Offene Fragen in der Debatte um Konzentrationstendenzen im Unternehmenssektor
Christian Reiner und Christian Bellak
Eine bislang vor allem in den USA geführte Debatte über steigende Macht von Unternehmen erinnert an die Konzentrationsthese von Marx, wonach die endogene Dynamik des Kapitalismus monopolistische Strukturen hervorbringe, die schließlich seinen Untergang befördern würden. Für die Entwicklung in den USA besteht weitgehende Einigkeit darin, dass es hier in den letzten Jahrzehnten sowohl zu steigender Konzentration im Unternehmenssektor als auch zu steigender Monopolmacht der Unternehmen gekommen ist (OECD 2018). Kürzlich publizierte Studien zeigen, dass auch Europa von dem Trend zu steigender Monopolmacht von Unternehmen nicht verschont ist (Díez et al. 2018b; Loecker und Eeckhout 2018).
Ziel dieses Beitrags ist es einen Überblick über drei ausgewählte offene Fragen für die Forschung zu geben, die sich aus den bisherigen empirischen Ergebnissen ableiten und die gesellschaftspolitische Dimension des Themas reflektieren. Inhaltlich stellt der Aufsatz damit eine Fortführung und Ergänzung der Diskussion im Kurswechselheft 1/2018 zum Thema „Die Macht von Unternehmen im neoliberalen Kapitalismus“ dar.
Wie stark ist die Politische Macht von Unternehmen?
Macht hat viele Gesichter – so auch in der Welt der Unternehmen. Dies hat schon Adam Smith gewußt, der etwa neben der Monopol- und Monopsonmacht auch auf die Problematik der politischen Macht von Unternehmen hingewiesen hat: „Der Parlamentarier, der jeden Vorschlag der Monopolisten unterstützt, ihr Monopol zu stärken, erwirbt sich den Ruf, etwas von Wirtschaft zu verstehen und erfreut sich großer Beliebtheit und Einfluss bei reichen und wichtigen Männern.“ Neure Studien, u.a. von der EZB sowie vom IWF zeigen, der Einfluss von Unternehmen auf den politischen Prozess empirisch bedeutsam ist (für einen Überblick siehe Zingales 2017). In einer der ersten mikrodatenbasierten Studien über Europe kommen beispielsweise Dellis und Sondermann (2017) zu folgendem, wohlfahrtsökonomisch problematischem Schluss: „Also firms with higher lobbying expenditure seem to have a higher profit margin and are less productive, which according to the literature, tend to be features of firms operating in closed or highly concentrated markets.“ Aufgrund der beschriebenen Konzentrationstendenzen könnte es weiterhin auch zu einer Verschärfung dieser demokratiepolitisch bedenklichen Entwicklung kommen.
In diesem Zusammenhang sollte auch bedacht werden, dass Konzentrationstendenzen ökonomisch betrachtet aufgrund von Effizienzgewinnen weniger problematisch sein könnten als in der politischen Sphäre, in der die absolute Größe und Bedeutsamkeit eines Unternehmens für eine Branche oder Region politisches Kapitel begründen können. Letztlich sei noch darauf hingewiesen, dass die Frage nach der methodischen empirischen Erfassung von politischer Einflussnahme freilich von zentraler Bedeutung ist. Es sei hier nur erwähnt, dass ein Forschungsproblem darin besteht zu erklären, warum die Lobbyingausgaben von Unternehmen (relativ zu ihrer Größe) eigentlich so gering sind (Ansolabehere et al. 2003). Die Vermutung liegt nahe, dass es eine Reihe von anderen, weniger leicht zu identifizierenden Kanälen gibt, die relativ effizienter die Durchsetzung von Privatinteressen ermöglichen, was auf Meß- und Erfassungsprobleme hindeutet. Aus unserer Sicht besteht in Bezug auf diese Themen weiterer Forschungsbedarf, der neben einer expliziten europäischen Perspektive auch eine Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Politikwissenschaften vorsehen sollte. Der aktuelle Diskurs von populistischen Parteien über „abgehobene Eliten“ und das „System“ macht deutlich, wie drängend und aktuell diese Fragen sind.
Bessere Technologie oder Rent-Seeking?
Neben der politischen Macht ist die Ursachenforschung von Relevanz. Kurz gesagt: Inwieweit sind steigende Konzentrationstendenzen technologisch bedingt (Skaleneffekte, direkte und indirekte Netzwerkeffekte) und inwieweit auf verschiedene Formen eines unproduktiven Rent-Seeking zurückzuführen? Wachsen Unternehmen zu dominanten Marktpositionen weil sie überlegene Effizienz aufweisen, oder weil sie durch geschicktes Agieren ein für sie vorteilhaftes regulatorisches Umfeld erwirkt haben? Die Schwierigkeit liegt weiterhin darin, dass die Dynamik von Märkten entlang ihres Lebenszyklus dazu führen kann, dass die beiden Faktoren in wechselnden Mischungsverhältnissen auftreten, was eine Beurteilung deutlich erschwert. Beispielsweise argumentiert die deutsche Monopolkommission in ihrem Sondergutachten über digitale Märkte (2015), daß die digitale Wirtschaft zwar in einigen Bereichen hochkonzentriert sei, aber das dies vor dem Hintergrund eines funktionsfähigen Schumpeter-Wettbewerbs zu sehen sei, der eine baldige Ablösung aktueller Dominanzpositionen erwarten lasse. Und tatsächlich ist die kurze Geschichte der IT-Branche eine Geschichte hoher Innovationsausgaben und einer zum Teil raschen Abfolge von temporären Monopolen, etwa die Ablösung von Yahoo durch Google (Dolata 2015), wobei sich dies bei Google selbst nicht abzuzeichnen scheint.
