11. Mai: Aktionskonferenz „Eure Schulden, unsere Demokratie“
Freitag 11. Mai 2012, 9.00 – 18.00 Uhr:
Aktionskonferenz „Eure Schulden, unsere Demokratie“
in Kooperation mit der Allianz „Wege aus der Krise“, dem Renner-Institut und der Grünen Bildungswerkstatt
Ort: ÖGB — Catamaran, Johann-Böhm-Platz 1, Wien
Alternativen zur Krisenverschärfungspolitik diskutieren u.a.: Hans Jürgen Urban (IG Metall), Fréderic Lemaire (Attac France/Collectif pour un audit de la dette public), Markus Marterbauer (AK Wien), Karin Küblböck (Attac);
Das Sparpaket in Österreich ist geschnürt und wurde Ende März verabschiedet. Das ist jedoch erst der Anfang: die Regierungschefs von 25 EU Länder haben den europäischen Fiskalpakt unterzeichnet. Darin verpflichten sie sich, gemeinsam in ihren Ländern gesetzlich verankerte Schuldenbremsen einzuführen und die Überwachung der nationalen Budgets in die Hände der EU Kommission und des europäischen Gerichtshofes zu legen. Denn es wird behauptet, wir hätten über unsere Verhältnisse gelebt und der überbordende Sozialstaat sei die Ursache für die aktuelle Staatsschuldenkrise.
Aber wer hat diese Schulden wirklich verursacht? Was bedeutet letztlich der europäische Fiskalpakt? Wird damit wirklich die Staatsschuldenkrise in Österreich und Europa bewältigt? Warum wird soviel Macht und Einfluss an nicht demokratisch legitimierte europäische Institutionen abgetreten? Welche Widerstandsstrategien gegen diese Krisenlösungen gibt es in anderen Ländern und auf europäischer Ebene?
Diesen und weiteren Fragen wollen wir nachgehen und Handlungsstrategien gegen die aktuellen Krisenlösungen und für andere Antworten in Österreich entwickeln.
Anmeldung und weiterführende Infos hier.
Lesetip: Rothschilds „Visionen großer Ökonomen“
Soeben ist die 2.Auflage von Kurt W. Rothschild „Die politischen Visionen großer Ökonomen“ erschienen. Das Buch ist eine erstklassige Einführung in die Geschichte der Nationalökonomie. Die 1.Auflage (2004) ist seit Jahren vergriffen. Erhältlich ist das Produkt in jeder gut sortierten Buchhandlung, beim Verlag sowie für StudentInnen zum Subskriptionspreis am Sekretariat des Institut für Geld- und Finanzpolitik an der WU.
Eine Rezension der 1.Auflage findet sich hier.
Retrospektive: Quo vadis, Ungarn? (18.03.)
Am 18.03. fand im Republikanischen Club die Podiumsdiskussions-Veranstaltung „Quo vadis, Ungarn?“ statt. Bei der vom Beigewum, dem Renner-Institut und dem Republikanischen Club gemeinsam organisierten Veranstaltung diskutierten István Grajczjar und Susan Zimmermann mit Julia Hofmann. István Grajczjar konzentrierte sich in seinem Beitrag auf die historische Entwicklung des Rechtsextremismus in Ungarn und versuchte zu erklären, warum Orbán so viel Zusprache aus der Bevölkerung bekommt. Susan Zimmermann thematisierte die Probleme von EU-Interventionen in Ungarn, da diese zur Perpetuierung der Machtverhältnisse zwischen Zentren und Peripherien führen können. Durch die große Teilnahme an der Veranstaltung war auch die anschließende Publikumsdiskussion sehr lebhaft und spannend.
18.4.: Sparen: Austeritätspolitik im neuen Schuldenzeitalter?
Mittwoch, 18. April 2012, 18.30 im Republikanischer Club (Rockhg.1, 1010 Wien):
SPAREN, SPAREN, SPAREN. AUSTERITÄTSPOLITIK IM NEUEN SCHULDENZEITALTER?
