2019 Februar – BEIGEWUM

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Just Transition: Klimaschutz demokratisch gestalten!

14. Februar 2019 – 11:43 Uhr

Die Not­wen­dig­keit

Die Aus­wir­kun­gen der von Men­schen gemach­ten Kli­ma­kri­se wer­den welt­weit immer stär­ker spür­bar. Natur­ka­ta­stro­phen dro­hen gan­ze Ern­ten zu ver­nich­ten, Nah­rungs­mit­tel und Roh­stof­fe wer­den teu­rer, der Zugang zu sau­be­rem Trink­was­ser wird erschwert, Per­so­nen mit gerin­gem Ein­kom­men wer­den sich Lebens­mit­tel, Ener­gie und Mobi­li­tät nicht mehr leis­ten kön­nen – auch in Österreich.

Um die Risi­ken und fata­len Aus­wir­kun­gen der Kli­ma­ver­än­de­rung zu redu­zie­ren, hat sich die inter­na­tio­na­le Staa­ten­ge­mein­schaft im Pari­ser Kli­ma­ab­kom­men dazu ver­pflich­tet, die Erd­er­hit­zung auf deut­lich unter 2 Grad zu begren­zen und Anstren­gun­gen zu unter­neh­men, sie auf 1,5 Grad einzudämmen.

Das Ziel

Damit die­se kli­ma­po­li­ti­schen Zie­le erreicht wer­den, müs­sen Indus­trie­staa­ten wie Öster­reich voll­stän­dig aus der Nut­zung fos­si­ler Brenn­stof­fe aus­stei­gen und die gren­zen­lo­se Aus­beu­tung der Res­sour­cen unse­res Pla­ne­ten beenden.

Der Welt­kli­ma­rat zeigt in sei­nem Spe­zi­al­be­richt zu 1,5 Grad, dass dafür eine Reduk­ti­on der Treib­haus­gas­emis­sio­nen welt­weit auf Net­to-Null-Emis­sio­nen1 bis 2050 und eine Reduk­ti­on von 40 bis 50 Pro­zent bis 2030 not­wen­dig ist. Indus­trie­län­der müs­sen auf­grund ihrer Ver­ant­wor­tung und Mög­lich­kei­ten die­sen Umstieg viel frü­her als ande­re Län­der abge­schlos­sen haben. Damit ist eine grund­le­gen­de Ver­än­de­rung unse­rer gegen­wär­ti­gen Wirt­schafts- und Lebens­wei­se, Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se und auch der Arbeits­welt ver­bun­den. Das bedeu­tet auch eine Abkehr von der kapi­ta­lis­ti­schen Wachs­tums­ori­en­tie­rung und einer Pro­duk­ti­ons­wei­se, die auf dem Abbau und der Nut­zung von fos­si­len Roh­stof­fen und der Maxi­mie­rung von Pro­fit um jeden Preis beruht, sowie der damit ver­bun­de­nen Lebensweise.

Wesent­li­che Ver­än­de­run­gen wer­den sein:

▪ der Umbau der Ener­gie­ver­sor­gung in Rich­tung 100 Pro­zent nach­hal­ti­ge, natur­ver­träg­li­che und erneu­er­ba­re Energie,

▪ energie‑, umwelt- und res­sour­cen­scho­nen­de Pro­duk­ti­ons­wei­sen vom Feld bis zur Fabrik und

▪ eine Mobi­li­tät, die nicht mehr auf fos­si­len Brenn­stof­fen und moto­ri­sier­tem Indi- vidu­al­ver­kehr basiert.

Die­se Ver­än­de­run­gen bedeu­ten gro­ße Her­aus­for­de­run­gen, eröff­nen aber auch Chan­cen, die es zu nut­zen gilt. In man­chen Sek­to­ren wer­den Arbeits­plät­ze ver­lo­ren gehen, hier­für braucht es Begleit- und Aus­gleichs­maß­nah­men. Gleich­zei­tig wer­den neue Beschäf­ti­gungs­fel­der und Arbeits­plät­ze ent­ste­hen, für die gute und fai­re Arbeits­be­din­gun­gen gewähr­leis­tet sein müs­sen. In die­sem Pro­zess wird es auch not­wen­dig sein, Arbeit grund­le­gend neu zu defi­nie­ren und gesell­schaft­lich not­wen­di­ge Arbeit, ob bezahlt oder unbe­zahlt, und Arbeits­zeit gene­rell neu zu verteilen.