Die kritische Frage ist jedoch, ob die Vergangenheit ein valider Kompass für die Einschätzung der Zukunft ist. Über positive Datenbestandseffekte und zunehmend ausgeklügelte Techniken zur Auswertung dieser Daten kommt es nicht nur zu ständig verbesserten Anpassung von digitalen Services an die Präferenzen der Nutzer, sondern auch zur frühen Identifikation von möglichen Konkurrenten. Wird ein Startup von einem der dominanten Unternehmen auf diese Weise als potentieller Konkurrent erkannt, so befindet sich dieses nunmehr in einer sogenannten „kill-zone“ und die Chance eines Aufkaufs durch bereits am Markt etablierte Unternehmen steigt stark an, während gleichzeitig die Bereitschaft von Risikokapitalgebern zur Finanzierung von Startups die möglicherweise in diese „kill-zone“ geraten könnten, abnimmt (The Economist, 2.6.2018). Nachdem das Sammeln von Daten und deren digitale Nutzung zunehmend mehr Wirtschaftsbereiche erfasst, ist auch der Problemkreis weiter abzugrenzen als mit der IT-Branche im engeren Sinne. Genauer gesagt geht es also um die Frage, wann und unter welchen Umständen mit einem Abbruch eines wohlfahrtsfördernden Schumpeter-Wettbewerbs gerechnet werden kann. Weiterhin ist auch zu bedenken, dass auch ein Schumpeter-Wettbewerb nicht unproblematisch sein kann: Selbst wenn die Dominanz eines Unternehmens temporärer Natur sein sollte, zeigt etwa das Beispiel Facebook, daß auch kurzfristige Marktmachtpositionen gesellschaftlich höchst problematische Folgen haben können. Insofern bedarf es auch hier weiterer Forschung, um zu untersuchen, wie unterschiedlich sich zeitlich begrenzte Marktmacht auf verschiedenen Märkten auswirken kann. Offensichtlich ist auch hier neben einer klassischen wohlfahrtsökonomischen Analyse ein konzeptuell breiterer Zugang notwendig.
Das Verhältnis von Effizienz und Rent-Seeking ist auch im Zusammenhang mit der politischen Dimension der Macht von Unternehmen von Relevanz. Abhängig davon mit welcher Motivation Lobbying stattfindet, kann die soziale Wohlfahrt hierdurch gesteigert oder gesenkt werden. Während also Lobbying im Sinne des Rent-Seeking negativ zu beurteilen ist, kann ein konstruktuver Informationsaustausch zwischen Politik und Unternehmen zu besseren Entscheidungen führen, etwa weil eine Regulierung die Spezifika einer Branche berücksichtigt und damit effektiver ist. Brown und Huang (2017) weisen in ihrer Untersuchung über Kontakte zwischen Managern, dem US Präsidentenamt und dem Aktienkurs der Unternehmen auf die entsprechende Forschungslücke hin: „Unfortunately, our data do not allow us to distinguish between these two views. Future research could disentangle these potential explanations.” Institutionenökonomisch stellt sich die Frage, wie der Kontakt zwischen Unternehmen und Bürokraten gestaltet sein muss, sodass Rent-Seeking möglichst verhindert, aber ein wohlfahrtssteigender Informationsaustausch im Sinne eines „policy learnings“ (Dunlop et al., 2018) befördert wird.
Welche Folgen hat die steigende Ungleichheiten innerhalb des Unternehmenssektors?
Steigende Konzentration signalisiert auch eine steigende Polarisierung innerhalb des Unternehmenssektors: Den in der Regel großen, multinationalen „Superstar Firms“ steht eine Masse von Klein- und Mittelunternehmen gegenüber, die nach wie vor primär in regionale und nationale Wirtschaftskreisläufe eingebunden sind. Die zunehmende Performancelücke zwischen den führenden und nachhinkenden Unternehmen wurde zuletzt sowohl für Produktivitätsindikatoren als auch für Innovationskennzahlen ausführlich untersucht. Sowohl im Industrie- als auch im Dienstleistungssektor klafft die Lücke in Bezug auf Arbeitsproduktivität immer weiter auseinander (Kronenberg und Reiner 2018). Für Deutschland zeigt sich im Zeitraum 1994–2015 eine starke Zunahme des Gini-Koeffizienten der Innovationsausgaben von etwa 0,88 auf ca. 0,94 (Hünermund und Rammer 2017). Diese Ergebnisse passen gut mit den neuen Marktmachtstudien zusammen: Die Zunahme der Markups in den letzten Jahrzehnten war vor allem von einem relativ kleinen Segment der Unternehmen getrieben, dem es gelang, Strategien zu einer starken Steigerungen der Marktmacht umzusetzen. Damit zusammenhängend ergibt sich eine zunehmende Streuung in der Markup-Verteilung (Díez et al. 2018b; Loecker und Eeckhout 2018). Es scheint, also als ob Polarisierungstrends nicht nur im Haushaltssektor in Form der Einkommens- und Vermögensverteilung sondern auch im Unternehmenssektor wirksam sind.