Diskussion und Kurswechsel-Heftpräsentation mit:
Wolfgang EDELMÜLLER und Georg FEIGL, Moderation: Maria MALTSCHNIG (BEIGEWUM)
Die europäische Schuldenkrise beherrscht die wirtschaftspolitischen Debatten. Obwohl die gestiegene Staatsverschuldung im Euroraum eine Folge der 2007 ausgebrochenen Finanz- und Wirtschaftskrise ist, wird sie fast ausschließlich unter dem Gesichtspunkt staatlicher Überschuldungspolitik verhandelt. Was beinhalten die Konsolidierungspakete in Europa? Welche ökonomischen, sozialen, geschlechter- und demokratiepolitischen Auswirkungen haben diese Politiken? Sind sie ökonomisch und politisch tragfähig? Welche Alternativen sind möglich im Sinne einer keynesianischen Budget- und Wirtschaftspolitik? Welche offensiven/emanzipatorischen Antworten zur Finanz- und Staatsschuldenkrise sind notwendig?
Spanien als Musterbeispiel für scheiternde europäische Austeritätspolitik
Trotz – bzw. gerade wegen – mehrerer Sparpakete und Schuldenbremse in der Verfassung findet Spanien keinen Halt. Zusätzlich zur prognostizierten Schrumpfung der Wirtschaft um 1,7 % und weiterhin steigender Arbeitslosigkeit (Stand Februar: 23,6 %; Jugendarbeitslosigkeit 50,5 %) kommt nun ein neuerliches Sparpaket, das die Rezession merklich verschärfen wird. Damit entwickelt sich das budgetpolitisch vor der Krise als vorbildlich geltende Spanien neuerlich zu einem Vorzeige-Mitgliedstaat – diesmal allerdings für eine scheiternde europäische Austeritätspolitik.
Mehrere Faktoren tragen zu diesem Scheitern bei. Der wichtigste ist die Wirtschaftskrise, die aufgrund der nationalen Immobilienkrise deutlich stärker ausfiel und auch nicht so rasch überwunden werden konnte wie zB in Deutschland und Österreich. Die Arbeitslosigkeit hat sich in den letzten drei Jahren beinahe verdreifacht, wodurch ein immenser Steuerausfall sowie ein hoher Anstieg der Sozialkosten folgten. Gleichzeitig kamen die Banken aufgrund der geplatzten Immobilienblase in besondere Bedrängnis. Der Staat hatte damit besondere Belastungen zu tragen und ein Konjunkturpaket zu finanzieren, um den Absturz zu bremsen. So drehte der Maastricht-Saldo von einem Überschuss von knapp 2 % des BIP 2007 auf ein Rekorddefizit von 11,2 % des BIP 2009.
Ein weiterer Faktor ist die politische Dynamik. Der Plan der sozialdemokratischen Minderheitsregierung Zapatero bestand 2009 aus Optimismus und einem ambitionierten mittelfristigen Konsolidierungsplan, der die EU-Vorgaben – mind. ‑6 %p. in den kommenden vier Jahren – übererfüllen würde. Dieser Plan scheiterte im Frühjahr 2010, als in Folge der Griechenland-Panik die Zinsen auf spanische Staatsanleihen in ungeahnte Höhen schossen, die negative Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung weiter ging und gleichzeitig auf Europäischer Ebene klargestellt wurde, dass es keine wesentliche Hilfe zu erwarten gab. Ein hartes Not-Sparprogramm sollte sicherstellen, dass die europäische Konsolidierungsvorgabe von durchschnittlich 1,5 %p. des BIP pro Jahr bereits 2010 und 2011 erfüllt werden – trotz prognostizierter Rezession 2010.
