BEIGEWUM-Bilanz von Schwarz-Blau / Orange 2000 – 2006
BEIGEWUM-Bilanz von Schwarz-Blau / Orange 2000 – 2006
(aus dem Jahr 2006)
Wir möchten aus aktuellem Anlass an dieser Stelle auf zwei Debattenforen des Kurswechsels aus dem Jahr 2006 hinweisen, die sich mit der sozialpolitischen sowie mit der wirtschaftspolitischen Bilanz von Schwarz-Blau / Orange auseinandergesetzt haben und die hier abrufbar sind (http://www.beigewum.at/kurswechsel/jahresprogramm-2006/heft-22006; http://www.beigewum.at/kurswechsel/jahresprogramm-2006/heft-32006).
Dabei fiel die sozialpolitische Bilanz „verhältnismäßig eindeutig aus: das selbst gesetzte Ziel der ÖVP geführten Regierung den Sozialstaat zu »straffen« und »abzubauen« wurde umfassend und trotz großer Widerstände (…) durchgesetzt“ (Kurswechsel 2/2006, Editorial Debattenforum). Die AutorInnen des Debattenforums zeigen auf, welche Ideologie hinter dem damals eingeführten Kinderbetreuungsgeld steckt, welche Verteilungswirkungen die Budgetpolitik der damaligen Regierung hatte und kommentieren die Pensionsreform von 2003 – das sozialpolitische Kernstück von Schwarz-Blau / Orange. Zudem wird auf den weitgehenden Verzicht des Einbezugs der Sozialpartnerschaft bei sozialpolitischen Entscheidungen eingegangen. Insgesamt wird deutlich, dass Familien, Unternehmen und Landwirtschaft zu den GewinnerInnen der Politik zählten, während Unselbständige, PensionistInnen und Arbeitslose zu den VerliererInnen gehörten (vgl. Rossmann 2006).
Im Debattenforum 2/2006 „Sozialpolitische Bilanz von Schwarz-Blau/Orange 2000–2006“ sind folgende Beiträge zu finden und downloadbar:
- Job und Kind – Recht oder Luxus? Eine kritische Analyse der Auswirkungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes auf die Beteiligung von Eltern am Erwerbsarbeitsmarkt
Clara Fritsch - Ein Blick auf die verteilungspolitischen Implikationen der Budgetpolitik nach der politischen Wende 2000
Bruno Rossmann - „Pensionsreform“ in Schwarz-Blau/Orange
Emmerich Tálos und Clemens Wiedermann
Die wirtschaftspolitische Analyse von sechs Jahren Schwarz-Blau / Orange im Debattenforum 3/2003 fokussiert auf „die strukturellen Änderungen im Politikstil der liberal-konservativen Regierung“ (Kurswechsel 3/2006, Editorial Debattenforum). So wird etwa auf den politischen Diskurs eingegangen, der sich nach Ansicht der AutorInnen von „traditioneller Interessenpolitik entlang der Dimensionen Klasse-Schicht-Geschlecht“ hin zur „Konstruktion neuer kulturell und ethnisch-nationalistisch geprägter Identitäten“ (ebd.) entwickelt hat. Zentral in der Argumentation der Regierung war der „Wirtschaftsstandort Österreich“ zu dessen Erhalt bzw. Stärkung etwa „ArbeitnehmerInnen niedrige Lohnabschlüsse, Arbeitsflexibilisierung und neue Formen prekärer Arbeitsverhältnisse“ (ebd.) hinnehmen sollten. Weiters werfen die AutorInnen des Debattenforums einen Blick auf den Österreichischen Korporatismus und die Auswirkungen der oben genannten neuen Identitätspolitik auf ebendiesen. Ein zweites zentrales wirtschaftspolitisches Thema von Schwarz-Blau / Orange war die Austeritätspolitik mit dem Ziel des sogenannten „Nulldefizits“ (siehe auch hier). Ein solches Ziel „induziert (…) alle möglichen Formen von Ausgliederungen, Public-Private-Partnerships, Börsengänge und damit Teil- oder Vollprivatisierungen staatlicher Unternehmen“ (ebd.) und wurde „zum generellen Maßstab jeglicher Maßnahmen und Aktivitäten in allen Politikfeldern“ (ebd.). Die AutorInnen des Debattenforums beschreiben diese Auswirkungen exemplarisch an den – in diesem Zusammenhang eher selten beleuchteten – Feldern der Verkehrs- und Umweltpolitik.