Es stellt sich die Frage, wie die steigende Heterogenität und Polarisierung im Unternehmenssektor erklärt werden kann. Van Reenen (2018) argumentiert, dass die Unterschiede zwischen Unternehmen wesentlich auf Management- und Technologiekompetenzen basieren würden, die durch Globalisierung und technologische Veränderungen in „winner take most/all”-Märkte resultieren würden. Diese Interpretation ist jedoch angesichts der Strategien von multinationalen Unternehmen (MNU) möglicherweise ergänzungsbedürftig. MNUs verfolgen neben realwirtschaftlichen Innovationsstrategien auch effektive Steuervermeidungs- und Marktabschottungsstrategien, welche die Profitabilität der Unternehmen in nicht unbeträchtlichem Maße beeinflussen können. Beispielsweise hat Amazon im Jahr 2016 einen Umsatz in der EU von ca. 22 Mrd Euro erwirtschaftet aber lediglich ca. 16,5 Mio Euro an Steuern bezahlt. Tørsløv et. al (2018) schätzen, dass 40% aller Profite von MNUs in Niedrigsteuerländer verschoben werden. Ein kritischer Punkt für die Debatte über die wachsenden Ungleichheiten zwischen Unternehmen ist nun freilich die Tatsache, dass die hier angesprochenen Steuervermeidungsstrategien eben vor allem den MNU und nicht im gleichen Maße KMU zur Verfügung stehen. Ähnliche Unterschiede gelten wohl auch in anderen Bereichen, nicht zuletzt auch in bezug auf die oben diskutierte politische Macht und damit den Aufbau verschiedener Formen von Markteintrittsbarrieren. Generell hat die Globablisierung die Handlungsoptionen von KMU und MNU in sehr ungleicher Weise verändert, wobei letzter nach Rothschild (2005) zu den Gewinnern dieser Entwicklung gerechnet werden können. In einer Studie der Kommission über 20 EU-Mitgliedsstaaten stellte sich heraus, dass bei Berücksichtigung von Steueroptimierungsstrategien in 75% der Länder große Unternehmen eine geringere effektive Steuerbelastung haben als KMU (Europäische Kommission 2015). Wenngleich freilich auch mittlere Unternehmen Superstar Firms sein können, ist doch auffallend, dass gerade die immer erwähnten IT-Giganten wie Amazon oder Apple besonders aggressive Steueroptimierungsstrategien verfolgen. Hier stellt sich also die Frage, welche Mechanismen die Superstar Firms nutzen, um den großen Rest der anderen Unternehmen hinter sich zu lassen sowie, welche Rahmenbedingungen dies besonders ermöglichen.
Weitere Fragestellungen wären: Wie entwickelt sich die Verteilung von Produktivität, Innovation, Monopolmacht oder Profiten im Zeitablauf? Welche Effekte hat die Steigende Heterogenität zwischen Unternehmen auf die Diffusion von Technologien zwischen Unternehmen sowie auf regionale und soziale Disparitäten? Wie können Unternehmen die Lücke überwinden und in die Spitzengruppe vorstoßen? Wie persistent ist die Zusammensetzung der Superstar Firms und woher kommt die Persistenz? Letztlich: Welche Konsequenzen ergeben sich aus diesen Entwicklungen für die Einkommens- und Vermögensverteilung?
Conclusio und wirtschaftspolitischer Ausblick
Karl Marx hat eine Reihe von Krisentendenzen des Kapitalismus zutreffend charakterisiert. Die Vermachtung von Märkten gehört ohne Zweifel dazu. Bei aller Vorsicht scheint es eine sich erhärtende empirische Evidenz zu geben, welche die letzten Jahrzehnte als ein neues Zeitalter der Konzentration bzw Monopolmacht erscheinen lassen. Die Forschung ist gefordert, die sich daraus ergebenden, gesellschaftlich relevanten Probleme aufzugreifen. Dieser Beitrag hat versucht einige dieser Problemstellungen zu skizzieren. Neben der Frage nach der politischen Macht von Unternehmen geht es vor allem auch darum herauszufinden, wie dominierende Unternehmen ihre Position erlangt haben und wie sie diese verteidigen. Die steigende Ungleichheit im Unternehmenssektor könnte nämlich in Zukunft generelle Polarisierungstendenzen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft weiter verschärfen.
Wirtschaftspolitisch müsste hier freilich gegengesteuert werden. Die Komplexität der Probleme macht deutlich, dass eine alleinige Aufwertung der Wettbewerbspolitik nicht ausreichend sein wird, wobei dies sicherlich ein zentrales Element jeder progressiven politischen Reaktion sein muss. Damit zusammenhängend ist vor allem auch eine bessere Datenlage einzufordern, die ein umfassendes Monitoring der Entwicklung der Wettbewerbsintensität ermöglicht sollte. Die regelmäßige Berichterstattung der deutschen Monopolkommission („Stand und Entwicklung der Unternehmenskonzentration in Deutschland“) kann hier als Vorbild dienen. In einem weiteren Sinne sind aber alle strukturpolitischen aber zum Teil auch geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen relevante Determinanten der Machtverhältnisse in Wirtschaft und Gesellschaft. Beispielsweise kann eine Geldpolitik, die sich einseitig an einem (sehr niedrigen) Inflationsziel orientiert, dafür sorgen, dass Vollbeschäftigungsperioden kürzer und die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer dadurch reduziert wird. Die erwähnten Steuerpraktiken von MNU sowie Steuerdifferenziale zwischen digitalen und traditionellen Unternehmen (vgl. die Reformdiskussion unter dem Stichwort „digitale Betriebsstätte“) sind letztlich das Resultat von steuer- und damit fiskalpolitischen Entscheidungen. Ebenfalls grundsätzlich ist der Umgang der Politik mit Unternehmen zu überdenken. Auf der einen Seite braucht die Politik die Unternehmen um deren Informationen für eine effiziente Politikgestaltung zu nutzen; auf der anderen Seite versuchen Manager über direkte Kontakte mit politischen Entscheidungsträgern Einfluss zu ihren Gunsten und auf Kosten der Allgemeinheit auszuüben. Hier gilt es Institutionen zu schaffen, die letzteres zurückdrängen und ersteres begünstigen.
Literatur
Ansolabehere, S. et al. (2003): Why is there so little money in U.S. politics? In: Journal of Economic Perspectives, 17, 105–130.
Brown, J. und Huang, J. (2018): All the President’s Friends: Political Access and Firm Value. NBER Working Paper No. 23356.
Dellis, K. und Sondermann, D. (2017): Lobbying in Europe: new firm-level evidence. ECB Working Paper Series No 2071.
Díez, F. et al (2018): Global Market Power and its Macroeconomic Implications. IMF Working Paper 18/37.
De Loecker, J. und Eeckhout, J. (2018): Global market power. NBER Working Paper 24768.
Dolata, U. (2015): Volatile Monopole. Konzentration, Konkurrenz und Innovationsstrategien der Internetkonzerne. In: Berliner Journal für Soziologie, 24, 505–529.
