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Die Zukunft Europas: Kurswechsel für ein gutes Leben?

21. April 2014 – 11:35 Uhr

Mo, 5. Mai 2014, 18 Uhr, AK Bil­dungs­zen­trum, gro­ßer Saal, The­re­sian­um­gas­se 16–18, Wien

Abschlie­ßen­der 4. Teil der gleich­na­mi­gen Ver­an­stal­tungs­se­rie gemein­sam mit AK Wien, Grü­ner Bil­dungs­werk­statt und ande­ren. Dies­mal am Podium:

Bar­ba­ra Blaha (Lei­te­rin Momen­tum Kongress)
Mar­tin Alle­spach (IG Metall)
Maxi­me Com­bes (Attac Frankreich)

Mode­ra­ti­on: Robert Misik (Fal­ter, Stan­dard, taz)
wei­ter­le­sen »

Plätze sichern! Zur ReOrganisierung der Linken in der Krise – Montag, 28. April um 18:30

6. April 2014 – 17:10 Uhr

Seit 2011 hat in Euro­pa und den USA mit den „Empör­ten“ und „Occu­py Wall Street“ ein neu­er Bewe­gungs­zy­klus ein­ge­setzt. Unbein­druckt davon set­zen die Regie­run­gen ihre Poli­tik des neo­li­be­ra­len Auto­ri­ta­ris­mus fort.

Doch die Bewe­gun­gen haben Leh­ren gezo­gen: unter ande­rem in den USA, Spa­ni­en oder Grie­chen­land sind Pro­zes­se der Re-Orga­ni­sie­rung zu beob­ach­ten, die die gesam­te gesell­schaft­li­che Lin­ke erfas­sen. Wie sehen die­se Pro­zes­se aus und wel­che Her­aus­for­de­run­gen bestehen für eine Lin­ke in Öster­reich und Deutschland?

Ein Abend mit Mario Cand­ei­as und Eva Völ­pel, Autor_​innen des Buches „Plät­ze sichern! ReOr­ga­ni­sie­rung der Lin­ken in der Kri­se. Zur Lern­fä­hig­keit des Mosa­iks in den USA, Spa­ni­en und Grie­chen­land“ (www.vsa-verlag.de/nc/detail/artikel/plaetze-sichern)

Mode­ra­ti­on: Lukas Obern­dor­fer, Arbeits­kreis kri­ti­sche Euro­pa­for­schung (www.ake.akg-online.org)

Eine Ver­an­stal­tung in Koope­ra­ti­on mit: Insti­tut für Poli­tik­wis­sen­schaf­ten der Uni Wien, Bei­gewum, Attac Öster­reich, Rosa-Luxem­burg-Stif­tung, Solidarity4all Vien­na,Juventud Sin Futu­ro /​ Marea Gra­na­te Vie­na, Das Lite­ra­tur­buf­fet, StV Poli­tik­wis­sen­schaf­ten und juri­di­kum. zeit­schrift für kri­tik – recht – gesellschaft

Ort: Hör­saal II (Erd­ge­schoss), Neu­es Insti­tuts­ge­bäu­de (NIG) der Uni­ver­si­tät Wien

Mon­tag, 28. April um 18:30




Face­book-Link zur VA


Von Lateinamerika lernen: Binnen- statt Exportorientierung? – 3. Teil der Veranstaltungsreihe „Die Zukunft Europas: Kurswechsel für ein gutes Leben?“

12. März 2014 – 11:58 Uhr

Mo, 31. März 2014, 18 Uhr, AK Bil­dungs­zen­trum, gro­ßer Saal, The­re­sian­um­gas­se 16–18, Wien



Mar­cio Poch­mann (Funda­ção Per­seu Abra­mo – poli­ti­sche Bil­dungs­ein­rich­tung der bra­si­lia­ni­schen Arbeiterpartei)


Özlem Onar­an (Uni­ver­si­ty of Green­wich) und


Oli­ver Praus­mül­ler (AK Wien)
im Gespräch mit Moni­ka Kalc­sics (Jour­na­lis­tin, Ö1)


