Can the EU still be saved? The implications of a multi-speed Europe
Simon Theurl
Am 22.3.2018 luden der BEIGEWUM, die ÖFSE und die WiPol zum fünften Mal zur Präsentation des EuroMemo in Wien ein. Der Einladung, über die Zukunft der EU nachzudenken und den Raum für mögliche Manöver für ein alternatives Modell der europäischen Integration auszuloten, wurde mit regem Interesse gefolgt.
Im aktuellen politischen und ökonomischen Kontext stellt das EuroMemo 2018 – der jährlich erscheinende Bericht der EuromemoGruppe (http://www.euromemo.eu/index.html ) – die Frage „Can the EU still be saved?“.
Vor etwa zehn Jahren stürzte die globale Finanzkrise die Mitgliedsländer der EU (insbesondere des Euroraumes) in eine langanhaltende ökonomische Rezession. Während die Europäische Zentralbank im Rahmen ihrer Möglichkeiten versuchte den Abschwung abzufedern und die Konjunktur wieder zu beleben, setzte die Kommission ihren deflationären Kurs (bis etwa 2015) mit Nachdruck fort: Austeritätspolitik, fortschreitende Flexibilisierung der Arbeitsmärkte, Schwächung der Gewerkschaften und Lohnkürzungen standen im Zentrum der wirtschaftspolitischen Empfehlungen und Vorschriften der Komission.
Seit ihrer Entstehung wurde die EuromemoGruppe nicht müde, die ökonomischen Entwicklungen und die politische Ausrichtung des europäischen Integrationsmodells kritisch zu kommentieren, vor den negativen Auswirkungen insbesondere der Austeritätspolitik, sowie vor den Eingriffen in die Sozial- und Lohnsysteme zu warnen und konstruktive Vorschläge für ein alternatives europäisches Integrationasmodell zu äußern.
Mittlerweile verzeichnen alle Mitgliedstaaten der EU wieder positive Wachstumszahlen – doch der Aufschwung verläuft asymmetrisch, die Mitgliedstaaten divergieren weiter, die Finanzmärkte können jederzeit eine neue Krise auslösen und die Arbeitslosigkeit sinkt zwar wieder, aber übertrifft weiterhin deutlich das Vorkrisenniveau (https://www.etui.org/Publications2/Books/Benchmarking-Working-Europe-2018 ). Neben den ökonomischen Herausforderungen, die trotz konjunkturellem Aufschwung bestehen, befindet sich die EU in einer ernsten politischen Krise. Nicht zuletzt das Scheitern einer gemeinsamen, koordinierten Betreuung und Integration der Refugees seit 2015 bringt dies zum Ausdruck. Dabei gelang es neo-nationalisitschen Parteien in der gesamten EU, die öffentliche Debatte auf eine vermeintliche Refugee-Krise zu lenken, diese für die ökonomische Situation der Krisen- und GlobalisierungsverliererInnen (Arbeitslose und jene die von Lohn- und Sozialleistungskürzungen betroffen sind, aber auch zunehmend die schrumpfende Mittelschicht) verantwortlich zu machen, eigene Agenden zu setzen und stark an Einfluss zu gewinnen. Auf der anderen Seite gelang es linksgerichteten Parteien nicht, das Momentum der Krise zu nutzen, um dem neoliberal geprägten europäischen Integrationsprojekt eine Alternative entgegenzustellen. Etablierte Parteien der Mitte verloren währenddessen an Einfluss und drifteten teilweise selbst weit nach rechts ab. Schließlich stellt der Austritt Großbrittanniens – angezettelt von der rechtskonservativen nationalistischen UKIP – eine weitere Bruchlinie für das europäische Integrationsprojekt dar.
Vier Szenarien über die Zukunft der EU
Die Diskussion eröffnete Heikki Patomäki (Universität Helsinki) mit einem Vortrag über mögliche Szenarien für die Zukunft der EU. Von einem kritisch realistischen wissenschaftsphilosophischen Standpunkt spannt Patomäki einen potentiellen Zukunftshorizont entlang vier möglicher Eckpunkte. Dabei geht es nicht darum, eine exakte Prognose über die Zukunft zu geben, sondern Entwicklungen als gestaltete und somit gestaltbare Prozesse zu verstehen. Die Geschichte als Geschichte von Klassenkämpfen zu verstehen bedeutet, dass die Zukunft gestaltbar ist.
