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Der Handel mit dem Klima.

8. Februar 2017 – 17:18 Uhr

Es braucht neue Wege für eine gerech­te, sozio­öko­lo­gi­sche Transformation.
Simon Theurl

(Als Per­spek­ti­ve des Marie Jaho­da – Otto Bau­er Insti­tut Erschienen)

 

195 Staa­ten haben sich beim Pari­ser Abkom­men 2015 geei­nigt: Die Erd­er­wär­mung soll nicht mehr als 2°C über das Niveau vor der Indus­tria­li­sie­rung stei­gen. Beim aktu­el­len Trend ist die­se Gren­ze in 20 Jah­ren über­schrit­ten. Des­halb sind immense poli­ti­sche und öko­no­mi­sche Ver­än­de­run­gen not­wen­dig, die weit über die aktu­ell dis­ku­tier­ten Vor­schlä­ge und Stra­te­gien hin­aus gehen müssen.

 

Kenntnisse zum Klimawandel

Grund­la­ge für die Über­ein­künf­te in Paris ist ein Bericht des Inter­go­vern­men­tal Panel on Cli­ma­te Chan­ge 2013/​14 (IPCC). Dar­in sind die aktu­ells­ten wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­se zum Kli­ma­wan­del zusam­men­ge­fasst. Die Durch­schnitts­tem­pe­ra­tur auf der Erde ist zwi­schen 1880 und 2012 um 0.85°C ange­stie­gen. Bis 2100 wird ein wei­te­rer Anstieg von 1.5 – 4.8°C pro­gnos­ti­ziert, je nach­dem wel­che poli­ti­schen Maß­nah­men getrof­fen wer­den. Der Tem­pe­ra­tur­an­stieg ist eine Fol­ge von mehr Treib­haus­ga­sen in der Atmo­sphä­re. Die ver­stärk­te Treib­haus­gas­emis­si­on hängt mit dem glo­bal wach­sen­den Ener­gie­be­darf zusam­men, der zwi­schen 1800 und 2010 um das 50-fache gestie­gen ist. Im Jahr 2013 deck­ten fos­si­le Ener­gie­trä­ger, deren Nut­zung Treib­haus­ga­se frei­setzt, 81,5% des glo­ba­len Pri­mär­ener­gie­auf­kom­mens. Pri­mär­ener­gie ist Ener­gie, die direkt aus den ursprüng­li­chen Ener­gie­quel­len bezo­gen wer­den kann. Kern­ener­gie bei­spiels­wei­se ist Pri­mär­ener­gie, die Ener­gie eines mit Kern­ener­gie betrie­be­nen Wär­me­kraft­werks jedoch nicht.

 

Wirtschaftswachstum und Klima

Hohe Treib­haus­gas­emis­sio­nen und Ener­gie­be­darf gehen mit einem star­ken Wirt­schafts­wachs­tum ein­her, nied­ri­ge Emis­sio­nen und Ener­gie­be­darf mit einem gerin­gen Wachs­tum. Die Fra­ge nach der Kau­sa­li­tät zwi­schen die­sen Grö­ßen ist ideo­lo­gisch stark auf­ge­la­den und ent­schei­dend für die Stra­te­gien zur Bekämp­fung der Erd­er­wär­mung. So wird argu­men­tiert, dass sau­be­re Tech­no­lo­gien schäd­li­che Emis­sio­nen und Wirt­schafts­wachs­tum ent­kop­peln kön­nen. Für die Umset­zung des Pari­ser Abkom­mens bräuch­te es ab 2050 eine kom­plet­te Tren­nung. Frag­lich bleibt, ob bei stei­gen­dem Wirt­schafts­wachs­tum und Kon­sum eine nach­hal­ti­ge Reduk­ti­on der Treib­haus­gas­emis­sio­nen tat­säch­lich mög­lich ist.


Wo entstehen Emissionen?

Stra­te­gien zur Bekämp­fung des Kli­ma­wan­dels set­zen momen­tan nicht beim Kon­sum an. Der Groß­teil der vor­ge­schla­ge­nen poli­ti­schen Maß­nah­men hin zu einem CO2-armen Wirt­schafts­sys­tem sieht tech­no­lo­gie­ba­sier­te Ver­än­de­run­gen vor. Allen vor­an der Ener­gie­sek­tor soll auf erneu­er­ba­re Ener­gie­quel­len umge­stellt wer­den. Die­se Vor­ge­hens­wei­se greift aller­dings zu kurz, weil sie am natio­nal­staat­li­chen Ter­ri­to­ri­um und der Pro­duk­ti­on ori­en­tiert ist. Zur­zeit wer­den Emis­sio­nen dort gemes­sen, wo sie pro­du­ziert wer­den. Wo aller­dings der Kon­sum statt­fin­det, bleibt außer­halb des Blick­fel­des. Wenn Län­der also emis­si­ons­in­ten­si­ve Indus­trien ins Aus­land aus­la­gern, sin­ken die Emis­sio­nen in den ursprüng­li­chen Län­dern. Die­ses Phä­no­men wird Car­bon Leaka­ge genannt. Es führt dazu, dass nicht über­prüft wer­den kann, ob eine Emis­si­ons­re­duk­ti­on durch eine Ent­kar­bo­ni­sie­rung oder eine Aus­la­ge­rung erreicht wurde.

 

Markt gegen Erderwärmung?

Um die glo­ba­len Emis­sio­nen zu redu­zie­ren hat sich die Kli­ma­kon­fe­renz in Paris auf den Han­del mit Emis­si­ons­zer­ti­fi­ka­ten, soge­nann­ten „inter­na­tio­nal­ly trans­fe­red miti­ga­ti­on out­co­mes“ (ITMOs) geei­nigt. Der domi­nan­ten Markt­lo­gik fol­gend wird Kli­ma­wan­del dabei als Treib­haus­gas­emis­sio­nen quan­ti­fi­ziert, mit einem Preis ver­se­hen und auf inter­na­tio­na­len Märk­ten gehan­delt. Dabei wer­den exis­tie­ren­de Ungleich­ge­wich­te repro­du­ziert indem die­sel­be Markt­lo­gik, die sie her­vor­ge­bracht hat, auf die Bewäl­ti­gung des Kli­ma­wan­dels aus­ge­wei­tet wird. Die Kom­ple­xi­tät sozio-öko­lo­gi­scher Sys­te­me kann mit die­ser Logik jedoch nicht annä­hernd gefasst werden.

Eine sol­che Markt­lo­gik kommt bei­spiels­wei­se zum Zug, wenn Emis­sio­nen durch Kom­pen­sa­ti­ons­pro­jek­te anders­wo aus­ge­gli­chen wer­den. Die „Öko­sys­tem­dienst­leis­tung“ der Sen­ken­funk­ti­on, also der CO2 Spei­che­rung in Böden oder Wäl­dern, wird an zah­lungs­fä­hi­ge Abneh­me­rIn­nen in Form von Emis­si­ons­gut­schrif­ten ver­kauft. Oft wer­den die­se Gut­schrif­ten von ärme­ren Län­dern mit schwa­chen demo­kra­ti­schen Insti­tu­tio­nen ange­bo­ten und gehen mit Land­raub und der Umsied­lung der poli­tisch schwächs­ten Grup­pen ein­her. Auf die­se Wei­se wer­den die Kos­ten des Kli­ma­wan­dels nach unten wei­ter­ge­ge­ben und sozia­le sowie glo­ba­le Ungleich­ge­wich­te verstärkt.

Dabei kommt es zu absur­den Fäl­len, in denen teils aut­ar­ke Bevöl­ke­rungs­grup­pen für den Kli­ma­wan­del ver­ant­wort­lich gemacht wer­den, weil sie Wald­flä­chen für Fel­der abhol­zen. Gleich­zei­tig wird die Umwand­lung von Regen­wald in Groß­plan­ta­gen als annä­hernd kli­ma­neu­tral bewertet.

Alternative Strategien

Um die glo­ba­le Erd­er­wär­mung tat­säch­lich unter 2°C zu hal­ten, dür­fen zwi­schen 2011 und 2100 ins­ge­samt nicht mehr als 1.000 Giga­ton­nen an Treib­haus­ga­sen in die Atmo­sphä­re gelan­gen. Damit das gelin­gen kann, braucht es eine brei­te, glo­ba­le, gesell­schaft­li­che Anstren­gung und Zustim­mung, die ohne Berück­sich­ti­gung von Ver­tei­lungs­fra­gen und der All­tags­pro­ble­me der Men­schen kaum zu errei­chen ist. Das Pari­ser Abkom­men ist nicht aus­rei­chend, weil es die Ent­kop­pe­lung des Ener­gie­ver­brauchs vom Wirt­schafts­wachs­tum durch Markt­me­cha­nis­men zum Ziel hat. Es gibt aber ande­re Wege zu einer gerech­ten sozio-öko­lo­gi­schen Transformation.

Ers­tens ist der Öko­lo­gi­sche Fuß­ab­druck für die Abbil­dung von Emis­sio­nen bes­ser geeig­net. Er misst die Sum­me aller Treib­haus­gas­emis­sio­nen, die für die Her­stel­lung eines bestimm­ten Pro­duk­tes not­wen­dig sind, unab­hän­gig davon wo die­se frei­ge­setzt wer­den. Emis­sio­nen wer­den dort gemes­sen, wo sie kon­su­miert wer­den. Auf die­ser Basis las­sen sich sinn­vol­le­re Steu­ern auf die CO2 Kos­ten von Pro­duk­ten erhe­ben, wodurch Car­bon Leaka­ge und lan­ge Trans­port­we­ge weni­ger ren­ta­bel wer­den. Gleich­zei­tig stärkt die­ser Ansatz das Bewusst­sein für glo­ba­le Güter­ket­ten und Ungleich­ge­wich­te sowie die Kli­ma­ver­träg­lich­keit diver­ser Pro­duk­te in der Bevölkerung.

Zwei­tens müs­sen All­tags­be­dürf­nis­se mit Kli­ma­po­li­tik ver­knüpft wer­den, damit es brei­te Zustim­mung für eine sozi­al-gerech­te öko­lo­gi­sche Trans­for­ma­ti­on gibt. ArbeiterInnen‑, Frau­en- und Umwelt­be­we­gun­gen müss­ten dazu ver­stärkt die Dimen­sio­nen der jeweils ande­ren Bewe­gun­gen in ihre eige­ne Denk- und Hand­lungs­wei­se inte­grie­ren um gemein­sam auf­zu­tre­ten. For­de­run­gen nach Arbeits­zeit­ver­kür­zung las­sen sich zum Bei­spiel mit umwelt­po­li­ti­schen For­de­run­gen nach einer Abkehr vom Wachs­tum ver­knüp­fen. Die Aus­wei­tung von gut bezahl­ten Dienst­leis­tun­gen im Sozi­al­be­reich kann die Ent­kopp­lung von Emis­sio­nen und Wachs­tum vorantreiben.

Zum Wei­ter­le­sen

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Modern Times: Arbeit 4.0

2. Januar 2017 – 17:14 Uhr

Am 3.1. um 20:00 läuft auf Radio Oran­ge ein Bei­trag zur Som­mer­aka­de­mie „Arbeit 4.0″
ab 4.1. ist er auf http://www.radiostimme.at/modern-times-arbeit‑4–0/ online zum Nachhören.

Das Schlag­wort „Arbeit 4.0“ bezeich­net den Pro­zess der fort­schrei­ten­den Auto­ma­ti­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung in der Arbeits­welt. Meist kon­zen­triert sich die zuge­hö­ri­ge Debat­te auf den dro­hen­den Weg­fall von Arbeits­plät­zen und die zukünf­ti­gen Anfor­de­run­gen an Arbeitnehmer_​innen, ver­nach­läs­sigt aber den gesamt­ge­sell­schaft­li­chen Kon­text die­ser Ver­än­de­run­gen. Dem etwas ent­ge­gen­zu­set­zen war das Ziel einer Som­mer­aka­de­mie im Juli 2016, die unter dem Titel „Arbeit 4.0 – Pro­gres­si­ve Poli­tik im Zeit­al­ter der Digi­ta­li­sie­rung” in Wien statt­fand. Radio-Stim­me-Redak­teur Phil­ipp Sper­ner und Kata­ri­na Hol­lan, Teil des Veranstalter_​innenteams und Mit­glied von VrauWL, nutz­ten die Ver­an­stal­tung, um sich genau­er mit der The­ma­tik auseinanderzusetzen.