Gefangen in der Spirale nach unten
2010 wurden die Ziele auch weitgehend erfüllt, allerdings nicht 2011: Statt den angestrebten 6 % erreichte das Defizit 8,5 % des BIP. Schuld war allerdings nicht die alte, Ende November abgewählte Zentralregierung. Die hatte ihr Sparprogramm trotz deutlich schlechterer Beschäftigungs- und damit Budgetentwicklung durchgezogen. Mit einem Defizit von 5,1 statt 4,8 % des BIP verfehlte sie ihr Ziel nur knapp (bzw. 5,2 statt 4,4 %p. inklusive Sozialversicherung). Der überwiegende Teil der Defizit-Verfehlung ging auf die Konten der fast ausschließlich konservativ regierten Bundesländer (die aber ebenfalls erhebliche Sparanstrengungen unternahmen). Bezeichnend für den eisernen Sparwillen war eine Meldung in ElPaís Anfang Oktober, wonach der öffentliche Sektor in einigen Monaten bereits einen größeren Beitrag zum Zuwachs zur Arbeitslosigkeit lieferte als der private.
Wie auch immer, mit diesem hohen Defizit-Startwert und der sich verschärfenden Rezession (statt dem Ende 2010 prognostizierten Wachstum von 1,7 % wird nun mit minus 1 bis 2 % gerechnet) wurde klar, dass 2012 weder das ursprüngliche Defizitziel von 5,3 % des BIP vom Juni 2010 noch das bis Jahresende 2011 aufrecht erhaltene ambitionierte Ziel von 4,4 % des BIP erreicht werden können. Daran wird auch der eben erst beschlossene radikale Abbau der Arbeitsmarktstandards (bei Umsatzrückgang dürfen ArbeitgeberInnen Arbeitsverträge verschlechtern, leichtere Kündigung auch langjährig Beschäftigter, etc.), der gemäß OECD, EU-Kommission und spanischer Regierung Beschäftigung schaffen soll, nichts ändern.
Europäische Wirtschaftspolitik versagt
An dieser Stelle kommt der Faktor „Versagen der europäischen Wirtschaftspolitik“ zu tragen. Am spanischen Beispiel offenbarte sich die Absurdität der Economic-Governance/Six-Pack/Fiskalpakt-Debatte: Obwohl es eine Konjunkturklausel gibt, die eine Streckung des Konsolidierungspfades problemlos erlauben würde, und obwohl selbst die verschärften Sparvorgaben hinsichtlich des mittelfristigen strukturellen Defizits wie auch schon vor der Krise eingehalten werden, wird beides ignoriert und weiterhin an der dümmsten aller Vorgaben – nämlich dem von der Konjunkturentwicklung maßgeblich bestimmten Maastricht-Defizit – festgehalten. Der Rat der FinanzministerInnen kam der spanischen Regierung nur insofern entgegen, als dass nun wieder die alte Prognose für den Defizitpfad mit 5,3 % des BIP 2012 (neben den unveränderten 3 % im Jahr 2013) als verpflichtender Zielwert gilt. Detail am Rande: gemäß ElPaís übte sich eine kleine Gruppe von HardlinerInnen – darunter natürlich auch die österreichische Vertreterin – in völliger Realitätsverweigerung mit der Forderung Spanien müsse am Defizit-Ziel von 4,4 % des BIP festhalten.
Mit diesem Beschluss haben die europäischen FinanzministerInnen eines klar zum Ausdruck gebracht: Es ist ihnen ernst mit der in der Reform der Economic Governance angelegten und mit dem Fiskalpakt vollendeten Verunmöglichung einer ausgewogenen Wirtschaftspolitik. Immerwährende Austeritätspolitik plus Wettbewerbsfähigkeit stehen über Wohlstand, dessen Verteilung, niedrige Arbeitslosigkeit oder ökologische Nachhaltigkeit. Die spanische Regierung bemüht sich trotzdem diesbezüglich Musterschülerin zu bleiben: Statt Programme gegen die grassierende Arbeitslosigkeit, Armut oder für leistbare Wohnungen (seit 2008 wurden bereits etwa 1 % der Haushalte delogiert; selbst Erwachsene müssen vielfach bei ihren Eltern wohnen) wurde vergangenen Freitag das bereits zweite Sparpaket in nur 100 Tagen präsentiert. Die Konsolidierung der Zentralregierung soll 27,3 Mrd Euro (über 2,5 % des BIP) betragen. Hinzu kommt eine Vereinbarung mit Länder und Gemeinden, wonach diese ihr Defizit 2012 um 1,7 % des BIP senken müssen (wobei ein unbestimmter Teil davon bereits in den 2,5 % aus dem Zentralregierungspaket enthalten sein dürfte).
