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10.10.2013: ALTERSSICHERUNG: Das neue alte Thema für Frauen

24. September 2013 – 15:40 Uhr

Don­ners­tag, 10. Okto­ber 2013, 19 Uhr, im Repu­bli­ka­ni­schen Club – Neu­es Österreich

ALTERSSICHERUNG: Das neue alte The­ma für Frauen 

 

Dis­kus­si­on mit

Mar­git­ta MÄTZKE (Prof. Sozio­lo­gin Uni-Linz),

Ingrid MAIRHUBER (Poli­to­lo­gin, FORBA),

Chris­ti­ne MAYRHUBER (BEIGEWUM).


Prä­sen­ta­ti­on des Kurs­wech­sel: Alter – das neue alte Risiko

Von sozialem Aufstieg und journalistischem Abstieg

12. Juli 2013 – 9:40 Uhr

Eine bür­ger­li­che Alli­anz aus der Tages­zei­tung „Die Pres­se“ und der Indus­tri­el­len­ver­ei­ni­gung (IV) bestrei­tet die Tat­sa­che, dass die Armen immer ärmer und die Rei­chen immer rei­cher wer­den. Ein Unter­fan­gen, das sich als pro­ble­ma­tisch her­aus­stellt, denn die zitier­te Auf­trags­stu­die der Sta­tis­tik Aus­tria exis­tiert nicht und zudem erzäh­len die Zah­len eine ande­re Geschich­te. Die attes­tier­ten Auf­stiegs­chan­cen öster­rei­chi­scher Arbeit­neh­me­rIn­nen beru­hen auf ein­ge­schränk­tem Zah­len­ma­te­ri­al und ste­hen mani­fes­ten Abstiegs­ri­si­ken gegen­über. Die Zuta­ten für einen Leit­ar­ti­kel sind den­noch schnell gefun­den: Eine Stu­die, die es nicht gibt, über einen Mythos, der kei­ner ist.

Mit­hil­fe von Lohn­steu­er­da­ten aus den Jah­ren 2000 und 2011 wer­den unselb­stän­dig Beschäf­tig­te beob­ach­tet, die sowohl zu Beginn als auch am Ende des Betrach­tungs­zeit­raums in der Sta­tis­tik zu fin­den sind. Hier offen­bart sich die ers­te Schwä­che der Ana­ly­se, da jene Beschäf­tig­ten, die 2000 noch erwerbs­tä­tig aber 2011 in Arbeits­lo­sig­keit, Pen­si­on, Karenz oder ein­fach nicht mehr beschäf­tigt  waren, nicht beach­tet wer­den. Nur weni­ger als die Hälf­te der in einem die­ser Jah­re unselb­stän­di­gen Erwerbs­tä­ti­gen wird also über­haupt berück­sich­tigt. Wäh­rend die Pres­se fest­hält, dass „der Anteil der ver­fes­tig­ten Armut hier­zu­lan­de sehr gering“ sei, fin­det die Armuts­fal­le Arbeits­lo­sig­keit über­haupt kei­ne Erwähnung.

Aber nicht nur am unte­ren Ende wird ein Teil der Gesell­schaft bei der Ana­ly­se von Mobi­li­tät aus­ge­blen­det. Die Reichs­ten wer­den eben­falls igno­riert, denn sie gehö­ren nicht zur lohn­steu­er­pflich­ti­gen Bevöl­ke­rung. Die wirk­lich begü­ter­ten öster­rei­chi­schen Haus­hal­te bezie­hen ihre Ein­kom­men aus Ver­mö­gen und das ist hier­zu­lan­de äußerst ungleich ver­teilt. In Öster­reich besit­zen die unte­ren 50% ledig­lich 4% des Net­to­ver­mö­gens, wäh­rend die reichs­ten 5% etwa 45% unter sich aufteilen.

Nahe­zu gleich schlecht ist noch kein Aufstieg

Auch wenn man von den gra­vie­ren­den Ein­schrän­kun­gen durch die beschnit­te­nen Daten absieht, bleibt die Inter­pre­ta­ti­on der IV äußerst morsch. Pla­ka­tiv wird dar­ge­stellt, dass drei Vier­tel der unselb­stän­dig Beschäf­tig­ten aus dem unters­ten Zehn­tel (Dezil) den Absprung aus dem ärms­ten Ein­kom­mens­seg­ment schaf­fen. Dass die meis­ten aller­dings nur ein oder zwei Dezils­gren­zen über­schrei­ten, wird ver­schwie­gen. Mehr als die Hälf­te des unters­ten Zehn­tels aus dem Jahr 2000 fand sich 11 Jah­re spä­ter in einem der ärms­ten drei Dezi­le und ver­dient monat­lich weni­ger als 1.000 Euro brut­to. Was also in den unte­ren Ein­kom­mens­be­rei­chen als „Auf­wärts­mo­bi­li­tät“ und „Auf­stiegs­chan­ce“ bezeich­net wird, spielt sich in einem sehr tris­ten Ein­kom­mens­be­reich ab. Einen wei­te­ren Teil der Auf­wärts­mo­bi­li­tät steu­ern Berufs­ein­stei­ge­rIn­nen bei. Dass Beschäf­tig­te nach zehn Jah­ren mehr ver­die­nen als bei ihrem Ein­tritt ins Berufs­le­ben, ist zum Glück nicht verwunderlich.