Im Debattenforum 3/2006 „Wirtschaftspolitische Bilanz von Schwarz-Blau/Orange 2000–2006“ sind folgende Beiträge zu finden und downloadbar:
- Sozio-ökonomische Entleerungen und identitätspolitische Aufladungen. Einige Aspekte der Regierungspolitik 2000 – 2006
Sieglinde Rosenberger - Arbeitsbeziehungen nach der rechtskonservativen Wende: Sozialpartnerschaft in der Krise?
Susanne Pernicka - Verkehrspolitik in Zeiten des Nulldefizits
Claus Faber - Keine Umweltpolitik unter Schwarz-Blau / Orange
Bernhard Obermayr
Einige Punkte von damals scheinen in der heutigen Debatte wieder aufzukommen. Ein Blick in die Analysen von damals lohnt sich also!
Panel Discussion: „The banking crisis in Italy and its impact on the Euro“ – 23.11.2017 15:15 WU Wien
The banking crisis in Italy and its impact on the Euro
Recently, Italy has become the focus of international media attention, mostly due to the fragility of its banking system. One bank, Monte dei Paschi di Siena has already been saved by a strange combination of bail in and bailout. Other Italian banks, amongst them major players, are also in a vulnerable situation. In the meantime, the Eurozone has brought about rules that prevent states from bailing out banks. They now have to be bailed in by their owners and even eventually their depositors.
The panel will discuss the following questions: What has caused the Italian banking crisis? Has it been imprudent lending, or is it due to the lack of growth in the Italian economy? In terms of per capita GDP, Italy is now doing worse than before the introduction of the euro. There is a massive lack of demand in the Italian economy, partly due to constant austerity. Can this be the reason for the fragility of the Italian banking system, where the ratio of non-performing loans has reached 19%?
Italy, unlike the previously mentioned countries, is a large part of the EU. Its collapse, or a crisis in its banking system, may have an enormous impact on the European Union.
Panelists:
Prof. Guido Montani, Professor of International Political Economy at the University of Pavia
Prof. Riccardo Fiorentini, Professor at University of Padova
Dr. Thomas Fazi, Journalist & Author
Vanessa Redak, Oesterreichische Nationalbank (OeNB, Austrian Central Bank)
Date:
Thursday, 23. 11.2017
15:15–17:00
Location:
Vienna University of Economics and Business (WU)
Welthandelsplatz 1, 1020 Wien
TC.2.01 Siemens Hörsaal (120)
Part of a conference series on the Euro and the Italian crisis, organised by the Alexandre Lamfalussy Faculty of Economics, University of Sopron, Hungary in cooperation with the University of Economics in Bratislava.
Österreich nach der Wahl – sozioökonomische Perspektiven
Nach den Wahlen deutet alles darauf hin, dass die Koalition zwischen ÖVP und SPÖ Geschichte ist. Die Zeichen stehen auf Neuauflage von Schwarz-Blau. Nachdem ÖVP und FPÖ bereits Regierungserfahrung miteinander haben, ist anzunehmen, dass die Umsetzung der Pläne schneller und friktionsfreier vorangehen wird als beim ersten gemeinsamen Regierungsversuch auf nationaler Ebene ab 2000.
Auf der Veranstaltung soll diskutiert werden, was die konkreten Auswirkungen einer solchen Neuauflage des schwarzblauen Projekts sein können, mit einem Schwerpunkt auf sozialpolitische sowie wirtschaftspolitische Maßnahmen. Vor allem die Themen Mindestsicherung und Zuwanderung standen im Fokus des Wahlkampfes der beiden Parteien, weiters ist die Pflichtmitgliedschaft in den Kammern zuletzt in die Abschusslinie geraten.