Seit dem Kri­sen­be­ginn 2008 las­sen sich auch in Euro­pa Pro­zes­se unglei­cher Ent­wick­lung beob­ach­ten, die noch bis vor kur­zem als Ent­wick­lungs­merk­ma­le peri­phe­rer Staa­ten gal­ten. Poli­ti­ken und Theo­rien, die ver­meint­lich der „Drit­ten Welt“ vor­be­hal­ten schie­nen, fin­den nun auch in Euro­pa Anwen­dung, ins­be­son­de­re in Form von Export- und Wett­be­werbs­ori­en­tie­rung bei gleich­zei­ti­ger Sen­kung von Lohn‑, Umwelt- und Sozi­al­stan­dards im Inland. Damit wer­den aber auch alter­na­ti­ve Ansät­ze bzw. Model­le, die unglei­che räum­li­che Ent­wick­lungs­dy­na­mi­ken unter­su­chen und über­win­den wol­len, für die euro­päi­sche Zen­trum-Peri­phe­rie-Struk­tur attrak­tiv. Zum ande­ren basie­ren meh­re­re geleb­te Ent­wick­lungs­mo­del­le in latein­ame­ri­ka­ni­schen Län­dern des ver­gan­ge­nen Jahr­zehnts auf einer Aus­wei­tung des export­ori­en­tier­ten Extrak­ti­vis­mus und einer mode­ra­ten Umver­tei­lungs­po­li­tik mit stei­gen­den Real­löh­nen, bes­se­ren Bil­dungs- und Beschäf­ti­gungs­chan­cen sowie aus­ge­wei­te­ten sozia­len Siche­rungs­sys­te­men. Selbst die­se – viel­fach als unzu­rei­chend kri­ti­sier­te und öko­lo­gisch durch­aus pro­ble­ma­ti­sche – Poli­tik genüg­te, um die jewei­li­gen natio­na­len Bin­nen­märk­te kri­sen­si­che­rer zu machen als in Euro­pa. Kön­nen die­se Stra­te­gien, oder Teil­aspek­te die­ser Stra­te­gien Teil von Lösungs­an­sät­zen für Euro­pa sein?“

http://media.arbeiterkammer.at/PDF/Gutes_Leben_fuer_alle.pdf

Kurswechsel-Präsentation 3/2013: Regionale Intergration: Alternative Entwicklungspfade

10. März 2014 – 13:53 Uhr

Kurs­wech­sel-Prä­sen­ta­ti­on 3/​2013: Regio­na­le Inter­gra­ti­on: Alter­na­ti­ve Entwicklungspfade

Diens­tag, 11. März 18:00
WU, Stu­dent Lounge (D4)


Es dis­ku­tie­ren:

Johan­nes Lei­te­ner (FH bfi Wien)

Han­nes Meiss­ner (Poli­to­lo­ge, FH bfi Wien)

Alker Atac (Öko­nom, Poli­to­lo­ge, Uni­ver­si­tät Wien)


Das Pos­ter als pdf gibt’s hier


Kurswechsel 4/2013: Feministische Beiträge zur Krisenanalyse und -überwindung: Der neue KuWe ist da!

26. Februar 2014 – 10:10 Uhr

Der neue KuWe ist da! 

Im Zuge der glo­ba­len Finanz- und Wirt­schafts­kri­se wur­de die Main­stream-Öko­no­mie aus unter­schied­lichs­ten Per­spek­ti­ven kri­ti­siert, trotz metho­do­lo­gi­scher und polit-öko­no­mi­scher Schwach­stel­len sowie ideo­lo­gi­scher Ein­sei­tig­keit hat sie ihren Sta­tus als „herr­schen­de“ Leh­re aber behaup­ten kön­nen. Wirt­schafts- und Finanz­ex­per­tIn­nen­tum hat nicht an Macht und Ein­fluss ver­lo­ren, im Gegen­teil, kaum je zuvor war es medi­al und poli­tisch so prä­sent wie in den letz­ten Jah­ren. Macht- und herr­schafts­kri­ti­sche Zugän­ge wären daher für die Ana­ly­se der gegen­wär­ti­gen mul­ti­plen Kri­se und die Kri­sen­be­wäl­ti­gung zen­tral, kom­men aber viel zu kurz. Das vor­lie­gen­de Heft soll hier­zu einen Bei­trag aus der Per­spek­ti­ve der femi­nis­ti­schen Öko­no­mie leisten.


Best­telt wer­den kann das Heft hier.