Aus den Daten der Sta­tis­tik Aus­tria las­sen sich die Zah­len­spie­le der IV rasch ent­zau­bern. Zwei­fel­los ist es erfreu­lich, dass rund 32% der Lohn­ab­hän­gi­gen zwi­schen 2000 und 2011 ihre Posi­ti­on inner­halb der Ein­kom­mens­ver­tei­lung ver­bes­sern konn­ten – wenn auch wie erwähnt oft nur gering­fü­gig. Dem­ge­gen­über ste­hen aller­dings 40% der Arbeit­neh­me­rIn­nen, die in die­sem Zeit­raum in ein nied­ri­ge­res Dezil abge­stie­gen sind. Eine Ein­kom­mens­grup­pe konn­te ihre Posi­ti­on indes­sen am bes­ten ver­tei­di­gen: Die obers­ten 10%. Nahe­zu zwei Drit­tel gehör­ten sowohl im Jahr 2000 als auch 2011 die­ser Grup­pe an.

Die Ein­kom­mens­sche­re geht sehr wohl auf

Trotz aller Wider­sprü­che in der Ana­ly­se las­sen sich Pres­se und IV nicht beir­ren: „Die Ein­kom­mens­sche­re geht in Öster­reich nicht auf“ lau­tet das Resü­mee. Ein kur­zer Blick in den Sozi­al­be­richt 2010 genügt, um für die Lohn­steu­er­da­ten das genaue Gegen­teil fest­zu­stel­len. Unter Berück­sich­ti­gung aller Arbeit­neh­me­rIn­nen wies das unters­te Fünf­tel im Jahr 2000 einen Ein­kom­mens­an­teil von 2,5%  auf, wel­cher bis 2010 auf 2,0% schrumpf­te. Am obe­ren Ende konn­te das reichs­te Fünf­tel sei­nen Ein­kom­mens­an­teil indes­sen von 45,7 auf 47,4% stei­gern. Im sel­ben Zeit­raum berech­nen die Stu­di­en­au­torIn­nen eine deut­li­che Zunah­me des Gini-Koef­fi­zi­en­ten, was auf eine zuneh­men­de Ein­kom­mensun­gleich­heit hin­weist (sie­he Tabelle).

Ent­wick­lung der Ver­tei­lung der lohn­steu­er­pflich­ti­gen Ein­kom­men, 1976–2010
Quel­le: Sozi­al­be­richt 2011-12, S. 233

Sozia­le Mobi­li­tät muss gestärkt werden

Sozia­le Mobi­li­tät stellt einen wich­ti­gen Fak­tor für den gesell­schaft­li­chen Zusam­men­halt sowie für das indi­vi­du­el­le Gerech­tig­keits­emp­fin­den dar. Dies gilt sowohl für die Posi­tio­nie­rung in der Ein­kom­mens­ver­tei­lung im Lau­fe einer Erwerbs­kar­rie­re als auch für die inter­ge­nera­tio­na­le Mobi­li­tät, wel­che den Ein­fluss der Ein­kom­men von Eltern auf den Bil­dungs- und Erwerbs­ver­lauf ihrer Kin­der misst. Hier­aus lei­ten sich auch die wich­tigs­ten Maß­nah­men für Chan­cen­gleich­heit in Öster­reich ab, die das schie­fe Spiel­feld ebnen sollen.

Für die Auf­stiegs­chan­cen inner­halb eines Erwerbs­le­bens spielt Bil­dung die zen­tra­le Rol­le, was die Not­wen­dig­keit von vor­schu­li­schen Bil­dungs- und Erzie­hungs­ein­rich­tun­gen, Gesamt­schu­len sowie des frei­en Hoch­schul­zu­gangs unter­streicht. Der Kampf gegen Arbeits­lo­sig­keit und pre­kä­re Beschäf­ti­gung („working poor“) ist essen­ti­ell, um Wege aus der Armuts­fal­le zu bie­ten (12,6% der Bevöl­ke­rung waren 2011 armuts­ge­fähr­det). Nicht zuletzt muss aber end­lich dort ange­setzt wer­den, wo leis­tungs­lo­ses Ein­kom­men aus extrem ungleich ver­teil­ten Res­sour­cen bezo­gen wird: aus den Pri­vat­ver­mö­gen. Eine Ver­mö­gens­steu­er soll gemein­sam mit der Wie­der­ein­füh­rung der Erb­schafts­steu­er für die Mit­tel zur Umver­tei­lung öko­no­mi­scher Res­sour­cen sorgen.


Mat­thi­as Schnet­zer ist Refe­rent für Ver­tei­lungs­fra­gen sowie Sozi­al- und Wirt­schafts­sta­tis­tik in der AK Wien.