Wesentlich für Einschätzungen möglicher Zukunftsszenarien ist dann, was für uns denkbar ist. Also wie wir die aktuelle Situation analysieren und davon abhängig welche Schlüsse und politischen Implikationen wir daraus ableiten können. Mögliche Szenarien für die Zukunft der EU entwickelt Patomäki deshalb ausgehend von ökonomischen Theorien und Legitimationstheorien, anhand derer er die Lage der EU einzuschätzen versucht. Ökonomische Theorien unterteilt er in heterodoxe Theorien, wonach kapitalistische Marktwirtschaften grundsätzlich instabil und krisenhaft sind, sowie in liberale Theorien, wonach unregulierte Wettbewerbsmärkte zu einem optimalen Gleichgewicht tendieren. Unter Legitimationstheorien fasst Patomäki Theorien, die davon ausgehen, dass normative Werte das Handeln von Individuen maßgeblich beeinflussen und somit für die gesellschaftliche und politische Stabilität relevant sind. Diese Legitimationstheorien unerteilt er in „Kapitalistische Freie-Marktwirtschaftstheorien“ – Schumpeterianische Theorien, wonach die freie Marktwirtschaft genügt um politische Stabilität zu gewährleisten – und in Theorien „Generalisierbarer Ethno-Politischer Güter“ – Habermas‘sche Theorien, wonach es generalisierbarer ethno-politischer Güter bedarf, die signifikant bedeutungsvoll für unser Leben sind und politische Konstellationen legitimieren. Ausgehend von diesen Überlegungen erstellt Patomäki folgende Matrix:
Legitimationstheorie:
Schumpeter |
Legitimationstheorie:
Habermas |
|
(Neo-Ordo)liberale ökonomische Theorien | A) Die EU und der Euroraum sind ökonomisch funktional und gesellschaftlich legitimiert. | C) Der Euroraum kann funktionieren, aber der EU mangelt es an Legitimation. |
Post-Keynesianische/heterodoxe ökonomische Theorien | B) Die EU ist ökonomisch instabil. Der Euroraum schadet der EU und ist krisenanfällig. | D) Die EU ist instabil und krisenanfällig. Die nächste ökonomische Krise wird ihre Legitimation zerstören. |
Zwar haben alle diese Betrachtungsweisen einen wahren Kern, aus den aktuellen „Makrohistorischen“ Erfahrungen der letzten Jahre kommt Patomäki jedoch zu dem Schluss, dass die Eurokrise und dessen Nachwirkungen am stärksten auf Option D deuten.
Ausgehend von diesem Standpunkt, entwirft Patomäki schließlich einen Möglichkeitenhorizont für die Zukunft der EU, den er entlang vier möglicher Szenarien aufspannt.
Szenario 1 – „Weiter wie bisher“: die nächste Krise bzw. die nächste Rezession wird zu weiterer Desintegration führen, ein kompletter Kollaps der EU ist möglich.
Szenario 2 – „Einheit durch Militarisierung“: beschreibt eine Militarisierung zur Legitimation der EU kombiniert mit härteren ökonomischen Disziplinierungsmaßnahmen nach neoliberalem Muster. Ein „Militär-Keynesianismus“ könnte dabei leichte Wachstumsimpulse setzen und die EU könnte im geopolitischen Ringen souveräner Nationalstaaten als nukleare Supermacht agieren.
Szenario 3 – „Das sozialdemokratische Projekt“ setzt sich zumindest teilweise durch und vermag es die EU zu transformieren: Hin zu einem quasi-föderalen Staat mit demokratischen Entscheidungsprozessen und voller fiskalpolitischer Kapazität. Dabei entwickelt sich die EU zu einem souveränen Staat in der Weltordnung souveräner Staaten. Bei diesem Szenario sind starke Tendenzen hin zu Szenario 2 zu erwarten.
Szenario 4 – Szenario 3 „aber kosmopolit“: Die EU agiert selbstreflexiv als Teil eines sozialdemokratischen Systems globaler Regierungen, zu dessen Entwicklung sie aktiv beiträgt.
Ausgehend von der Einschätzung der Entwicklungen der letzten Jahre (Option D) sind Szenario 1 und 2 in der aktuellen Situation am wahrscheinlichsten. Alternative Entwicklungen sind zwar denkbar, jedoch bedarf eine grundlegende Transformation des europäischen Integrationsprojektes Zeit. Die entscheidende Frage, die sich in Hinblick auf die Einschätzung der aktuellen Lage (Option D) stellt, ist: „Haben wir genug Zeit die notwendigen Reformen umzusetzen bevor die nächste Krise dem Europäischen Integrationsprojekt endgültig ein Ende setzt?“
Podiumsdiskussion
Das Podium eröffnete Peter Herrmann (EuroMemo Gruppe, Max Plank Institut Social Law and Social Policy). Er argumentiert, dass es für eine Transformation hin zu einem alternativen europäischen Integrationsprojekt Menschen braucht, die auf der Suche nach kritischer Bildung sind und nicht nach Humankapital. Menschen, die sich weiterbilden möchten und aktiv gestalten wollen. Er hebt hervor, dass zu Beginn des europäischen Experiments reges Interesse an der Gestaltung des gemeinsamen Projektes in der Zivilgesellschaft bestanden hatte und, dass Brüssel auch offene Ohren für diese Stimmen hatte. Das hat stark zur Legitimation des europäischen Integrationsprojektes beigetragen. Heutzutage kommen von Brüssel, bei den meisten Menschen, nur mehr „nicht-Probleme“ an, die nicht nachvollziehbar sind und als wenig bis gar nicht bedeutend für das eigene Leben wahrgenommen werden. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, dass viele Menschen das Interesse, an der Gestaltung des Europäischen Integrationsprojektes mitzuwirken, verloren haben. Insbesondere Probleme des Arbeitsmarktes, wie zunehmende prekäre Arbeitsverhältnisse, sinkende Löhne und eine immens hohe Arbeitslosigkeit, vor allem unter den Jugendlichen, zählen zu den eigentlichen und wesentlichen Problemen vieler EU-BürgerInnen. Doch diese Probleme werden von den europäischen politischen Eliten nicht entsprechend wahrgenommen, auf jeden Fall nicht adäquat thematisiert. Herrmann schließt: Umso weniger die zentralen Themen von politischen EntscheidungsträgerInnen kommen, umso mehr geht es für linke Bewegungen darum, den öffentlichen Raum zurück zu erobern und sich mittels direkter Aktionen wieder Gehör zu verschaffen, um linke Alternativen aufzuzeigen, einzufordern und umzusetzen.