Dunlop, C.A., C.M. Radaelli, P. Trein (2018) Learning in Public Policy: Analysis, Modes and Outcomes, Palgrave: Macmillan.
Europäische Kommission (2015): SME taxation in Europe. Brussels.
Hünermund, P. und Rammer, C. (2017): Konzentration der Innovationstätigkeit in Deutschland nimmt zu, Ökonomenstimme.
Kronenberg, C. und Reiner, C. (2018): Die Innovationslücke: Zunehmende Divergenz im Innovationsverhalten von Firmen. Ökonomenstimme, 17.04.2018
Monopolkommission (2015): Wettbewerbspolitik: Herausforderung digitale Märkte. Sondergutachten 68.
OECD (2018): OECD (2018): Market concentration. Paris.
Reiner, C. und Bellak, C. (2018): Editorial: die Macht von Unternehmen im neoliberalen Kapitalismus. In: Kurswechsel, 1/2018, 3–19.
Rothschild, K. (2005): New worlds – new approaches: A note on future research strategies. In: Kyklos, 58, 439–447.
Tørsløv, T. et. al (2018): The missing profits of nations. NBER Working Paper No. 24701.
Zingales (2017): Towards a political theory of the firm. In: Journal of Economic Perspectives, 31, 113–130.
Van Reenen, (2018): Increasing Differences between firms: Market Power and the Macro-Economy. Online unter: http://online.wsj.com/public/resources/documents/van_reenen_paper0824.pdf [31.08.2018].
Die Autoren
Christian Reiner ist Wirtschaftsforscher und Lektor an der Lauder Business School in Wien. christian.reiner@lbs.ac.at
Christian Bellak ist Ökonom im Department Volkswirtschaft der Wirtschaftsuniversität Wien. bellak@wu.ac.at
China von Links – Wohin fliegt der Drache?
Donnerstag | 4.10.2018 | 18:30 Uhr | Republikanischer Club, Rockhgasse 1, 1010 Wien
China hat in den letzten vier Jahrzehnten eine atemberaubende Entwicklung genommen und im Land und global neue Macht‑, Herrschafts‑, und Verteilungsrealitäten geschaffen.
Es stellen sich dazu von Links viele Fragen:
Ist bzw. wird der „Sozialismus mit chinesischen Charakteristika“ (Eigendefinition) noch Sozialismus? Die „Neue Seidenstraße“ als umfassendste Investitionsstrategie der Geschichte? Kopiert oder innoviert China? Wie ist das mit der zunehmenden Überwachung und dem Social Credit System? Wird China eine neue Hegemonialmacht? Entsteht in China eine „Neue Ökologische Zivilisation“?
Es diskutieren:
Gabriele Michalitsch, Politologin und Ökonomin, lehrt an den Universitäten Wien (Institut für Politikwissenschaft) und Klagenfurt.
Josef Baum, Ökonom und Geograph, Institut für Ostasienwissenschaften und für Geographie und Regionalforschung an der Uni Wien.
Moderation:
Julia Grübler (WIIW)
Zum Facebook-Event geht es hier
Der neuer Kurswechsel ist da: Am Land – am Rand?
Durch die starken Wahlergebnisse rechtsnationalistischer Parteien in ländlichen und peri-urbanen Regionen ist das Land verstärkt ins Zentrum der medialen Aufmerksamkeit gerückt. Das aktuelle Heft setzt sich mit unterschiedlichen ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklungsmustern in ländlichen Regionen auseinander, diskutiert Formen politischen Aktivismus auf dem Land und stellt alternative Entwicklungsansätze für periphere ländliche Regionen vor.
Das Debattenforum „Es ist Zeit … für das Frauen*volksbegehren 2.0!“ beleuchtet das aktuelle sowie das vergangene Frauenvolksbegehren von 1997.
Das gesamte Inhaltsverzeichnis, Editorial sowie das Debattenforum können Sie hier online lesen; Bestellungen sind hier möglich.
Özlem Onaran: From the flaws in the EU economic policies to Brexit – what are progressive alternatives?
Here you can finde the video from the lecture.
Friday | 6 July 2018 | 18:00 – 19:30 | 7 Days Premium Hotel Wien, Europasaal, Hoffingergasse 33 / Ecke Oswaldgasse, 1120 Wien
Even though some EU member states experience economic recovery, the EU is still in a deep structural crisis. Rising economic inequalities within and between the EU member states jeopardize EU integration particularly in the Eurozone area. The shift from labor incomes to capital incomes within the last decades hampered demand and resulted in low investment and growth. Austerity measures fostered by the EU put further pressure on welfare states and worsened the situation of those hit hardest by the crisis.
Against this background right-wing populist parties gained significance and increased their influence. With Britain leaving the EU integration-crisis reached a new low and raised concerns that Brexit could act as a role model for other countries. But what are the consequences of the Brexit for people working in the UK? Does it increase the space for alternative economic policies? What are the flaws in the EU economic policies? What alternatives are existing and are they feasible on a European scale?
Özlem Onaran is Professor of Economics at the University of Greenwich and the director of the Greenwich Political Economy Research Centre
Welcome remarks: Sebastian Schublach, Karl-Renner-Institut
Moderation: Keîl Lingnau
Please register at the homepage of the Karl-Renner-Institute: http://www.renner-institut.at/programm
Außerdem stellt sie am 6.07. von 12:30 ‑13:00 auf der WU (Raum: D4.0.047) das Plurale Masterprogramm an ihrer Uni in Greenwich vor. Bei Interesse einfach vorbeikommen!
Finanzmarktregulierung: 10 years after the crash
Donnerstag | 7. Juni | 19:00 Uhr | WU | Festsaal 2
Im September 2008 schockierte die Pleite von Lehman Brothers die Finanzwelt und war Höhepunkt und Mitauslöser der bisher größten Finanz- und Wirtschaftskrise der Welt. Das ist nun 10 Jahre her, doch was hat sich im Bereich der Finanzmarktregulierung seit dem getan? Sind die derzeitigen Regulierungen ausreichend, um einer erneuten Krise vorzubeugen, oder tragen sie sogar noch zur Instabilität im System bei?