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26.6.2013, 19h: Buchpräsentation „Mythen des Sparens“

18. Juni 2013 – 9:54 Uhr

Ein­la­dung zur Buchpräsentation


Mythen des Sparens“


Mitt­woch, 26. Juni 2013, 19 Uhr

Repu­bli­ka­ni­scher Club, Rockh­gas­se 1, 1010 Wien


Aus dem AutorIn­nen­kol­lek­tiv prä­sen­tie­ren und diskutieren


Jana Schult­heiss (stv. Vor­sit­zen­de des BEIGEWUM)

Lukas Obern­dor­fer (Mit­in­itia­tor des Auf­rufs „Euro­pa geht anders“; Redak­ti­ons­mit­glied des juri­di­kum – zeit­schrift für kritik|recht|gesellschaft)

Tobi­as Ori­sch­nig (BEIGEWUM)


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Neues BEIGEWUM-Buch: Mythen des Sparens

26. Mai 2013 – 15:38 Uhr

Antizyklische Alternativen zur Schuldenbremse

Die Finanz- und Wirt­schafts­kri­se ist längst zu einer Ver­schul­dungs­kri­se der Staa­ten gewor­den, zumin­dest wenn man den Main­stream-Medi­en und der Mehr­zahl der Poli­ti­ke­rin­nen und Poli­ti­ker Glau­ben schenkt: Spa­ren sei das Gebot der Stun­de, an dem kein Aus­weg vor­bei zu füh­ren scheint. Grund genug für ein neu­er­li­ches Buch­pro­jekt als „Fort­set­zung“ unse­res 2010 erschie­nen Buchs „Mythen der Kri­se“.

Mit unse­rem neu­es­ten Buch wol­len wir auf­zei­gen, dass es sich hier­bei nur um einen wei­te­ren wirt­schafts­po­li­ti­schen Mythos han­delt. Doch war­um kom­men die­se Mythen so gut bei den Men­schen an? Und wel­che Aus­wir­kun­gen haben die Spar­maß­nah­men auf die Bevöl­ke­rung, die Wirt­schaft und sogar auf die Demokratie?

Dar­ge­stellt wer­den die wich­tigs­ten Mythen zu »Schul­den« und »Spa­ren«. Die­se wer­den kri­tisch hin­ter­fragt und die dahin­ter­ste­hen­den öko­no­mi­schen Zusam­men­hän­ge erklärt. Auch die Ebe­ne der EU-Poli­tik und der dort kur­sie­ren­den Mythen kommt nicht zu kurz.

Lese­pro­be, wei­ter­füh­ren­de Infos und Bestell­mög­lich­keit gibt es direkt beim VSA-Ver­lag – oder bei einer unse­rer kom­men­den Ver­an­stal­tun­gen.

10.6.2013: Über Österreich, Deutschland und Europa. Vor der Wahl ist nach der Wahl.

26. Mai 2013 – 15:22 Uhr


Podiumsdiskussion „Über Österreich, Deutschland und Europa. Vor der Wahl ist nach der Wahl.“


Mo., 10. Juni, 18:30 in der Fach­buch­hand­lung des ÖGB-Ver­lags (Rat­haus­stra­ße 21, 1010 Wien) oder online.

Dis­kus­sion mit Jana Schult­heiss (BEIGEWUM/​Buch­pro­jekt „Mythen des Spa­rens“), Wolf­gang Lieb (Nach­Denk­Sei­ten), Mar­kus Mar­ter­bau­er (AK Wien/​Blog Arbeit&Wirtschaft); Mode­ra­tion: Katha­rina Klee (Zeit­schrift Arbeit&Wirtschaft)


Anmel­dung: veranstaltung@oegbverlag.at oder auf Face­book


Im Herbst 2013 fin­den Natio­nal­rats­wah­len in Öster­reich und die Bun­des­tags­wahl in Deutsch­land statt, im Mai 2014 dann auch die Euro­pa­wahl. Sowohl Deutsch­land als auch Öster­reich sind im Ver­gleich mit den meis­ten ande­ren EU ‑Län­dern gut durch die Kri­se gekom­men. Gleich­zei­tig mei­nen vie­le, die bei­den Län­der hät­ten weni­ger zur Lösung der Kri­se bei­getra­gen als sie wirt­schaft­lich könn­ten und man poli­tisch von ihnen erhof­fen wür­de. Deutsch­land ver­schärft durch sei­ne Vor­ga­ben sogar den Aus­teri­täts­kurs, die Wett­be­werbs­ori­en­tie­rung und die neo­li­be­ra­le Aus­rich­tung der EU ‑Stra­te­gie und auch Öster­reich muss sich den Vor­wurf gefal­len las­sen, nicht viel dage­gen zu tun. Wo aber sind die tat­säch­li­chen Spiel­räu­me für eine alter­na­ti­ve, eman­zi­pa­to­ri­sche Wirt­schafts- und Beschäf­ti­gungs­po­li­tik in der EU?


Eine Ver­an­stal­tung der „Arbeit&Wirtschaft“ in Koope­ra­ti­on mit den Nach­Denk­Sei­ten, dem ÖGB-Ver­lag und dem BEIGEWUM … mit anschlie­ßen­dem Buffet.


21.5.2013 Diskussion: Pflegearbeit – Konservierte Geringschätzung?

29. April 2013 – 16:05 Uhr

Pfle­ge­ar­beit – Kon­ser­vier­te Geringschätzung?