Zum Inhalts­ver­zeich­nis: http://www.beigewum.at/kurswechsel/jahresprogramm-2013/heft-42013-feministische-krisenanalysen/

Podiumsdiskussion – Welche Zukunft für die europäische Jugend?

22. Februar 2014 – 17:37 Uhr

Don­ners­tag, 6. März 2014, 18.00 Uhr


Karl-Ren­ner-Insti­tut, Europasaal
Ein­gang Gar­ten­ho­tel Alt­manns­dorf (Hotel 2)
Oswald­gas­se 69/​ Ecke Hoff­in­ger­gas­se, 1120 Wien
([http://www.renner-institut.at/das-karl-renner-institut/anreise/]erreich­bar mit U6, Sta­ti­on „Am Schöpfwerk“)


Es dis­ku­tie­ren:
KATERINA ANASTASIOU, Soli­da­ri­ty for All Vienna
GEORG FEIGL, BEIGEWUM – Bei­rat für gesellschafts‑, wirt­schafts- und
umwelt­po­li­ti­sche Alternativen
JÖRG FLECKER, Univ. Wien, Insti­tut für Sozio­lo­gie; Vor­sit­zen­der des
Vor­stands der For­schungs- und Bera­tungs­stel­le Arbeits­welt (FORBA)
FERRAN PEDRET, Abg. zum kata­la­ni­schen Par­la­ment, Par­tit dels Socialistes
de Catalunya (PSC); Autor über die Pro­test­be­we­gung in Spanien
EVELYN REGNER, MEPSPÖ


Mode­ra­ti­on
EVA BELABED, Ökonomin


Ver­an­stal­tung in deut­scher und eng­li­scher Spra­che ohne Dolmetschung.




Mit freund­li­cher Unter­stüt­zung vom
BEIGEWUM – Bei­rat für gesellschafts‑, wirt­schafts- und umweltpolitische
Alter­na­ti­ven


Mit der Teil­nah­me an der Ver­an­stal­tung stim­men Sie der Veröffentlichung
von Fotos und Film­auf­nah­men, die im Rah­men der Ver­an­stal­tung ent­ste­hen, zu.

Mythos: „Privatisierungen helfen, Staatshaushalte wieder ins Lot zu bringen“

17. Februar 2014 – 18:19 Uhr

In den Regie­rungs­ver­hand­lun­gen Ende 2013 wur­de davon gespro­chen, ver­stärkt auf Pri­va­ti­sie­run­gen zu set­zen, um das ver­meint­li­che Bud­get­loch zu stop­fen. Die For­de­rung nach Pri­va­ti­sie­run­gen ist dabei nicht neu – oft wur­de in den ver­gan­gen Jah­ren der Wirt­schafts- und Finanz­kri­se von Pri­vat­sie­run­gen als Lösung gespro­chen, und den so genann­ten „Kri­sen­staa­ten“ sei­tens der Troi­ka als Heil­kur ver­ord­net. Was ist aber dran am Mythos? Brin­gen Pri­va­ti­sie­run­gen von Staats­ei­gen­tum den Staats­haus­halt wie­der ins Lot?

Nein, so kann in Kür­ze geant­wor­tet wer­den. Denn Pri­va­ti­sie­run­gen sind lang­fris­tig gese­hen nichts ande­res, als der Ver­such, Lebens­be­rei­che der kol­lek­ti­ven Gestal­tungs­mög­lich­keit zum Zweck der pri­va­ten Gewinn­mög­lich­keit zu ent­zie­hen. Die Fol­gen sind stär­ke­re Ein­kom­mens- und Ver­mö­gens­kon­zen­tra­ti­on – und dies meist in Gleich­schritt mit dem Aus­blei­ben der ver­meint­li­chen Ver­bes­se­run­gen für die Bevöl­ke­rung. Dies alles wirkt sich eher nega­tiv auf die lang­fris­ti­ge sozia­le und öko­no­mi­sche Situa­ti­on einer Volks­wirt­schaft aus.

