Can the EU still be saved? The implications of a multi-speed Europe – BEIGEWUM

Can the EU still be saved? The implications of a multi-speed Europe

am 10. Mai 2018 um 20:52h

Simon Theurl

 

Am 22.3.2018 luden der BEIGEWUM, die ÖFSE und die WiPol zum fünf­ten Mal zur Prä­sen­ta­ti­on des Euro­Me­mo in Wien ein. Der Ein­la­dung, über die Zukunft der EU nach­zu­den­ken und den Raum für mög­li­che Manö­ver für ein alter­na­ti­ves Modell der euro­päi­schen Inte­gra­ti­on aus­zu­lo­ten, wur­de mit regem Inter­es­se gefolgt.

Im aktu­el­len poli­ti­schen und öko­no­mi­schen Kon­text stellt das Euro­Me­mo 2018 – der jähr­lich erschei­nen­de Bericht der Euro­me­mo­Grup­pe (http://www.euromemo.eu/index.html ) – die Fra­ge „Can the EU still be saved?“.

Vor etwa zehn Jah­ren stürz­te die glo­ba­le Finanz­kri­se die Mit­glieds­län­der der EU (ins­be­son­de­re des Euro­rau­mes) in eine lang­an­hal­ten­de öko­no­mi­sche Rezes­si­on. Wäh­rend die Euro­päi­sche Zen­tral­bank im Rah­men ihrer Mög­lich­kei­ten ver­such­te den Abschwung abzu­fe­dern und die Kon­junk­tur wie­der zu bele­ben, setz­te die Kom­mis­si­on ihren defla­tio­nä­ren Kurs (bis etwa 2015) mit Nach­druck fort: Aus­teri­täts­po­li­tik, fort­schrei­ten­de Fle­xi­bi­li­sie­rung der Arbeits­märk­te, Schwä­chung der Gewerk­schaf­ten und Lohn­kür­zun­gen stan­den im Zen­trum der wirt­schafts­po­li­ti­schen Emp­feh­lun­gen und Vor­schrif­ten der Komission.

Seit ihrer Ent­ste­hung wur­de die Euro­me­mo­Grup­pe nicht müde, die öko­no­mi­schen Ent­wick­lun­gen und die poli­ti­sche Aus­rich­tung des euro­päi­schen Inte­gra­ti­ons­mo­dells kri­tisch zu kom­men­tie­ren, vor den nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen ins­be­son­de­re der Aus­teri­täts­po­li­tik, sowie vor den Ein­grif­fen in die Sozi­al- und Lohn­sys­te­me zu war­nen und kon­struk­ti­ve Vor­schlä­ge für ein alter­na­ti­ves euro­päi­sches Inte­gra­tio­nas­mo­dell zu äußern.

Mitt­ler­wei­le ver­zeich­nen alle Mit­glied­staa­ten der EU wie­der posi­ti­ve Wachs­tums­zah­len – doch der Auf­schwung ver­läuft asym­me­trisch, die Mit­glied­staa­ten diver­gie­ren wei­ter, die Finanz­märk­te kön­nen jeder­zeit eine neue Kri­se aus­lö­sen und die Arbeits­lo­sig­keit sinkt zwar wie­der, aber über­trifft wei­ter­hin deut­lich das Vor­kri­sen­ni­veau (https://www.etui.org/Publications2/Books/Benchmarking-Working-Europe-2018 ). Neben den öko­no­mi­schen Her­aus­for­de­run­gen, die trotz kon­junk­tu­rel­lem Auf­schwung bestehen, befin­det sich die EU in einer erns­ten poli­ti­schen Kri­se. Nicht zuletzt das Schei­tern einer gemein­sa­men, koor­di­nier­ten Betreu­ung und Inte­gra­ti­on der Refu­gees seit 2015 bringt dies zum Aus­druck. Dabei gelang es neo-natio­na­li­sit­schen Par­tei­en in der gesam­ten EU, die öffent­li­che Debat­te auf eine ver­meint­li­che Refu­gee-Kri­se zu len­ken, die­se für die öko­no­mi­sche Situa­ti­on der Kri­sen- und Glo­ba­li­sie­rungs­ver­lie­re­rIn­nen (Arbeits­lo­se und jene die von Lohn- und Sozi­al­leis­tungs­kür­zun­gen betrof­fen sind, aber auch zuneh­mend die schrump­fen­de Mit­tel­schicht) ver­ant­wort­lich zu machen, eige­ne Agen­den zu set­zen und stark an Ein­fluss zu gewin­nen. Auf der ande­ren Sei­te gelang es links­ge­rich­te­ten Par­tei­en nicht, das Momen­tum der Kri­se zu nut­zen, um dem neo­li­be­ral gepräg­ten euro­päi­schen Inte­gra­ti­ons­pro­jekt eine Alter­na­ti­ve ent­ge­gen­zu­stel­len. Eta­blier­te Par­tei­en der Mit­te ver­lo­ren wäh­rend­des­sen an Ein­fluss und drif­te­ten teil­wei­se selbst weit nach rechts ab. Schließ­lich stellt der Aus­tritt Groß­britt­an­ni­ens – ange­zet­telt von der rechts­kon­ser­va­ti­ven natio­na­lis­ti­schen UKIP – eine wei­te­re Bruch­li­nie für das euro­päi­sche Inte­gra­ti­ons­pro­jekt dar.