Di., 21.Mai 19h im Repu­bli­ka­ni­schen Club

Dis­kus­si­on mit August Öster­le (WU), Almut Bachin­ger (Rotes Kreuz), Erich Fen­nin­ger (Volks­hil­fe), Mode­ra­ti­on: Katha­ri­na Mader (Bei­gewum, WU)


Sozia­le Dienst­leis­tun­gen wie Pfle­ge- und Betreu­ungs­ar­beit wer­den nach wie vor in einem schlecht bezahl­ten und größ­ten­teils infor­mel­len Sek­tor erbracht. Die Nach­fra­ge nach die­sen Arbei­ten wird jedoch ange­sichts des demo­gra­phi­schen Wan­dels in Zukunft wei­ter stei­gen. 80% der Pfle­ge­ar­bei­ten wer­den nach wie vor pri­vat zu Hau­se geleis­tet – und dort sind es meist Frau­en, die die­se Arbeit über­neh­men – trotz ihrer Erwerbs­tä­tig­keit. Alter­na­tiv­kon­zep­te und adäqua­te Model­le für die Zukunft schei­nen nicht in Sicht. Die Kon­ser­vie­rung der Gering­schät­zung von Pfle­ge- und Betreu­ungs­tä­tig­kei­ten hin­sicht­lich man­geln­der poli­ti­scher Aus­ein­an­der­set­zung, Aus­bil­dung, Bezah­lung und die Fra­ge der zukünf­ti­gen Bereit­stel­lung die­ser Arbei­ten sol­len zen­tra­le Denk­an­stö­ße für die Podi­ums-dis­kus­si­on sein.


Die jewei­li­gen Pro­ble­me sol­len sowohl für den infor­mel­len, wie den for­mel­len Sek­tor bespro­chen wer­den, wobei ver­schie­de­ne Per­spek­ti­ven näher beleuch­tet wer­den sol­len – die Sicht der Pfle­ge­be­dürf­ti­gen als auch der Pfle­gen­den sowie eine gesamt­ge­sell­schaft­li­che Per­spek­ti­ve. Dar­an anknüp­fend sol­len The­men wie Abhän­gig­keits- und Macht­ver­hält­nis­se, Arbeits­be­din­gun­gen und Qua­li­tät sowie die Ver­ant­wor­tung in der Bereit-stel­lung dis­ku­tiert werden.


Zum The­ma erschien 2011 ein Kurs­wech­sel Schwer­punkt­heft.

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Social Investment Package – wie die EU-Kommission die Krise überwinden will

24. April 2013 – 10:37 Uhr


Ende Febru­ar hat Las­lo Andor, Sozi­al-Kom­mis­sar der EU, das soge­nann­te Social Invest­ment Packa­ge (SIP) vor­ge­stellt – als Ant­wort auf die anhal­ten­de wirt­schaft­li­che Kri­se und die sta­gnie­ren­den Kon­junk­tur­da­ten in der EU. Die Kom­mis­si­on sieht durch das SIP die Mög­lich­keit, Euro­pa schnel­ler aus der Kri­se zu holen. Im Detail geht es dabei um Inves­ti­tio­nen in die Berei­che Bil­dung, Gesund­heit und Pfle­ge. Dass euro­päi­sche Spit­zen­po­li­ti­ke­rIn­nen das Poten­ti­al von Inves­ti­tio­nen in sozia­le Dienst­leis­tun­gen erkannt haben, ist defi­ni­tiv ein Anlass zur Freu­de. Weni­ger posi­tiv ist, dass kei­ne ver­pflich­ten­den Stan­dards und Rege­lun­gen zur Umset­zun­gen die­ser Initia­ti­ve in den Mit­glieds­staa­ten geplant sind, son­dern es bei einem Appell an die natio­na­len Regie­run­gen belas­sen wird. Das äußert sich auch dar­in, dass das SIP den gro­ßen euro­päi­schen Zei­tun­gen wie „Zeit“, „Le Mon­de“ oder „Times“ kein Auf­ma­cher wert war.

 

War­um Inves­ti­tio­nen in Pfle­ge, Kin­der­gär­ten, Gesund­heits­ein­rich­tun­gen oder auch in prä­ven­ti­ve Pro­gram­me für frü­he Schul­ab­bre­che­rIn­nen sinn­voll sind, ist schnell erklärt. Sie hel­fen nicht nur den betrof­fe­nen Men­schen, son­dern auch den Ange­hö­ri­gen, und hier meist Frau­en, die infor­mel­le Betreu­ungs- und Ver­sor­gungs­leis­tun­gen im fami­liä­ren Ver­band über­neh­men. Zudem wer­den Dienst­leis­tun­gen wie mobi­le Pfle­ge oder Kin­der­krip­pen vor Ort und daher regio­nal benö­tigt. Dies bewirkt eine Ver­bes­se­rung der Lebens­qua­li­tät und einen Wachs­tums­schub auch in struk­tur­schwä­che­ren Gebie­ten, wo neben Betreu­ungs­an­ge­bo­ten auch Arbeits­plät­ze feh­len. Und schließ­lich könn­ten durch einen Aus­bau von Dienst­leis­tun­gen auch die Qua­li­fi­ka­tio­nen von Migran­tIn­nen bes­ser ein­ge­setzt werden.