Diese und viele andere Fragen diskutieren mit uns:
Lisa Mittendrein (Referentin für Finanzmärkte, Eurokrise & Steuern bei Attac)
Wilfried Stadler (Honorarprofessor an der WU Wien)
Elisabeth Springler (Ökonomin und Studiengangsleiterin an der FH des BFI Wien)
Moderation: Fred Luks (Leiter des Kompetenzzentrums für Nachhaltigkeit an der WU Wien)
Can the EU still be saved? The implications of a multi-speed Europe
Simon Theurl
Am 22.3.2018 luden der BEIGEWUM, die ÖFSE und die WiPol zum fünften Mal zur Präsentation des EuroMemo in Wien ein. Der Einladung, über die Zukunft der EU nachzudenken und den Raum für mögliche Manöver für ein alternatives Modell der europäischen Integration auszuloten, wurde mit regem Interesse gefolgt.
Im aktuellen politischen und ökonomischen Kontext stellt das EuroMemo 2018 – der jährlich erscheinende Bericht der EuromemoGruppe (http://www.euromemo.eu/index.html ) – die Frage „Can the EU still be saved?“.
Vor etwa zehn Jahren stürzte die globale Finanzkrise die Mitgliedsländer der EU (insbesondere des Euroraumes) in eine langanhaltende ökonomische Rezession. Während die Europäische Zentralbank im Rahmen ihrer Möglichkeiten versuchte den Abschwung abzufedern und die Konjunktur wieder zu beleben, setzte die Kommission ihren deflationären Kurs (bis etwa 2015) mit Nachdruck fort: Austeritätspolitik, fortschreitende Flexibilisierung der Arbeitsmärkte, Schwächung der Gewerkschaften und Lohnkürzungen standen im Zentrum der wirtschaftspolitischen Empfehlungen und Vorschriften der Komission.
Seit ihrer Entstehung wurde die EuromemoGruppe nicht müde, die ökonomischen Entwicklungen und die politische Ausrichtung des europäischen Integrationsmodells kritisch zu kommentieren, vor den negativen Auswirkungen insbesondere der Austeritätspolitik, sowie vor den Eingriffen in die Sozial- und Lohnsysteme zu warnen und konstruktive Vorschläge für ein alternatives europäisches Integrationasmodell zu äußern.
Mittlerweile verzeichnen alle Mitgliedstaaten der EU wieder positive Wachstumszahlen – doch der Aufschwung verläuft asymmetrisch, die Mitgliedstaaten divergieren weiter, die Finanzmärkte können jederzeit eine neue Krise auslösen und die Arbeitslosigkeit sinkt zwar wieder, aber übertrifft weiterhin deutlich das Vorkrisenniveau (https://www.etui.org/Publications2/Books/Benchmarking-Working-Europe-2018 ). Neben den ökonomischen Herausforderungen, die trotz konjunkturellem Aufschwung bestehen, befindet sich die EU in einer ernsten politischen Krise. Nicht zuletzt das Scheitern einer gemeinsamen, koordinierten Betreuung und Integration der Refugees seit 2015 bringt dies zum Ausdruck. Dabei gelang es neo-nationalisitschen Parteien in der gesamten EU, die öffentliche Debatte auf eine vermeintliche Refugee-Krise zu lenken, diese für die ökonomische Situation der Krisen- und GlobalisierungsverliererInnen (Arbeitslose und jene die von Lohn- und Sozialleistungskürzungen betroffen sind, aber auch zunehmend die schrumpfende Mittelschicht) verantwortlich zu machen, eigene Agenden zu setzen und stark an Einfluss zu gewinnen. Auf der anderen Seite gelang es linksgerichteten Parteien nicht, das Momentum der Krise zu nutzen, um dem neoliberal geprägten europäischen Integrationsprojekt eine Alternative entgegenzustellen. Etablierte Parteien der Mitte verloren währenddessen an Einfluss und drifteten teilweise selbst weit nach rechts ab. Schließlich stellt der Austritt Großbrittanniens – angezettelt von der rechtskonservativen nationalistischen UKIP – eine weitere Bruchlinie für das europäische Integrationsprojekt dar.
Vier Szenarien über die Zukunft der EU
Die Diskussion eröffnete Heikki Patomäki (Universität Helsinki) mit einem Vortrag über mögliche Szenarien für die Zukunft der EU. Von einem kritisch realistischen wissenschaftsphilosophischen Standpunkt spannt Patomäki einen potentiellen Zukunftshorizont entlang vier möglicher Eckpunkte. Dabei geht es nicht darum, eine exakte Prognose über die Zukunft zu geben, sondern Entwicklungen als gestaltete und somit gestaltbare Prozesse zu verstehen. Die Geschichte als Geschichte von Klassenkämpfen zu verstehen bedeutet, dass die Zukunft gestaltbar ist.