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Dekarbonisierung des Wirtschaftssystems – Traum und Wirklichkeit

21. Dezember 2016 – 14:59 Uhr

Autor: Chris­toph Streissler

Die­ser Bei­trag ist auf blog.arbeit-wirtschaft.at erschienen

 

In Paris einig­ten sich die Staa­ten auf das Ziel, den Anstieg der durch­schnitt­li­chen Erd­tem­pe­ra­tur deut­lich unter zwei Grad Cel­si­us zu hal­ten. In der zwei­ten Hälf­te des Jahr­hun­derts soll es durch Dekar­bo­ni­sie­rung gelin­gen, net­to Null­emis­sio­nen bei den Treib­haus­ga­sen zu errei­chen. Die EU strebt an, bis 2050 ihre Emis­sio­nen auf ein Fünf­tel des Wer­tes von 1990 zu sen­ken. All das sind heh­re Zie­le. Ohne grund­le­gen­de Ände­rung des Wirt­schafts­sys­tems sind sie nichts als Luftschlösser.

Im Arti­kel, der die der­zei­ti­ge lose Fol­ge von Bei­trä­gen zur sozi­al-öko­lo­gi­schen Erneue­rung ein­lei­te­te, wird unter ande­rem auf die not­wen­di­gen stra­te­gi­schen Wei­chen­stel­lun­gen zur maß­geb­li­chen Reduk­ti­on der Treib­haus­gas­emis­sio­nen hin­ge­wie­sen. Dies ist einer der Berei­che, in dem umfang­rei­che Inves­ti­tio­nen dazu bei­tra­gen kön­nen, die Arbeits­lo­sig­keit zurück­zu­drän­gen und dau­er­haft sicher zu stel­len, dass alle Men­schen an sozia­len Errun­gen­schaf­ten – Bil­dung, Gesund­heit, Alters­ver­sor­gung, Mobi­li­tät – teil­ha­ben können.

Ener­gie­sys­tem als zen­tra­les Hand­lungs­feld der Klimapolitik

Dabei han­delt es sich vor allem um Inves­ti­tio­nen, die wesent­li­che Bei­trä­ge zur Trans­for­ma­ti­on des Ener­gie­sys­tems leis­ten. Denn etwa drei Vier­tel der in Öster­reich emit­tier­ten Treib­haus­ga­se stam­men aus der Nut­zung fos­si­ler Brenn­stof­fe. Es braucht einen wei­te­ren Aus­bau der erneu­er­ba­ren Ener­gie­trä­ger, wobei – es muss immer wie­der betont wer­den – auf Kos­ten­ef­fi­zi­enz, auf fai­re Ver­tei­lung die­ser Kos­ten und auf Umwelt­ver­träg­lich­keit geach­tet wer­den muss; und es braucht eine wesent­li­che Stei­ge­rung der Ener­gie­ef­fi­zi­enz bei gleich­zei­ti­ger Ver­rin­ge­rung des Ener­gie­ver­brauchs. In bei­den Berei­chen, Erneu­er­ba­ren wie Ener­gie­ef­fi­zi­enz, bedeu­tet dies umfang­rei­che Inves­ti­ti­ons­pro­gram­me, und zwar sowohl in Infra­struk­tur (Anla­gen, Über­tra­gungs- und Ver­teil­net­ze für Strom und Wär­me, Ver­kehrs-Infra­struk­tur uvm) als auch in For­schung und Ent­wick­lung. Bemer­kung am Ran­de: Der der­zeit lau­fen­de Pro­zess der Erar­bei­tung einer Kli­ma- und Ener­gie­stra­te­gie des Bun­des wird genau dar­an zu mes­sen sein, ob er für die­se Inves­ti­tio­nen wesent­li­che Impul­se setzt.

Das Aus­maß die­ser Her­aus­for­de­rung kann aber gar nicht groß genug ein­ge­schätzt wer­den. Die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on hat kürz­lich ihren Vor­schlag vor­ge­stellt, wie das EU-Ziel der Treib­haus­gas­re­duk­ti­on bis 2030 auf die Mit­glied­staa­ten auf­ge­teilt wer­den soll. Dabei geht es um die­je­ni­gen 55 % der EU-Emis­sio­nen, die nicht vom Emis­si­ons­han­del erfasst wer­den. Im Ver­gleich zu 2005 sol­len sie bis 2030 um 30 % ver­rin­gert wer­den. Öster­reich soll als einer der reichs­ten Mit­glied­staa­ten etwas mehr schul­tern als der Durch­schnitt und sei­ne Emis­sio­nen um 36 % reduzieren.

Im Jahr 2015 wur­den in Öster­reich gut 49 Mil­lio­nen Ton­nen Treib­haus­ga­se außer­halb des Emis­si­ons­han­dels (ETS) emit­tiert. Bis 2030 soll die­ser Wert auf 31,5 Mil­lio­nen Ton­nen gesenkt wer­den. Mit 45 % hat der Ver­kehr den weit­aus größ­ten Anteil an die­sen Emis­sio­nen. Eine Maß­nah­me zur Sen­kung die­ser Zahl, die immer wie­der genannt wird (etwa Kli­ma­schutz­be­richt 2016), ist die Erhö­hung der Mine­ral­öl­steu­er, um den Tank­tou­ris­mus zurück­zu­drän­gen. Hier ist nicht der Platz, um auf die Aus­wir­kun­gen die­ses Schritts auf das Bud­get ein­zu­ge­hen. Viel­mehr ist er umwelt­po­li­tisch zu hin­ter­fra­gen. Denn die höhe­re Mine­ral­öl­steu­er führt pri­mär dazu, dass LKW im Tran­sit­ver­kehr nicht mehr in Öster­reich, son­dern in Deutsch­land oder in Ita­li­en tan­ken. Die Emis­sio­nen blei­ben die­sel­ben, auch wenn sie nicht mehr in der öster­rei­chi­schen Bilanz auf­schei­nen. Damit soll gezeigt wer­den, dass Kli­ma­po­li­tik nur dann dau­er­haf­te Emis­si­ons­re­duk­tio­nen aus­lö­sen kann, wenn sie nicht bloß auf die natio­na­le Bilanz schielt, son­dern die inter­na­tio­na­len Wir­kun­gen von Maß­nah­men in den Blick nimmt.

Fokus auf glo­ba­len Emissionen

In die­ser wei­te­ren Per­spek­ti­ve zeigt sich, dass Öster­reich Emis­sio­nen im Aus­land ver­ur­sacht, die fast so hoch sind wie die­je­ni­gen in Öster­reich selbst. Der Import von Gütern, bei deren Pro­duk­ti­on Emis­sio­nen anfal­len, ent­spricht also einem „Export“ die­ser Emis­sio­nen. Zieht man davon die Men­gen an CO2 (Koh­len­di­oxid) ab, die in Öster­reich bei der Pro­duk­ti­on von Waren ent­ste­hen, die dann expor­tiert wer­den (Net­to­be­trach­tung), bleibt als Ergeb­nis, dass die öster­rei­chi­schen Emis­sio­nen um knapp die Hälf­te höher wären, wenn nach Kon­sum und nicht nach Ver­brauch bilan­ziert wür­de. Umge­kehrt wur­de her­aus­ge­fun­den, dass 2002 bis 2005 etwa 70 % der Zuwäch­se der CO2-Emis­sio­nen Chi­nas im sekun­dä­ren Sek­tor export­ge­trie­ben waren.

Die­se Zah­len zei­gen, dass eine natio­na­le Betrach­tung des Pro­blems zu kurz grei­fen muss. Mit dem Abkom­men von Paris ist es gelun­gen, die­se inter­na­tio­na­le Per­spek­ti­ve zu stär­ken. Die Bil­der der jubeln­den Dele­gier­ten gin­gen um die Welt. Sieht man aber auf die glo­ba­le Ent­wick­lung beim Ener­gie­ver­brauch, wird die Eupho­rie schnell gedämpft. Die Fra­ge drängt sich auf, wie die not­wen­di­gen Emis­si­ons­re­duk­tio­nen erreicht wer­den sollen.

Am welt­wei­ten Auf­kom­men an Ener­gie hat­ten 2013 die fos­si­len Ener­gie­trä­ger einen Anteil von 81,5 %, die Nukle­ar­ener­gie von 4,8 % und die erneu­er­ba­ren Ener­gie­trä­ger von 13,7 % (zum größ­ten Teil Holz und Abfall für Heiz­zwe­cke). Das im Abkom­men von Paris ver­an­ker­te Ziel, in der zwei­ten Hälf­te des Jahr­hun­derts net­to Null­emis­sio­nen zu errei­chen, bedeu­tet schlicht, dass kei­ne fos­si­len Ener­gie­trä­ger mehr ver­wen­det wer­den dür­fen. Denn die Abschei­dung und Spei­che­rung des CO2 aus der Ver­bren­nung fos­si­ler Ener­gie­trä­ger (Car­bon Cap­tu­re and Sto­rage, CCS) ist im erfor­der­li­chen Umfang völ­lig unrea­lis­tisch, und auch ein Zuwachs an Wald­flä­che, der die­se CO2-Emis­sio­nen bin­den könn­te, ist bei wach­sen­der Welt­be­völ­ke­rung und zuneh­men­dem Nut­zungs­druck auf Wald­flä­chen undenk­bar. Dem­entspre­chend geht die Inter­na­tio­na­le Ener­gie­agen­tur (IEA) davon aus, dass 2040 (wei­ter rei­chen ihre Schät­zun­gen nicht) auch im ambi­tio­nier­tes­ten Sze­na­rio der Anteil der fos­si­len Ener­gie­trä­ger noch etwa 60 % beträgt.

Nur noch ein sehr gerin­ger Spielraum

Soll das Zwei-Grad-Ziel hal­ten, darf welt­weit aber nur noch eine kumu­lier­te Gesamt­men­ge von etwa 1000 Giga­ton­nen CO2 aus­ge­sto­ßen wer­den. Beim der­zei­ti­gen Niveau der Emis­sio­nen ist die­ser Spiel­raum in etwa zwan­zig Jah­ren erschöpft. Danach dürf­ten welt­weit über­haupt kei­ne anthro­po­ge­nen Emis­sio­nen mehr in die Atmo­sphä­re gelan­gen. Auch das ehr­gei­zigs­te IEA-Sze­na­rio bedeu­tet also, dass das Zwei-Grad-Ziel ver­fehlt wird.

Die Schluss­fol­ge­rung aus die­sen Zah­len ist schlicht, dass es nicht aus­reicht, ein biss­chen am Ener­gie­sys­tem zu dre­hen, um die in Paris ver­ein­bar­ten Zie­le zu errei­chen. Die weit­rei­chen­den Ände­run­gen, die dafür not­wen­dig sind, bedeu­ten nicht weni­ger als eine Abkehr vom heu­te domi­nan­ten kapi­ta­lis­ti­schen Wirtschaftssystem.

Da dies der­zeit nicht auf der poli­ti­schen Agen­da der EU oder ihrer Mit­glied­staa­ten steht, ist es nötig, mit dem inne­ren Wider­spruch zu leben. Solan­ge kön­nen sich fort­schritt­lich den­ken­de Men­schen aber dafür ein­set­zen, dass die Inves­ti­tio­nen zur Trans­for­ma­ti­on des Ener­gie­sys­tems auch dar­an aus­ge­rich­tet wer­den, dass sie die ein­gangs genann­ten sozia­len Zie­le unter­stüt­zen: Ver­rin­ge­rung der Arbeits­lo­sig­keit, Teil­ha­be an sozia­len Errun­gen­schaf­ten für alle und Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit beim erwirt­schaf­te­ten Wohlstand.