 

Schon heu­te arbei­ten inner­halb der EU etwa 10 % aller Beschäf­tig­ten im Gesund­heits- und Sozi­al­be­reich, mit Spit­zen­wer­ten in den nor­di­schen Staa­ten von knapp 20 %. Öster­reich liegt aller­dings nur knapp unter dem EU Schnitt, und weist somit ein hohes Aus­bau­po­ten­ti­al in die­sem Sek­tor auf. EU-weit wer­den in die­sem Sek­tor bereits 5 % des euro­päi­schen BIPs erwirt­schaf­tet, ein enor­mer Bei­trag, der glei­cher­ma­ßen sozia­le wie öko­no­mi­sche Wir­kung zeigt. Dass hier­zu­lan­de bei kon­junk­tur­be­le­ben­den Maß­nah­men noch immer zuerst an abster­ben­de Auto­mo­bil­sek­to­ren gedacht wird, statt in Men­schen zu inves­tie­ren – wie das zu Beginn der Kri­se der Fall war – ist ange­sichts die­ser Daten nicht nachvollziehbar.

 

Die demo­gra­fi­sche Ent­wick­lung und der damit ein­her­ge­hen­de Bedarf an sozia­len Dienst­leis­tun­gen ist mitt­ler­wei­le unüber­seh­bar. In den kom­men­den Jah­ren, wenn die Baby­boo­mer das Pen­si­ons­al­ter erreicht haben, wer­den die Kos­ten für Gesund­heit und Pfle­ge stei­gen, und gut aus­ge­bil­de­te Men­schen wer­den ange­sichts einer feh­len­den Migra­ti­ons­stra­te­gie sei­tens der EU zur Man­gel­wa­re wer­den. Je län­ger wir zuwar­ten, des­to grö­ßer wird die Last sein, die wir zu tra­gen haben. Des­we­gen soll­te mög­lichst rasch die Initia­ti­ve der Kom­mis­si­on auch in Öster­reich auf­ge­grif­fen wer­den, und Inves­ti­tio­nen in den Wirt­schafts­zweig „Gesund­heit und Sozia­les“ getä­tigt werden.

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Zeit zur Umkehr

18. März 2013 – 18:51 Uhr

Der Ver­gleich von EU-Pro­gno­sen für die Kri­sen­staa­ten und deren Ent­wick­lung seit 2007 zeigt, wie nötig ein Rich­tungs­wech­sel in Theo­rie und Poli­tik ist. Die Aus­teri­täts­po­li­tik in den soge­nann­ten Pro­gramm­län­dern in der EU hat zuneh­mend kata­stro­pha­le Fol­gen, und die Pro­gno­sen sind stets bes­ser als das Ergebnis.

Eine Theo­rie, deren Pro­gno­sen regel­mä­ßig falsch lie­gen, soll­te laut Sir Karl Pop­per ver­wor­fen wer­den. Eine Kon­junk­tur­po­li­tik, die nur dar­in besteht, die Hoff­nung auf den Auf­schwung auf den in der Zukunft lie­gen­den Pro­gno­se­ho­ri­zont zu ver­schie­ben, eben­falls. Bei­des trifft auf die momen­ta­ne Poli­tik der Troi­ka zu. Zunächst wur­de die Kri­se etwas zu pes­si­mis­tisch ein­ge­schätzt; es wur­de eine expan­si­ve Wirt­schafts­po­li­tik ein­ge­schla­gen. Doch seit 2010 herrscht in den Pro­gno­sen über­trie­be­ner Opti­mis­mus, und in den Pro­gramm­län­dern wird eisern gespart.

In Grie­chen­land war die Ent­wick­lung beson­ders schlimm. Im Mai 2010 hoff­te man noch für 2011 mit einem wei­te­ren Minus von 4% gegen­über 2009 aus der Kri­se zu kom­men. Im Novem­ber 2010 rech­ne­te man schon mit einem Minus von 7% für 2011. Dies setz­te sich von Jahr zu Jahr fort: 2013 glaub­te man nun mit gut 20% Ver­lust an Wirt­schafts­leis­tung sei die Tal­soh­le erreicht. Es ist zu hof­fen, dass die­se Pro­gno­se nun nicht noch­mals nach unten kor­ri­giert wird. An der kata­stro­pha­len Per­for­mance von Pro­gno­sen und Poli­tik ändert das aller­dings nichts mehr.

Die fol­gen­den Gra­fi­ken zei­gen die Ent­wick­lung des rea­len BIP im Ver­gleich zu 2009, anhand der zu den jewei­li­gen Zeit­punk­ten erstell­ten Pro­gno­sen. Die Pro­gno­se vom Febru­ar 2013 ent­hält für die Jah­re bis 2011 die tat­säch­li­chen und für 2012 die vor­läu­fi­gen Werte.

In Irland lie­gen Pro­gno­sen und Poli­tik eben­falls unter den Erwar­tun­gen. Der ein­zi­ge, wenn auch schwa­che Trost ist, dass es in Irland zumin­dest lang­sam bes­ser wird.