Marica Frangakis (EuroMemo Gruppe, Nicos Poulantzas Institut) zog die Lehren aus der Erfahrung in Griechenland. Die Krise hat deutlich gemacht, dass Europa keine Gemeinschaft gleichberechtigter Staaten ist, sondern, dass eine Hierarchie zwischen den Mitgliedstaaten besteht – mit Deutschland an der Spitze, das Land das maßgeblich die Disziplinierung Griechenlands eingefordert hat. Gleichzeitig lässt sich die EU nicht ohne Klassenanalyse begreifen, denn Klassenstrukturen ziehen sich quer durch die nationalstaatlichen Hierarchien. Kapitalistische Eliten in Griechenland teilen beispielsweise ihre Erfahrungen mit den kapitalistischen Eliten in Deutschland.
Für die kapitalistischen Eliten waren die zehn Jahre Rezession kein Problem. Bereits kurz nach dem Börsencrash und der folgenden Bankenkrise (2007/08) florierten die Spekulationen erneut, Profite durch investitionen waren schnell wieder möglich und selbst wenn manche Kapitalisten während der Krise Einbußen in Kauf nehmen mussten, so bestand für sie keine Notwendigkeit einer schnellen Lösung der Probleme, die den Großteil der Menschen betraf. Denn von dem immensen Anstieg der Arbeitslosigkeit und den damit zusammenhängenden Problemen, wie steigender Armut, waren sie nicht betroffen. Das Problem verdeutlichen Aussagen der Führungseliten der Europäischen Kommission: Wachstum soll durch die weitere Deregulierung des Arbeitsmarktes erreicht werden. Eine Aussage, die als zynischer Euphemismus für das Streichen der Arbeitslosenversicherungsleistungen, der Sozialversicherungen und das Schwächen von Gewerkschaften zu verstehen ist.
Eben diese herrschende Elite war in ihrer Lebensrealität von der Krise nicht betroffen. Dennoch entscheidet sie maßgeblich über das Leben vieler, die von der Krise betroffen sind.
Werner Raza (EuroMemo Gruppe) hebt hervor, dass die Sozialdemokratie seit 2000 in den einzelnen europäischen Mitgliedstaaten um die 20% – 40% ihrer Wählerstimmen verloren hat. Anderen proeuropäischen Parteien wie den Grünen erging es nicht anders. Sie haben ebenfalls massive Verluste verzeichnet. Insgesamt macht dieses proeuropäische Lager nur mehr um die 30% – 35% der Wählerstimmen aus. Insbesondere KMUS und der Großteil der Mittelschicht wurden – auf Grund der Erfahrungen mit dem dominanten europäischen Integrationsmodell – europaskeptisch und haben sich von den proeuropäischen bürgerlichen Parteien abgewandt. Einen Großteil dieser Wählerstimmen konnten rechtspopulistische Parteien mit (neo)nationalistischen Parolen auffangen. So haben zunehmend antieuropäische Kräfte an Bedeutung gewonnen.
Die VerliererInnen der europäischen Integration sind jene, die keine Arbeit mehr haben, zunehmend prekäre Jobs haben und deren Einkommen kaum zum Überleben reicht. Doch anstatt, dass sich die Sozialdemokratie dieser Bevölkerungsschicht zuwendet, fokussiert sie auf die Mittelschicht, die sich zunehmend (neo)nationalistischen Kräften zuwendet. Die prekär Beschäftigten, Arbeitslosen und Abgehängten werden von dieser Politik aber nicht mehr angesprochen, denn diese Politik beinhaltet keine Angebote an sie.
Um aus dem Dilemma herauszukommen, muss die Idee eines föderalen Europas, das ein glaubwürdiges Angebot an die breiten Bevölkerungsschichten macht, langfristig wieder hegemonial werden. Dazu müssen sich linke Intellektuelle erneut und vermehrt die Frage stellen „Was können wir tun? Und wie lässt sich die Basis für das Erreichen eines alternativen europäischen Integrationsprojektes aktivieren? “.
Der neue Kurswechsel ist da: Die Macht von Unternehmen im neoliberalen Kapitalismus
Der neue Kurswechsel ist da: Die Macht von Unternehmen im neoliberalen Kapitalismus
Macht ist in vielen ökonomischen Theorieansätzen eine Leerstelle, in der öffentlichen Diskussion spielt Unternehmensmacht hingegen eine durchaus wichtige Rolle. Das aktuelle Heft setzt sich mit Unternehmensmacht aus theoretischer Perspektive, aber auch empirisch auseinander. Machtformen und ‑strategien werden im Hinblick auf Marktmacht, die Beziehungen zu Gewerkschaften und auch politische Einflussnahme analysiert und diskutiert.
Debattenforum: Schwarz-Blau II: National reden, unsozial handeln – Schwarz-Blau I und II zeichnen sich durch viele Parallelen, aber auch einige wichtige Unterschiede aus. In diesem Debattenforum wird ein erster Beitrag des Kurswechsels zur Analyse und Diskussion des schwarz-blauen Projektes geliefert.
Das gesamte Inhaltsverzeichnis, Editorial sowie das Debattenforum können Sie hier online lesen; Bestellungen sind hier möglich.