Der Weg

Für uns ist von gro­ßer Rele­vanz, wie die­se Umge­stal­tung von­stat­ten­geht, denn kli­ma­po­li­ti­sche Fra­gen sind stets auch ver­tei­lungs­po­li­ti­sche Fra­gen. Der­zeit wer­den als Maß­stab für umwelt- und kli­ma­po­li­ti­sche Maß­nah­men die Aus­wir­kun­gen auf Pro­fit und Pro­fi­ter­war­tun­gen von Unter­neh­men her­an­ge­zo­gen. Vie­le sinn­vol­le und wich­ti­ge Maß­nah­men wer­den nicht getrof­fen, weil sie den Pro­fit­in­ter­es­sen von Unter­neh­men entgegenstehen.

Der Ori­en­tie­rungs­rah­men für die not­wen­di­gen Ver­än­de­run­gen muss jedoch das Bestre­ben sein, ein gutes Leben für alle zu schaf­fen. Das bedeu­tet, dass zum einen bereits der Pro­zess hin zu einem post-fos­si­len Zeit­al­ter demo­kra­tisch gestal­tet wer­den muss; das heißt, er darf kei­nes­falls an den Arbeit­neh­me­rIn­nen und Bür­ge­rIn­nen vor­bei von­stat­ten­ge­hen. Zum ande­ren muss er gute Arbeit und Lebens­be­din­gun­gen, leist­ba­re Ener­gie und Mobi­li­tät für alle schaf­fen. Es muss also auch sicher­ge­stellt wer­den, dass die Umstruk­tu­rie­run­gen in den Pro­duk­ti­ons­pro­zes­sen und der Arbeits­welt nicht zulas­ten der in den betrof­fe­nen Sek­to­ren Beschäf­tig­ten oder zulas­ten der Men­schen in ande­ren Län­dern oder Regio­nen gehen. Und sie dür­fen auch nicht zulas­ten der Umwelt gehen oder unbe­zahl­te Arbeit in Haus­hal­ten und Gesell­schaft inten­si­vie­ren und verfestigen.

Für uns ist Just Tran­si­ti­on also ein demo­kra­ti­scher Pro­zess, der Mit­spra­che und Mit­ent­schei­dung auf allen Ebe­nen ermög­licht: In den Betrie­ben, auf der Ebe­ne von Gemein­den und Län­dern bis hin zur bun­des­wei­ten, euro­päi­schen und inter­na­tio­na­len Ebe­ne müs­sen Arbeit­neh­me­rIn­nen und Bür­ge­rIn­nen in die Gestal­tung des Über­gangs in eine post-fos­si­le Wirt­schafts­wei­se ein­ge­bun­den wer­den. Über wirt­schafts- und sozi­al­po­li­ti­sche Instru­men­te sowie geeig­ne­te Maß­nah­men auf betrieb­li­cher Ebe­ne ist in der Fol­ge sicher­zu­stel­len, dass der not­wen­di­ge Umbau unse­rer Wirt­schaft und Gesell­schaft auf sozi­al gerech­te Wei­se geschieht. Ein gut aus­ge­bau­ter Sozi­al­staat ist dabei eine Vor­aus­set­zung, um Ver­än­de­run­gen sozi­al gerecht zu beglei­ten. Nur so kann ein gerech­ter Über­gang für alle sicher­ge­stellt werden!

 

Just Tran­si­ti­on muss fol­gen­de Kri­te­ri­en erfüllen:

▪ Die abschätz­ba­ren Aus­wir­kun­gen von kli­ma­po­li­ti­schen Stra­te­gien und Maß­nah­men auf Arbeits­plät­ze, Arbeits­be­din­gun­gen und auf unbe­zahl­te Arbeit müs­sen lau­fend the­ma­ti­siert und eva­lu­iert wer­den. Wer­den ungüns­ti­ge Aus­wir­kun­gen befürch­tet, sind geeig­ne­te Maß­nah­men zu tref­fen und ent­spre­chen­de öffent­li­che Gel­der bereit­zu­stel­len. Eben­so ist leist­ba­re, sau­be­re Ener­gie durch­ge­hend sicher-zustellen.