Sor­gen berei­tet das Bild für Por­tu­gal und Spa­ni­en. Hier scheint es momen­tan zu einem Wech­sel vom iri­schen Regen in die grie­chi­sche Trau­fe zu kom­men. Sah es zunächst noch nach lang­sa­mer Erho­lung aus, so scheint seit 2011 ein mas­si­ver Ein­bruch im Gan­ge zu sein. Ein Grund mehr, Theo­rie und Poli­tik zu wechseln.

Ange­sichts die­ser Bil­der ist es kein Wun­der, dass die DG Eco­fin die adjus­t­ment Pro­gram­me für Grie­chen­land, Irland, Por­tu­gal und für Spa­ni­ens Finanz­sek­tor stets mit fol­gen­dem Dis­c­lai­mer versieht:

Neit­her the Euro­pean Com­mis­si­on nor any per­son acting on its behalf may be held respon­si­ble for the use which may be made of the infor­ma­ti­on con­tai­ned in this publication.”

Na ja, wenn sie damit durchkommt.

PS: Ein Lob muss man der DG Eco­fin jedoch machen: Die­se Dar­stel­lun­gen wären nicht mög­lich gewe­sen, wenn die DG nicht schon seit Län­ge­rem ihre AMECO Daten­bank mit den Makro-Daten (ein­schließ­lich der Pro­gno­sen) im Inter­net öffent­lich zur Ver­fü­gung stell­te. 

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Ökonomisches Vermögen und akademisches Unvermögen

11. März 2013 – 17:34 Uhr

Gast­kom­men­tar von Jakob Kapel­ler und Bern­hard Schütz

Die gera­de erschie­ne­ne Stu­die des IHS zur Ver­mö­gens­be­steue­rung weist zwar kei­ne kla­re Fra­ge­stel­lung dafür aber eine umso kla­re­re Stoß­rich­tung auf. Sie behan­delt einen rela­tiv will­kür­li­chen Fli­cken­tep­pich steu­er- und ver­tei­lungs­po­li­ti­scher Argu­men­te mit klar iden­ti­fi­zier­ba­rer Ten­denz. Es han­delt sich um eine Ver­tei­di­gung von Kapi­tal­ei­gen­tü­mern und lie­fert Wirt­schafts­kam­mer- und Volks­par­tei-Funk­tio­nä­rIn­nen ein Argu­men­ta­ri­um gegen die Ein­füh­rung ver­mö­gens­be­zo­ge­ner Steu­ern. Bedenk­lich ist dies vor allem, da die vor­lie­gen­de „Stu­die“, von einem eigent­lich renom­mier­ten Insti­tut kommt, das hier in eine vor­wis­sen­schaft­li­che Pha­se zurück­ge­fal­len zu sein scheint.

Dabei geht das IHS von der his­to­ri­schen Kon­zep­ti­on einer Ver­mö­gen­steu­er aus, die über­wie­gend auf Unter­neh­mens­ver­mö­gen erho­ben und 1993 abge­schafft wur­de. Die heu­te dis­ku­tier­ten Model­le von Ver­mö­gens­steu­ern haben mit die­ser alten Ver­si­on jedoch nur wenig gemein. Sie bezie­hen sich auf gro­ße Ver­mö­gen pri­va­ter Haus­hal­te. Hier wird also eine Steu­er schlecht gerech­net, die in die­ser Form gar nie­mand will.

Fik­ti­ve Zah­len und rea­le Berichterstattung

Das Auf­kom­men einer all­ge­mei­nen Ver­mö­gens­steu­er wird in der Stu­die mit 1 Mil­li­ar­de Euro ange­ge­ben. Die­se Schät­zung basiert auf einer simp­len Fort­schrei­bung der Ein­nah­men aus der 1993 abge­schaff­ten Ver­mö­gens­steu­er. Eine sol­che Fort­schrei­bung lässt nicht nur Ver­än­de­run­gen in der Ver­mö­gens­struk­tur völ­lig unbe­rück­sich­tigt, son­dern igno­riert auch völ­lig den Umstand, dass die ab 1994 aus­ge­setz­te Ver­mö­gens­steu­er das Immo­bi­li­en­ver­mö­gen mit­tels Ein­heits­wer­ten erfass­te, die oft­mals nur ein klei­ner Bruch­teil (weni­ger als 10%) des Ver­kehrs­wer­tes der­sel­ben Immo­bi­li­en dar­stel­len. Allei­ne die Berück­sich­ti­gung die­ser Aus­las­sung wür­de das vom IHS geschätz­te Steu­er­auf­kom­men also dras­tisch erhöhen.