 

Vier Sze­na­ri­en über die Zukunft der EU

Die Dis­kus­si­on eröff­ne­te Heik­ki Pato­mä­ki (Uni­ver­si­tät Hel­sin­ki) mit einem Vor­trag über mög­li­che Sze­na­ri­en für die Zukunft der EU. Von einem kri­tisch rea­lis­ti­schen wis­sen­schafts­phi­lo­so­phi­schen Stand­punkt spannt Pato­mä­ki einen poten­ti­el­len Zukunfts­ho­ri­zont ent­lang vier mög­li­cher Eck­punk­te. Dabei geht es nicht dar­um, eine exak­te Pro­gno­se über die Zukunft zu geben, son­dern Ent­wick­lun­gen als gestal­te­te und somit gestalt­ba­re Pro­zes­se zu ver­ste­hen. Die Geschich­te als Geschich­te von Klas­sen­kämp­fen zu ver­ste­hen bedeu­tet, dass die Zukunft gestalt­bar ist.

Wesent­lich für Ein­schät­zun­gen mög­li­cher Zukunfts­sze­na­ri­en ist dann, was für uns denk­bar ist. Also wie wir die aktu­el­le Situa­ti­on ana­ly­sie­ren und davon abhän­gig wel­che Schlüs­se und poli­ti­schen Impli­ka­tio­nen wir dar­aus ablei­ten kön­nen. Mög­li­che Sze­na­ri­en für die Zukunft der EU ent­wi­ckelt Pato­mä­ki des­halb aus­ge­hend von öko­no­mi­schen Theo­rien und Legi­ti­ma­ti­ons­theo­rien, anhand derer er die Lage der EU ein­zu­schät­zen ver­sucht. Öko­no­mi­sche Theo­rien unter­teilt er in hete­ro­do­xe Theo­rien, wonach kapi­ta­lis­ti­sche Markt­wirt­schaf­ten grund­sätz­lich insta­bil und kri­sen­haft sind, sowie in libe­ra­le Theo­rien, wonach unre­gu­lier­te Wett­be­werbs­märk­te zu einem opti­ma­len Gleich­ge­wicht ten­die­ren. Unter Legi­ti­ma­ti­ons­theo­rien fasst Pato­mä­ki Theo­rien, die davon aus­ge­hen, dass nor­ma­ti­ve Wer­te das Han­deln von Indi­vi­du­en maß­geb­lich beein­flus­sen und somit für die gesell­schaft­li­che und poli­ti­sche Sta­bi­li­tät rele­vant sind. Die­se Legi­ti­ma­ti­ons­theo­rien uner­teilt er in „Kapi­ta­lis­ti­sche Freie-Markt­wirt­schafts­theo­rien“ – Schum­pe­te­ria­ni­sche Theo­rien, wonach die freie Markt­wirt­schaft genügt um poli­ti­sche Sta­bi­li­tät zu gewähr­leis­ten – und in Theo­rien „Gene­ra­li­sier­ba­rer Eth­no-Poli­ti­scher Güter“ – Habermas‘sche Theo­rien, wonach es gene­ra­li­sier­ba­rer eth­no-poli­ti­scher Güter bedarf, die signi­fi­kant bedeu­tungs­voll für unser Leben sind und poli­ti­sche Kon­stel­la­tio­nen legi­ti­mie­ren. Aus­ge­hend von die­sen Über­le­gun­gen erstellt Pato­mä­ki fol­gen­de Matrix:

  Legi­ti­ma­ti­ons­theo­rie:

Schum­pe­ter

Legi­ti­ma­ti­ons­theo­rie:

Haber­mas

(Neo-Ordo)liberale öko­no­mi­sche Theorien A) Die EU und der Euro­raum sind öko­no­misch funk­tio­nal und gesell­schaft­lich legitimiert. C) Der Euro­raum kann funk­tio­nie­ren, aber der EU man­gelt es an Legitimation.
Post-Keyne­sia­ni­sche/he­te­ro­do­xe öko­no­mi­sche Theorien B) Die EU ist öko­no­misch insta­bil. Der Euro­raum scha­det der EU und ist krisenanfällig. D) Die EU ist insta­bil und kri­sen­an­fäl­lig. Die nächs­te öko­no­mi­sche Kri­se wird ihre Legi­ti­ma­ti­on zerstören.

Zwar haben alle die­se Betrach­tungs­wei­sen einen wah­ren Kern, aus den aktu­el­len „Mak­ro­his­to­ri­schen“ Erfah­run­gen der letz­ten Jah­re kommt Pato­mä­ki jedoch zu dem Schluss, dass die Euro­kri­se und des­sen Nach­wir­kun­gen am stärks­ten auf Opti­on D deuten.

Aus­ge­hend von die­sem Stand­punkt, ent­wirft Pato­mä­ki schließ­lich einen Mög­lich­kei­ten­ho­ri­zont für die Zukunft der EU, den er ent­lang vier mög­li­cher Sze­na­ri­en aufspannt.

Sze­na­rio 1 – „Wei­ter wie bis­her“: die nächs­te Kri­se bzw. die nächs­te Rezes­si­on wird zu wei­te­rer Des­in­te­gra­ti­on füh­ren, ein kom­plet­ter Kol­laps der EU ist möglich.

Sze­na­rio 2 – „Ein­heit durch Mili­ta­ri­sie­rung“: beschreibt eine Mili­ta­ri­sie­rung zur Legi­ti­ma­ti­on der EU kom­bi­niert mit här­te­ren öko­no­mi­schen Dis­zi­pli­nie­rungs­maß­nah­men nach neo­li­be­ra­lem Mus­ter. Ein „Mili­tär-Keyne­sia­nis­mus“ könn­te dabei leich­te Wachs­tums­im­pul­se set­zen und die EU könn­te im geo­po­li­ti­schen Rin­gen sou­ve­rä­ner Natio­nal­staa­ten als nuklea­re Super­macht agieren.

Sze­na­rio 3 – „Das sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Pro­jekt“ setzt sich zumin­dest teil­wei­se durch und ver­mag es die EU zu trans­for­mie­ren: Hin zu einem qua­si-föde­ra­len Staat mit demo­kra­ti­schen Ent­schei­dungs­pro­zes­sen und vol­ler fis­kal­po­li­ti­scher Kapa­zi­tät. Dabei ent­wi­ckelt sich die EU zu einem sou­ve­rä­nen Staat in der Welt­ord­nung sou­ve­rä­ner Staa­ten. Bei die­sem Sze­na­rio sind star­ke Ten­den­zen hin zu Sze­na­rio 2 zu erwarten.

Sze­na­rio 4 – Sze­na­rio 3 „aber kos­mo­po­lit“: Die EU agiert selbst­re­fle­xiv als Teil eines sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Sys­tems glo­ba­ler Regie­run­gen, zu des­sen Ent­wick­lung sie aktiv beiträgt.

 

Aus­ge­hend von der Ein­schät­zung der Ent­wick­lun­gen der letz­ten Jah­re (Opti­on D) sind Sze­na­rio 1 und 2 in der aktu­el­len Situa­ti­on am wahr­schein­lichs­ten. Alter­na­ti­ve Ent­wick­lun­gen sind zwar denk­bar, jedoch bedarf eine grund­le­gen­de Trans­for­ma­ti­on des euro­päi­schen Inte­gra­ti­ons­pro­jek­tes Zeit. Die ent­schei­den­de Fra­ge, die sich in Hin­blick auf die Ein­schät­zung der aktu­el­len Lage (Opti­on D) stellt, ist: „Haben wir genug Zeit die not­wen­di­gen Refor­men umzu­set­zen bevor die nächs­te Kri­se dem Euro­päi­schen Inte­gra­ti­ons­pro­jekt end­gül­tig ein Ende setzt?“