Mehr zu dem The­ma kön­nen Sie im neu­en Kurs­wech­sel lesen.

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Arbeitsbereit auf Knopfdruck

24. November 2016 – 15:00 Uhr

Der Bei­trag von Mar­kus Ell­mer ist am 5. August im Mosa­ik-Blog erschienen

Schnell und „on demand“: Mitt­ler­wei­le wird eine beträcht­li­che Fül­le an Dienst­leis­tungs­ar­beit über online-Platt­for­men an (anony­me) Arbeits­kräf­te im Inter­net ver­mit­telt. Hier ein kur­zer Über­blick dar­über, wie online-Platt­for­men (digi­ta­le) Arbeit for­men, wel­che Kon­se­quen­zen dies mit sich bringt und was sich an der Debat­te rund um platt­form-ver­mit­tel­te Arbeit ändern sollte.

Mitt­ler­wei­se basie­ren die Geschäfts­mo­del­le zahl­rei­cher online-Platt­for­men dar­auf, Dienst­leis­tungs­ar­beit „on demand“ zu ver­mit­teln. Anzahl und Umfang sol­cher Platt­for­men haben dabei beson­ders in den letz­ten Jah­ren suk­zes­si­ve zuge­nom­men. Das Tun und Las­sen die­ser „Kno­ten­punk­te“ im Web wird über­aus zwie­späl­tig gese­hen. Einer­seits wer­den zukunfts­wei­sen­de öko­no­mi­sche, öko­lo­gi­sche sowie gesell­schaft­li­che Poten­zia­le erkannt. Die web-basier­te Ver­mitt­lungs­pra­xis bie­tet auch tat­säch­lich neue Mög­lich­kei­ten, Res­sour­cen effi­zi­en­ter und folg­lich öko­lo­gisch ver­träg­li­cher zu ver­tei­len und zu nut­zen. Außer­dem erge­ben sich durch die­se Platt­for­men neue Erwerbs­chan­cen für mar­gi­na­li­sier­te Grup­pen – z.B. für Per­so­nen mit Beein­träch­ti­gun­gen oder auch für Men­schen aus dem glo­ba­len Süden. Die­se Platt­for­men wür­den – so die Groß­erzäh­lung –  als Reprä­sen­tan­tIn­nen einer ver­netz­ten, intel­li­gen­ten und ‚empowern­den‘ Wirt­schaft, eine immense Spreng­kraft posi­ti­ver Inno­va­ti­on und Erneue­rung in sich bergen.

Mit wel­chen neu­ar­ti­gen Poten­zia­len und tem­po­rä­ren Mode­be­grif­fen man online-Platt­for­men auch in Ver­bin­dung brin­gen mag: Bei einem nähe­ren Blick dar­auf, wie die­se Platt­for­men Arbeit for­men, zeigt sich: All­zu neu sind sie im Prin­zip nicht. Viel­mehr gie­ßen sie die bereits seit Jahr­zehn­ten bekann­te Mas­se Trends der Arbeits­welt, wie etwa Out­sour­cing (von Risi­ko), oder die For­ma­li­sie­rung und Pre­ka­ri­sie­rung von Arbeit, in die For­men neu­er web-tech­no­lo­gi­scher Mög­lich­kei­ten. Aller­dings birgt gera­de platt­form-ver­mit­tel­te Arbeit eine Rei­he eige­ner Kon­se­quen­zen für (digi­ta­le) Arbei­te­rIn­nen, die mit den eupho­ri­schen Dis­kur­sen rund um online-Platt­for­men wenig bis gar nicht zusammenpassen.

 

Raus aus sozialen Sicherungsnetzen – rein in den „glokalen“ Wettbewerb

Durch die Ver­mitt­lung im digi­ta­len Raum hebeln Platt­for­men etwa natio­nal­recht­lich ver­an­ker­te Schutz­me­cha­nis­men von Arbeit aus. Jene, die ihre Arbeits­kraft auf online-Platt­for­men anbie­ten, wer­den in eine expo­nier­te Lage ver­setzt, weil die Schutz­be­dürf­tig­keit von Crowd­wor­ke­rIn­nen mit Werk­ver­trags-ähn­li­chen Kon­struk­ten unter­gra­ben wird. Mit die­ser „Ver-Selbst­stän­di­gung“ wer­den Risi­ken weit­ge­hend auf die indi­vi­du­el­le Ebe­ne ver­la­gert. Hin­zu kommt die arbeits­recht­li­che Kom­ple­xi­tät drei­per­so­na­ler Arbeits­ver­hält­nis­se: Oft bleibt unklar, ob der/​die Auf­trag­ge­be­rIn oder die Platt­form der/​die tat­säch­li­che Arbeit­ge­be­rIn ist.

Neben die­ser arbeits­recht­li­chen Dimen­si­on wir­ken im digi­ta­len Raum mit­un­ter auch öko­no­mi­sche Mecha­nis­men, die sich nach­tei­lig auf die Macht­po­si­ti­on von Arbei­te­rIn­nen in Arbeits­pro­zes­sen aus­wir­ken. Beson­ders in Fall von digi­ta­ler Arbeit, die mit­tels Inter­net­ver­bin­dung, Bild­schirm, Tas­ta­tur und Maus erle­digt wer­den kann, kön­nen Auf­trag­ge­be­rIn­nen über die ent­spre­chen­den Platt­for­men auf geo­gra­fisch inter­na­tio­nal ver­streu­te Arbei­te­rIn­nen zugrei­fen. Durch die­sen Hebel wer­den sozio-öko­no­mi­sche Dif­fe­ren­zen, die zwi­schen die­sen Per­so­nen auf­tre­ten, auf engs­tem digi­ta­lem Raum ver­dich­tet, was den Preis für Arbeit auf­grund der glo­ba­len Kon­kur­renz nied­rig hält. Dem­entspre­chend bewe­gen sich auch ver­schie­de­ne Schät­zun­gen und Anga­ben zu den Stun­den­löh­nen auf sol­chen Platt­for­men in einem Bereich von 1,20 und 6,00 US-Dollar.

Die­ser von Platt­for­men ein­ge­lei­te­te Wett­be­werb ent­fal­tet sei­ne Wir­kung aber nicht nur glo­bal, son­dern auch lokal. Gera­de platt­form­ver­mit­tel­te Dienst­leis­tun­gen der soge­nann­ten „Sharing Eco­no­my“ stel­len eine nicht zu unter­schät­zen­de Kon­kur­renz der Dienst­leis­tungs­ar­beit in lang­jäh­rig eta­blier­ten Bran­chen dar (etwa der Hotel­bran­che, im Rei­ni­gungs­we­sen oder beim Per­so­nen­trans­port). Hier ent­ste­hen Wett­be­werbs­vor­tei­le vor allem dar­aus, weil bestehen­de Regu­lie­run­gen umgan­gen werden.

 

Die Kleinen und die Großen

Wenn es um die Orga­ni­sie­rung der Inter­es­sen digi­ta­ler Arbeit geht, erscheint es zunächst schwie­rig, so etwas wie ein­heit­li­che Arbeits­stan­dards zu eta­blie­ren. Gera­de auf Platt­for­men tref­fen nicht nur Per­so­nen mit völ­lig ver­schie­de­nen sozio-öko­no­mi­schen Rea­li­tä­ten auf­ein­an­der. Hin­zu kommt die immense Viel­falt an Arbeits­mo­ti­ven, die sich ent­lang einer Spann­brei­te zwi­schen „Zeit­ver­treib“ über „Zuver­dienst“ bis hin zu „Erwirt­schaf­ten des Haus­halts­ein­kom­mens“ auf­spannt. Brei­te, inter­es­sens­po­li­ti­sche Über­schnei­dun­gen zwi­schen Arbeit­neh­me­rIn­nen, sowie Abgren­zungs­li­ni­en zu ande­ren Grup­pen rela­ti­vie­ren sich im digi­ta­len Arbeits­raum emp­find­lich. Eine solch klein­tei­li­ge, ver­streu­te und hete­ro­ge­ne Arbei­te­rIn­nen­schaft steht dann den gro­ßen Platt­for­men gegen­über, die Auf­trag­ge­be­rIn­nen meist bevor­tei­len und dabei oft die Rücken­de­ckung mäch­ti­ger, finanz­kräf­ti­ger Kon­zer­ne und Inves­to­rIn­nen genießen.

Frag­men­tiert (zer­split­tert), ver­streut, hoch-divers – und über­mäch­ti­ge Kon­tra­hen­ten: In Sum­me also eine denk­bar schlech­te Aus­gangs­la­ge für eine Orga­ni­sie­rung der Inter­es­sen der Arbeit­neh­me­rIn­nen platt­form-ver­mit­tel­ter Arbeit. Nichts­des­to­trotz grup­pie­ren sich Platt­form-Arbei­te­rIn­nen, um Druck auf Auf­trag­ge­be­rIn­nen bzw. die Platt­for­men selbst aus­zu­üben. Im Fall von digi­ta­ler Arbeit etwa in Form von Foren und Tools, mit denen Druck auf unfai­re Arbeit­ge­be­rIn­nen aus­ge­übt wird. Und auch im Fal­le platt­form-ver­mit­tel­ten „offline“-Dienstleistungen, wo etwa der Fahr­dienst­leis­ter Uber (mitt­ler­wei­le übri­gens mehr wert als vie­le Auto­her­stel­ler) inter­na­tio­nal bereits mas­si­ven Wider­stand und zahl­rei­che Pro­tes­te sei­ner Fah­re­rIn­nen hin­neh­men musste.

 

Bringing Labor Back In

Mit der „Platt­for­m­öko­no­mie“ gehen also eine Viel­zahl an Her­aus­for­de­run­gen ein­her, die sich im Kon­text von Arbeit und den ihr asso­zi­ier­ten insti­tu­tio­na­li­sier­ten Inter­es­sens­ver­tre­tun­gen und Regu­lie­rungs­be­hör­den wie­der­fin­den. Aller­dings wer­den die­se Her­aus­for­de­run­gen nur sel­ten als sol­che im Kon­text von Arbeit wahr­ge­nom­men: Die Dar­stel­lun­gen die­ser neu­en Arbeits­for­men sind auf meh­re­ren Ebe­nen von auf­fal­len­den begriff­li­chen Unschär­fen gekenn­zeich­net und wer­den meist zusätz­lich hin­ter tech­no­lo­gi­schen Begrif­fen ver­steckt und/​oder öko­lo­gi­schen Dis­kur­sen über­la­gert. Damit ver­kommt Arbeit zu einer zuneh­mend unsicht­ba­ren Kategorie.

Es gilt daher, den Arbeits­be­griff wie­der ver­stärkt in die Debat­ten rund um ent­spre­chen­de Platt­for­men ein­zu­brin­gen, zumal Arbeit auch ein zen­tra­les Ele­ment die­ser Geschäfts­mo­del­le dar­stellt. Ist Arbeit hier aus­drück­li­ches The­ma, kann mit mehr Nach­druck dar­auf auf­merk­sam gemacht wer­den, dass auf die­sen Platt­for­men nicht nur Inno­va­ti­on, son­dern auch eine Reor­ga­ni­sa­ti­on von Arbeit in Rich­tung Pre­ka­ri­sie­rung, Wett­be­werb und Frag­men­tie­rung vor­an­ge­trie­ben wird. Und dass es die­sem Phä­no­men, wo es sinn­vol­ler­wei­se mög­lich ist, auf ver­schie­de­nen Ebe­nen zu begeg­nen gilt.

 

Wer Genaue­res rund um die­ses The­men erfah­ren möch­te, dem sei der aktu­el­le Kurs­wech­sel (2/​2016) zum The­ma „Digi­ta­le Arbeit und Platt­form­ka­pi­ta­lis­mus“, zusam­men­ge­stellt von Mar­kus Ell­mer und Julia Hof­mann, nahe­ge­legt.