Scheitern vorprogrammiert
Dieser Plan wird allerdings nicht genügen um das Defizit tatsächlich ausreichend zu senken, da die negativen Rückkoppelungseffekte auf Wachstum und Beschäftigung nicht eingerechnet zu sein scheinen. Die Kürzungen in den Ministerien von durchschnittlich 17 % werden jedoch sehr deutliche Auswirkungen haben – vor allem da bei Investitionen oder aktiver Arbeitsmarktpolitik überproportional gespart wird. Damit wird die Jugendarbeitslosigkeit wohl noch länger über 50 % bleiben und die soziale Krise verschärfen.
Interessant ist die Reaktion auf europäischer Ebene: das deutsche EZB-Direktoriumsmitglied forderte gemäß ElPaís, dass das Konsolidierungspaket per Notstandsgesetzgebung beschlossen werden sollte um eine schnellstmögliche Umsetzung sicherzustellen. Was das alles mit glaubwürdiger Budgetpolitik oder einer Überwindung der Krise in der Eurozone zu tun hat, so wie auf europäischer Ebene mehrfach fantasiert wurde, bleibt ein offenes Rätsel. Es würde im Gegenteil nicht überraschen, wenn damit die wirtschaftliche Situation in der Eurozone neuerlich belastet würde – mit all den negativen Konsequenzen für alle Mitgliedstaaten. Trotzdem ist nicht auszuschließen, dass der Kurs in der Eurozone wie in Spanien selbst unverändert bleibt und auch in den nächsten 100 Tagen Amtszeit der neuen spanischen Regierung ein weiteres Sparpaket verabschiedet wird um die europäischen Vorgaben einzuhalten. Schließlich geht es ja um die Glaubwürdigkeit der europäischen Austeritätspolitik …
EU-Fiskalpakt: Das programmierte Desaster
Als die 25 StaatenlenkerInnen den EU-Fiskalpakt unterzeichneten, haben sie seine Folgen nicht begriffen. Das Ziel war doch so klar – Schluss mit dem Schuldenmacherei! – und die Regeln doch so einfach:
- Jeder Vertragsstaat darf nur mehr ein strukturelles (konjunkturbereinigtes) Haushaltsdefizit von maximal 0,5% des BIP aufweisen (Defizitkriterium).
- Jedes Jahr muss die Staatsschuld um ein Zwanzigstel der Differenz zwischen der aktuellen Schuldenquote und dem Zielwert von 60% abbauen (Schuldenkriterium).
- Jedes Vertragsland kann ein anderes beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen Regelverletzung anzeigen, dieser prüft und verhängt Strafen.
Die Folgen: Nach dem Defizitkriterium muss etwa Spanien sein Defizit von 8,5% des BIP so rasch wie möglich beseitigen. Vereinbart sind mit der Europäischen Kommission Zielwerte von 5,4% (2012) und 3,0% (2013). Angesichts der schweren Rezession (das BIP schrumpft heuer um 2%) und extrem hoher Arbeitslosigkeit verschlimmert das Sparen die Lage immer mehr.
Annahme: Eine Defizitreduktion um einen BIP-Prozentpunkt reduziert das BIP in gleichem Ausmaß (Multiplikator = 1), gleichzeitig kommt die Inflation zum Stillstand (nicht zuletzt infolge sinkender Löhne). Dann wird das nominelle BIP durch die Sparpolitik 2012 und 2013 um jeweils 5% schrumpfen. Wird das Sparziel (dennoch) erreicht, so müsste Spanien nach dem Defizitkriterium des Fiskalpakts nicht weiter sparen, obwohl das Gesamtdefizit noch immer 3% beträgt.
Grund: Das aktuelle BIP läge 2013 um mehr als 5% unter dem Potentialoutput (wegen des durch die Sparpolitik vertieften Wirtschaftseinbruchs), die Konjunkturkomponente des Gesamtdefizits wäre zumindest 2,5%, das konjunkturbereinigte („strukturelle“) Defizit also kleiner als 0,5% des BIP.