Einen Schwerpunkt der Diskussion wird auch die Frage bilden, wie linke Antworten auf diese Aussichten aussehen sollen und inwiefern die Erfahrungen von 2000 bis 2007 uns für die kommenden Auseinandersetzungen weiterhelfen können.
Montag 06.11.2017 18:30, Republikanischer Club (Rockhgasse 1, 1010 Wien)
Am Podium:
Michaela Moser, Dozentin an der FH St. Pölten, Sozialexpertin der Armutskonferenz.
Markus Marterbauer, Leiter Abteilung Wirtschaftswissenschaft und Statistik der AK Wien, Lektor an der Wirtschaftsuniversität Wien.
Lukas Oberndorfer, Rechtswissenschafter, Redaktion mosaik.
**** Update ****
Videoufzeichnung findet sich hier: https://www.youtube.com/watch?v=o_CeDSut_pA&t=5s
**** Update ***
Wie Arme nicht arm und Reiche nicht reich bleiben. Verteilung und Umverteilung von Einkommen und Vermögen in Österreich (Factsheet IV)
Das Factsheet als hochauflösendes jpg:
Quellen und weitere Literatur zum Thema:
- Alzinger, Wilfried/ Lamei, Nadja/Rumplmaier, Bernhard/Schneebaum, Alyssa (2013): Intergenerationelle soziale Mobilität in Österreich, Statistische Nachrichten 1/2013, S. 48–62, https://media.arbeiterkammer.at/PDF/Intergenerationelle_soziale_Mobilitaet.pdf
- Humer, Stefan (2014): Aufkommen von Erbschaftssteuern. Modellrechnung exemplarischer Tarife. Wirtschaft und Gesellschaft, 40(1), S. 151–159; wug.akwien.at/WUG_Archiv/2014_40_1/2014_40_1_0151.pdf
- Jahoda Bauer Institut (2017): Wer wieviel erbt; http://jbi.or.at/wer-wieviel-erbt/
- BEIGEWUM / Attac / Armutskonferenz (Hrsg.) (2014). Mythen des Reichtums. Warum Ungleichheit unsere Gesellschaft gefährdet. VSA. Hamburg.
- Anreasch, Michael/Fessler, Pirmin/Mooslechner, Peter/Schürz, Martin (2012): Fakten zur Vermögensverteilung. Sozialbericht 2011- 2012, Wien, S. 249–268; http://www.armutskonferenz.at/files/bmask_sozialbericht_kapitel_vermoegensverteilung-2012_3.pdf
- Fessler, Pirmin/Schürz, Martin (2010): Reich bleiben in Österreich. In: Wirtschaft und Gesellschaft 39(3), 343–360; http://wug.akwien.at/WUG_Archiv/2013_39_3/2013_39_3_0343.pdf
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Hier gehts zu Factsheet II: Arbeitszeit: Verkürzung statt Flexibilisierung
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Hartz IV ist kein Vorbild (Factsheet III)
Factsheet III: Hartz IV ist kein Vorbild
Das Factsheet als hochauflösendes jpg:
Factsheet III: Hartz IV ist kein Vorbild (Seite 1)
Factsheet I: Hartz IV ist kein Vorbild (Seite 2)
Quellen und weitere Literatur zum Thema:
- Interview mit Gerhard Bosch vom Institut für Arbeit und Qualifikation IAQ, 12.07.2017. „Die Agenda 2010 war überflüssig“, https://makronom.de/gerhard-bosch-arbeitsmarkt-gewerkschaften-die-agenda-2010-war-ueberfluessig-21972
- Buttwerwege, 2015: Hartz IV und die Folgen; auf dem Weg in eine andere Republik, Beltz Juventa, Weinheim Basel. Thesen zum Buch: http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/141117_butterwegge_buch-thesen.pdf