 

Mar­kus Ell­mer ist Uni­ver­si­täts­as­sis­tent im Bereich Human Resour­ce Manage­ment an der Paris-Lodron Uni­ver­si­tät Salz­burg und forscht zu ver­schie­de­nen Phä­no­me­nen in der digital(isiert)en Arbeits­welt. Auf Twit­ter kann man ihm unter @Markus_Ellmer folgen.

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nach dem „arabischen Frühling“: Konflikte im Nahen Osten

8. November 2016 – 12:29 Uhr

Aus dem neu­en Kurs­wech­sel:

Aktuelle Debatte: nach dem „arabischen Frühling“: Konflikte im Nahen Osten

Joa­chim Becker: Edi­to­ri­al (PDF)

Joa­chim Becker: Ana­to­mie des AKP-Regimes (PDF)

Mus­ta­fa Tür­kes: Die Außen­po­li­tik der tür­ki­schen AKP im Nahen Osten vor und nach dem „ara­bi­schen Früh­ling“ (PDF)

Karin Kulow: Was macht die poli­ti­sche Lösungs­su­che der Syri­en-Kri­se so schwie­rig? (PDF)

Tho­mas Schmi­din­ger: Roja­va im syri­schen Bür­ger­krieg (PDF)

(zum Kurs­wech­sel-Jah­res­pro­gramm 2016)

 

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Der Kurswechsel 3/2016 ist da!

8. November 2016 – 12:22 Uhr

The­ma: Kli­ma­po­li­tik und Systemwandel

 

Umfas­sen­de media­le Bericht­erstat­tung über den Kli­ma­wan­del sowie des­sen unmit­tel­ba­ren Aus­wir­kun­gen ver­wei­sen auf die Dring­lich­keit den Kli­ma­wan­del nach­hal­tig zu bekämp­fen. Nichts­des­to­trotz konn­ten in der inter­na­tio­na­len Kli­ma­po­li­tik bis­her kaum Erfol­ge ver­bucht wer­den. Das Ziel einer dekar­bo­ni­sier­ten Wirt­schaft scheint trotz gefass­ter Beschlüs­se auf der Kli­ma-Kon­fe­renz in Paris im letz­ten Win­ter, näm­lich den Tem­pe­ra­tur­an­stieg seit Beginn der Indus­tria­li­sie­rung unter 2 Grad zu hal­ten, wei­ter­hin außer Reich­wei­te zu liegen.

Die­se Kurs­wech­sel Aus­ga­be gibt einen Über­blick über aktu­el­le Dis­kus­si­ons­punk­te rund um Kli­ma­wan­del und Kli­ma­po­li­ti­ken und stellt deren gesell­schafts- und wirt­schafts­po­li­ti­sche Bear­bei­tun­gen in den Mit­tel­punkt der Ana­ly­se. Das Heft fragt nach der Rol­le neu­er tech­no­lo­gi­scher Ent­wick­lun­gen wie auch nach dem Ver­hält­nis von Umwelt­be­we­gun­gen zu Gewerk­schaf­ten oder der Trag­fä­hig­keit neu­er zivil­ge­sell­schaft­li­cher Alter­na­ti­ven. Die öko­lo­gi­sche Fra­ge wird im Zusam­men­hang mit der sozia­len Fra­ge ver­stan­den, wodurch ver­tei­lungs­po­li­ti­sche Aspek­te erör­tert sowie Kli­ma­ge­rech­tig­keit und die Not­wen­dig­keit eines Sys­tem­wan­dels in den Vor­der­grund gerückt werden.

 

Zum Inhalts­ver­zeich­nis inklu­si­ve Arti­keln zum Down­load geht es hier.

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Niemals vergessen! Nie wieder Faschismus!

25. Oktober 2016 – 16:49 Uhr

In den Jah­ren 1939 — 1942 wur­den vom ehe­ma­li­gen Aspangbahn­hof zehn­tau­sen­de öster­rei­chi­sche Juden in Ver­nich­tungs­la­ger trans­por­tiert und kehr­ten nicht mehr zurück“

Nie­mals ver­ges­sen! Nie wie­der Faschismus!

Mahn­wa­che und Kund­ge­bung: Mitt­woch, 9. Novem­ber 2016, 18 Uhr. Gedenk­stein vor dem ehe­ma­li­gen Aspangbahn­hof (Platz der Opfer der Depor­ta­ti­on, 1030 Wien)

 

Zu dieser Kundgebung rufen auf:

Abg. z. LT Made­lei­ne Petro­vic; Abg. z. NR Albert Stein­hau­ser; Abg. z. NR Karl Öllin­ger; Alter­na­ti­ve und Grü­ne Gewerk­schaf­te­rIn­nen (AUGE/​UG); BEIGEWUM; BR Susan­ne Empa­cher – Kom­mu­nis­ti­sche Par­tei Land­stra­ße; Bund Sozi­al­de­mo­kra­ti­scher Freiheitskämpfer/​innen, Opfer des Faschis­mus und akti­ver Antifaschist/​inn/​en; David Schal­ko; Deser­teurs- und Flücht­lings­be­ra­tung; Die Grü­nen Wien; Doron Rabi­novici (Repu­bli­ka­ni­scher Club); Eva Lach­ko­vics – Die Grü­nen Frau­en Wien; FSG-Betriebs­grup­pe der AK-Wien; Gewerk­schaft­li­cher Links­block (GLB); Grü­ner Klub im Rat­haus; Info­la­den Wels; Initia­ti­ve Aspangbahn­hof; Israe­li­ti­sche Kul­tus­ge­mein­de Wien (IKG Wien); Kom­mu­nis­ti­sche Par­tei Öster­reichs – Wien (KPÖ-Wien); KZ-Ver­ban­d/V­dA Bun­des­ver­band; Lan­des­ver­band KZ-Ver­ban­d/V­dA; Lan­des­ver­band Wien KZ-Ver­ban­d/V­dA; Maut­hau­sen Komi­tee Öster­reich (MKÖ); Niki Kun­rath – Die Grü­nen Wien; Öster­rei­chi­sche KZ-Ver­ei­ni­gung Buchen­wald; Peter Men­as­se – Chef­re­dak­teur „Nu“; Pierre Ramus Gesell­schaft; Prof. Rudolf Gel­bard; Redak­ti­on „Akin“; Repu­bli­ka­ni­scher Club Wien – Neu­es Öster­reich; Roma­no Cen­tro – Ver­ein für Roma; Ser­vice Civil Inter­na­tio­nal (SCI); Sozia­lis­ti­sche Jugend Wien (SJ-Wien); Sozia­lis­ti­sche Links­Par­tei (SLP); SPÖ – Bezirks­or­ga­ni­sa­ti­on Land­stra­ße; SPÖ – Sek­ti­on Euro­ga­te; Unab­hän­gi­ges Anti­fa­schis­ti­sches Per­so­nen­ko­mi­tee Bur­gen­land; Ver­ein GEDENKDIENST; Ver­ein Inter­na­tio­na­ler Zvil­dienst; Ver­ein Stei­ne des Geden­kens für die Opfer der Shoa; Wien Anders; Wie­ner Arbei­te­rIn­nen Syn­di­kat (WAS)

 

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Woran gedenken wir am 9. November?

Schon in der Nacht vom 11. zum 12. März 1938, also anläß­lich des Ein­mar­sches der deut­schen Wehr­macht in Öster­reich, began­nen Aus­schrei­tun­gen gegen Jüdin­nen und Juden in Öster­reich. Vie­le wur­den von SA- und HJ-Leu­ten wie von „ein­fa­chen“ Par­tei­mit­glie­dern, die sich ihre Haken­kreuz­bin­den und Orden ange­hef­tet haben, ver­haf­tet, geschla­gen und öffent­lich gede­mü­tigt. Fens­ter­schei­ben wur­den ein­ge­schla­gen. Juden und Jüdin­nen wur­den gezwun­gen Paro­len, wel­che Anhän­ger des aus­tro­fa­schis­ti­schen Bun­des­kanz­lers Schu­sch­nigg am Vor­abend des „Anschlus­ses“ auf Wän­de und Geh­stei­ge geschrie­ben haben mit Reib- und Zahn­bürs­ten weg­zu­wa­schen. Wie­wohl man­cher der Schau­lus­ti­gen ihre Bekann­ten und Freun­dIn­nen unter den Gede­mü­tig­ten erkannt haben muß­te, hat nie­mand den Mut auf­ge­bracht zu pro­tes­tie­ren – was zu die­sem Zeit­punkt sowohl mög­lich als auch sinn­voll hät­te sein kön­nen. Mit die­sen Ernied­ri­gun­gen begann die sys­te­ma­ti­sche Dis­kri­mi­nie­rung der öster­rei­chi­schen Juden und Jüdin­nen. Umso hef­ti­ger als im „Alt­reich“, weil in Öster­reich die Ent­wick­lung, die in Deutsch­land fünf Jah­re gedau­ert hat­te, in kür­zes­ter Zeit über die Betrof­fe­nen her­ein­ge­bro­chen ist.

Etwa 200.000 Öster­rei­che­rIn­nen wur­den nach den „Nürn­ber­ger Ras­sen­ge­set­zen“ zu „Juden“ erklärt, wobei etwa 180.000 von ihnen tat­säch­lich der jüdi­schen Reli­gi­on ange­hör­ten. Die Nazis began­nen mit Berufs­ver­bo­ten und Aus­bil­dungs­be­schrän­kun­gen, Juden und Jüdin­nen wur­den in ihrer Bewe­gungs­frei­heit ein­ge­schränkt. Das ers­te Ziel war es, die

jüdi­sche Bevöl­ke­rung aus dem öffent­li­chen Leben zu drän­gen. Dann soll­te ihr die wirt­schaft­li­che Lebens­grund­la­ge ent­zo­gen und nicht zuletzt: gleich ob Arm, ob Reich, ihr gesam­tes Ver­mö­gen geraubt wer­den und die­ses zumin­dest nach Wil­len der Nazi-Gran­den in die Kas­sen des „Drit­ten Rei­ches“ flie­ßen – obwohl sich auch manch ande­rer dabei „bedient“ hatte.

Adolf Eich­mann, ein streb­sa­mer Bie­der­mann im Diens­te des Sicher­heits­diens­tes (SD) der SS, wur­de nach Wien beor­dert, um die „Zen­tral­stel­le für jüdi­sche Aus­wan­de­rung“ auf­zu­bau­en. „Aus­wan­de­rung“ hieß die Beschö­ni­gung für das Vor­ha­ben der Nazis, mög­lichst vie­le Jüdin­nen und Juden aus Öster­reich zu ver­trei­ben. Doch davor soll­te sicher­ge­stellt wer­den, daß die­se nicht mehr als die not­wen­digs­ten Hab­se­lig­kei­ten mit sich neh­men konn­ten, der gesam­te übri­ge Besitz wur­de beschlagnahmt.

Trotz des ste­tig zuneh­men­den Ter­rors durch die Nazis konn­ten und woll­ten vie­le die Hei­mat nicht Hals über Kopf ver­las­sen. Beson­ders älte­ren Men­schen fiel das schwer.

Die füh­ren­den Nazis hat­ten schon lan­ge auf einen Anlaß gewar­tet, die JüdIn­nen­ver­fol­gung zu ver­schär­fen. Sie brauch­ten einen Vor­wand, mit dem sie die­se v. a. auch gegen­über dem Aus­land recht­fer­ti­gen und gegen­über der eige­nen Bevöl­ke­rung die Akzep­tanz dafür erhö­hen konnten.

 

Der 9. November 1938 – die Bedeutung des Novemberpogroms

Der 17-jäh­ri­ge Her­schel Grynszpan schoß am 7. Novem­ber in Paris als Pro­test gegen die JüdIn­nen­ver­fol­gung auf den deut­schen Diplo­ma­ten Ernst v. Rath, nach­dem sei­ne Eltern und Geschwis­ter aus Deutsch­land nach Polen abge­scho­ben wor­den waren. Nach­dem Rath kurz spä­ter starb, orga­ni­sier­te Joseph Goe­b­bels am 9. Novem­ber 1938 eine reichs­wei­te Akti­on gegen die jüdi­sche Bevöl­ke­rung, wel­che als „spon­ta­ner Aus­bruch des Volks­zorns“ getarnt wurde.

