus der EU bedeu­ten wür­de. Nach Ein­schät­zung der Podi­ums­teil­neh­me­rIn­nen wird hier auch häu­fig aus einer Oppo­si­ti­ons­rol­le her­aus koket­tiert, wie sich die Par­tei­en in der tat­säch­li­chen Regie­rungs­ver­ant­wor­tung ver­hal­ten wür­den, sei frag­lich, ins­be­son­de­re etwa in Öster­reich, das ein­deu­tig über die Export­mög­lich­kei­ten etc. von der EU profitiert.

Ein Wirt­schafts­pro­gramm der FPÖ?

Bis­her hat die FPÖ – wie vie­le ande­re rechts­po­pu­lis­ti­sche Par­tei­en – kein kla­res Wirt­schafts­pro­gramm, erläu­tert Han­na Lich­ten­ber­ger, und das lie­ge dar­an, dass sich deren Poli­tik eben nicht im Pro­gram­ma­ti­schen fin­det, son­dern in der Per­sön­lich­keit ihrer Anfüh­re­rIn­nen oder auch in ad-hoc beschlos­se­nen und sich teil­wei­se wider­spre­chen­den Posi­tio­nen. Nun scheint sich aber auch die FPÖ ein Wirt­schafts­pro­gramm geben zu wol­len und man kann nur gespannt sein, wel­che pro­gram­ma­ti­schen Zie­le dort zu fin­den sein wer­den. Bis­her war das wirt­schafts­po­li­ti­sche Pro­gramm der öster­rei­chi­schen Rechts­ex­tre­men recht ambi­va­lent von Unter­stüt­zung für den EG-Bei­tritt bis zur Ableh­nung von TTIP und ande­ren Frei­han­dels­ver­trä­gen aus meist anti-ame­ri­ka­ni­schen Grün­den. Meist jedoch gegen Gewerk­schaf­ten gerich­tet und daher impli­zit auch gegen die Rech­te der ArbeitnehmerInnen.

Eine pro­gres­si­ve Zukunft für Europa!?

Zu Recht kri­ti­sier­ten vie­le Mit­dis­ku­tan­tIn­nen aus dem Publi­kum die recht ein­sei­ti­gen und nega­ti­ven Dar­stel­lun­gen am Podi­um. Aber die Ana­ly­se der Rech­ten Par­tei­en und ihrer euro­pa­po­li­ti­schen Pro­gram­ma­tik sei das Ziel des aktu­el­len Kurs­wech­sels gewe­sen, nicht die Zukunft der EU im all­ge­mei­nen, erklär­te Chris­ta Schla­ger aus der Kurs­wech­sel-Redak­ti­on. Als das Heft kon­zi­piert wur­de, woll­te man ver­su­chen, einen Über­blick über rech­te Strö­mun­gen in Euro­pa zu geben, ohne nur auf die rechts­ex­tre­men Par­tei­en zu schau­en, son­dern den Bogen etwa auch zur christ­lich-sozia­len Fidesz in Ungarn oder zu natio­nal­ka­tho­li­schen Bewe­gun­gen zu öff­nen. Abschlie­ßend bemerk­te Sibyl­le Sum­mer vom Repu­bli­ka­ni­schen Club, dass es sehr wohl Kräf­te in Euro­pa gibt, die eine sozia­le und öko­lo­gi­sche Inte­gra­ti­on vor­an­trei­ben möch­ten. Die­se Kräf­te zu unter­stüt­zen und aus­zu­bau­en, muss eines unse­rer zen­tra­len Zie­le sein, um die natio­na­lis­ti­sche und neo­li­be­ra­le Des­in­te­gra­ti­on zu stoppen.

Der BEIGEWUM dankt dem Repu­bli­ka­ni­schen Club – Neu­es Öster­reich für die Ver­an­stal­tungs­ko­ope­ra­ti­on und auch die Auf­zeich­nung der Podi­ums­dis­kus­si­on, wel­che unter die­sem Link zu fin­den ist.

Ein Bericht von Tobi­as Ori­sch­nig (BEIGEWUM Vorstand)

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Wirtschaftspolitische Prioritätensetzung per Verfassung?

11. April 2017 – 16:06 Uhr

Georg Feigl (BEIGEWUM und AK Wien)

Anläss­lich des Rechts­streits über den Bau der 3. Flug­ha­fen­pis­te kam die For­de­rung nach einer Ver­an­ke­rung “des Wirt­schafts­stand­orts“ in der Ver­fas­sung auf. Umwelt­po­li­tik dür­fe recht­lich nicht mehr zäh­len, so das Argu­ment. Mit ähn­li­chen Argu­men­ten wur­de im Zuge der Kri­se ver­sucht, bud­get­po­li­ti­sche Zie­le, durch deren Ver­an­ke­rung in der Ver­fas­sung, über alle ande­ren zu stel­len. Ähn­lich­kei­ten zei­gen sich auch mit der Debat­te über Han­dels­ver­trä­ge, wo mit­tels über­ge­ord­ne­ten Schieds­ge­rich­ten ver­sucht wur­de Inter­es­sen von Inves­to­rIn­nen vor­ran­gig abzu­si­chern. wei­ter­le­sen »

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