In einem zwei­ten Schritt speist das IHS das so fest­ge­setz­te Auf­kom­mens­vo­lu­men von einer Mil­li­ar­de Euro in eine gesamt­wirt­schaft­li­che Simu­la­ti­on und errech­net dar­aus einen zu erwar­ten­den Rück­gang des Brut­to­in­lands­pro­dukts von 0.65%. Zum kon­kre­ten Vor­gang der Berech­nung und den dahin­ter­lie­gen­den Annah­men ver­rät die Stu­die nur wenig – so wenig, dass sich die ent­spre­chen­den Anga­ben durch Drit­te nicht über­prü­fen las­sen. Bezeich­nend ist aber, dass vom IHS ange­nom­men wur­de, dass das sich erge­ben­de Steu­er-Volu­men zur Gän­ze zu Las­ten der Kapi­tal­aus­stat­tung von Unter­neh­men geht und so Finan­zie­rungs­kos­ten erhöht und Inves­ti­tio­nen ver­rin­gert. Die­se Annah­me impli­ziert, dass das gesam­te öster­rei­chi­sche Pri­vat­ver­mö­gen zur Finan­zie­rung von Unter­neh­men her­an­ge­zo­gen wird. Nur knapp über ein Vier­tel des Ver­mö­gens liegt in Betei­li­gun­gen an Unter­neh­men oder land­wirt­schaft­li­chen Betrie­ben, von denen die aller­meis­ten viel zu klein sind um von einer Ver­mö­gens­steu­er je erfasst zu wer­den, und der größ­te Teil des Ver­mö­gens sind Immo­bi­li­en. Die Annah­me des IHS, bestehen­de Ver­mö­gens­wer­te zu 100% der Unter­neh­mens­fi­nan­zie­rung zuzu­schla­gen, erscheint also mehr als mutig; sie erscheint völ­lig ver­fehlt. In Sum­me han­delt sich hier nicht um die Simu­la­ti­on der öko­no­mi­schen Wir­kung einer Ver­mö­gens­steu­er, son­dern einer „Betriebs­ka­pi­talent­zugs­steu­er“. Eine sol­che Steu­er steht aller­dings nir­gends zur Dis­kus­si­on und wird von Nie­man­dem vor­ge­schla­gen. Das wird frei­lich, wie so vie­les hier, an kei­ner Stel­le der Stu­die dazugesagt.

Ten­den­ziö­se Tendenzen

Inhalt­lich kon­sta­tiert die Stu­die anfangs kor­rekt, dass laut der aktu­ells­ten Erhe­bung der öster­rei­chi­schen Natio­nal­bank Ver­mö­gen in Öster­reich sehr ungleich ver­teilt sind. Gleich­zei­tig erklärt sie aber, dass die­ses Ergeb­nis nur des­halb zustan­de kommt, weil beim Ver­mö­gen nur Finanz- und Sach­ver­mö­gen, nicht aber die zukünf­ti­gen Pen­si­ons­an­sprü­che gerech­net wer­den. Wür­de man die­se berück­sich­ti­gen, ergä­be sich eine viel gleich­mä­ßi­ge­re Ver­tei­lung und somit bestehe auch kein Bedarf für Umver­tei­lung. Was hier jedoch uner­wähnt bleibt ist, dass eine sol­che Hin­zu­rech­nung zwar nicht unzu­läs­sig, aber den­noch pro­ble­ma­tisch ist, da zukünf­ti­ge Pen­si­ons­an­sprü­che klas­si­sche Ver­mö­gens­de­fi­ni­tio­nen nicht erfül­len: man kann sie weder ver­kau­fen noch über­tra­gen und sie im Fall des Able­bens auch nicht vererben.

Im glei­chen Atem­zug wird nun das staat­li­che Pen­si­ons­sys­tem nicht nur zur Recht­fer­ti­gung bestehen­der Ver­mö­gensun­gleich­heit ver­wen­det, son­dern auch als deren Quel­le iden­ti­fi­ziert (da öffent­li­che Siche­rungs­sys­te­me die Not­wen­dig­keit pri­va­ter Vor­sor­ge ver­rin­gern und so ver­meint­li­cher­wei­se die Ungleich­heit der Ver­mö­gens­ver­tei­lung for­cie­ren). Die Kurz­zu­sam­men­fas­sung lau­tet: Vor allem der Sozi­al­staat trägt Schuld an der unglei­chen Ver­mö­gens­ver­tei­lung – eben genau weil er ver­sucht sie zu kor­ri­gie­ren. Hät­ten wir also kei­nen Sozi­al­staat und wären infol­ge­des­sen die Spar­an­rei­ze stär­ker – dann, ja dann, hät­ten sich die unte­ren Ein­kom­mens­schich­ten schon die längs­te Zeit reich gespart.

Der ein­äu­gi­ge Bandit

Die der Stu­die zu Grun­de geleg­te theo­re­ti­sche Per­spek­ti­ve ist vor­wie­gend mikro­öko­no­misch, fokus­siert also auf ein­zel­ne Haus­hal­te und Unter­neh­men, und begeht damit mit Nach­druck einen grund­sätz­li­chen Kate­go­ri­en­feh­ler. So wer­den die Kos­ten ver­mö­gens­be­zo­ge­ner Steu­ern in den Vor­der­grund gerückt und damit ver­bun­de­ne ver­meint­li­che Gefah­ren – wie Steu­er­ver­mei­dung oder auf­wän­di­ge Erhe­bung – aus­ufernd dis­ku­tiert. Mög­li­che Vor­tei­le ver­mö­gens­be­zo­ge­ner Steu­ern aus makro­öko­no­mi­scher Sicht – also die Mög­lich­keit staat­li­cher Inves­ti­tio­nen, öffent­li­cher Schul­den­til­gung oder einer steu­er­li­chen Ent­las­tung der Arbeits­ein­kom­men – wer­den im Gegen­satz dazu nur ober­fläch­lich gestreift oder über­haupt nicht erwähnt. Sie wer­den vor allem nicht mit den unter­stell­ten Kos­ten einer sol­chen Form der Besteue­rung gegen­ge­rech­net. Dass bei die­ser Form der Kos­ten-Nut­zen-Rech­nung, die die Kos­ten in den Vor­der­grund stellt und von einem mög­li­chen gesamt­wirt­schaft­li­chen Nut­zen zur Gän­ze abs­tra­hiert, das Ergeb­nis bereits im Vor­hin­ein fest­steht, scheint dabei nie­man­den zu stören.