Die­se Akti­on wur­de wegen der geleg­ten Feu­er, wel­che sich in den zer­bro­che­nen Fens­ter­schei­ben wie „Kris­tal­le“ spie­gel­ten beschö­ni­gend „Reichs­kris­tall­nacht“ genannt. Die­se Nacht dau­er­te tat­säch­lich meh­re­re Tage und Näch­te. Nun wur­den tau­sen­de jüdi­sche Woh­nun­gen und Geschäf­te geplün­dert, zer­stört und „ari­siert“. 42 Syn­ago­gen und Bet­häu­ser wur­den in Brand gesteckt und ver­wüs­tet. Nicht nur in Wien, auch in den klei­ne­ren öster­rei­chi­schen Städ­ten wie Inns­bruck kam es zu blu­ti­gen Über­grif­fen. Zahl­rei­che Men­schen star­ben in Öster­reich wäh­rend des und nach dem Novem­ber­po­grom an den Fol­gen der Miß­hand­lun­gen oder nah­men sich aus Ver­zweif­lung das Leben.

6547 Jüdin­nen und Juden wur­den in Wien im Zuge des Novem­ber­po­groms ver­haf­tet, 3700 davon ins KZ Dach­au depor­tiert. Und: Die jüdi­sche Bevöl­ke­rung wur­de dazu ver­pflich­tet für alle Schä­den des gegen sie gerich­te­ten Pogroms aufzukommen!

Das Novem­ber­po­grom war der ent­schei­den­de Schritt, die begon­ne­nen Ent­rech­tungs- und Berau­bungs­maß­nah­men gegen Juden und Jüdin­nen zu voll­enden. Es war aber auch eine Art „Test­lauf“ der Nazis, wie­viel JüdIn­nen­ver­fol­gung der Bevöl­ke­rung zuzu­mu­ten sei, ohne daß es zu nen­nens­wer­tem Wider­stand dage­gen kommt.

 

Der Aspangbahnhof

Mit dem deut­schen Über­fall auf Polen begann offi­zi­ell der 2. Welt­krieg in Euro­pa. Zu die­sem Zeit­punkt leb­ten noch etwa 70.000 Jüdin­nen und Juden in Wien. Alle ver­blie­be­nen öster­rei­chi­schen Jüdinnen

und Juden waren mitt­ler­wei­le nach Wien geschickt wor­den. Dort leb­ten sie zusam­men­ge­pfercht in Sam­mel­woh­nun­gen und ‑lager, unter schlech­ten Bedin­gun­gen und schlecht ver­sorgt. Sie wur­den regis­triert und muß­ten ab Sep­tem­ber 1941 einen gel­ben David­stern tra­gen, wie auch die noch von Jüdin­nen und Juden bewohn­ten Woh­nun­gen mit einem sol­chen gekenn­zeich­net wur­den, um den Behör­den die Ver­fol­gung bzw. Aus­he­bung für die Depor­ta­tio­nen zu erleichtern.

Die ers­ten Depor­ta­tio­nen soll­ten noch dem zumin­dest vor­geb­li­chen Ziel die­nen, deut­sche bzw. öster­rei­chi­sche Jüdin­nen und Juden in einem „Juden­re­ser­vat“ in Polen anzu­sie­deln. Die­ser Plan wur­de aber nie verwirklicht.

Im Früh­jahr 1941 for­der­te der neue Gau­lei­ter von Wien, Bal­dur von Schi­rach, die Depor­ta­tio­nen wie­der auf­zu­neh­men, um die ver­blie­be­nen jüdi­schen Woh­nun­gen „frei­ma­chen“ zu kön­nen. Juden und Jüdin­nen wur­den erfaßt und regis­triert und in der Fol­ge Lis­ten für die Depor­ta­tio­nen zusammengestellt.

Die Depor­ta­tio­nen erfolg­ten vom Aspangbahn­hof. Die­se wur­den zuerst mit nor­ma­len Per­so­nen­wag­gons der 3. Klas­se, spä­ter dann mit Vieh­wag­gons, durch­ge­führt und „nur“ von nor­ma­ler Poli­zei bewacht, nicht von der SS. Zum einen woll­ten die Nazis wohl die Illu­si­on einer „Aus­wan­de­rung“ für die Betrof­fe­nen und die beob­ach­te­ten­de Bevöl­ke­rung auf­recht­erhal­ten, zum andern rech­ne­ten sie nicht mit nen­nens­wer­tem Wider­stand durch die Betrof­fe­nen, weil vie­le der aus Wien Depor­tier­ten älte­re Men­schen bzw. Frau­en waren. Die Opfer der ers­ten Depor­ta­tio­nen im Jahr 1941 wur­den auf die Ghet­tos im besetz­ten Rest-Polen auf­ge­teilt. Arbeits­fä­hi­ge kamen meist in die Zwangs­ar­beits­la­ger der SS. Die meis­ten die­ser am Anfang 1941 Depor­tier­ten soll­ten im Früh­jahr und Som­mer 1942 „Aus­kämm­ak­tio­nen“ der SS zum Opfer fal­len oder wur­den zusam­men mit den pol­ni­schen Jüdin­nen und Juden in die Ver­nich­tungs­la­ger gebracht. Tau­sen­de öster­rei­chi­sche Juden und Jüdin­nen wur­den in Lagern wie Maly Trosti­nez mas­sen­haft erschos­sen oder in Gas­wa­gen ermordet.

Spä­ter führ­ten die Depor­ta­ti­ons­zü­ge vom Aspangbahn­hof in das Ghet­to The­re­si­en­stadt in der Nähe von Prag, von wo aus die Züge Rich­tung Ver­nich­tungs­la­ger Treb­lin­ka, Sobi­bor, Ausch­witz bzw. Auschwitz/​Birkenau gin­gen, wel­che mitt­ler­wei­le schon mit rie­si­gen Gas­kam­mern aus­ge­stat­tet waren. Mit dem Zweck mög­lichst vie­le Men­schen in mög­lichst kur­zer Zeit und – für die Mör­der – mög­lichst „scho­nend“ umzubringen.

Unter­des­sen wur­den auch öster­rei­chi­sche Roma und Sin­ti (sie wur­den zuerst als „Aso­zia­le“, spä­ter als „Zigeu­ner“ ver­folgt) von der Kri­mi­nal­po­li­zei bzw. Gesta­po beraubt und in den Lagern Lackenbach/​Burgenland, Maxglan/​Salzburg und St. Pantaleon/​OÖ inter­niert. Sie wur­den immer wie­der zu Zwangs­ar­beit her­an­ge­zo­gen. Etwa 5000 Roma und Sin­ti, in der Regel gan­ze Fami­li­en, wur­den 1941 in das Ghet­to Lodz depor­tiert und letzt­lich im Ver­nich­tungs­la­ger Kulmhof/​Chelmo ermor­det. Ein gro­ßer Teil der ver­blie­be­nen Roma und Sin­ti aus Öster­reich wur­de nach Auschwitz/​Birkenau gebracht und ermor­det, nur weni­ge über­leb­ten. Bei der Befrei­ung des Lagers Lacken­bach durch die Rote Armee waren dort noch höchs­tens 400 Häftlinge.

Nach 40 gro­ßen und vie­len klei­ne­ren Trans­por­ten aus Wien leb­ten von 200.000 öster­rei­chi­schen Jüdin­nen und Juden 1945 noch etwa 5000 in Wien. Sogar noch in den letz­ten Tagen der Kämp­fe um Wien ver­üb­te eine SS-Ein­heit ein Mas­sa­ker an neun hier ver­blie­be­nen Juden.

15 bis 20.000 öster­rei­chi­sche Jüdin­nen und Juden, wel­che sich nach der Flucht in die Tsche­cho­slo­wa­kei, nach Bel­gi­en und Frank­reich schon in Sicher­heit geglaubt haben, fie­len nach der Erobe­rung die­ser Län­der durch die deut­sche Wehr­macht ihren Mör­dern in die Hände.

6 Mil­lio­nen euro­päi­sche Juden und Jüdin­nen sind der Shoa, auch „Holo­caust“ genannt, zum Opfer gefal­len, min­des­tens 65.500 davon stamm­ten aus Öster­reich. Die­se Zahl ist eine Min­dest­zahl, da

vie­le Ermor­de­te namen­los oder auch „staa­ten­los“ waren und des­halb nicht als öster­rei­chi­sche Staats­bür­ge­rIn­nen erfasst wur­den. Von den 11 bis 12.000 öster­rei­chi­schen „Zigeu­nern“ wur­den zwi­schen 1938 und 1945 schät­zungs­wei­se 9500 ermor­det, etwa 2000 über­leb­ten die Depor­ta­tio­nen. Zudem sind zig­tau­sen­de „Erb­kran­ke“ (Behin­der­te), „Aso­zia­le“, Zeu­gIn­nen Jeho­vas, Zwangs­ar­bei­te­rIn­nen, Deser­teu­re und „Wehr­kraft­zer­set­zer“, Homosexuelle,

Kri­mi­nel­le und poli­ti­sche Geg­ne­rIn­nen bzw. Wider­stands­kämp­fe­rIn­nen aus Öster­reich der Mord­ma­schi­ne­rie der Nazis zum Opfer gefallen.

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The European Union: The Threat of Disintegration – ein Bericht von der 22. Euromemo-Konferenz

18. Oktober 2016 – 13:51 Uhr

Theurl Simon

Vom 15. bis 17. Sep­tem­ber tra­fen sich in Coim­bra in Por­tu­gal Öko­nom­In­nen aus ganz Euro­pa um im Rah­men der 22. EURO­ME­MO-Kon­fe­renz die aktu­el­len Ent­wick­lun­gen inner­halb der Euro­päi­schen Uni­on zu dis­ku­tie­ren. Die Kon­fe­renz wird jähr­lich von der Euro­me­mo­grup­pe orga­ni­siert – einem Netz­werk von Öko­nom­In­nen die sich für Voll­be­schäf­ti­gung, sozia­le Gerech­tig­keit, öko­lo­gi­sche Nach­hal­tig­keit und inter­na­tio­na­le Soli­da­ri­tät ein­set­zen. Dem Titel der Kon­fe­renz ent­spre­chend – „The Euro­pean Uni­on: the Thre­at of Dis­in­te­gra­ti­on“ – stan­den bei die­ser Kon­fe­renz ins­be­son­de­re die sich zuspit­zen­den Des­in­te­gra­ti­ons­ten­den­zen, im Zen­trum der Debat­ten. Die EU, so der Aus­gangs­punkt der Debat­te, wird zuneh­mend von neo­li­be­ra­ler Wirt­schafts­po­li­tik domi­niert, wel­che nicht in der Lage ist die öko­no­mi­sche Kri­se zu über­win­den, adäqua­te Hil­fe für die trans­kon­ti­nen­tal Flüch­ten­den zu leis­ten und rechts­po­pu­lis­ti­schen bis ‑extre­mis­ti­schen anti­de­mo­kra­ti­schen Bewe­gun­gen ihre Grund­la­ge zu ent­zie­hen. Unfä­hig Wachs­tum, Kon­ver­genz, Men­schen­rech­te und Demo­kra­tie zu garan­tie­ren, schei­tert die EU an ihren eige­nen Maß­stä­ben. Stei­gen­de Frus­tra­ti­on in der Bevöl­ke­rung und der zuneh­men­de Legi­ti­mi­täts­ver­lust sind die bit­te­ren Kon­se­quen­zen des poli­ti­schen Scheiterns.