Der neue Kurswechsel ist da: Von Steuersümpfen und Transparenzwüsten
LuxLeaks, PanamaLeaks, BahamasLeaks – kein Jahr ohne neue Steuerskandale. Doch so groß die mediale Aufregung um mehr oder weniger prominente Namen ist – das dahinterliegende System der Verdunklung und Intransparenz existiert seit Jahrzehnten. Das aktuelle Heft setzt sich u.a. mit folgenden Fragen auseinander: Welche Strategien nutzen Vermögende und Konzerne, um sich ihrem Beitrag zum Gemeinwohl zu entziehen? Welche Länder locken illegale Finanzströme besonders an, welche verlieren dadurch besonders? Und warum ziehen die Regierungen trotz jahrelanger Versprechen bisher nur unzureichende politische Lehren?
Debattenforum: EU Auswege zwischen Austeritätspolitik und Transferunion? Zehn Jahre nach Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise steht die Auseinandersetzung um die institutionelle Zukunft der EU noch immer ganz im Zeichen der Krisenerfahrung. Hier werden zwei Vorschläge vorgestellt, wie auf europäischer Ebene mit dem Risiko fiskalischer Ungleichgewichte unter den Mitgliedstaaten umgegangen werden könnte.
Das gesamte Inhaltsverzeichnis, Editorial sowie das Debattenforum können Sie hier online lesen; Bestellungen sind hier möglich.
Can the EU still be saved? The implications of a multi-speed Europe Presentation of the EuroMemorandum 2018
Thursday |22.03.2018 | 18:00 | C3 – Centre for International Development, Sensengasse 3, 1090 Vienna
Context and Motivation
Nearly ten years into the crisis, after the EU opted for austerity and deregulation, the member states are still looking for the way out. The repercussions include the rise of ultra-right wing political forces across Europe which feeds into the anti-European popular sentiment they cultivate. Exiting the EU has been gaining ground and will soon be the case for Britain. This represents a turning point in the history of the EU, against an ‚ever closer union‘.
Can the EU still be saved? This is a difficult question indeed. The White Paper on the Future of Europe produced by the European Commission details five scenarios. However, these tend to overlook inherent tensions in Europe, e.g. heightened insecurity relating to labour markets, the role of finance in the post-crisis era, and the rise of a subaltern class across Europe. The EuroMemorandum 2018 critically analyses recent developments in Europe and emphasises the strong need for alternative policies. The economic system imposed in the aftermath of the crisis must be changed through a shared European process. The future of European integration will depend on the deepening of democracy in the interests of stability, solidarity and social justice.
The EuroMemorandum 2018 critically analyses recent economic developments in Europe and emphasises the strong need for an alternative economic policy that is based on the principles of democratic participation, social justice and environmental sustainability.
Download of EuroMemorandum 2018
http://www2.euromemorandum.eu/uploads/euromemorandum_2018.pdf
Programme
18:00 | Welcome Address |
18:10 | Presentation of the EuroMemorandum 2018 (Werner Raza, EuroMemo Group) |
18:20 | Input: Four Scenarios for the Future of the EU (Heikki Pattomäki, University of Helsinki, Finland) Roundtable Discussion with: |
Heikki Pattomäki, University of Helsinki Marica Frangakis, EuroMemo Group and Nicos Poulantzas Institute, Athen Peter Herrmann, EuroMemo Group and Max Planck Institute for Social Law and Social Policy, Munich Moderation: Nikolai Soukup, BEIGEWUM |
|
09:15 | General Discussion |
20:00 | Wine Reception |
Conference language: English
Speakers
Marica Frangakis
is a member of the Steering Committee of the EuroMemo Group, a founding member of ATTAC Hellas and a board member of the Nicos Poulantzas Institute in Athens, Greece.
Peter Herrmann
is a member of the Steering Committee of the EuroMemo Group and research fellow at the Max Planck Institute for Social Law and Social Policy in Munich, Germany.
Heikki Pattomäki
is professor of world politics at the Department of Political and Economic Studies at the University of Helsinki in Finland.
Werner Raza
is a member of the Steering Committee of the EuroMemo Group and director of ÖFSE – Austrian Foundation for Development Research.
Registration
Ingrid Pumpler
office@oefse.at or
Phone: +43/1/317 40 10–100
By participating in this event you consent to the publication of photographs and film footage that are produced by the organizers during the event.
Convenors:
Und täglich grüßt…
„Hausfrau“ und „schlanker Staat“ sind zurück
Im Vorfeld der ersten Budgetrede der neuen Bundesregierung Mitte März wurde bereits gestern ein „Nulldefizit“ für 2019 angekündigt. Ziel sei „ein schlanker Staat“ – kennen wir das nicht irgendwo her? Wieder einmal wird die gute, alte „Hausfrau“ bemüht, die wisse, dass man nicht mehr ausgeben als einnehmen kann (Der Standard, 28. Februar 2018). Das ist politisch so unehrlich, wie die Argumente ökonomisch falsch sind.
Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder auf die Mythen hinter dem Nulldefizit und der Sparpolitik hingewiesen. Grundsätzlich gilt, dass ein Staatshaushalt gerade nicht mit dem Privathaushalt gleichgesetzt werden kann. Zum einen ist die Steuergesetzgebung Aufgabe der Parlamente und das Einkommen eines Staates damit nicht statisch – hier stellt sich die Frage, wer den Sozialstaat finanziert und wem die Ausgaben zugutekommen. Eine Entlastung der Erwerbsarbeit durch die Besteuerung von Kapitaleinkommen ist eine Möglichkeit den Sozialstaat zu finanzieren und der steigenden Vermögenskonzentration auf einige wenige entgegenzuwirken. Zudem sind Staaten auf Dauer konzipiert und müssen lediglich das langfristige Verhältnis zwischen Bruttoinlandsprodukt und Schuldendienst stabilisieren. Und drittens ist der Staatshaushalt so groß, dass Veränderungen der Ausgaben und Einnahmen auch gesamtwirtschaftliche Auswirkungen haben (Beigewum 2013, 13f.). Letztendlich stehen hinter allen Ankündigungen von „Nulldefiziten“, Sparpolitik und „schlankem Staat“ Kürzungen von Investitionen und Sozialleistungen.
Ließ sich Vizekanzler Strache noch im November mit „Wir sind keine Nulldefizit-Fetischisten“ „und wollen das nicht übers Knie brechen“ zitieren (Der Standard, 4./5.November 2017), geht nun anscheinend doch wieder alles ganz schnell…
Zum Weiterlesen haben wir hier einige Dokumente und Argumente aus den vergangenen Jahren zusammengestellt:
- Aktuell: Mythos „schwarze Null“ (Factsheet I)
- Aus 2013: Aus unserem Buch, Mythen des Sparens. Antizyklische Alternativen zur Schuldenbremse, VSA Verlag: „Schulden sind böse – Sparen ist gut“
- Aus 2000: Eine Zusammenfassung der Hauptaussagen unseres Buches: Mythos Nulldefizit. Alternativen zum Sparkurs, Mandelbaum Verlag (PDF)
Heft-Präsentation Kurswechsel „Neue Weichen für die Weltwirtschaft“
Wann: Mittwoch, 7.3.2018, 18:30 Uhr
Wo: Fachbuchhandlung des ÖGB-Verlags,
Rathausstraße 21, 1010 Wien (Eingang Universitätsstraße)
Gleich ob der Blick in Richtung USA, EU, China oder etwa Brasilien geht:
Die Zeichen stehen auf Umbruch der internationalen Kräfteverhältnisse. Die Vorstellung der aktuellen Schwerpunktnummer der Zeitschrift Kurswechsel widmet sich diesen „Neuen Weichen für die Weltwirtschaft“. Damit sind viele Fragen aufgeworfen: Wie geht es mit der Globalisierungspolitik der EU und USA weiter? Welche Leerstellen zeigen sich in der laufenden „Protektionismus“-Debatte rund um Trump&Co? Wie lassen sich die handels- und rohstoffpolitischen Strategien Chinas gegenüber den Ländern des sub-saharischen Afrikas einschätzen? Welche Probleme und Perspektiven erwachsen aus den aktuellen Umbrüchen für progressive Globalisierungskritik?
Heftpräsentation mit Joachim Becker und Oliver Prausmüller (Heftherausgeber) sowie Karin Küblböck (Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung/ÖFSE). Das Editorial und Inhaltsverzeichnis der Schwerpunktausgabe sind hier vorweg abrufbar:
EuroMemorandum 2018: Can the EU still be saved? The implications of a multi-speed Europe
Nearly ten years into the crisis, after the EU opted for austerity and deregulation, the member states are still looking for the way out. The repercussions include the rise of ultra-right wing political forces across Europe which feeds into the anti-European popular sentiment they cultivate. Exiting the EU has been gaining ground and will soon be the case for Britain. This represents a turning point in the history of the EU, against an ‚ever closer union‘.
Can the EU still be saved? This is a difficult question indeed. The White Paper on the Future of Europe produced by the European Commission details five scenarios. However, these tend to overlook inherent tensions in Europe, e.g. heightened insecurity relating to labour markets, the role of finance in the post-crisis era, and the rise of a subaltern class across Europe. The EuroMemorandum 2018 critically analyses recent developments in Europe and emphasises the strong need for alternative policies. The economic system imposed in the aftermath of the crisis must be changed through a shared European process. The future of European integration will depend on the deepening of democracy in the interests of stability, solidarity and social justice.
Almost 250 economists and social scientists from all over Europe and beyond have expressed their support for the EuroMemorandum 2018. More details and the full document can be found.
Weitere Informationen gibt es hier.
Neuer Kurswechsel: Neue Weichen für die Weltwirtschaft
Neue Weichen für die Weltwirtschaft
Gleich ob der Blick in Richtung USA, EU, China, Russland oder etwa
Brasilien geht: Die Zeichen stehen auf tiefgreifenden Umbruch
internationaler Kräfteverhältnisse. Doch allzu pauschale Diagnosen – wie
etwa „Niedergang des Nordens“, „Aufstieg der BRICS-Staaten“ – erscheinen
nicht stichhaltig. Das Heft widmet sich umso mehr aktuellen
Momentaufnahmen und Widersprüchen – von der aktuellen Krise der
bisherigen EU- und US-Globalisierungspolitik über die Leerstellen der
aktuellen Konjunktur der „Protektionismus“-Debatte bis hin zu
Perspektiven der Globalisierungskritik.
Debattenforum: „Politik mit Sorgen und Ängsten“ – Kaum eine politische
Debatte der letzten Jahre kam ohne den Verweis auf die „Sorgen und
Ängste“ der Bürger_innen aus. Doch was läuft hier schief?