 

Podi­ums­dis­kus­si­on

Das Podi­um eröff­ne­te Peter Herr­mann (Euro­Me­mo Grup­pe, Max Plank Insti­tut Social Law and Social Poli­cy). Er argu­men­tiert, dass es für eine Trans­for­ma­ti­on hin zu einem alter­na­ti­ven euro­päi­schen Inte­gra­ti­ons­pro­jekt Men­schen braucht, die auf der Suche nach kri­ti­scher Bil­dung sind und nicht nach Human­ka­pi­tal. Men­schen, die sich wei­ter­bil­den möch­ten und aktiv gestal­ten wol­len. Er hebt her­vor, dass zu Beginn des euro­päi­schen Expe­ri­ments reges Inter­es­se an der Gestal­tung des gemein­sa­men Pro­jek­tes in der Zivil­ge­sell­schaft bestan­den hat­te und, dass Brüs­sel auch offe­ne Ohren für die­se Stim­men hat­te. Das hat stark zur Legi­ti­ma­ti­on des euro­päi­schen Inte­gra­ti­ons­pro­jek­tes bei­getra­gen. Heut­zu­ta­ge kom­men von Brüs­sel, bei den meis­ten Men­schen, nur mehr „nicht-Pro­ble­me“ an, die nicht nach­voll­zieh­bar sind und als wenig bis gar nicht bedeu­tend für das eige­ne Leben wahr­ge­nom­men wer­den. Das ist ein wesent­li­cher Grund dafür, dass vie­le Men­schen das Inter­es­se, an der Gestal­tung des Euro­päi­schen Inte­gra­ti­ons­pro­jek­tes mit­zu­wir­ken, ver­lo­ren haben. Ins­be­son­de­re Pro­ble­me des Arbeits­mark­tes, wie zuneh­men­de pre­kä­re Arbeits­ver­hält­nis­se, sin­ken­de Löh­ne und eine immens hohe Arbeits­lo­sig­keit, vor allem unter den Jugend­li­chen, zäh­len zu den eigent­li­chen und wesent­li­chen Pro­ble­men vie­ler EU-Bür­ge­rIn­nen. Doch die­se Pro­ble­me wer­den von den euro­päi­schen poli­ti­schen Eli­ten nicht ent­spre­chend wahr­ge­nom­men, auf jeden Fall nicht adäquat the­ma­ti­siert. Herr­mann schließt: Umso weni­ger die zen­tra­len The­men von poli­ti­schen Ent­schei­dungs­trä­ge­rIn­nen kom­men, umso mehr geht es für lin­ke Bewe­gun­gen dar­um, den öffent­li­chen Raum zurück zu erobern und sich mit­tels direk­ter Aktio­nen wie­der Gehör zu ver­schaf­fen, um lin­ke Alter­na­ti­ven auf­zu­zei­gen, ein­zu­for­dern und umzusetzen.

Mari­ca Franga­kis (Euro­Me­mo Grup­pe, Nicos Pou­lant­z­as Insti­tut) zog die Leh­ren aus der Erfah­rung in Grie­chen­land. Die Kri­se hat deut­lich gemacht, dass Euro­pa kei­ne Gemein­schaft gleich­be­rech­tig­ter Staa­ten ist, son­dern, dass eine Hier­ar­chie zwi­schen den Mit­glied­staa­ten besteht – mit Deutsch­land an der Spit­ze, das Land das maß­geb­lich die Dis­zi­pli­nie­rung Grie­chen­lands ein­ge­for­dert hat. Gleich­zei­tig lässt sich die EU nicht ohne Klas­sen­ana­ly­se begrei­fen, denn Klas­sen­struk­tu­ren zie­hen sich quer durch die natio­nal­staat­li­chen Hier­ar­chien. Kapi­ta­lis­ti­sche Eli­ten in Grie­chen­land tei­len bei­spiels­wei­se ihre Erfah­run­gen mit den kapi­ta­lis­ti­schen Eli­ten in Deutschland.