Die­se Ein­sei­tig­keit ist natür­lich kein Zufall: Allen Betei­lig­ten ist klar, dass der zusätz­li­che öffent­li­che Hand­lungs­spiel­raum durch die Ein­he­bung von Ver­mö­gens­steu­ern eine Rei­he posi­ti­ver öko­no­mi­scher Effek­te mit sich brin­gen kann. Aber muss dies in einer Stu­die zur Fra­ge der Sinn­haf­tig­keit von Ver­mö­gens­steu­ern tat­säch­lich aus­ge­wo­gen dar­ge­stellt wer­den? Das IHS scheint die­se Fra­ge zu ver­nei­nen – zumin­dest gegen­über der Wirtschaftskammer.

Die­ser Bei­trag erschien in gekürz­ter Form bereits in der Wie­ner Zei­tung sowie bei der Sek­ti­on 8.

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Feindbild FMA?

20. November 2012 – 19:22 Uhr

Wenn Hei­ni Stau­din­ger die­ser Tage behaup­tet, er sei Schus­ter und möch­te ein­fach nur in Ruhe sein Unter­neh­men füh­ren, ist das ange­sichts der Anzei­gen im Fal­ter zumin­dest kokett. Es gibt in Öster­reich eine ziem­li­che Wut auf die Ban­ken und das Poli­tik­ver­sa­gen ihnen gegen­über. Bei­des ist berech­tigt. Ärger­lich am „Fall GEA“ ist aber, dass die poli­ti­sche Kri­tik an den Ban­ken ver­mischt wird mit per­sön­li­chen Fragen.

Da steht der gute Unter­neh­mer – vul­go Real­wirt­schaft – der bösen Finanz­markt­auf­sicht (FMA) – vul­go „Ban­ken­schutz­zen­tra­le“ – gegen­über. Dass auf­merk­sa­me poli­ti­sche Beob­ach­te­rIn­nen die FMA genau umge­kehrt wahr­neh­men – Stich­wort „Ban­ken­in­sol­venz­recht“, für das sich die FMA gegen den Wil­len des Finanz­mi­nis­te­ri­ums stark macht –, geht im Tru­bel der Befind­lich­keits­dis­kus­si­on unter. Soll­ten sich die Beam­ten tat­säch­lich arro­gant ver­hal­ten, wie von GEA behaup­tet wird, ist das mensch­lich natür­lich dane­ben. Aber nun zum Inhalt­li­chen: Die FMA ver­bie­tet GEA den Spar­ver­ein. Nun, das ist gut so. Ein Spar­ver­ein ist ein Vehi­kel, das zu Recht unter das Bank­we­sen­ge­setz fällt und zwar gera­de auch zum Schutz der Spare­rIn­nen. Nur weil sich die Beam­tIn­nen angeb­lich dane­ben beneh­men, ist der Anle­ger­schutz noch nicht obso­let. So weit, so ober­fläch­lich in der bis­he­ri­gen Diskussion.

Wenn sich dann aber plötz­lich ATTAC auch gegen die FMA stellt und ihnen die Fra­ge stellt, ob sie das Bank­ge­schäft für die Ban­ken ret­ten wol­len, dann wird es lang­sam pro­ble­ma­tisch. Seit der Plei­te von Leh­man haben sich kri­ti­sche lin­ke Kräf­te mas­siv für mehr Regu­lie­rung von Finanz­plät­zen und wohl gemerkt auch Finanz­in­stru­men­ten ein­ge­setzt. Das waren immer uni­ver­sel­le poli­ti­sche For­de­run­gen, kei­ne der per­sön­li­chen Sym­pa­thie. Die Ein­zi­gen, die sich der­zeit über die­se Dis­kus­si­on freu­en, sind die neo­li­be­ra­len Libe­ra­li­sie­rer! Der Spar­ver­ein ist kein Instru­ment mäch­ti­ger Groß­an­le­ger und das was Stau­din­ger will, ist im Gesell­schafts­recht zu regeln und nicht im Bank­we­sen­ge­setz. Dass es dort wahr­schein­lich Ände­run­gen braucht, um Unter­neh­mens­fi­nan­zie­run­gen leich­ter zu ermög­li­chen, ist jeden­falls dis­kus­si­ons­wür­dig. Den Anle­ger­schutz für alle Spar­ver­eins­mit­glie­der die­ser Repu­blik des­halb auf­zu­wei­chen und die FMA zum neu­en poli­ti­schen Feind zu erklä­ren, ist aber jeden­falls eine Themenverfehlung.

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