- Bruckmeier, Eggs, Himsel, Trappman, Walwei (2013): Steinig und lang – der Weg aus dem Leistungsbezug, Aufstocker im SGB II, IAB Kurzbericht 14/2013, http://doku.iab.de/kurzber/2013/kb1413.pdf
- Eppel, Mahringer, Sauer (2017): Österreich 2025 – Arbeitslosigkeit und die Rolle der aktiven Arbeitsmarktpolitik, WIFO Monatsbericht 90(6)
- Fuchs, Hollan, Gasior, 2017: Simulation der Umlegung der Hartz-IV Reform auf Österreich, http://www.euro.centre.org/data/1498134467_87901.pdf
- Jaenichen, Rothe (2014): Hartz sei Dank? Stabilität und Entlohnung neuer Jobs nach Arbeitslosigkeit https://www.boeckler.de/wsimit_2014_03_jaenichen.pdf
- Promberger, Ramos Lobato (2016): Zehn Jahre Hartz IV – eine kritische Würdigung, WSI Mitteliungen 5 /2016
- Rothe, Wälde (2017): Where Did All the Unemployed Go? Non-Standard Work in Germany after the Hartz Reforms Years; IAB Discussion Paper 18/2017, http://doku.iab.de/discussionpapers/2017/dp1817.pdf
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Arbeitszeit: Verkürzung statt Flexibilisierung (Factsheet II)
Das Factsheet als pdf:
Factsheet I: „Arbeitszeit: Verkürzung statt Flexibilisierung“
Das Factsheet als hochauflösendes jpg:
Factsheet I: „Arbeitszeit: Verkürzung statt Flexibilisierung“ Seite 1
Factsheet I: „Arbeitszeit: Verkürzung statt Flexibilisierung“ Seite 2
Quellen und weitere Literatur zum Thema:
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Mythos „schwarze Null“ (Factsheet I)
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Factsheet I: Mythos „schwarze Null“
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Factsheet I: Mythos „schwarze Null“ Seite 1
Factsheet I: Mythos „schwarze Null“ Seite 2
Was ist Donald Trumps wirtschaftspolitische Agenda?
Stefan Schiman1
Selbst wenn Donald Trump „keinen ideologischen Kern [hat] und daher auch keine Präferenzen für eine bestimmte Politik“, so ist er doch seinen Wählerinnen und Wählern verpflichtet und richtet seine Politik nach ihnen aus. Trumps Sieg in der Präsidentschaftswahl vom November 2016 wird vor allem seinem Erfolg im sogenannten „Rust Belt“ im Nordosten der USA (Ohio, Pennsylvania, Indiana, Michigan) zugeschrieben, einer einstigen Hochburg der Demokratischen Partei. Viele, die für Trump votierten, sind frustriert über Entwicklungen, die sie der Globalisierung zuschreiben: Vor allem der Verlust gut bezahlter Industriearbeitsplätze an aufstrebende Schwellenländer wie Mexiko und China, die dank wirtschaftlichen Fortschritts von Konsumenten zu Produzenten von Fertigprodukten aufgestiegen sind; und damit zu Konkurrenten der US-Industrie, die es nicht ausreichend geschafft hat, eine neue Position in den geänderten globalen Wertschöpfungsketten zu finden. Daher ist Trumponomics in der Handelspolitik protektionistisch orientiert. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Trump den Großteil seiner Stimmen den traditionellen Republikanischen Wählerinnen und Wählern verdankt und er seine Politik in anderen wichtigen Bereichen wie der Umwelt‑, Regulierungs- und Fiskalpolitik danach ausrichtet.