Das gesamte Inhaltsverzeichnis, Editorial sowie das Debattenforum können sie online lesen.
Eine Übersicht der Hefte 2017 finden sie hier und auch Bestellungen sind möglich.
Die deutschsprachige Volkwirtschaftslehre: Forschungsprofil und politisches Wirkungsspektrum
Christian Grimm; Stephan Pühringer
Ausgangslage: Die Volkswirtschaft in der Krise?
In der Volkswirtschaftslehre (VWL) hat sich seit Mitte der 1970er Jahre mit der Neoklassik ein dominierendes theoretisches Paradigma etabliert, welches das ökonomische Denken bis heute wesentlich prägt. Dieser Zustand, der insbesondere seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 nicht nur in der akademischen Fachwelt kontrovers diskutiert wird, hat weitreichende Auswirkungen auf die innerdisziplinären Verhältnisse (z.B. Einseitigkeit in Forschung und Lehre, stark hierarchische Strukturen, geringe Beachtung sozialwissenschaftlicher Forschung und interdisziplinärer Ansätze) sowie auf gesellschafts- und wirtschaftspolitische Entwicklungen (z.B. Ökonomisierung sozialer und politischer Bereiche, einseitige Einflussnahme durch Expertengremien und Think Tanks). Ausgehend von diesen Überlegungen wurde in einer Studie im Auftrag des FGW eine empirische Untersuchung der (ordentlichen) Professuren für Volkswirtschaftslehre im deutschsprachigen Raum (Österreich, Deutschland, Schweiz) erstellt. Diese wurden hinsichtlich ihrer theoretischen und inhaltlichen Ausrichtung (Forschungsprofil) sowie ihrer inner- und außeruniversitären Vernetzung (Wirkungsspektrum) untersucht. Die Datengewinnung selbst erfolgte anhand eines mehrstufigen Erhebungsverfahrens auf den entsprechenden Institutshomepages sowie den Lebenslaufangaben der einzelnen Professor_innen und wurde im Zeitraum von November 2015 bis April 2016 durchgeführt.
Wer forscht und lehrt VWL an deutschsprachigen Universitäten?
Im Zuge der empirischen Analyse wurde eine Grundgesamtheit von 708 VWL-Professor_innen an 89 Universitätsstandorten ermittelt. Im Hinblick auf soziodemografische Daten konnte ein sehr unausgewogenes Geschlechterverhältnis bei den Professor_innen ermittelt werden. So sind lediglich 89 (13,36%) der 708 Professuren mit Frauen besetzt. Der Frauenanteil fiel dabei in der Schweiz besonders niedrig aus (7,37%). Die Untersuchung der Nationalitätszugehörigkeit ergab, dass an Deutschlands Universitäten neun von zehn Professor_innen die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen (89,95%). Der Anteil „inländischer“ Professor_innen fällt demgegenüber in Österreich (60,98%) und der Schweiz (34,85%) wesentlich geringer aus. Eine Erklärung dafür kann im gemeinsamen Arbeitsmarkt für deutschsprachige Professor_innen gefunden werden. An Österreichs Universitäten verfügt rund ein Fünftel (19,51%), in der Schweiz sogar ein Viertel (27,27%) über eine deutsche Staatsbürgerschaft.
Forschungsschwerpunkte der deutschsprachigen Volkswirtschaftslehre
Die Analyse der Forschungsschwerpunkte der untersuchten Professor_innen zeigt einen starken Fokus auf mikroökonomische Themen und Fragestellungen – ein Umstand, der sowohl an den Selbstangaben der Professor_innen hinsichtlich ihrer Forschungsinteressen als auch anhand der daran anschließenden teilgebietlichen Zuordnung ersichtlich wird. So haben sieben der zehn meistgenannten Forschungsschwerpunkte einen vorwiegend mikroökonomischen Bezug (Industrieökonomie, Arbeitsmarktökonomie, Experimentelle Ökonomie, Verhaltensökonomie, Umweltökonomie, Spieltheorie und Angewandte Mikroökonomie) –– dementsprechend wurde auch knapp die Hälfte der Professor_innen (50,35%) primär in der Mikroökonomie verortet. Demgegenüber steht knapp ein Fünftel der Professor_innen, die vorwiegend im Teilgebiet der Makroökonomie zu verorteten sind (18,76%), also einen gesamtwirtschaftlichen Schwerpunkt aufweisen. Die beiden ergänzend erhobenen Gebiete der Finanzwissenschaft (6,63%) bzw. der Ökonometrie und Statistik (6,21%) sind hingegen tendenziell unterrepräsentiert. Darüber hinaus entfiel ein vergleichbar hoher Anteil (17,77%) auf Professor_innen, deren Forschungsarbeiten zwischen zwei Teilgebieten (v.a. Mikroökonomie und Ökonometrie, aber auch Mikroökonomie und Finanzwissenschaft) angesiedelt sind.
