Nachlese: 8. Österreichischer Workshop feministischer Ökonom*innen
Rund 70 Forscher*innen und Aktivist*innen trafen sich am 5. Mai am Institut für Höhere Studien (IHS) in Wien für einen ganztägigen Austausch und zur Vernetzung beim 8. Österreichischen Workshop feministischer Ökonom*innen. Der Workshop wurde von Forscher*innen der AK Wien, IHS, WU Wien, BEIGEWUM, Fair sorgen!, JKU Linz und der FH Campus Wien organisiert und bot eine Übersicht über aktuelle feministische ökonomische Forschung in Österreich. Dank der Keynote von Naila Kabeer „From Growth to Wellbeing: Perspectives from Feminist Economics“ wurde auch eine internationale Perspektive eingebracht, die in der abschließenden Podiumsdiskussion zum Thema „Overcoming Obstacles: Feminist Economics in Theory and Practice“ vertieft wurde.
Naila Kabeer (London School of Economics, ehem. Präsidentin der International Association for Feminist Economics IAFFE) eröffnete den Workshop mit ihren Überlegungen zu einer Feminist Economy of Wellbeing. Ihre Vision geht über eine Care-Ökonomie hinaus, mit Blick auf den globalen Süden müsse das Ziel „sustaining the reproductive economy of care and capabilities“ sein. Dafür braucht es eine bessere Bereitstellung öffentlicher Daseinsvorsorge, gemeinsame, aber verteilte Verantwortlichkeiten auf der lokalen und globalen Ebene, sowie den Aufbau einer aktiven Bürger*innenschaft. Eine zentrale Frage muss sein, wie eine gendergerechte Transformation in einer ungleichen globalen Situation zwischen Green Economy und Degrowth aussehen kann.
In fünf Sessions wurden im Anschluss Forschungsergebnisse zu den Themen „Gender and Sexual Orientation“, „Gender, Poverty & Wages“, „Population Economics: Families“, „Gender and Migration“ sowie „Women in Economics/Feminist Economics“ vorgestellt und diskutiert. Hier wurde das breite Themenfeld der Feministischen Ökonomik ersichtlich: von „klassischen“ Themen der Erwerbsbeteiligung von Frauen oder Armutsmessung über diverse Fragen im Kontext von Familie und Vereinbarkeit zu Fragen der Theoriebildung und aktuellen Themen, wie Zusammenhängen zwischen Geschlecht und Klimakrise, wurde eine breite inhaltliche Palette diskutiert. Auf dem abschließenden Podium tauschten sich Naila Kabeer, Elisabeth Klatzer (fair sorgen!), Karin Schönpflug (IHS), Doris Weichselbaumer (JKU Linz) mit Katharina Mader (AK Wien) über den Zustand der feministischen Ökonomik international und in Österreich aus, und welche Antworten wir auf die Vielfachkrise bieten können. Insgesamt zeigte der Workshop: Die feministische Ökonomik in Österreich ist kritisch, vielfältig und gut vernetzt.
Im Kurswechsel 4/2023 werden Teile der Vorträge und Diskussionen zu finden sein. Wer sich vorher schon mit der Thematik beschäftigen möchte, findet hier einige gute Möglichkeiten:
Heft 4/2013: Feministische Beiträge zur Krisenanalyse und ‑überwindung
Heft 1/2017: Die Herren des Geldes – Das Geld der Herren?
Heft 2/2017: Ökonomie breiter denken – Das 5‑Sektorenmodell