Wirtschaftspolitik für Wall Street
Trumps fiskalpolitische Ankündigungen im Wahlkampf prägten die Reaktionen der Finanzmärkte unmittelbar nach der Wahl. Forderungen nach starken Steuersenkungen in nahezu allen Bereichen (Unternehmens‑, Einkommens- und Vermögensbesteuerung) wurden ergänzt durch Versprechungen, die öffentlichen Investitionen anzukurbeln. Die damit verbundene Hoffnung auf höheres Wirtschaftswachstum ließ die Aktienkurse, den Außenwert des Dollar und die langfristigen Zinssätze gleichzeitig steigen (Abbildung 1, links), denn risikoarme, niedrigverzinste Anlageformen wurden abgestoßen, Aktien von US-Firmen hingegen stark nachgefragt. Die Euphorie hielt aber nur wenige Wochen: Nachdem der Dollar noch einmal aufwertete, als die amerikanische Zentralbank (Fed) Mitte Dezember 2016 die Zinsen erhöhte, hat er kontinuierlich an Wert verloren, obwohl die Fed die Zinsen weiter anhob (Abbildung 1, rechts). Selbst der langfristige Zinssatz ging trotz Leitzinssatzerhöhungen zurück; lediglich die Aktienkurse behielten ihren Aufwärtstrend bei. Den Economist veranlasste diese Entwicklung zu der Interpretation, dass die Hoffnung auf Wachstumsimpulse zwar vergangen sei (von Investitionsprogrammen, die auch den abgehängten ehemaligen Industriearbeitern und ‑arbeiterinnen zugutekommen sollten, ist längst nicht mehr die Rede), dass hingegen die Erwartung, dass Trumps Politik den Unternehmen nützen und ihre Gewinne begünstigen würde, nach wie vor intakt sei. Die Steuerreform scheint mittlerweile aber alles andere als ausgemacht; vielleicht auch deshalb, weil Trump den Gegenfinanzierungsplan seiner Partei ablehnt: die Umstellung der Unternehmensbesteuerung auf das Bestimmungslandprinzip. Dies hätte zwar die US-Exportindustrie begünstigt (für eine gänzlich kompensierende Wechselkursreaktion ist die Kaufkraftparität, vor allem kurzfristig, zu schwach), aber importierte Konsumware wäre empfindlich teurer geworden – nicht akzeptabel für Trumps Blue-Collar-Anhängerschaft.
Abbildung 1: USA: Aktienkurs, Rendite auf Staatsanleihen und Wechselkurs
Für Unternehmen besteht aber noch die „Hoffnung“ auf Deregulierung auf breiter Front – insbesondere im Finanzbereich, der mit dem Dodd-Frank-Act 2010 von einer Kaskade an neuen Regulierungen erfasst wurde. Die Finanzmarktregulierung Obamas stabilisierte das Finanzsystem, etwa durch höhere Kapitalvorschriften, durch die Abschaffung außerbilanzmäßiger Geschäfte oder die Beschränkung des Eigenhandels („Volcker-Regel“). Aber viele kleine Institute werden von der Vielzahl an Bestimmungen stark belastet und Trump könnte die unliebsame Regulierung gleich komplett abschaffen und damit letztlich die Finanzmarktstabilität gefährden.
Axis of Oil
Neben der Steuer- und (De-)Regulierungspolitik vertritt Trump auch im Umwelt- bzw. Energiebereich Republikanische Interessen, nämlich die Interessen von Big Oil. Für ihn ist Klimawandel eine Erfindung aus China, um der amerikanischen Ölindustrie zu schaden. Als konkreter Schritt erfolgte bisher der Ausstieg aus dem Paris Abkommen, was für sich genommen schlimm genug ist. Aber mittelfristig könnte die Egomanie und Rücksichtslosigkeit dieses Präsidenten zusammen mit den Interessen der Ölwirtschaft dazu führen, dass sich das Rollenverständnis des offiziellen Amerikas ändert: weg von seiner Position als Speerspitze der „freien Welt“ (Abbildung 2) hin zu einer neuen Triade der drei größten Ölproduzenten (USA, Saudi-Arabien, Russland) – eine axis of oil (Abbildung 3). Während die Anbiederung an das saudische Regime gelungen ist, stocken die Annäherungsversuche bei Russland; die vermutete Russlandintrige im Wahlkampf hängt wie ein Damoklesschwert über der Präsidentschaft, aber auch in Syrien stehen die beiden Länder de facto auf anderen Seiten.