Ein wei­te­res Argu­ment ist, dass mit dem Ver­kauf von Staats­ei­gen­tum die Betei­li­gungs­er­trä­ge in den Fol­ge­jah­ren weg­fal­len. Ob hier die Ein­spa­rung an Zin­sen durch den Schul­den­ab­bau mit­tels Pri­va­ti­sie­rungs­er­lö­se im Gegen­satz höher lie­gen, kann bezwei­felt wer­den. Zudem ist spe­zi­ell in Kri­sen­jah­ren mit beson­ders gerin­gen Pri­va­ti­sie­rungs­er­lö­sen zu rech­nen, da die all­ge­mei­ne Wirt­schafts­la­ge die Ertrags­aus­sich­ten und damit die Bewer­tung eines jeden ein­zel­nen Unter­neh­mens beein­flusst. Zudem kön­nen Pri­va­ti­sie­run­gen für die viel­be­schwo­re­ne Maas­tricht-Berech­nung nicht her­hal­ten – sie wer­den schlicht in der euro­päi­schen Defi­zit­rech­nung nicht berück­sich­tigt.

Inter­es­sant ist aber jeden­falls, dass die Debat­te zu Beginn der Kri­se einen ande­ren Fokus hat­te – hier wur­de ver­stärkt auf Ver­staat­li­chun­gen und wei­te­ren wirt­schaft­li­chen Unter­stüt­zungs­maß­nah­men sei­tens der öffent­li­chen Hand z.B. im Rah­men der Ban­ken­ret­tung gesetzt. Die Ent­wick­lung der letz­ten Jah­re kann also so zusam­men­ge­fasst wer­den – Pri­va­ti­sie­rung der Gewin­ne, Sozia­li­sie­rung der Ver­lus­te. Ganz im Gegen­teil soll­te aber bei öffent­li­chen Unter­neh­men der Gestal­tungs­auf­trag gestärkt wer­den, um gesell­schaft­li­che Inter­es­sen zu wah­ren. Denn vie­le Leis­tun­gen der öffent­li­chen Daseins­vor­sor­ge wie der Zug, die Pfle­ge oder das Was­ser wären ohne staat­li­ches Enga­ge­ment nicht über­all oder nur für die Wohl­ha­ben­de­ren einer Gesell­schaft verfügbar.

 

 

Beim vor­lie­gen­den Bei­trag han­delt es sich um die gekürz­te Ver­si­on eines Kapi­tels aus dem Buch „Mythen des Spa­rens. Anti­zy­kli­sche Alter­na­ti­ven zur Schul­den­brem­se“. Die­ses wur­de 2013 vom BEIGEWUM (Bei­rat für gesellschafts‑, wirt­schafts- und umwelt­po­li­ti­sche Alter­na­ti­ven) her­aus­ge­ge­ben und wen­det sich an alle, die der Behaup­tung „Spa­ren sei das Gebot der Stun­de“ fun­dier­te Argu­men­te ent­ge­gen­set­zen wol­len. Es wer­den zen­tra­le Mythen aus den Berei­chen „Schul­den“, „Spa­ren“ und der damit ver­bun­de­nen EU-Poli­tik kri­tisch hin­ter­fragt und die dahin­ter­ste­hen­den Zusam­men­hän­ge erklärt. Das Buch ist im VSA-Ver­lag erschie­nen und kann hier bestellt werden: 
http://www..vsa-verlag.de/nc/detail/artikel/mythen-des-sparen/

 


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Mythos: „Wir haben alle über unsere Verhältnisse gelebt“

2. Januar 2014 – 18:33 Uhr

Öffent­li­che Schul­den ent­ste­hen aus kol­lek­ti­vem und mora­li­schem Fehl­ver­hal­ten. Der Staat gibt für Sozi­al­leis­tun­gen zu viel Geld aus; dies kön­nen wir uns in Zukunft nicht mehr leis­ten. Schul­den – öffent­li­che, wie pri­va­te – bele­gen, dass über die eige­nen Ver­hält­nis­se gelebt wur­de. Die ein­zi­ge Lösung ist kon­se­quen­tes Spa­ren: durch Staa­ten und auch die pri­va­ten Haus­hal­te. Not­wen­di­ge Ein­schnit­te bei Aus­ga­ben müs­sen daher akzep­tiert werden.“