Dominanz eines neoklassischen Mainstreams
Der paradigmatische Status der Ökonomik wurde mittels zweier verschiedener Klassifizierungsverfahren (Mainstream-Heterodoxie Klassifizierung; Klassifizierung nach der These einer steigenden konzeptionellen Vielfalt innerhalb des ökonomischen Mainstreams nach David Colander) ermittelt und soll Auskunft über die Zugehörigkeit zu einer bestimmten (theoretischen) Denkrichtung geben. In beiden Fällen offenbarte die Analyse eine starke Konzentration rund um den traditionellen Mainstream neoklassischer Prägung, wobei der Anteil der Professor_innen aus diesem Bereich je nach Verfahren variierte (91,27% bzw. 76,11%). Die österreichische Volkswirtschaftslehre weist mit einem Mainstreamanteil von 80% bzw. 68,98% im Vergleich zu Deutschland und der Schweiz eine etwas pluralistischere Ausrichtung auf. Mit Hilfe der Mainstream-Heterodoxie Klassifizierung lässt sich darüber hinaus eine Gruppe an Ökonom_innen identifizieren, die ihren eigentlichen Forschungsschwerpunkt in der Mainstreamökonomie hat, aber fallweise auch an heterodoxen Diskursen partizipiert. Diese Gruppe eines „pluralen Mainstreams“ ist mit knapp 6% der untersuchten Professor_innen zwar von überschaubarer Größe, aber immerhin noch doppelt so groß wie der Anteil vorwiegend heterodoxer Professor_innen (3,15%). Die Klassifizierung nach Colander, mit deren Hilfe versucht wird einen möglichen Wandel innerhalb des ökonomischen Mainstreams zu erfassen, zeigte zudem, dass sich mit der Verhaltens- und Experimentalökonomie ein neuer Forschungszweig innerhalb der Mainstreamökonomie etablieren konnte. Dieses Resultat deutet an, dass der innere Wandel der Mainstreamökonomie durchaus beschränkt ist und vorwiegend die ökonomische Verhaltenstheorie betrifft. Ob dieser Aufstieg der Verhaltens- und Experimentalökonomie, die von knapp 15% der untersuchten Professor_innen betrieben wird, als echter Wandel der Disziplin zu werten ist, ist nach Ansicht mancher Autor_innen durchaus umstritten: Obwohl beide Forschungsfelder wesentliche Grundannahmen des traditionellen Homo Oeconomicus Modells widerlegen konnten, gilt letzteres nach wie vor als zentraler theoretischer Rahmen ökonomischen Denkens.
Die angewandten Verfahren zeigen eine starke Marginalisierung heterodoxer Strömungen, da lediglich 22 Professor_innen (3,15%) als „heterodoxe“ Ökonom_innen klassifiziert wurden. Zudem weisen die Daten auf das überdurchschnittliche Alter dieser Personengruppe hin was auf einen Trend zu einer noch weitergehenden Marginalisierung schließen lässt. Institutionell sind diese vor allem an kleinen Universitätsstandorten (sechs oder weniger Professuren) vertreten (z.B. Bremen, Darmstadt, Oldenburg, Lüneburg, Jena), während an den größeren Universitäten vorwiegend mainstreamorientierte Professor_innen tätig sind. In Summe wurden nur fünf Universitäten identifiziert, an denen mindestens die Hälfte der VWL-Professor_innen dem pluralen Mainstream (4) bzw. der heterodoxen Ökonomie (1, Bremen) zugeordnet werden können. Abbildung 1 bildet auf einer Landkarte die geografische Verteilung der VWL-Standorte mit Bezug zu heterodoxen und pluralen ökonomischen Ansätzen ab. Professor_innen, die dabei dem pluralen Mainstream zugeordnet wurden sind grün, jene aus der Heterodoxie rot dargestellt. Ferner wurden auch die Universitäten entsprechend der Mehrheit der paradigmatischen Zuordnung ihrer Professor_innen eingefärbt. So ist beispielsweise die Universität Bremen rot dargestellt, da zwei der drei (und somit die Mehrheit der dort ansässigen Professor_innen) der Heterodoxie zugewiesen wurden.
Abbildung 1: Landkarte pluraler und heterodoxer ökonomischer Standorte in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Innerhalb der Heterodoxie sind postkeynesianische mit acht, bzw. evolutionäre Ansätze mit sieben Professor_innen am stärksten vertreten. In Deutschland (8,04%) konnte, im Vergleich zu Österreich (2,22%) und der Schweiz (2,13%), eine verhältnismäßig bessere Verankerung ordoliberaler Konzepte festgestellt werden, die auf den „deutschen Sonderweg“ in der Entwicklung der Volkswirtschaftslehre nach dem Zweiten Weltkrieg verweist und maßgeblich von der so genannten „Freiburger Schule“ getragen wurde. Abschließend bekräftigt der geringe Prozentsatz an Professor_innen, die sich seit 2008 in ihren Beiträgen zur Wirtschafts- und Finanzkrise beschäftigt haben (14,45%) die Kritik, dass sich ökonomische Forschung zu wenig an aktuellen wirtschaftlichen Problemen und Entwicklungen orientiert. In diesem Kontext zeigt sich auch, dass die Krise unter heterodoxen Ökonom_innen wesentlich häufiger (etwa ein Drittel) Forschungsgegenstand war als bei ihren Mainstream-Kolleg_innen.