Wesentlich für Einschätzungen möglicher Zukunftsszenarien ist dann, was für uns denkbar ist. Also wie wir die aktuelle Situation analysieren und davon abhängig welche Schlüsse und politischen Implikationen wir daraus ableiten können. Mögliche Szenarien für die Zukunft der EU entwickelt Patomäki deshalb ausgehend von ökonomischen Theorien und Legitimationstheorien, anhand derer er die Lage der EU einzuschätzen versucht. Ökonomische Theorien unterteilt er in heterodoxe Theorien, wonach kapitalistische Marktwirtschaften grundsätzlich instabil und krisenhaft sind, sowie in liberale Theorien, wonach unregulierte Wettbewerbsmärkte zu einem optimalen Gleichgewicht tendieren. Unter Legitimationstheorien fasst Patomäki Theorien, die davon ausgehen, dass normative Werte das Handeln von Individuen maßgeblich beeinflussen und somit für die gesellschaftliche und politische Stabilität relevant sind. Diese Legitimationstheorien unerteilt er in „Kapitalistische Freie-Marktwirtschaftstheorien“ – Schumpeterianische Theorien, wonach die freie Marktwirtschaft genügt um politische Stabilität zu gewährleisten – und in Theorien „Generalisierbarer Ethno-Politischer Güter“ – Habermas‘sche Theorien, wonach es generalisierbarer ethno-politischer Güter bedarf, die signifikant bedeutungsvoll für unser Leben sind und politische Konstellationen legitimieren. Ausgehend von diesen Überlegungen erstellt Patomäki folgende Matrix:
Legitimationstheorie:
Schumpeter |
Legitimationstheorie:
Habermas |
|
(Neo-Ordo)liberale ökonomische Theorien | A) Die EU und der Euroraum sind ökonomisch funktional und gesellschaftlich legitimiert. | C) Der Euroraum kann funktionieren, aber der EU mangelt es an Legitimation. |
Post-Keynesianische/heterodoxe ökonomische Theorien | B) Die EU ist ökonomisch instabil. Der Euroraum schadet der EU und ist krisenanfällig. | D) Die EU ist instabil und krisenanfällig. Die nächste ökonomische Krise wird ihre Legitimation zerstören. |
Zwar haben alle diese Betrachtungsweisen einen wahren Kern, aus den aktuellen „Makrohistorischen“ Erfahrungen der letzten Jahre kommt Patomäki jedoch zu dem Schluss, dass die Eurokrise und dessen Nachwirkungen am stärksten auf Option D deuten.
Ausgehend von diesem Standpunkt, entwirft Patomäki schließlich einen Möglichkeitenhorizont für die Zukunft der EU, den er entlang vier möglicher Szenarien aufspannt.
Szenario 1 – „Weiter wie bisher“: die nächste Krise bzw. die nächste Rezession wird zu weiterer Desintegration führen, ein kompletter Kollaps der EU ist möglich.
Szenario 2 – „Einheit durch Militarisierung“: beschreibt eine Militarisierung zur Legitimation der EU kombiniert mit härteren ökonomischen Disziplinierungsmaßnahmen nach neoliberalem Muster. Ein „Militär-Keynesianismus“ könnte dabei leichte Wachstumsimpulse setzen und die EU könnte im geopolitischen Ringen souveräner Nationalstaaten als nukleare Supermacht agieren.
Szenario 3 – „Das sozialdemokratische Projekt“ setzt sich zumindest teilweise durch und vermag es die EU zu transformieren: Hin zu einem quasi-föderalen Staat mit demokratischen Entscheidungsprozessen und voller fiskalpolitischer Kapazität. Dabei entwickelt sich die EU zu einem souveränen Staat in der Weltordnung souveräner Staaten. Bei diesem Szenario sind starke Tendenzen hin zu Szenario 2 zu erwarten.
Szenario 4 – Szenario 3 „aber kosmopolit“: Die EU agiert selbstreflexiv als Teil eines sozialdemokratischen Systems globaler Regierungen, zu dessen Entwicklung sie aktiv beiträgt.
Ausgehend von der Einschätzung der Entwicklungen der letzten Jahre (Option D) sind Szenario 1 und 2 in der aktuellen Situation am wahrscheinlichsten. Alternative Entwicklungen sind zwar denkbar, jedoch bedarf eine grundlegende Transformation des europäischen Integrationsprojektes Zeit. Die entscheidende Frage, die sich in Hinblick auf die Einschätzung der aktuellen Lage (Option D) stellt, ist: „Haben wir genug Zeit die notwendigen Reformen umzusetzen bevor die nächste Krise dem Europäischen Integrationsprojekt endgültig ein Ende setzt?“
Podiumsdiskussion
Das Podium eröffnete Peter Herrmann (EuroMemo Gruppe, Max Plank Institut Social Law and Social Policy). Er argumentiert, dass es für eine Transformation hin zu einem alternativen europäischen Integrationsprojekt Menschen braucht, die auf der Suche nach kritischer Bildung sind und nicht nach Humankapital. Menschen, die sich weiterbilden möchten und aktiv gestalten wollen. Er hebt hervor, dass zu Beginn des europäischen Experiments reges Interesse an der Gestaltung des gemeinsamen Projektes in der Zivilgesellschaft bestanden hatte und, dass Brüssel auch offene Ohren für diese Stimmen hatte. Das hat stark zur Legitimation des europäischen Integrationsprojektes beigetragen. Heutzutage kommen von Brüssel, bei den meisten Menschen, nur mehr „nicht-Probleme“ an, die nicht nachvollziehbar sind und als wenig bis gar nicht bedeutend für das eigene Leben wahrgenommen werden. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, dass viele Menschen das Interesse, an der Gestaltung des Europäischen Integrationsprojektes mitzuwirken, verloren haben. Insbesondere Probleme des Arbeitsmarktes, wie zunehmende prekäre Arbeitsverhältnisse, sinkende Löhne und eine immens hohe Arbeitslosigkeit, vor allem unter den Jugendlichen, zählen zu den eigentlichen und wesentlichen Problemen vieler EU-BürgerInnen. Doch diese Probleme werden von den europäischen politischen Eliten nicht entsprechend wahrgenommen, auf jeden Fall nicht adäquat thematisiert. Herrmann schließt: Umso weniger die zentralen Themen von politischen EntscheidungsträgerInnen kommen, umso mehr geht es für linke Bewegungen darum, den öffentlichen Raum zurück zu erobern und sich mittels direkter Aktionen wieder Gehör zu verschaffen, um linke Alternativen aufzuzeigen, einzufordern und umzusetzen.