Für die kapi­ta­lis­ti­schen Eli­ten waren die zehn Jah­re Rezes­si­on kein Pro­blem. Bereits kurz nach dem Bör­sen­crash und der fol­gen­den Ban­ken­kri­se (2007/​08) flo­rier­ten die Spe­ku­la­tio­nen erneut, Pro­fi­te durch inves­ti­tio­nen waren schnell wie­der mög­lich und selbst wenn man­che Kapi­ta­lis­ten wäh­rend der Kri­se Ein­bu­ßen in Kauf neh­men muss­ten, so bestand für sie kei­ne Not­wen­dig­keit einer schnel­len Lösung der Pro­ble­me, die den Groß­teil der Men­schen betraf. Denn von dem immensen Anstieg der Arbeits­lo­sig­keit und den damit zusam­men­hän­gen­den Pro­ble­men, wie stei­gen­der Armut, waren sie nicht betrof­fen. Das Pro­blem ver­deut­li­chen Aus­sa­gen der Füh­rungs­eli­ten der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on: Wachs­tum soll durch die wei­te­re Dere­gu­lie­rung des Arbeits­mark­tes erreicht wer­den. Eine Aus­sa­ge, die als zyni­scher Euphe­mis­mus für das Strei­chen der Arbeits­lo­sen­ver­si­che­rungs­leis­tun­gen, der Sozi­al­ver­si­che­run­gen und das Schwä­chen von Gewerk­schaf­ten zu ver­ste­hen ist.

Eben die­se herr­schen­de Eli­te war in ihrer Lebens­rea­li­tät von der Kri­se nicht betrof­fen. Den­noch ent­schei­det sie maß­geb­lich über das Leben vie­ler, die von der Kri­se betrof­fen sind.

Wer­ner Raza (Euro­Me­mo Grup­pe) hebt her­vor, dass die Sozi­al­de­mo­kra­tie seit 2000 in den ein­zel­nen euro­päi­schen Mit­glied­staa­ten um die 20% – 40% ihrer Wäh­ler­stim­men ver­lo­ren hat. Ande­ren pro­eu­ro­päi­schen Par­tei­en wie den Grü­nen erging es nicht anders. Sie haben eben­falls mas­si­ve Ver­lus­te ver­zeich­net. Ins­ge­samt macht die­ses pro­eu­ro­päi­sche Lager nur mehr um die 30% – 35% der Wäh­ler­stim­men aus. Ins­be­son­de­re KMUS und der Groß­teil der Mit­tel­schicht wur­den – auf Grund der Erfah­run­gen mit dem domi­nan­ten euro­päi­schen Inte­gra­ti­ons­mo­dell – euro­pa­skep­tisch und haben sich von den pro­eu­ro­päi­schen bür­ger­li­chen Par­tei­en abge­wandt. Einen Groß­teil die­ser Wäh­ler­stim­men konn­ten rechts­po­pu­lis­ti­sche Par­tei­en mit (neo)nationalistischen Paro­len auf­fan­gen. So haben zuneh­mend anti­eu­ro­päi­sche Kräf­te an Bedeu­tung gewonnen.

Die Ver­lie­re­rIn­nen der euro­päi­schen Inte­gra­ti­on sind jene, die kei­ne Arbeit mehr haben, zuneh­mend pre­kä­re Jobs haben und deren Ein­kom­men kaum zum Über­le­ben reicht. Doch anstatt, dass sich die Sozi­al­de­mo­kra­tie die­ser Bevöl­ke­rungs­schicht zuwen­det, fokus­siert sie auf die Mit­tel­schicht, die sich zuneh­mend (neo)nationalistischen Kräf­ten zuwen­det. Die pre­kär Beschäf­tig­ten, Arbeits­lo­sen und Abge­häng­ten wer­den von die­ser Poli­tik aber nicht mehr ange­spro­chen, denn die­se Poli­tik beinhal­tet kei­ne Ange­bo­te an sie.

Um aus dem Dilem­ma her­aus­zu­kom­men, muss die Idee eines föde­ra­len Euro­pas, das ein glaub­wür­di­ges Ange­bot an die brei­ten Bevöl­ke­rungs­schich­ten macht, lang­fris­tig wie­der hege­mo­ni­al wer­den. Dazu müs­sen sich lin­ke Intel­lek­tu­el­le erneut und ver­mehrt die Fra­ge stel­len „Was kön­nen wir tun? Und wie lässt sich die Basis für das Errei­chen eines alter­na­ti­ven euro­päi­schen Inte­gra­ti­ons­pro­jek­tes aktivieren? “.

 

 

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