Mit dem Andau­ern der Kri­se fin­det auch ein stän­di­ger Kampf um Bedeu­tungs­ho­heit statt. Aus der Finanz­kri­se wur­de eine Schul­den­kri­se, und auf indi­vi­du­el­ler Ebe­ne heißt es nun: „Wir haben über unse­re Ver­hält­nis­se gelebt“. Über­setzt heißt das: Ers­tens kön­nen wir uns einen angeb­lich zu gene­rö­sen Sozi­al­staat nicht leis­ten. Zwei­tens sei­en wir alle „selbst schuld“, weil wir alle über­mä­ßig vom Sozi­al­staat pro­fi­tie­ren. Die Schluss­fol­ge­run­gen aus die­ser Ana­ly­se sind bekannt: Spa­ren, spa­ren, spa­ren. Einer­seits bei öffent­li­chen Aus­ga­ben, ande­rer­seits auch im Pri­va­ten. Wir wer­den dazu ange­hal­ten, weni­ger zu kon­su­mie­ren, aber auch Lohn­sen­kun­gen und weni­ger Sozi­al­leis­tun­gen in Kauf zu neh­men. Denn die Staats­schul­den betref­fen uns alle und müs­sen des­halb soli­da­risch von allen getra­gen wer­den – auch wenn das heißt, „den Gür­tel enger zu schnallen“.

Privates Sparen bedeutet höhere Staatsschulden

Der Spa­gat von öffent­li­chen zu pri­va­ten Schul­den wird fol­gen­der­ma­ßen argu­men­tiert: Die Schuld an Staats­schul­den und vor allem auch die Ver­ant­wor­tung zur Besei­ti­gung der Staats­schul­den trägt angeb­lich das Indi­vi­du­um. Die Staats­schul­den­last, so die Argu­men­ta­ti­on, wer­den von uns Steu­er­zah­le­rIn­nen getra­gen. Um sie abzu­tra­gen, müs­sen wir weni­ger aus­ge­ben und mehr spa­ren. Denn in der Ver­gan­gen­heit hät­ten wir über unse­re Ver­hält­nis­se gelebt. Ger­ne wird dann auch der pro-Kopf Staatschul­den­stand aus­ge­rech­net, um die irra­tio­na­le Furcht aus­zu­lö­sen, dass wir alle frü­her oder spä­ter mit unse­rem Erspar­ten für die Staats­schul­den auf­kom­men müs­sen. Das ist aller­dings nicht der Fall, einer­seits weil die Staa­ten auch Ver­mö­gen hal­ten, die gegen­zu­rech­nen sind, und ande­rer­seits weil die Bür­ge­rIn­nen kei­ne „Unter­neh­mens­an­tei­le“ am Staat hal­ten und daher nicht direkt für den eige­nen Staat haf­ten. Außer­dem kön­nen durch pri­va­tes Spa­ren öffent­li­che Schul­den nicht besei­tigt werden.

Denn wenn weni­ger kon­su­miert wird, wer­den weni­ger Steu­ern auf Kon­sum fäl­lig, außer­dem kön­nen Unter­neh­men weni­ger Pro­duk­te abset­zen und inves­tie­ren weni­ger, was wie­der­um zum Sin­ken der Beschäf­ti­gung führt. Auch letz­te­res belas­tet die Staats­fi­nan­zen durch weni­ger Ein­kom­mens­steu­er­ein­nah­men und mehr Aus­ga­ben für Arbeits­lo­sen­un­ter­stüt­zung etc. Weni­ger Kon­sum bedeu­tet also nicht weni­ger Staats­schul­den – im Gegen­teil. Als Gegen­ar­gu­ment hört man dann oft, dass aber durch mehr pri­va­tes Spa­ren die Zin­sen gesenkt wer­den (da sich das Geld­an­ge­bot erhöht und der „Preis“ des Gel­des, also der Zins­satz, sinkt) und so Inves­ti­tio­nen bil­li­ger wer­den – mit posi­ti­ven Effek­ten auf gesamt­wirt­schaft­li­che Akti­vi­tät und auch die öffent­li­chen Finan­zen. Tat­säch­lich hat die hei­mi­sche Spar­quo­te nur einen gerin­gen Ein­fluss auf den Zins­satz. Denn Unter­neh­men finan­zie­ren sich inter­na­tio­nal, und auch Ban­ken ver­lei­hen nicht nur das Geld, das Kun­dIn­nen am Spar­buch haben. Viel mehr Ein­fluss auf Zins­sät­ze als das Spar­ver­hal­ten im eige­nen Lan­de haben bei die­ser Kon­stel­la­ti­on Erwar­tungs­hal­tun­gen, Leit­zins­set­zun­gen der Zen­tral­ban­ken etc. Pri­va­tes Spa­ren bedeu­tet also nicht weni­ger Staatsschulden.