Marica Frangakis (EuroMemo Gruppe, Nicos Poulantzas Institut) zog die Lehren aus der Erfahrung in Griechenland. Die Krise hat deutlich gemacht, dass Europa keine Gemeinschaft gleichberechtigter Staaten ist, sondern, dass eine Hierarchie zwischen den Mitgliedstaaten besteht – mit Deutschland an der Spitze, das Land das maßgeblich die Disziplinierung Griechenlands eingefordert hat. Gleichzeitig lässt sich die EU nicht ohne Klassenanalyse begreifen, denn Klassenstrukturen ziehen sich quer durch die nationalstaatlichen Hierarchien. Kapitalistische Eliten in Griechenland teilen beispielsweise ihre Erfahrungen mit den kapitalistischen Eliten in Deutschland.
Für die kapitalistischen Eliten waren die zehn Jahre Rezession kein Problem. Bereits kurz nach dem Börsencrash und der folgenden Bankenkrise (2007/08) florierten die Spekulationen erneut, Profite durch investitionen waren schnell wieder möglich und selbst wenn manche Kapitalisten während der Krise Einbußen in Kauf nehmen mussten, so bestand für sie keine Notwendigkeit einer schnellen Lösung der Probleme, die den Großteil der Menschen betraf. Denn von dem immensen Anstieg der Arbeitslosigkeit und den damit zusammenhängenden Problemen, wie steigender Armut, waren sie nicht betroffen. Das Problem verdeutlichen Aussagen der Führungseliten der Europäischen Kommission: Wachstum soll durch die weitere Deregulierung des Arbeitsmarktes erreicht werden. Eine Aussage, die als zynischer Euphemismus für das Streichen der Arbeitslosenversicherungsleistungen, der Sozialversicherungen und das Schwächen von Gewerkschaften zu verstehen ist.
Eben diese herrschende Elite war in ihrer Lebensrealität von der Krise nicht betroffen. Dennoch entscheidet sie maßgeblich über das Leben vieler, die von der Krise betroffen sind.
Werner Raza (EuroMemo Gruppe) hebt hervor, dass die Sozialdemokratie seit 2000 in den einzelnen europäischen Mitgliedstaaten um die 20% – 40% ihrer Wählerstimmen verloren hat. Anderen proeuropäischen Parteien wie den Grünen erging es nicht anders. Sie haben ebenfalls massive Verluste verzeichnet. Insgesamt macht dieses proeuropäische Lager nur mehr um die 30% – 35% der Wählerstimmen aus. Insbesondere KMUS und der Großteil der Mittelschicht wurden – auf Grund der Erfahrungen mit dem dominanten europäischen Integrationsmodell – europaskeptisch und haben sich von den proeuropäischen bürgerlichen Parteien abgewandt. Einen Großteil dieser Wählerstimmen konnten rechtspopulistische Parteien mit (neo)nationalistischen Parolen auffangen. So haben zunehmend antieuropäische Kräfte an Bedeutung gewonnen.
Die VerliererInnen der europäischen Integration sind jene, die keine Arbeit mehr haben, zunehmend prekäre Jobs haben und deren Einkommen kaum zum Überleben reicht. Doch anstatt, dass sich die Sozialdemokratie dieser Bevölkerungsschicht zuwendet, fokussiert sie auf die Mittelschicht, die sich zunehmend (neo)nationalistischen Kräften zuwendet. Die prekär Beschäftigten, Arbeitslosen und Abgehängten werden von dieser Politik aber nicht mehr angesprochen, denn diese Politik beinhaltet keine Angebote an sie.
Um aus dem Dilemma herauszukommen, muss die Idee eines föderalen Europas, das ein glaubwürdiges Angebot an die breiten Bevölkerungsschichten macht, langfristig wieder hegemonial werden. Dazu müssen sich linke Intellektuelle erneut und vermehrt die Frage stellen „Was können wir tun? Und wie lässt sich die Basis für das Erreichen eines alternativen europäischen Integrationsprojektes aktivieren? “.
Der neue Kurswechsel ist da: Die Macht von Unternehmen im neoliberalen Kapitalismus
Der neue Kurswechsel ist da: Die Macht von Unternehmen im neoliberalen Kapitalismus
Macht ist in vielen ökonomischen Theorieansätzen eine Leerstelle, in der öffentlichen Diskussion spielt Unternehmensmacht hingegen eine durchaus wichtige Rolle. Das aktuelle Heft setzt sich mit Unternehmensmacht aus theoretischer Perspektive, aber auch empirisch auseinander. Machtformen und ‑strategien werden im Hinblick auf Marktmacht, die Beziehungen zu Gewerkschaften und auch politische Einflussnahme analysiert und diskutiert.
Debattenforum: Schwarz-Blau II: National reden, unsozial handeln – Schwarz-Blau I und II zeichnen sich durch viele Parallelen, aber auch einige wichtige Unterschiede aus. In diesem Debattenforum wird ein erster Beitrag des Kurswechsels zur Analyse und Diskussion des schwarz-blauen Projektes geliefert.
Das gesamte Inhaltsverzeichnis, Editorial sowie das Debattenforum können Sie hier online lesen; Bestellungen sind hier möglich.
Der neue Kurswechsel ist da: Von Steuersümpfen und Transparenzwüsten
LuxLeaks, PanamaLeaks, BahamasLeaks – kein Jahr ohne neue Steuerskandale. Doch so groß die mediale Aufregung um mehr oder weniger prominente Namen ist – das dahinterliegende System der Verdunklung und Intransparenz existiert seit Jahrzehnten. Das aktuelle Heft setzt sich u.a. mit folgenden Fragen auseinander: Welche Strategien nutzen Vermögende und Konzerne, um sich ihrem Beitrag zum Gemeinwohl zu entziehen? Welche Länder locken illegale Finanzströme besonders an, welche verlieren dadurch besonders? Und warum ziehen die Regierungen trotz jahrelanger Versprechen bisher nur unzureichende politische Lehren?