Nun aber entfaltet das Schuldenkriterium seine Wirkung. 2012 und 2013 steigt die spanische Staatsschuldenquote (Relation der Schulden zum BIP) von 70% auf fast 90% (!). Dazu tragen die Budgetdefizite 8,4 BIP-Prozentpunkte bei (5,4 plus 3,0). Noch stärker ins Gewicht fällt die Schrumpfung des BIP (des Nenners) um 10%. Folge: Nach dem Schuldenkriterium muss Spanien jetzt 20 Jahre lang Jahr 1,5% des BIP einsparen (1/20el von 90% minus 60%)…..
Verordneter Weg in die Depression
Fazit: Die „Verzahnung“ von Defizit- und Schuldenregel im Fiskalpakt verordnet (fast) allen EU-Ländern den „griechischen Weg“ in die Depression. Sparmaßnahmen reduzieren zwar das Defizit, aber gleichzeitig das BIP, die Staatsschuldenquote steigt, und das erzwingt ein (nahezu) permanentes Sparen. Der europäische Sozialstaat wird so konsequent stranguliert. Das hat der EZB-Chef Draghi richtig erkannt.
Beispiel Italien: Die Staatsschuldenquote beträgt 120%, Italien müsste also 20 Jahre lang 3% des BIP einsparen, Jahr für Jahr…… Wichtig: Die für das Europäische Sozialmodell verheerende Wirkung des Fiskalpakts liegt nicht in der viel diskutierten Schuldenbremse nach deutschem Vorbild (= Defizitkriterium), sondern im Schuldenkriterium – über dieses ist kaum berichtet, geschweige denn öffentlich diskutiert worden. Danach müssen nämlich alle wichtigen EU-Länder permanent und gleichzeitig konsolidieren. Wer so etwas beschließt, hat das 1 mal 1 der Makroökonomie nicht begriffen.
Ein weiterer Fundamentalfehler: Die Zielgröße einer Schuldenquote von 60%. Dieser Wert hatte 1992 als Teil der Maastricht-Kriterien seine Berechtigung. Damals glaubte man, (nominelle) BIP würde langfristig um 5% pro Jahr steigen. In diesem Fall konvergiert die Staatsschuldenquote gegen den Wert von 60%, wenn das Budgetdefizit permanent bei der Maastricht-Obergrenze von 3% des BIP liegt (3/5=0,6).
Tatsächlich ist aber das nominelle BIP der Euroländer seit 1992 lediglich um 3,5% pro Jahr gestiegen. Daraus ergäbe sich ein höherer Grenzwert der Staatsschuldenquote, nämlich 86% (3/3,5). Soll aber das Gesamtdefizit mittelfristig nur 0,5% des BIP betragen wie im EU-Fiskalpakt vorgesehen, dann dürfte der Zielwert der Staatsschuldenquote nur bei 14% liegen (0,5/3,5). Italien müsste dann 20 Jahre lang seine öffentlichen Schulden um 5,3 BIP-Prozentpunkte pro Jahr abbauen.
Vernaderung als Solidaritätsbekundung
Komplettiert wird der Pakt durch den (Vernaderungs)Artikel 8: Demnach werden Strafverfahren gegen „Zuwenig-Sparer“ (nur) durch (wechselseitiges) Anzeigen der Vertragsländer beim EuGH initiiert. Das Gericht kann dann Strafen bis zu 0,1% des BIP verhängen (etwa 300 Mill. € im Fall von Österreich).
Allerdings müssten die Richter ein mehrjähriges Ökonomiestudium nachholen, um die diffizilen Fragen überhaupt zu verstehen, die beim Versuch einer Quantifizierung von Potentialoutput und strukturellem Defizit auftreten. Die Wirtschaftswissenschafter haben dazu trotz jahrzehntelangem Bemühen keine einheitlichen Antworten finden können.