Ideologischer Bias von Ökonom_innen in der Politikberatung und in öffentlichen Debatten
In der innerakademischen Vernetzung zeigt sich die zentrale Rolle des „Vereins für Socialpolitik“ (VfS), dem 427 (60%) der Professor_innen zugehörig sind. Wichtige Rollen für den akademischen Forschungsaustausch spielen darüber hinaus die „American Economic Association“ (12%) und die „European Economic Association“ (11%). Unter den heterodoxen Professor_innen besitzt der VfS eine noch zentralere Stellung (77%). Die „European Society for the History of Economic Thought“ (23%) und der „Arbeitskreis Politische Ökonomie“ (18%) verkörpern zwei spezifische Plattformen für heterodoxe Professor_innen im deutschsprachigen Raum. Die Analyse der außerakademischen Vernetzung verfolgt verschiedene Kanäle der Einflussnahme der Volkswirtschaftslehre auf gesellschaftliche und politische Entwicklungen. Auf der Ebene der unterstützenden Politikberatung („policy support“) stellen das „CESifo München“ mit 146 (21%), das „IZA Bonn“ mit 91 (13%) sowie das „CEPR London“ mit 90 (13%) die quantitativ bedeutendsten Institutionen dar.
Auf der Ebene der aktiven wirtschaftspolitischen Einflussnahme („policy involvements“) konnten sowohl neo- bzw. ordoliberale Akteursnetzwerke (z.B. Walter Eucken Institut, Kronberger Kreis, F.A. Hayek Gesellschaft, INSM, Hamburger Appell, Plenum der Ökonomen) als auch keynesianisch geprägte Expertengruppen (z.B. Keynes Gesellschaft, Hans-Böckler Stiftung) identifiziert werden, wobei hier ein klares Übergewicht neo- bzw. ordoliberaler Think Tanks besteht. Dabei ist die institutionelle Verbindung von Ökonom_innen in den zentralen wirtschaftspolitischen Beratungsgremien (SVR, sowie die Wissenschaftlichen Beiräte im deutschen Wirtschafts- und Finanzministerium) zu neo- bzw. ordoliberalen Netzwerken mit mehr als 42% besonders hoch. Insbesondere in Deutschland kann dies durch einen langfristig betriebenen, erfolgreichen Auf- und Ausbau von Netzwerkstrukturen in der wirtschaftspolitischen Beratung erklärt werden, wie in einer soeben publizierten Studie gezeigt wurde. Diese ungleiche Machtverteilung bietet auch eine mögliche Erklärung für ein, insbesondere im Zuge der deutschen Krisenpolitik attestiertes, „Fortleben“ bzw. „Revival“ eines explizit konservativ verstandenen Ordoliberalismus, das die außergewöhnliche Persistenz neoliberaler Anschauungen und Politiken unter deutschen Wirtschafts- und Politikeliten erklären würde.
Weiterführende Literatur
Die Studie in der Langfassung ist als FGW-Studie erschienen und kann hier als adaptiertes Working Paper heruntergeladen werden.
Der BEIGEWUM hat sich in zahlreichen Publikationen mit diesem Thema auseinandergesetzt, jüngere Beispiele sind der Kurswechsel 1/16 (Die Zukunft der Volkswirtschaftslehre: Kann die ökonomische Wissenschaft plural werden?) oder das Debattenforum des Kurswechsel 2/2015 (Perspektiven und Grenzen Pluraler Ökonomie).
Angelobung der neuen Bundesregierung
Anlässlich der voraussichtlichen Angelobung der neuen Bundesregierung möchten wir auf Folgendes hinweisen:
Aufruf zu Demonstrationen: Als Mitglied der „Plattform für eine menschliche Asylpolitik“ ruft der BEIGEWUM gemeinsam mit zahlreichen Initiativen und Organisationen zu Demonstrationen gegen die neue Bundesregierung auf:
- Am Montag, den 18. Dezember 2017 wird vormittags eine Demo gegen die ÖVP/FPÖ-Regierungsangelobung auf dem Heldenplatz stattfinden. Der Aufruf sowie aktuelle Informationen, etwa zur konkreten Uhrzeit, sind hier zu finden: http://menschliche-asylpolitik.at/ sowie https://www.facebook.com/events/392929371137889/
- Am Samstag, den 13. Jänner 2018 findet ab 14:00 Uhr der „Neujahrsempfang: Großdemo gegen Schwarz-Blau!“ statt. Treffpunkt ist der Westbahnhof, Christian-Broda-Platz.
Nein zu Rassismus, Sexismus und Sozialabbau!
Schluss mit der Normalisierung von Rechtsextremismus!
BEIGEWUM-Bilanz von Schwarz-Blau / Orange 2000 – 2006 (aus dem Jahr 2006): Zur Angelobung der ÖVP/ FPÖ Regierung weisen wir auf zwei Debattenforen des Kurswechsels aus dem Jahr 2006 hin die sich mit der sozialpolitischen sowie mit der wirtschaftspolitischen Bilanz von Schwarz-Blau / Orange auseinandergesetzt haben: http://www.beigewum.at/2017/12/beigewum-bilanz-von-schwarz-blau-orange-2000–2006
Dokumentation der Veranstaltung „Österreich nach der Wahl – sozioökonomische Perspektiven“: Hier ist ein Videomitschnitt unserer Veranstaltung vom 6. November 2017 im Republikanischen Club zu finden. Michaela Moser (Dozentin an der FH St. Pölten, Sozialexpertin der Armutskonferenz), Markus Marterbauer (Leiter Abteilung Wirtschaftswissenschaft und Statistik der AK Wien, Lektor an der Wirtschaftsuniversität Wien) und Lukas Oberndorfer (Rechtswissenschafter, Redaktion mosaik) diskutierten, was die konkreten Auswirkungen einer Neuauflage des schwarzblauen Projekts sein könnten und wie linke Antworten auf diese Aussichten aussehen sollten: https://www.youtube.com/watch?v=o_CeDSut_pA