Sparefroh als moralisches Konstrukt

Kon­ser­va­ti­ve libe­ra­le Akteu­rIn­nen sehen die indi­vi­du­el­le Ebe­ne als zen­tra­len Angel­punkt, um gesell­schaft­li­che Ände­run­gen zu errei­chen. Gesell­schaft­li­che Miss­stän­de wer­den so weit wie mög­lich auf indi­vi­du­el­les Fehl­ver­hal­ten zurück­ge­führt – um mög­lichst wenig staat­li­ches Ein­grei­fen nötig zu machen. So ist es auch in der Finanz­kri­se: Anstatt feh­len­de Regu­lie­rung des Finanz­sek­tors und wach­sen­de Ungleich­ver­tei­lung als Kri­sen­ur­sa­chen und ‑aus­lö­ser zu sehen, wird ver­sucht, sowohl Ursa­che als auch Lösung auf indi­vi­du­el­ler Ebe­ne und somit in Eigen­ver­ant­wor­tung zu sehen. Zu vie­le Staats­schul­den bedeu­ten in die­ser Logik also, dass die Bür­ge­rIn­nen in der Ver­gan­gen­heit zu viel aus­ge­ge­ben haben. Und es bedeu­tet auch, dass die Lösung dar­in liegt, in Zukunft nicht „mehr aus­zu­ge­ben als man ein­nimmt“. Weder Regu­la­ti­on noch Umver­tei­lung ist nötig, wenn wir alle ein biss­chen spa­ren. Die Deu­tung von Spa­ren als mora­li­sche Not­wen­dig­keit wird somit zu einem Herr­schafts­in­stru­ment, das bestehen­de Struk­tu­ren aufrechterhält.

Ähn­lich ver­hält sich der Kampf um die Bedeu­tungs­ho­heit von Schul­den. Die kon­ser­va­ti­ve Deu­tung von Schuld als per­sön­li­che Schul­dig­keit und Fehl­ver­hal­ten zielt dar­auf ab, mora­li­schen Druck auf Schuld­ne­rIn­nen auf­zu­bau­en. Ande­re Ansät­ze heben aller­dings her­vor, dass die­se Schwarz-Weiß-Dar­stel­lung Rea­li­tä­ten aus­klam­mert. So haben bei­spiels­wei­se Pri­vat­ban­ken Hypo­the­ken wohl­wis­send eben­so an US-Ame­ri­ka­ne­rIn­nen ver­ge­ben, deren Ein­kom­men nicht aus­reich­te um die Hypo­the­ken spä­ter dann auch zurück zu zah­len. Die Kon­se­quen­zen des rea­li­sier­ten Risi­kos – also der ein­ge­tre­te­nen, ein­kal­ku­lier­ten Kata­stro­phe – hat­ten die Schuld­ne­rIn­nen (Zwangs­räu­mun­gen etc.) und die All­ge­mein­heit zu tragen.

Haben wir „über unseren Verhältnissen gelebt“?

Wenn behaup­tet wird, „wir“ hät­ten alle „über unse­ren Ver­hält­nis­sen gelebt“, dann wird sug­ge­riert, dass die brei­te Bevöl­ke­rung einen Lebens­stan­dard hat, der höher ist als sie und der Staat es sich leis­ten kön­nen. Stimmt das wirk­lich? Und wer ist „wir“? Seit 1975 ist die Lohn­quo­te, das heißt der Anteil der Löh­ne am BIP, ste­tig gesun­ken – in den meis­ten Län­dern der EU genau­so wie in Japan und den USA. In Deutsch­land kamen 1975 noch über 70% des BIP den Lohn­emp­fän­ge­rIn­nen zugu­te. 2007 waren es nur noch knapp 60%. Anders aus­ge­drückt heißt das, Gewinn- und Besitz­ein­kom­mens­be­zie­he­rIn­nen pro­fi­tier­ten ver­hält­nis­mä­ßig immer mehr vom Wirt­schafts­wachs­tum, da sie einen immer grö­ße­ren Anteil der erwirt­schaf­te­ten Leis­tun­gen erhiel­ten. Das ist auch einer der Grün­de für die immer grö­ßer wer­den­de Ungleich­ver­tei­lung zwi­schen den Haus­hal­ten, da die Gewinn- und Besitz­ein­kom­men wesent­lich kon­zen­trier­ter sind als die Lohn­ein­kom­men. Der Gini­ko­ef­fi­zi­ent ist in fast allen OECD-Staa­ten seit 1985 ange­stie­gen. Das heißt, auch der Unter­schied zwi­schen den Bezie­he­rIn­nen nied­ri­ger und hoher Ein­kom­men klafft immer wei­ter aus­ein­an­der. Anders gesagt: Die Mehr­heit der Men­schen hat sogar unter „ihren“ Ver­hält­nis­sen gelebt.