Abbildung 2: Grad an Demokratie und Freiheit
Q: Freedom House.
Abbildung 3: Weltweite Ölproduktion
Q: U.S. Energy Information Administration.
Schon jetzt wirft dieser Strategiewechsel lange Schatten: Saudi-Arabien drangsaliert mit neuem Selbstbewusstsein den kleinen Nachbarn Katar. Und mit Blick auf Nord-Korea, einem Satellitenstaat des von Trump verhassten China, scheint selbst ein nuklearer Konflikt nicht mehr ausgeschlossen. Und würde sich Putin weitere Teile des Kaukasus oder der GUS einverleiben, hätte das offizielle Amerika wahrscheinlich kaum etwas dagegen. Das erhöhte Risiko kriegerischer Konflikte wird begleitet von Trumps Aufforderung an seine NATO-„Partner“, das Militärbudget zu erhöhen. Wie Abbildung 4 (links) zeigt, sind Länder wie Deutschland, aber auch die Atommächte Frankreich und Großbritannien weit von den Militärausgaben Amerikas entfernt; selbst dann, wenn man die Zahlen um die Unterschiede in den Staatsanteilen am BIP korrigiert (Abbildung 4, rechts).
Abbildung 4: Staatsausgaben für Verteidigung
links: in % der gesamten Staatsausgaben, rechts: in % des BIP, 2015
Q: OECD, WIFO.
Das Leistungsbilanzproblem
Im Bereich der Handelspolitik sieht Trump in den vermeintlichen Schikanen für US-Firmen das Hauptproblem und die Hauptursache für das amerikanische Leistungsbilanzdefizit (Abbildung 5). Dies betrifft vor allem Mexiko, ein „Partnerland“ im nordatlantischen Freihandelsabkommen NAFTA, das neu verhandelt werden soll; zweitens Deutschland mit seiner omnipräsenten Automobilindustrie und drittens China, dem Wechselkursmanipulation, die Verletzung von Eigentumsrechten und zu hohe Markteintrittsbarrieren angelastet werden. In der Tat hat sich das bilaterale Leistungsbilanzdefizit gegenüber China, das schon vor 15 Jahren das höchste der USA war, seither weiter vergrößert (Abbildung 6) und macht nun mehr aus als die Defizite gegenüber Mexiko, Deutschland und Japan zusammen. Interessant ist jedoch auch die Beobachtung, dass die USA gegenüber dem Rest der Welt seit 2009 Leistungsbilanzüberschüsse erzielt.
Q: OECD, WIFO.
Abbildung 6: Leistungsbilanz der USA mit…
Q: OECD, WIFO.
Wie stellt sich aber die Situation aus Sicht der „betroffenen“ Länder dar? Sehr unterschiedlich (Abbildung 7): Über die letzten Jahre auf ein zu hohes Niveau gestiegen ist lediglich der Leistungsbilanzüberschuss von Deutschland (2016: über 8% des BIP). In China ist die Situation differenzierter: Nach dem Allzeithoch von knapp 10% des BIP vor der Wirtschaftskrise ist der Leistungsbilanzüberschuss auf ein weltwirtschaftlich verträglicheres Ausmaß von 2–3% des BIP zurückgegangen. In den letzten Jahren wirken zudem die wachsenden Ausgaben für Auslandsreisen dem Überschuss im Warenhandel entgegen. Mexiko hingegen fährt insgesamt sogar Leistungsbilanzdefizite ein; ein Abbau des bilateralen Überschusses gegenüber der USA würde sein Gesamtdefizit wohl noch weiter erhöhen. Schon diese groben Details zeigen, dass sich der Komplexitätsgrad von plakativ vorgebrachten Problemen bei genauerer Betrachtung deutlich erhöht und dass einfache Lösungen nicht zur Verfügung stehen. Für den Showman Trum wird es jedenfalls schwierig werden, realpolitische Erfolge zu erzielen; wie seine bisherige Amtszeit bereits gezeigt hat.
