Bericht der Präsentation des COVID-Kaleidoskop am 04.11.2021
Präsentation des COVID-Kaleidoskops II am 4.11.2021
Das Covid-Kaleidoskop des BEIGEWUM widmet sich in seinem zweiten Teil der Frage: Was tun nach der Krise? Gerade in Bereichen, in denen die Covid-Krise bestehende Probleme verschärft hat, ist der Handlungsbedarf noch größer geworden. Häufig haben die Maßnahmen der Pandemiebekämpfung diese Verschärfungen ausgelöst: Etwa im Bereich der unbezahlten Arbeit, der Bildung durch die Schließung von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen oder beim massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit. Klar ist: Das bloße Zurückfahren der Maßnahmen wird nicht ausreichen, um die Probleme zu lösen. Vielmehr muss jetzt die Gelegenheit zu fortschrittlichen Maßnahmen und einer progressiven Politik ergriffen werden.
Unter dem Titel „Was tun nach der Krise? Progressive Vorschläge aus geschlechter‑, geld- und entwicklungspolitischen Perspektiven“ fand daher am 4. November 2021 im Republikanischen Club die Präsentation des zweiten Teils des Covid-Kaleidoskops statt. Katharina Mader (Ökonomin, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der WU Wien, Referentin in der Frauenabteilung der AK Wien, forscht seit 10 Jahren zu unbezahlter Arbeit) stellte dabei ihren Artikel über „Geschlechtergerecht aus der Pandemie“ vor. Stellvertretend für die beiden Beiträge aus dem Globalen Süden (einer aus Südafrika und ein zweiter aus Mosambik) präsentierte Tobias Orischnig (BEIGEWUM Vorstandsmitglied und beschäftigt sich mit entwicklungspolitischen Fragestellungen) diese und sprach dabei von „Umverteilung für den Globalen Süden – von der Impfstoffbeschaffung bis zum geldpolitischen ‘bailing out’“. Als dritte Diskutantin am Podium war Lea Steininger (Ökonomin am Institut für Internationale Wirtschaft der WU Wien. Sie forscht zu monetärer Ökonomie und ‘market-based finance’) vertreten, die über das Thema „Welche Rolle sollen Zentralbanken bei der Bekämpfung von Krisen spielen?“ sprach. Moderiert wurde die Veranstaltung von Bettina Haidinger (BEIGEWUM).
Für das Covid-Kaleidoskop führte Jana Schultheiss ein Gespräch mit Katharina Mader, mit der Leitfrage, wie wir geschlechtergerecht wieder aus der Corona-Krise herauskommen können. Hintergrund für Katharina Maders Expertise ist unter anderem eine Befragung aus dem Jahr 2020 über die geschlechtsspezifischen Auswirkungen der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung (vor allem Lockdowns), die gezeigt hat, dass sich die traditionelle Rollen- und Arbeitsaufteilung zwischen den Geschlechtern zugespitzt hat. Sie erklärte, dass Krisen im allgemeinen wie auch die Corona-Krise im speziellen mühsam erreichte Gleichstellungsziele zurückwerfen. In ihrem Beitrag zeigt sie, dass es die „alten“ feministischen Forderungen (Arbeitszeitverkürzung, Umverteilung unbezahlter Arbeit, Rechtsanspruch auf unbezahlte Kinderbetreuung, etc.) sind, die immer noch höchst relevant sind und auf die politische Agenda gehören. Darüber hinaus gibt es mit der Initiative „Mehr für Care“ einige sehr konkrete Forderungen für ein feministisches Zukunftspaket, auf die im Beitrag hingewiesen werden.
Tobias Orischnig stellte fest, dass in unseren Breiten wenig darüber nachgedacht wird, wie sich die Covid-Krise im Globalen Süden ausgewirkt hat und was das aber mit uns im Globalen Norden zu tun hat. Die beiden Kaleidoskop-Beiträge zu Covid-Krise und Globaler Süden betonen, dass die Covid-Krise wie nur wenige Ereignisse zuvor deutlich gemacht haben, dass die gesamte Welt in die Bewältigung dieser miteinbezogen werden muss. Leider ist jedoch genau das Gegenteil passiert, die globale Ungleichheit hat sich weiter verschärft. Hier ist wichtig zu fragen: Welche Strategien der Pandemiebewältigung wurden im Globalen Süden verfolgt oder konnten eben nicht verfolgt werden?
Zum Thema Geldpolitik interviewte Tamara Premrov im Covid-Kaleidoskop Lea Steininger, einem Bereich, der oft nur SpezialistInnen vorbehalten bleibt. Im besten Fall wird darüber gejammert, dass die Zinsen zu niedrig, oder gefürchtet, dass die Inflation zu hoch ist. Spannende Fragen sind jedoch: Warum ist Geldpolitik in Krisenzeiten – und konkret jetzt in der Corona-Pandemie – ein wichtiges wirtschaftspolitisches Instrumentarium? Was hat die Europäische Zentralbank (EZB) – als wichtigster Europäischer Player in der europäischen Geldpolitik – an geldpolitischen Maßnahmen gesetzt und wie sind diese Maßnahmen mit Blick auf die Krisenbewältigung einzuschätzen? In der Diskussion argumentierte Lea Steininger außerdem, dass es auch für die Geldpolitik alternative Maßnahmenszenarien gibt, die über die aktuellen Maßnahmenpakete der EZB hinausgehen. Zu diskutieren bleibt demnach: Wie soll eine EZB Geldpolitik der Zukunft aussehen, die effektiv zur Bekämpfung aktueller gesellschaftlicher, ökologischer und ökonomischer Krisen, die Klimakrise und für „ein gutes Leben für alle“ beiträgt?
Wer mehr dazu wissen möchte:
Das COVID-Kaleidoskop, Teil 1 – Eine Bestandsaufnahme und Teil 2 – Was tun nach der Krise, findet ihr auf der BEIGEWUM-Homepage: Teil 1 & Teil 2