 

Anhal­ten­de Kri­se in der Peri­phe­rie befeu­ert Desintegration

Neun Jah­re nach dem Aus­bruch der Finanz­kri­se im Jahr 2007 befin­det sich vor allem die Peri­phe­rie der Euro­päi­schen Uni­on nach wie vor in der Kri­se. Das macht sich nicht zuletzt in sta­gnie­ren­den Arbeits­ein­kom­men und stei­gen­der Arbeits­lo­sig­keit, vor allem unter Jugend­li­chen, bemerk­bar. Als eine der Kon­se­quen­zen der Export­über­schuss­po­li­tik, vor allem von Deutsch­land, drif­ten die BIP-Wachs­tums­ra­ten, die indus­tri­el­le Pro­duk­ti­on und die Beschäf­ti­gungs­ra­ten der euro­päi­schen Mit­glieds­län­der wei­ter aus­ein­an­der. Dass die Markt­li­be­ra­li­sie­rung der letz­ten Deka­den zur erhoff­ten „Euro­päi­schen Kon­ver­genz“ führt ent­spricht somit kaum der Rea­li­tät – so die Bot­schaft der Eröff­nungs­re­de „The Sta­te of the Uni­on“ von Luis Lopez von der Uni­ver­si­tät von Coimbra.

 

Junckers Inves­ti­ti­ons­plan wird nicht ausreichen

In ihren Bemü­hun­gen, die Kon­junk­tur mit­hil­fe expan­si­ver Geld­po­li­tik anzu­re­gen, stößt die Euro­päi­sche Zen­tral­bank an ihre mone­tä­ren Gren­zen, wäh­rend die spar­po­li­ti­sche Aus­rich­tung der Kom­mis­si­on die­se Maß­nah­men ohne­hin kon­ter­ka­riert. Dabei nimmt die Gefahr zu, in eine Defla­ti­on zu schlit­tern. Wäh­rend der Spiel­raum für öffent­li­che Inves­ti­tio­nen, vor allem in den Län­dern die am stärks­ten von der Kri­se betrof­fen sind, durch eine fal­sche Wirt­schafts­po­li­tik ein­ge­schränkt wird, ist es sehr unwahr­schein­lich, dass Junckers im Früh­ling 2015 vor­ge­leg­ter Inves­ti­ti­ons­plan die not­wen­di­gen Inves­ti­tio­nen sti­mu­lie­ren kann. Es zeich­net sich bereits ab, dass durch die frei­ge­setz­ten Mit­tel kei­ne neu­en Inves­ti­tio­nen ange­regt wer­den kön­nen, son­dern, dass jene Inves­ti­tio­nen, wel­che unab­hän­gig von Jun­kers Inves­ti­ti­ons­plan so wie so getä­tigt wer­den, nun mit öffent­li­chen Mit­teln sub­ven­tio­niert wer­den. Wäh­rend die dadurch erziel­ten Gewin­ne in die Taschen der Inves­to­ren flie­ßen, wer­den Tei­le der Inves­ti­ti­ons­kos­ten sozia­li­siert. Es ist nicht zu erwar­ten, dass sich dadurch die Nach­fra­ge in dem Aus­maß erhö­hen lässt, dass es zu neu­en Wachs­tums­dy­na­mi­ken und sin­ken­der Arbeits­lo­sig­keit kommt. Fort­schrei­ten­de Diver­genz zwi­schen den ein­zel­nen Mit­glieds­län­dern, aber auch zwi­schen den Ein­kom­men der Men­schen in den Mit­glieds­staa­ten, wird den Druck auf das Euro­päi­sche Pro­jekt zuneh­mend erhöhen.

 

Poli­ti­sche Bruch­li­ni­en tre­ten immer kla­rer hervor

Par­al­lel zu den öko­no­mi­schen Kri­sen­er­schei­nun­gen wur­den die poli­ti­schen Bruch­stel­len der Euro­päi­schen Uni­on ver­stärkt dis­ku­tiert. Das Schei­tern im Umgang mit der Flücht­lings­si­tua­ti­on führt vor Augen, dass die aktu­el­le Uni­on nicht in der Lage ist die not­wen­di­ge Koor­di­nie­rung zur gemein­sa­men Ver­sor­gung und Ver­tei­lung der migrie­ren­den zustan­de zu brin­gen. Anstel­le koor­di­nier­ten Han­delns wird aus einer huma­ni­tä­ren Kri­se ein natio­na­lis­ti­sches „Schwar­zer Peter“ Spiel. Der dabei statt­fin­den­de Rück­griff auf natio­na­lis­ti­sche Denk- und Argu­men­ta­ti­ons­mus­ter, wel­che Aus­druck im Auf­he­ben des Schen­gen-Abkom­mens fin­det, stellt erneut das Euro­päi­sche Pro­jekt in Frage.

Davon ver­mö­gen vor allem die erstar­ken­den rechts­po­pu­lis­ti­schen und rechts­ex­tre­men Par­tei­en und Bewe­gun­gen zu pro­fi­tie­ren. Im Anschluss an die Zuspit­zung der „Ver­hand­lun­gen“ mit der grie­chi­schen Regie­rung im letz­ten Jahr, wel­che sich in der Dro­hung eines Aus­schlus­ses Grie­chen­lan­des zuspitz­te, lie­fert Groß­bri­tan­ni­en nun den ers­ten tat­säch­li­chen Prä­ze­denz­fall für einen Aus­tritt aus der Euro­päi­schen Uni­on. Sowohl die poli­ti­schen als auch die öko­no­mi­schen Aus­wir­kun­gen im Kon­text der skiz­zier­ten Ent­wick­lun­gen und Situa­tio­nen inner­halb der EU las­sen sich nur schwer vor­weg­neh­men. Die poli­ti­sche Kri­se der Euro­päi­schen Uni­on lässt sich auf drei Dimen­sio­nen zurück­füh­ren: die poli­ti­sche Öko­no­mie, die Migra­ti­ons­kri­se und der Auf­stieg der rechts-natio­na­lis­ti­schen Par­tei­en – fasst Hans-Jür­gen Bie­ling von der Uni­ver­si­tät Tübin­gen die aktu­el­le Situa­ti­on zusam­men. Wäh­rend also die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on in der Bewäl­ti­gung der öko­no­mi­schen und huma­ni­tä­ren Kri­se ver­sagt und ihre Exis­tenz­le­gi­ti­mi­tät an rechts­po­pu­lis­ti­sche bis rechts­ex­tre­me Bewe­gun­gen ver­liert, ver­sucht Jun­ker einen Kon­sens für die EU durch eine ver­stärk­te „Sicher­heits­po­li­tik“ zu bewahren.

 

Gibt es lin­ke Handlungsspielräume?

Die zu dis­ku­tie­ren­de Fra­ge nach poli­ti­schen Hand­lungs­spiel­räu­men zwi­schen „Des­in­te­gra­ti­on und Erneue­rung der Euro­päi­schen Uni­on“ wur­de von Céd­ric Durand, von der Paris XIII Uni­ver­si­tät, beim Abschluss­ple­num auf­ge­grif­fen. Durand ana­ly­siert den Pro­zess der euro­päi­schen Inte­gra­ti­on aus regu­la­ti­ons­theo­re­ti­scher Per­spek­ti­ve, als Ver­schie­bung der domi­nan­ten struk­tu­rel­len For­men: vom Ein­kom­mens­ne­xus über das Wett­be­werbs­ver­hält­nis hin zu Geld und Finan­zen. Die­se Betrach­tungs­wei­se hilft zu ver­ste­hen, wie­so sich kei­ne Legis­la­ti­ve für einen sozia­len Aus­gleich der Gewin­ne mate­ria­li­sie­ren konn­te, die zuneh­mend erst durch Wett­be­werb und dann durch Finanz­ak­ti­vi­tä­ten erzielt wur­den. Denn Durand ana­ly­siert den Pro­zess der Euro­päi­schen Inte­gra­ti­on seit der Mit­te der 80er Jah­re als eine räum­li­che Rekon­fi­gu­ra­ti­on von Staat­lich­keit, wel­che trans­na­tio­na­le Finanz­in­ter­es­sen gegen­über Arbeits­in­ter­es­sen struk­tu­rell bevor­zug­te. Die Euro­päi­sche Inte­gra­ti­on und dabei vor allem der Euro, in Abwe­sen­heit einer sinn­vol­len euro­päi­schen Fis­kal­po­li­tik, erzeug­te nicht nur die struk­tu­rel­len öko­no­mi­schen Ungleich­ge­wich­te, son­dern führ­te auch zu einer Desyn­chro­ni­sie­rung von Klas­sen­in­ter­es­sen und somit von Klas­sen­kämp­fen. Die­se räum­li­che und zeit­li­che Ungleich­zei­tig­keit mache lin­ke Erfol­ge auf der kon­ti­nen­ta­len Ebe­ne zur­zeit unmög­lich. Auf Grund­la­ge die­ser Ana­ly­se plä­diert Durand schließ­lich für eine selek­ti­ve Des­in­te­gra­ti­on aus den geld­po­li­ti­schen Arran­ge­ments und Han­dels­ver­ein­ba­run­gen, wel­che durch das gleich­zei­ti­ge Enga­ge­ment der Stär­kung vor­han­de­ner sozi­al- und umwelt­po­li­ti­scher Koope­ra­tio­nen auf inter­na­tio­na­lem Level gestützt wird. Eine The­se, die sicher noch brei­ter zu dis­ku­tie­ren ist!

 

Aus­blick: Euro­me­mo 2017

Die (offi­zi­el­len) Ergeb­nis­se der Dis­kus­sio­nen wer­den Ende des Jah­res im EUROMEMORANDUM 2017 ver­öf­fent­licht und kön­nen dann auf der Home­page her­un­ter­ge­la­den wer­den. Des Wei­te­ren star­tet ab 2017 eine Dis­kus­si­ons­rei­he, bei der in kur­zen Papers Stel­lung zu aktu­el­len Ent­wick­lun­gen (unter ande­rem in Hin­blick auf den Bre­x­it oder Per­spek­ti­ven in den euro­päi­schen Peri­phe­rien) genom­men wird.

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Zivilgesellschaftliches Zukunftsbudget 2017-2019 – 70 Schritte in ein gutes Leben für alle!

7. Oktober 2016 – 14:29 Uhr

Das Zivil­ge­sell­schaft­li­che Zukunfts­bud­get 2017–2019 ist online

Ein Bud­get besteht aus tro­cke­nen Zah­len, so die ein­hel­li­ge Mei­nung. Nichts­des­to­trotz wer­den dar­in die grund­le­gen­den Zuta­ten für ein Zusam­men­le­ben zusam­men­ge­mixt: Einer­seits aus­ga­ben­sei­tig Gel­der für sozia­le Absi­che­rung, Gesund­heits­ver­sor­gung, Bil­dung, Jobs, Investitionen‑, etc. Ande­rer­seits wird ein­nah­men­sei­tig fest­ge­legt, wer dafür zah­len soll. Grund genug, sich in die poli­ti­sche Debat­te um die Aus­ge­stal­tung des Bud­gets ein­zu­mi­schen. Das macht das Bünd­nis „Wege aus der Kri­se“ nun schon seit 2010, indem es bis­her jähr­lich ein alter­na­ti­ves Zukunfts­bud­get ver­öf­fent­lich­te. Bei die­ser Alli­anz han­delt es sich um einen inno­va­ti­ven Zusam­men­schluss zivil­ge­sell­schaft­li­cher Orga­ni­sa­tio­nen und Gewerk­schaf­ten, der unter ande­rem auch vom BEIGEWUM unter­stützt wird.

Die­ses Jahr zum ers­ten Mal wer­den 70 Emp­feh­lun­gen für sozi­al gerech­te und öko­lo­gisch nach­hal­ti­ge Steu­er­struk­tur­re­form und für Zukunfts­in­ves­ti­tio­nen in Bud­get­form – zeit­gleich mit der Vor­la­ge des Bud­gets im Natio­nal­rat – für einen drei­jäh­ren Zeit­raum bis 2019 prä­sen­tiert. Auch wenn sich die mit­tel­fris­ti­ge Haus­halts­pla­nung des Bun­des laut eines aktu­el­len Rech­nungs­hof­be­richts als nicht sehr effek­tiv erweist, wur­de das Zivil­ge­sell­schaft­li­che Zukunfts­bud­get auf einen drei­jäh­ri­gen Betrach­tungs­zeit­raum aus­ge­wei­tet, um eine län­ger­fris­ti­ge Per­spek­ti­ve in den Dis­kurs einzubringen.