Die Gefah­ren von zu viel pri­va­tem Spa­ren, öffent­li­chem Spa­ren und Umver­tei­lung nach oben sind sich in einem Aspekt sehr ähn­lich: Sie schwä­chen Kauf­kraft, füh­ren zu einem Ein­bruch der Nach­fra­ge und haben nega­ti­ve gesamt­wirt­schaft­li­che Effek­te. Umver­tei­lung nach oben, wie sie in den letz­ten Jahr­zehn­ten mas­siv gesche­hen ist – egal ob es um die Ein­kom­mens­ver­tei­lung oder die Ver­mö­gens­ver­tei­lung – hat fol­gen­de Effek­te: Ers­tens haben Haus­hal­te mit höhe­rem ver­füg­ba­ren Ein­kom­men eine nied­ri­ge­re Kon­sum­nei­gung. Denn wer über weni­ger Ein­kom­men ver­fügt, muss einen höhe­ren Anteil davon für über­le­bens­wich­ti­ge Kon­sum­gü­ter (Nah­rung, Woh­nung) aus­ge­ben und kann dadurch weni­ger spa­ren. Mehr Ein­kom­men führt so zu einem stär­ke­ren Anstieg des Spa­rens als des Kon­sums, weil die genann­ten Kon­sum­aus­ga­ben schon abge­deckt sind. Des­halb führt Umver­tei­lung von unten nach oben zu weni­ger Nach­fra­ge. Zwei­tens sind vor allem die wach­sen­den Ver­mö­gens­be­stän­de von Haus­hal­ten mit hohem Ein­kom­men oder Ver­mö­gen ein Mit­grund für das Wach­sen des Finanz­sek­tors in den ver­gan­ge­nen Jahrzehnten.

Fazit

Zu wenig pri­va­tes Spa­ren ist weder Ursa­che noch Aus­lö­ser der aktu­el­len Kri­se gewe­sen. Regu­la­ti­ve Schwä­chen und wach­sen­de Ungleich­ver­tei­lung inner­halb und zwi­schen den Staa­ten sind sys­te­mi­sche Pro­ble­me, an deren Lösung gear­bei­tet wer­den muss. Ver­su­che, die Kri­sen­kos­ten durch Ein­spa­run­gen im Sozi­al­staat zu zah­len sind zum Schei­tern ver­ur­teilt, da sie ursäch­li­che Pro­ble­me nicht lösen, son­dern im Gegen­teil ver­grö­ßern. Genau­so wenig wird angeb­li­ches „mora­li­sches“ Spar­ver­hal­ten von Indi­vi­du­en den Aus­weg aus der Kri­se brin­gen. Nur sehr weni­ge haben etwas davon, wenn wir alle „den Gür­tel enger schnal­len“. Der Groß­teil der Bevöl­ke­rung wird jedoch ledig­lich wei­ter – bild­lich gespro­chen – „aus­ge­hun­gert“.


Beim vor­lie­gen­den Bei­trag han­delt es sich um die gekürz­te Ver­sion eines Kapi­tels aus dem Buch „Mythen des Spa­rens. Anti­zy­kli­sche Alter­na­ti­ven zur Schul­den­bremse“. Die­ses wur­de 2013 vom BEIGEWUM her­aus­ge­ge­ben und wen­det sich an alle, die der Behaup­tung „Spa­ren sei das Gebot der Stun­de“ fun­dierte Argu­mente ent­ge­gen­set­zen wol­len. Es wer­den zen­trale Mythen aus den Berei­chen „Schul­den“, „Spa­ren“ und der damit ver­bun­de­nen EU-​​Po­li­tik kri­tisch hin­ter­fragt und die dahin­ter­ste­hen­den Zusam­men­hänge erklärt. Das Buch ist im VSA-​​Ver­lag erschie­nen und kann hier bestellt wer­den: http://www.vsa-verlag.de/nc/detail/artikel/mythen-des-sparen/

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Kurswechsel 3/2013: „Regionale Integration – Alternative Entwicklungspfade? Perspektive industriepolitischer Optionen in räumlichen Strukturen“

1. Januar 2014 – 19:30 Uhr

Der neue Kurs­wech­sel ist schon in den Post­käs­ten unse­rer Abo­nen­tIn­nen und kann hier bestellt wer­den.