Abbildung 7: Leistungsbilanzen, ausgewählte Länder
Q: OECD, WIFO.
Zum Weiterlesen: Debatten forum des Kurswechsel 1/2017; http://voxeu.org/content/economics-and-policy-age-trump,
[1]) Der Text beruht auf einem Vortrag, der auf der 21. Tagung des japanisch-österreichischen Komitees für Zukunftsfragen, die von 13. Bis 15. Juli 2017 in der Präfektur Shizuoka stattfand, gehalten wurde.
Neuer Kurswechsel: „Die Herren des Geldes – Das Geld der Herren?“
Die Herren des Geldes – die Frauen der Arbeit?
Debattenforum „US-Wahl: Wahl weiter?“
![BEIGEWUM, Kurswechsel, Feminismus, feministische Ökonomie, US-Wahlen](http://www.beigewum.at/wp-content/uploads/KW_Umschlag_1_17-page-001-722x1024.jpg)
Progressive Strategien für die Gestaltung der Globalisierung – Podiumsdiskussion 06.06. 18:30 ÖFSE
Was sind progressive Strategien zur politökonomischen Gestaltung der Globalisierung vor dem Hintergrund wirkungsmächtiger neoliberaler bzw. rechtsnationalistischer Gegenprojekte?
In den letzten Dekaden wurde mit zunehmender Deutlichkeit offensichtlich, dass das Wohlstandsversprechen des neoliberal globalisierten Kapitalismus nicht eingehalten wird. Der Umbau des Sozialstaates zum Wettbewerbsstaat sowie die Deregulierung von Güter‑, Finanz- und Dienstleistungsmärkten haben zu mehr Ungleichheit und Instabilität geführt. Während die Verteilung der Einkommen und Vermögen zunehmend auseinander klafft, häufen sich Krisenerscheinungen, deren Lasten auf die unteren Einkommensschichten abgewälzt werden. Doch davon konnten emanzipative Bewegungen, die sich von Anfang an kritisch gegenüber dem neoliberalen Projekt positionierten und versuchen, diesem mit progressiven Strategien zur politökonomischen Gestaltung der Globalisierung zu begegnen, kaum profitieren.
Während die politischen Eliten des Mainstreams zunehmend an Zustimmung verloren, erlebten vor allem rechtsnationalistische Kräfte mit dem Versprechen eines Bruches mit den politischen Eliten sowie mit rechtsnationalistischen Antworten auf die Globalisierung einen Aufschwung. Dabei lässt sich in den Ländern in denen diese an die Macht gelangten bereits ein Abbau der Demokratie beobachten. Hingegen kommen emanzipative Bewegungen mit ihren Ideen gegen wirkungsmächtige neoliberale und rechtsnationalistische Projekte nicht durch.
Vor diesem Hintergrund diskutieren wir die Fragen:
Warum kommen progressive Ideen gegen neoliberale und rechtsnationalistische Antworten auf die Globalisierung nicht durch? Was sind diese progressiven Antworten überhaupt? Welche Akteursnetzwerke braucht die Linke zur Durchsetzung einer progressiven Agenda? Was ist von dem – angeblich Mitte Mai vorliegenden – neuen Grundsatzpapier der EU zur Globalisierung zu halten? Was sind die Perspektiven für die Zukunft?
Programm:
18:30 Podiumsdiskussion mit:
Karin Fischer (JKU)
Werner Raza (ÖFSE)
Alexandra Strickner (ATTAC)
Dennis Tamesberger (AK OÖ)
20:30 Ende der VA, im Anschluss Buffet
Moderation: Oliver Prausmüller (BEIGEWUM)
In Kooperation mit der ÖFSE (http://www.oefse.at/), dem Zentrum für VW-Studierende (https://www.facebook.com/
Anmeldung erbeten unter: i.pumpler@oefse.at
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