▪ Auf allen poli­ti­schen Ebe­nen (Gemein­den, Län­der, Bund, EU, inter­na­tio­nal) müs­sen neben den Ver­tre­te­rIn­nen der Regie­rung und der Par­tei­en ins­be­son­de­re die Sozi­al­part­ne­rIn­nen und zivil­ge­sell­schaft­li­che Akteu­rIn­nen in die Erar­bei­tung von Stra­te­gien und Maß­nah­men zur Gestal­tung eines gerech­ten Über­gangs ein­be­zo­gen wer­den. Letz­te­re müs­sen über geeig­ne­te Lösun­gen mit­ent­schei­den kön­nen. Dabei ist auch dar­auf zu ach­ten, dass Betei­li­gungs­pro­zes­se geschlech­ter­ge­recht gestal­tet sind.

▪ Regio­nen, die durch den Ver­än­de­rungs­pro­zess nega­ti­ve wirt­schaft­li­che Umbrü­che erle­ben, müs­sen unter­stützt wer­den. Dafür müs­sen lang­fris­ti­ge und durch­dach­te wirt­schaft­li­che Kon­zep­te ent­wi­ckelt werden.

▪ In den Betrie­ben müs­sen die Arbeit­neh­me­rIn­nen und ins­be­son­de­re die Betriebs­rä­te und Per­so­nal­ver­tre­te­rIn­nen in die Gestal­tung und Ent­schei­dung über Stra­te­gien für die not­wen­di­gen Ver­än­de­run­gen, den Ein­satz neu­er Tech­no­lo­gien und sons­ti­ger betrieb­li­cher Ver­än­de­run­gen ein­ge­bun­den werden.

▪ Im Zuge der not­wen­di­gen Ver­än­de­run­gen wird es auch zum Weg­fall von Arbeits­plät­zen kom­men. Poli­tik und Unter­neh­men müs­sen Rah­men­be­din­gun­gen, Aus­gleichs- und Begleit­maß­nah­men schaf­fen, die die­sen Men­schen zeit­ge­rech­te Umqua­li­fi­zie­rung, Re-Qua­li­fi­zie­rung und den Umstieg in ande­re Beru­fe und Tätig­keits­fel­der ermög­li­chen und ein gutes Ein­kom­men (auch wäh­rend der Qua-lifi­zie­rungs­maß­nah­men oder Arbeits­lo­sig­keit) sichern. Bei den erar­bei­te­ten Lösungs­an­sät­zen ist auf allen Ebe­nen auf Geschlech­ter­ge­rech­tig­keit zu achten.

▪ Im Zuge des Ver­än­de­rungs­pro­zes­ses ent­ste­hen auch neue Job­mög­lich­kei­ten. Es ist unbe­dingt sicher­zu­stel­len, dass die­se Jobs von Dau­er und die Arbeits­be­din­gun­gen gut und fair gestal­tet sind. Zudem muss jene Arbeit, die sich dem Schutz und der Pfle­ge der Natur bezie­hungs­wei­se der Ver­sor­gung, Bil­dung und Pfle­ge von Men­schen wid­met, gleich viel wert sein, wie Arbeit in ande­ren Bereichen.

▪ Der Ver­än­de­rungs­pro­zess hin zu öko­lo­gisch nach­hal­ti­gen und erneu­er­ba­ren Ener­gie­trä­gern und die Ver­än­de­rung der Wirt­schafts­wei­se sol­len bestehen­de Mus­ter der Aus­beu­tung und Unter­drü­ckung über­win­den, ohne neue zu schaffen.

Eine Initia­ti­ve von:

 

Wei­te­re UnterzeichnerInnen:

Asyl­ko­or­di­na­ti­on Österreich
#auf­ste­hen
BEIGEWUM – Bei­rat für gesell­schafts- wirt­schafts- und umwelt­po­li­ti­sche Alternativen
B7 Arbeit und Leben
EVAL – Ehr­furcht Vor Allem Leben Frei­schrei­ber Österreich
FZA Ver­ein zur För­de­rung von Kul­tur, Kunst und Wissenschaft
Kul­tur­rat Österreich
Netz­werk Sozia­le Verantwortung
Peri­skop – Wan­del braucht neue Perspektiven
Pioneers of Change
Sezio­nie­ri – Kam­pa­gne für die Rech­te von Ern­te­hel­fe­rIn­nen in Österreich
Transform!at – Ver­ein zur För­de­rung lin­ker Dis­kur­se und Politik
Volks­hil­fe Österreich