 

Öffent­li­che Inves­ti­tio­nen als Schwerpunkt

 Gera­de in Zei­ten einer wirt­schaft­li­chen Flau­te sind Inves­ti­tio­nen der öffent­li­chen Hand wich­tig, um die gesam­te Nach­fra­ge zu stär­ken und der Kon­junk­tur so Wind in die Segel zu geben. Vor dem Hin­ter­grund his­to­risch nied­ri­ger Zin­sen las­sen sich sol­che Inves­ti­tio­nen auch leich­ter finan­zie­ren und belas­ten die zukünf­ti­gen Bud­gets weni­ger. Lei­der gehen aber die Inves­ti­tio­nen der öffent­li­chen Hand der­zeit auf­grund der ideo­lo­gisch gepräg­ten wirt­schafts­po­li­ti­schen Aus­teri­täts­po­li­tik zurück, die Wirt­schaft wächst weni­ger und die Ver­un­si­che­rung in der Bevöl­ke­rung steigt an. Wich­ti­ge Zukunfts­the­men wie die Kli­ma­kri­se und der damit ver­bun­de­ne not­wen­di­ge Umbau unse­res Wirt­schafts­sys­tems wer­den wei­ter­hin igno­riert bzw. auf die nächs­ten Jah­re vertagt.

Das vor­lie­gen­de Zukunfts­bud­get sieht zusätz­li­che Ein­nah­men und Aus­ga­ben von jeweils rund 10,7 Mrd. € vor (zusätz­lich zu den im Bud­get des Bun­des 2017 geplan­ten Ein­zah­lun­gen und Auszahlungen).

Inves­ti­tio­nen sol­len vor allem in die Berei­che Ener­gie­wen­de (ther­mi­sche Sanie­rung, dezen­tra­le Strom­ver­sor­gung, Aus­bau öffent­li­cher Ver­kehr), Gesundheit/​Soziales (Aus­wei­tung Pfle­ge­sach­leis­tun­gen, Gehalts­aus­wei­tun­gen, Pfle­ge­geld­va­lo­ri­sie­rung, Pfleg­fonds), Bil­dung (Aus­bau Ganz­tags­schu­len, mehr Lehr­per­so­nal), Armut­sprä­ven­ti­on (Erhö­hung Min­dest­si­che­rung, Anhe­bung Arbeits­lo­sen­geld, Arbeits­zeit­ver­kür­zung), Kunst und Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit fließen.

 

Mehr Steu­er­ge­rech­tig­keit und Arbeits­plät­ze als zwei­ter Schwerpunkt

Ein­nah­men­sei­tig soll es dabei zu einer Aus­wei­tung der ver­mö­gens­be­zo­ge­nen Steu­ern (Erbschafts‑, Schenkungs‑, Vermögens‑, Grund- oder Stif­tungs­steu­er) kom­men. Hohe und bis­her unge­recht erfass­te Ein­kom­men sol­len besteu­ert wer­den (Wert­schöp­fungs­ab­ga­be, Börsenumsatzsteuer/​Finanztransaktionssteuer, Spit­zen­ein­kom­men und Über­stun­den, pro­gres­si­ve Kör­per­schafts­steu­er, Ban­ken­ab­ga­be etc.). Schließ­lich sol­len umfang­rei­che Öko­steu­ern (Erhö­hung Mine­ral­öl­steu­er, Road­pri­cing für LKW, Abschaf­fung von Begüns­ti­gun­gen bei Kero­sin, Fir­men­wa­gen, Koh­le­ver­stro­mung) regelnd und len­kend wirken.

Das Zukunfts­bud­get ent­hält aber nicht nur Bud­get­zah­len, son­dern ver­sucht auch die Aus­wir­kun­gen der jewei­li­gen Vor­schlä­ge auf den Arbeits­markt anzu­ge­ben. Mehr als 176.000 zusätz­li­che Jobs wür­den durch die­ses Reform­pa­ket geschaf­fen wer­den und die Situa­ti­on am Arbeits­markt etwas entschärfen.

 

Kein alter­na­ti­ves Bud­get ohne Demokratisierung 

Prin­zi­pi­ell geht es den Unter­stüt­ze­rIn­nen des zivil­ge­sell­schaft­li­chen Zukunfts­bud­gets dar­um, einen kon­kre­ten Vor­schlag in die aktu­el­le Bud­get­de­bat­te ein­zu­brin­gen und auch die Rol­le der Öffent­lich­keit zu unter­strei­chen. Wür­de ein Bud­get brei­ter dis­ku­tiert wer­den, wür­den Aspek­te wie Gen­der­ge­rech­tig­keit, Umver­tei­lung oder auch Kli­ma­fra­gen akti­ver ange­gan­gen wer­den. Aber nicht ein­mal im öster­rei­chi­schen Natio­nal­rat wird das Bud­get aktiv gestal­tet, son­dern meist die Regie­rungs­vor­la­ge ohne Ände­run­gen oder gro­ße Dis­kus­sio­nen abseits der Regie­rungs­par­tei­en angenommen.

 

Der Ver­gleich macht sicher

Im Ver­gleich zum von Finanz­mi­nis­ter Schel­ling am 12. Okto­ber dem Natio­nal­rat prä­sen­tier­ten Bud­get für 2017 zeigt sich in der zivil­ge­sell­schaft­li­chen Vari­an­te eine kla­re­re Zukunfts­ori­en­tie­rung: Durch die höhe­ren Inves­ti­tio­nen in wich­ti­ge Berei­che wird eine deut­li­che Abkehr von Aus­teri­tät und Man­gel­wirt­schaft vor­ge­zeigt und ein Wach­sen aus der Kri­se her­aus erst ermög­licht. Dem Reform­stau der letz­ten Jah­re in den Berei­chen Umver­tei­lung von Ver­mö­gen, Gehäl­tern und Arbeit, aber auch im Bereich der Öko­lo­gi­sie­rung des Steu­er­sys­tems, wird mit den „70 Schrit­ten für ein gutes Leben für alle“ ein Ende gemacht. Es stellt daher eine wirt­schafts­po­li­tisch not­wen­di­ge und bud­get­po­li­tisch rich­ti­ge Erwei­te­rung des Bun­des­vor­anschla­ges der Bun­des­re­gie­rung dar.

 

Der BEIGEWUM unter­stützt die Arbei­ten des zivil­ge­sell­schaft­li­chen Bud­gets und der Alli­anz „Wege aus der Kri­se“. Auch wir for­dern eine wei­ter­ge­hen­de Bud­get­de­bat­te, ein Ende der zer­stö­re­ri­schen Aus­teri­täts­po­li­tik und eine Umver­tei­lung von Arbeit und Ver­mö­gen in unse­rer Gesell­schaft. Bud­get­po­li­tik darf nicht los­ge­löst von einer all­ge­mein wohl­stands­ori­en­tier­ten Wirt­schafts­po­li­tik erfol­gen. Das Bud­get soll eben­falls inter­na­tio­na­ler aus­ge­rich­tet sein und sich an den beschlos­se­nen Kli­ma- und Ent­wick­lungs­zie­len ori­en­tie­ren und die­se nicht immer nach hin­ten ver­schie­ben. Wir for­dern eine kla­re Umset­zung der Kli­ma­zie­le von Paris und die Erfül­lung des 0,7 %-Ziels in der Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit, um die Sus­tainab­le Deve­lo­p­ment Goals zu erreichen.

Lese­tipp: Mythen des Spa­rens - Anti­zy­kli­sche Alter­na­ti­ven zur Schuldenbremse

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Ökonomische Einseitigkeit und die Gefahr für die Wissenschaftsfreiheit

22. September 2016 – 15:45 Uhr

Öko­no­mi­sche Ein­sei­tig­keit und die Gefahr für die Wissenschaftsfreiheit

Arne Hei­se

Die ein­sei­ti­ge Bevor­zu­gung der neo­klas­sisch-neo­li­be­ra­len Main­stream-Öko­no­mie im Wis­sen­schafts­be­trieb stellt eine Gefahr für die Frei­heit der Wis­sen­schaft dar. Auch wenn sich der Wind zu dre­hen beginnt, wie bei­spiels­wei­se der Auf­stand der Stu­die­ren­den der Volks­wirt­schafts­leh­re zeig­te, kommt es auf den Uni­ver­si­tä­ten auch mit der Finanz- und Wirt­schafts­kri­se noch nicht zu mehr Plu­ra­lis­mus. Um die Frei­heit der Wis­sen­schaft auch in der Öko­no­mie zu bewah­ren, soll­ten sich die Wis­sen­schafts­or­ga­ni­sa­tio­nen mit die­ser The­ma­tik beschäf­ti­gen und Maß­nah­men ergrei­fen, wie Plu­ra­lis­mus gesi­chert wer­den kann. Denk­bar sind bspw. ein Plu­ra­lis­mus-Kodex, ‚Plu­ra­lis­mus-Beauf­trag­te‘ oder auch finan­zi­el­le Anrei­ze wie spe­zi­el­le Fonds für hete­ro­do­xe For­schungs­pro­jek­te, über deren Ver­ga­be Fach­aus­schüs­se ent­schei­den, in denen mehr­heit­lich hete­ro­do­xe Öko­no­men sitzen. 

  1. Einleitung

Die Cana­di­an Asso­cia­ti­on of Uni­ver­si­ty Tea­chers (CAUT) setz­te im Früh­jahr 2013 eine Unter­su­chungs­kom­mis­si­on ein, um zu prü­fen, ob am Depart­ment of Eco­no­mics der Uni­ver­si­ty of Mani­to­ba die Frei­heit der Wis­sen­schaft gefähr­det sei. Es ging hier­bei nicht um staat­li­che Ein­grif­fe in den aka­de­mi­schen Betrieb, son­dern um Vor­gän­ge am Depart­ment of Eco­no­mics, die den dort bis­lang herr­schen­den Wis­sen­schafts­plu­ra­lis­mus ein­zu­schrän­ken droh­ten und die Stel­lung der ver­blie­be­nen hete­ro­do­xen Öko­nom­In­nen durch eine ein­sei­ti­ge Bevor­zu­gung der neo­klas­sisch-neo­li­be­ra­len Main­stream-Öko­no­men unterminierten.

Bemer­kens­wert ist dar­an nicht nur der schluss­end­lich affir­ma­ti­ve Befund einer Ein­schrän­kung der Wis­sen­schafts­frei­heit durch die aus Nicht-Volks­wir­tIn­nen bestehen­de Kom­mis­si­on, son­dern die Aus­deh­nung des Begriffs Wis­sen­schafts­frei­heit über die rei­ne Schutz­funk­ti­on des indi­vi­du­el­len Abwehr­rechts hin­aus. Wis­sen­schafts­frei­heit umfasst näm­lich auch die Norm, dass der Staat – bzw. deren auto­no­me Ver­tre­te­rIn­nen – Wis­sen­schaft so zu orga­ni­sie­ren hat, dass die Teil­nah­me dar­an für alle Wis­sen­schaft­le­rIn­nen dis­kri­mi­nie­rungs­frei ermög­licht wer­den muss. Die Kom­mis­si­on der CAUT über­trägt in ihrem Report die­se Ver­ant­wor­tung – die eigent­lich selbst­ver­ständ­lich sein soll­te – den Mit­glie­dern der dis­zi­plin­ge­bun­de­nen ‚Sci­en­ti­fic Community‘:

An aca­de­mic owes a duty to con­si­der dif­fe­ring views and, if war­ran­ted, to chal­len­ge them in the aca­de­mic are­na through wri­ting and deba­te. It is not the natu­re of the deba­te but rather the impli­ca­ti­ons of aggres­si­ve posi­ti­ons which can vio­la­te the academic’s ethi­cal duty to other mem­bers of the aca­de­mic com­mu­ni­ty. A vio­la­ti­on of aca­de­mic free­dom occurs when the effect of tho­se posi­ti­ons impairs the abi­li­ty of tho­se who fol­low a dif­fe­rent path from pur­suing that path in their rese­arch and tea­ching. This test is an objec­ti­ve one“ (S. 12).