Gibt es in Euro­pa und sei­ner Nach­bar­schaft abseits der EU alter­na­tive Ent­wick­lungs­mo­delle regio­na­ler Inte­gra­tion? Anhand von Bei­spie­len wie der Schwarz­meer­re­gion sol­len Merk­male und Kon­se­quen­zen sol­cher Model­le ana­ly­siert werden.

Mit Bei­trä­gen von Johan­nes Leit­ner, Eli­sa­beth Spring­ler u.a.

Das Debat­ten­fo­rum dreht sich dies­mal um: „Renais­sance der Indus­trie­po­li­tik: Irr- oder Königsweg?“

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„It’s the injustice, stupid! – Vom New Deal lernen.“ 22.01.2014, AK Bildungszentrum

1. Januar 2014 – 19:18 Uhr
Der zwei­te Ter­min der Ver­stal­tungs­rei­he „Die Zukunft Euro­pas – Kurs­wech­sel für ein gutes Leben?“ trägt den Titel: „It’s the injus­ti­ce, stu­pid! – Vom New Deal lernen.“


Immer wie­der wird ein öko­lo­gisch inspi­rier­ter Key nesia­nis­mus als Lösung der gegen­wär­ti­gen Kri­se vor­ge­schla­gen, gleich­sam ein Green New Deal. Dabei kon­zen­trie­ren sich Ver­fech­te­rIn­nen und Kri­ti­ke­rIn­nen oft­mals auf einen Aspekt eines grü­nen Kapi­ta­lis­mus, näm­lich die Schaf­fung neu­er Märk­te und neu­er Arbeits­plät­ze durch Umwelt­tech­no­lo­gien. Die­se sol­len öko­lo­gi­sche Pro­ble­me lösen und Inno­va­tio­nen und Wirt­schafts­wachs­tum erzeu­gen. Über­se­hen wird dabei zumeist, dass der öko­no­mi­sche Erfolg des US-ame­ri­ka­ni­schen New Deal der 1930er Jah­re wesent­lich sei­nen Umver­tei­lungs­maß­nah­men ver­dank­te. Die Umver­tei­lung von oben nach unten durch Ver­mö­gens- und Ein­kom­mens­steu­ern und regio­na­le Umver­tei­lung war nur durch die Stär­kung der zen­tral­staat­li­chen Insti­tu­tio­nen der Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka mög­lich. Bei­des schuf die Vor­aus­set­zun­gen für ein erfolg­rei­ches Nach­kriegs­mo­dell, das auf Inklu­si­on, sozia­len Zusam­men­halt und Voll­be­schäf­ti­gung beruh­te. Dar­aus abge­lei­tet stellt sich die Fra­ge, ob ein „Green and Social New Deal“ als Ein­stiegs­pro­jekt für eine öko­so­zia­le Trans­for­ma­ti­on in Euro­pa geeig­net ist. Wel­che poli­ti­schen und insti­tu­tio­nel­len Vor­aus­set­zun­gen müss­ten dafür wie und von wem geschaf­fen werden?


Ste­phan Schul­meis­ter (Wirt­schafts­for­scher), Ulrich Brand (Insti­tut für Poli­tik­wis­sen­schaf­ten, Wien), Sil­via Ange­lo (AK Wien) und Cris­ti­na Asen­si (Attac Spa­ni­en) im Gespräch mit Ulri­ke Herr­mann (Wirt­schafts­jour­na­lis­tin taz).
22.01.2014, 18–20 Uhr
AK Bil­dungs­zen­trum, gro­ßer Saal
The­re­sian­um­gas­se 16–18, 1040 Wien
(Um Anmel­dung wird gebe­ten: daniela.paraskevaidis@akwien.at)

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