Hier auch als PDF erhätlich.
Die OTS zum offe­nen Brief.
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Mit Vollgas zurück? Frauenpolitik unter Schwarz-Blau II

12. Februar 2019 – 18:51 Uhr

Diens­tag | 05.03 2019 |19:00| Pres­se­club Con­cordia, Bank­gas­se 8, 1010 Wien

Für femi­nis­ti­sche Poli­tik weh­te bereits unter der ers­ten schwarz-blau­en Regie­rung Anfang der 2000er Jah­re ein rau­er Wind. Die Bedeu­tung der Fami­lie wur­de rhe­to­risch ger­ne betont, gleich­zei­tig wur­den Maß­nah­men gesetzt, die die Abhän­gig­keit von Frau­en ver­stär­ken: So trifft die Ver­län­ge­rung der Durch­rech­nungs­zeit­räu­me durch die dama­li­ge Pen­si­ons­re­form Frau­en auf­grund der geleis­te­ten Betreu­ungs­ar­beit beson­ders hart.

Seit über einem Jahr regiert nun die zwei­te schwarz-blaue Regie­rung und bis­lang wur­den Frau­en­ver­ei­nen ins­ge­samt über 400.000 Euro an finan­zi­el­len Mit­teln gekürzt. Betrof­fen sind vor allem zivil­ge­sell­schaft­li­che Initia­ti­ven und Ver­ei­ne, die Arbeit im Bereich Gewalt­schutz, Frau­en­po­li­tik, femi­nis­ti­sche Bil­dung und Kul­tur oder Rechts­schutz für Frau­en leis­ten. So wird es in Zukunft für den Öster­rei­chi­schen Frau­en­ring, die Zeit­schrift an.schläge, den Klags­ver­band zur Durch­set­zung der Rech­te von Dis­kri­mi­nie­rungs­op­fern, die Frau­en­hetz –  femi­nis­ti­sche
 Bil­dung, Kul­tur und Poli­tik oder auch den Ver­ein Auto­no­me Frau­en­häu­ser weni­ger Geld geben. Schwarz-Blau setzt in ihrer Poli­tik kla­re Prio­ri­tä­ten, denn das Innen­mi­nis­te­ri­um rech­net für die berit­te­ne Poli­zei mit Kos­ten von knapp 400.000 Euro.

Eigent­lich gilt Öster­reich in Fra­gen geschlech­ter­ge­rech­ter Bud­get­po­li­tik als inter­na­tio­na­les Vor­bild, denn seit 2009 ist in der Ver­fas­sung fest­ge­schrie­ben, dass die tat­säch­li­che Gleich­stel­lung von Frau­en und Män­nern bei der Bud­get­er­stel­lung anzu­stre­ben ist. In der Rea­li­tät ist davon bis­lang wenig zu mer­ken. Knapp 500.000 Men­schen unter­schrie­ben das Volks­be­geh­ren, um gegen die anhal­ten­den Miss­stän­de etwa bei der unbe­zahl­ten Arbeit, dem seit rund 15 Jah­ren nahe­zu unver­än­der­ten Gen­der Pay Gap oder auch der unzu­rei­chen­den Kin­der­be­treu­ung zu protestieren.

Wir wol­len ana­ly­sie­ren in wie fern sich die Frau­en­po­li­tik der aktu­el­len schwarz-blau­en Regie­rung von schwarz-blau I unter­schei­det und wie femi­nis­ti­sche Bewe­gun­gen und Poli­tik in der aktu­el­len poli­ti­schen Situa­ti­on vor­an­kom­men können.

Am Podi­um
Bri­git­te Theissl (Lei­ten­de Redak­teu­rin, an.schläge – das femi­nis­ti­sche Magazin)
Chris­ti­an Ber­ger (Frau­en­volks­be­geh­ren)
Fran­zis­ka Diss­l­ba­cher (Öko­no­min, BEIGEWUM)

Mode­ra­ti­on
Mar­ti­na Mad­ner (Redak­teu­rin Wie­ner Zei­tung, Frau­en­netz­werk Medien) &
Jele­na Guča­nin (Jour­na­lis­tin und Akti­vis­tin, Frau­en­netz­werk Medien)

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