Und die Kom­mis­si­on kon­sta­tiert, dass eine Teil­men­ge die­ser ‚Sci­en­ti­fic Com­mu­ni­ty‘ – der so genann­te Main­stream – wis­sen­schaft­li­che Stan­dards fest­legt, die eine ande­re Teil­men­ge die­ser Wis­sen­schaft­ler­ge­mein­schaft – die so genann­ten hete­ro­do­xen Öko­nom­In­nen – zuneh­mend vom Wis­sen­schafts­be­trieb aus­schließt: D.h. hete­ro­do­xe Öko­nom­In­nen fin­den zuneh­mend weni­ger Berück­sich­ti­gung bei der Rekru­tie­rung und bei der Orga­ni­sa­ti­on des Lehr- und For­schungs­be­triebs, wo sie z.B. von der Teil­nah­me an der Gra­du­ier­ten­schu­le und mit­hin der Aus­bil­dung des wis­sen­schaft­li­chen Nach­wuch­ses aus­ge­schlos­sen wer­den. In Fol­ge bekom­men sie auch kei­ne lei­ten­de Funk­tio­nen mehr über­tra­gen. So wird ein einst plu­ral besetz­tes Depart­ment immer mehr in ein homo­gen am Main­stream aus­ge­rich­te­tes Depart­ment ver­wan­delt, von dem nur noch bestimm­te Lehr­ver­an­stal­tun­gen ange­bo­ten werden.

  1. Die Ent­plu­ra­li­sie­rung der Wirtschaftswissenschaften

Eine ähn­li­che Ent­wick­lung erle­ben wir in Deutsch­land: In unse­rem neu­en Buch beschrei­ben wir die zuneh­men­de Ent­plu­ra­li­sie­rung der Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten an deut­schen Uni­ver­si­tä­ten und der Mar­gi­na­li­sie­rung der hete­ro­do­xen Öko­no­mik. Zwar gibt es ähn­li­che Stu­di­en für Öster­reich bis­lang noch nicht, doch dürf­te es nicht ganz ver­kehrt sein, wenn man den öster­rei­chi­schen Uni­ver­si­tä­ten eine ähn­li­che Ent­wick­lung kon­ze­diert – auch wenn his­to­risch bedingt noch eine etwas grö­ße­re Plu­ra­lis­mus­be­reit­schaft vor­herr­schend sein dürfte.

Ange­sichts der bla­ma­blen Rol­le, die die Main­stream-Öko­no­mik bei der Vor­her­sa­ge, Erklä­rung und Über­win­dung der jüngs­ten Welt­fi­nanz­kri­se gespielt hat, ist das bemer­kens­wert. Zwar führ­te die­ser Pro­zess zu einer kri­ti­schen Refle­xi­on über den Zustand der Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten, doch schlug sich das bis­her noch nicht insti­tu­tio­nell nieder.

Wäre die Ent­plu­ra­li­sie­rung das Ergeb­nis wis­sen­schafts­theo­re­ti­scher Refle­xio­nen und eines streng wett­be­werb­li­chen Aus­wahl­ver­fah­rens gewe­sen, dann wäre sie noch rela­tiv unpro­ble­ma­tisch. Wenn sich also wis­sen­schafts­theo­re­tisch zei­gen lie­ße, dass die Wirt­schafts­wis­sen­schaft als jene Sozi­al­wis­sen­schaft auf der Suche nach der ein­zig rich­ti­gen Gegen­stands­er­klä­rung (‚Wahr­heit‘) nur monis­tisch (‚auf einer ein­zig­ar­ti­gen Erklä­rung beru­hend‘) zu betrei­ben ist und der gegen­wär­ti­ge Main­stream sich auf­grund der bes­se­ren Rea­li­täts­er­klä­rung als ‚Nor­mal­wis­sen­schaft‘ gegen alter­na­ti­ve Para­dig­men durch­ge­setzt hät­te, wäre der Ent­plu­ra­li­sie­rungs­pro­zess nur das zwangs­läu­fi­ge Ergeb­nis einer rei­fen­den Wis­sen­schaft gewe­sen. Die Vor­gän­ge am Depart­ment of Eco­no­mics der Uni­ver­si­ty of Mani­to­ba (und an vie­len Uni­ver­si­tä­ten in Deutsch­land, Öster­reich und anders­wo) wären deren zwangs­läu­fi­ge admi­nis­tra­ti­ve Umsetzung.

  1. Öko­no­mi­scher Plu­ra­lis­mus als wis­sen­schaft­li­cher Imperativ

Eine wei­te­re neue Stu­die zeigt hin­ge­gen, dass der Wis­sen­schafts­plu­ra­lis­mus – ins­be­son­de­re ver­stan­den als Paradigmen‑, Metho­den- und Theo­ri­en­plu­ra­lis­mus und damit dem herr­schen­den neo­li­be­ra­len Para­dig­men­mo­nis­mus und for­mal-mathe­ma­ti­schen Metho­den­ab­so­lu­tis­mus ent­ge­gen­ge­setzt – die ein­zig akzep­ta­ble Kon­zep­ti­on für eine Sozi­al­wis­sen­schaft ist, die mit zahl­rei­chen Erkennt­nis­pro­ble­men kon­fron­tiert ist.

Plu­ra­lis­mus ein­zu­for­dern, ist also nicht bloß eine Sache der Fair­ness, der man zustim­men kann oder auch nicht, son­dern ein wis­sen­schafts­theo­re­ti­scher Impe­ra­tiv. Und die Ein­schrän­kung des Plu­ra­lis­mus in den Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten ist genau dann als Ver­stoß gegen die (in Deutsch­land und Öster­reich ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­te) Wis­sen­schafts­frei­heit zu wer­ten, wenn sie nicht aus­schließ­lich das Ergeb­nis einer empi­ri­schen Wie­der­le­gung oder den Nach­weis man­geln­der theo­re­ti­scher Erklä­rungs­kraft der hete­ro­do­xen Model­le und Para­dig­men ist – was nicht der Fall ist.

Eine der­ar­tig wis­sen­schafts­im­ma­nen­te Selek­ti­on aber gibt es schon des­halb nicht, weil sich der neo­li­be­ra­le Main­stream mit der Hete­ro­do­xie gar nicht erst aus­ein­an­der setzt. Sei­ne ableh­nen­de Hal­tung ent­spricht dabei mehr einer wer­ten­den Dis­kri­mi­nie­rung denn wis­sen­schaft­li­cher Selek­ti­on. Fest­zu­ma­chen ist das an der Fixie­rung auf Sekun­där­kri­te­ri­en wie z.B. der man­geln­den Attrak­ti­ons­fä­hig­keit von Dritt­mit­teln bei repu­ta­ti­ons­über­tra­gen­den Insti­tu­tio­nen wie der Deut­schen For­schungs­ge­mein­schaft (DFG) oder der gerin­gen Publi­ka­ti­ons­fä­hig­keit in Bench­mark-Jour­na­len wie dem Ame­ri­can Eco­no­mic Review oder dem Jour­nal of Poli­ti­cal Eco­no­my, die die hete­ro­do­xen Öko­nom­In­nen gar nicht erfül­len kön­nen, weil z.B. die Fach­gre­mi­en der DFG fast aus­schließ­lich mit Main­stream-Öko­no­men besetzt und die ‚Bench­mark-Jour­nals‘ nach­weis­lich nicht für hete­ro­do­xe Bei­trä­ge offen sind: Lässt man fünf Füch­se und einen Hasen dar­über ent­schei­den, was es zum Mit­tag­essen gibt, ist klar, wer auf der Stre­cke bleibt.

  1. Die Wie­der­her­stel­lung der Wissenschaftsfreiheit 

Unter die­sen Bedin­gun­gen müs­sen die Ent­plu­ra­li­sie­rungs- und Mar­gi­na­li­sie­rungs­pro­zes­se, wie sie all­ge­mein in der deut­schen und inter­na­tio­na­len Uni­ver­si­täts­land­schaft und ganz kon­kret und nach­weis­bar an der Uni­ver­si­ty of Mani­to­ba zu beob­ach­ten sind, als Ein­schrän­kung der Wis­sen­schafts­frei­heit begrif­fen wer­den, wie es die CAUT-Unter­su­chungs­kom­mis­si­on ja auch kon­se­quen­ter­wei­se bewer­tet hat. Dar­un­ter lei­den die betrof­fe­nen Wis­sen­schaft­le­rIn­nen und deren wis­sen­schaft­li­cher Nach­wuchs, aber auch die Wis­sen­schaft und die sie finan­zie­ren­de Gesell­schaft. Es wäre wün­schens­wert, wenn sich auch in Deutsch­land und Öster­reich Wis­sen­schafts­or­ga­ni­sa­tio­nen wie z.B. der Deut­sche Hoch­schul­ver­band, der Öster­rei­chi­sche Uni­ver­si­täts­pro­fes­so­rIN­Nen­ver­band, die Deut­sche For­schungs­ge­mein­schaft, der öster­rei­chi­sche Wis­sen­schafts­fonds FWF oder auch der Ver­ein für Social­po­li­tik mit die­ser The­ma­tik beschäf­ti­gen und in genau­so unvor­ein­ge­nom­me­ner Wei­se wie die CAUT-Kom­mis­si­on dar­über nach­den­ken wür­den, mit wel­chen Regu­lie­run­gen dem Ver­sa­gen des ‚Mark­tes für wirt­schafts­wis­sen­schaft­li­che Ideen‘ bei­zu­kom­men ist.

Zu den­ken wäre bei­spiels­wei­se an einen Plu­ra­lis­mus-Kodex (ähn­lich den Kodi­zes zur Ein­hal­tung guter wis­sen­schaft­li­cher Pra­xis) oder die Ein­füh­rung von ‚Plu­ra­lis­mus-Beauf­trag­ten‘ (ähn­lich den Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­ten), womit ein gewis­ser Anteil an hete­ro­dox besetz­ten Lehr­stüh­len an allen wirt­schafts­wis­sen­schaft­li­chen Fach­be­rei­chen gesi­chert wer­den könn­te – das Depart­ment of Eco­no­mics an der Uni­ver­si­ty of Mas­sa­chu­setts at Amherst bei­spiel­wei­se hat mit einer ver­gleich­ba­ren Pra­xis gute Erfah­run­gen gemacht. Oder es könn­ten auch finan­zi­el­le Anrei­ze gesetzt wer­den, indem z.B. die DFG oder der FWF spe­zi­el­le Fonds für hete­ro­do­xe For­schungs­pro­jek­te bereit­stel­len, über deren Ver­ga­be Fach­aus­schüs­se ent­schei­den, in denen mehr­heit­lich hete­ro­do­xe Öko­nom­In­nen sitzen.

Es gin­ge also um die Schaf­fung eines ord­nungs­po­li­ti­schen Rah­mens, der die Chan­cen­gleich­heit wie­der­her­stellt, die Wis­sen­schafts­frei­heit schützt und den Ideen­wett­be­werb belebt, ohne Qua­li­täts­stan­dards auf­ge­ben zu müs­sen. Eine Fort­schrei­bung des gegen­wär­ti­gen Zustands jeden­falls ist kei­ne Option.

Lese­emp­feh­lung: Die Zukunft der Volks­wirt­schafts­leh­re: Kann die öko­no­mi­sche Wis­sen­schaft plu­ral werden?

Kommentare deaktiviert für Ökonomische Einseitigkeit und die Gefahr für die Wissenschaftsfreiheit | Kategorie: blog

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