Debattenforum: EU Auswege zwischen Austeritätspolitik und Transferunion? Zehn Jahre nach Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise steht die Auseinandersetzung um die institutionelle Zukunft der EU noch immer ganz im Zeichen der Krisenerfahrung. Hier werden zwei Vorschläge vorgestellt, wie auf europäischer Ebene mit dem Risiko fiskalischer Ungleichgewichte unter den Mitgliedstaaten umgegangen werden könnte.
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Can the EU still be saved? The implications of a multi-speed Europe Presentation of the EuroMemorandum 2018
Thursday |22.03.2018 | 18:00 | C3 – Centre for International Development, Sensengasse 3, 1090 Vienna
Context and Motivation
Nearly ten years into the crisis, after the EU opted for austerity and deregulation, the member states are still looking for the way out. The repercussions include the rise of ultra-right wing political forces across Europe which feeds into the anti-European popular sentiment they cultivate. Exiting the EU has been gaining ground and will soon be the case for Britain. This represents a turning point in the history of the EU, against an ‚ever closer union‘.
Can the EU still be saved? This is a difficult question indeed. The White Paper on the Future of Europe produced by the European Commission details five scenarios. However, these tend to overlook inherent tensions in Europe, e.g. heightened insecurity relating to labour markets, the role of finance in the post-crisis era, and the rise of a subaltern class across Europe. The EuroMemorandum 2018 critically analyses recent developments in Europe and emphasises the strong need for alternative policies. The economic system imposed in the aftermath of the crisis must be changed through a shared European process. The future of European integration will depend on the deepening of democracy in the interests of stability, solidarity and social justice.
The EuroMemorandum 2018 critically analyses recent economic developments in Europe and emphasises the strong need for an alternative economic policy that is based on the principles of democratic participation, social justice and environmental sustainability.
Download of EuroMemorandum 2018
http://www2.euromemorandum.eu/uploads/euromemorandum_2018.pdf
Programme
18:00 | Welcome Address |
18:10 | Presentation of the EuroMemorandum 2018 (Werner Raza, EuroMemo Group) |
18:20 | Input: Four Scenarios for the Future of the EU (Heikki Pattomäki, University of Helsinki, Finland) Roundtable Discussion with: |
Heikki Pattomäki, University of Helsinki Marica Frangakis, EuroMemo Group and Nicos Poulantzas Institute, Athen Peter Herrmann, EuroMemo Group and Max Planck Institute for Social Law and Social Policy, Munich Moderation: Nikolai Soukup, BEIGEWUM |
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09:15 | General Discussion |
20:00 | Wine Reception |
Conference language: English
Speakers
Marica Frangakis
is a member of the Steering Committee of the EuroMemo Group, a founding member of ATTAC Hellas and a board member of the Nicos Poulantzas Institute in Athens, Greece.
Peter Herrmann
is a member of the Steering Committee of the EuroMemo Group and research fellow at the Max Planck Institute for Social Law and Social Policy in Munich, Germany.
Heikki Pattomäki
is professor of world politics at the Department of Political and Economic Studies at the University of Helsinki in Finland.
Werner Raza
is a member of the Steering Committee of the EuroMemo Group and director of ÖFSE – Austrian Foundation for Development Research.
Registration
Ingrid Pumpler
office@oefse.at or
Phone: +43/1/317 40 10–100
By participating in this event you consent to the publication of photographs and film footage that are produced by the organizers during the event.
Convenors:
Und täglich grüßt…
„Hausfrau“ und „schlanker Staat“ sind zurück
Im Vorfeld der ersten Budgetrede der neuen Bundesregierung Mitte März wurde bereits gestern ein „Nulldefizit“ für 2019 angekündigt. Ziel sei „ein schlanker Staat“ – kennen wir das nicht irgendwo her? Wieder einmal wird die gute, alte „Hausfrau“ bemüht, die wisse, dass man nicht mehr ausgeben als einnehmen kann (Der Standard, 28. Februar 2018). Das ist politisch so unehrlich, wie die Argumente ökonomisch falsch sind.
Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder auf die Mythen hinter dem Nulldefizit und der Sparpolitik hingewiesen. Grundsätzlich gilt, dass ein Staatshaushalt gerade nicht mit dem Privathaushalt gleichgesetzt werden kann. Zum einen ist die Steuergesetzgebung Aufgabe der Parlamente und das Einkommen eines Staates damit nicht statisch – hier stellt sich die Frage, wer den Sozialstaat finanziert und wem die Ausgaben zugutekommen. Eine Entlastung der Erwerbsarbeit durch die Besteuerung von Kapitaleinkommen ist eine Möglichkeit den Sozialstaat zu finanzieren und der steigenden Vermögenskonzentration auf einige wenige entgegenzuwirken. Zudem sind Staaten auf Dauer konzipiert und müssen lediglich das langfristige Verhältnis zwischen Bruttoinlandsprodukt und Schuldendienst stabilisieren. Und drittens ist der Staatshaushalt so groß, dass Veränderungen der Ausgaben und Einnahmen auch gesamtwirtschaftliche Auswirkungen haben (Beigewum 2013, 13f.). Letztendlich stehen hinter allen Ankündigungen von „Nulldefiziten“, Sparpolitik und „schlankem Staat“ Kürzungen von Investitionen und Sozialleistungen.
Ließ sich Vizekanzler Strache noch im November mit „Wir sind keine Nulldefizit-Fetischisten“ „und wollen das nicht übers Knie brechen“ zitieren (Der Standard, 4./5.November 2017), geht nun anscheinend doch wieder alles ganz schnell…
Zum Weiterlesen haben wir hier einige Dokumente und Argumente aus den vergangenen Jahren zusammengestellt:
- Aktuell: Mythos „schwarze Null“ (Factsheet I)
- Aus 2013: Aus unserem Buch, Mythen des Sparens. Antizyklische Alternativen zur Schuldenbremse, VSA Verlag: „Schulden sind böse – Sparen ist gut“
- Aus 2000: Eine Zusammenfassung der Hauptaussagen unseres Buches: Mythos Nulldefizit. Alternativen zum Sparkurs, Mandelbaum Verlag (PDF)