Endgültig als Farce erkennbar wird der Pakt daran, dass er ja gar nicht Teil des EU-Rechts ist (weil England und Tschechien nicht mitmachen). Daher können die 25 Partner auch keine EU-Institutionen wie EuGH oder Kommission mit Pakt-Aufgaben betrauen. Vielmehr müssten sich die 25 Länder als europäischer Sparverein konstituieren („Die 25-er“), der seine eigenen Organe bildet, etwa auch ein Schiedsgericht.
Totgeburt in spe
Juristen nennen Normen, welche nicht mehr anwendbar sind, „totes Recht“. Beim Fiskalpakt handelt es sich um eine „Totgeburt in spe“. Allerdings: Bis zur Ausstellung des Totenscheins kann dieser Unsinn enormen Schaden anrichten. Seine Ratifizierung in den nationalen Parlamenten zu verhindern, ist der BürgerInnen erste Pflicht.
Dieser Beitrag erschien bereits in der Vorwoche im Falter 12/2012.
18.3.12: Quo Vadis Ungarn? Diskussion
Quo vadis Ungarn?
Diskussion am Sonntag, 18. März 2012, 18.00 Uhr im Republikanischen Club (Rockhgasse 1, 1010 Wien)
Mit Susan Zimmermann (Prof. f. Geschichte Budapest) und István Grajczjár (Ass.Prof. f. Soziologie Budapest); Moderation Julia Hofmann (BEIGEWUM)
Wie konnte aus Ungarn ein Nährboden für rechtsradikale Parteien werden? Wie lässt sich die innen- und wirtschaftspolitische Strategie der Regierung Orbán einschätzen? Was sind die Folgen der politischen Weichenstellungen für Ungarn, Europa und Österreich im Besonderen? Welche Konsequenzen soll die Europäische Union ziehen? Welche Chancen haben emanzipatorische Ideen und Projekte in Ungarn heute?
Neues BEIGEWUM Buch: „Imagine Economy“ ist da!
Jetzt ist es da: Das neue Beigewum-Buch „imagine economy. Neoliberale Metaphern im wirtschaftspolitischen Diskurs“!
Präsentationsveranstaltung:
„Vom >Rettungsschirm< zur >Schuldenbremse<: Metaphern in der Wirtschaftspolitik“
Montag, 23.4. 19:30 im Hörsaal M13a (Akademie der bildenden Künste, Schillerplatz 3, 1010 Wien, nach dem Eingang rechts, im 1.Stock)
Mit Ruth Wodak, Anita Roitner und Maria Maltschnig, Agnieszka Czejkowska und Beat Weber
In den Beiträgen dieses Bandes werden die Bilder und Assoziationen, die mit neoliberalen Metaphern transportiert werden, explizit gemacht und ihre Konnotationen und Ausblendungen kritisch beleuchtet. In der wirtschaftspolitischen Debatte wird mit Metaphern wie »Rettungsschirm«, »Schuldenbremse« (als Leseprobe hier), »schlanker Staat«, »soziale Hängematte«, »Leistungsträger« etc. versucht, gewisse Interpretationen und Wertungen ökonomischer Sachverhalte durchzusetzen, und damit bestimmte Maßnahmen zu legitimieren und andere zu diskreditieren. Dieses Buch bietet ein kleines Glossar der wichtigsten Metaphern im wirtschaftspolitischen Diskurs. Es sind zumeist solche, die ein neoliberales Weltbild und eine ebensolche Agenda transportieren. Das AutorInnenkollektiv liefert aber auch Beispiele für Metaphern und Bilder, die Wunschvorstellungen von einer emanzipativen Veränderung eine Form geben. Den Welterfindungs-Projektionen der Neoliberalen und der Unternehmen werden so alternative Bildproduktionen entgegengesetzt. Imagine Economy… differently!
Mit einem Vorwort von Ruth Wodak, Textbeiträgen von Hans Asenbaum, Klemens Himpele, Louise Horvath, Alban Knecht, Bernhard Leubolt, Susanne Mayer, Katharina Meichenitsch, Katharina Muhr, Michaela Neumayr, Walter Ötsch, Oliver Prausmüller, Armin Puller, Philipp Poyntner, Daniel Siegrist, Anita Roitner, Elisabeth Springler und Beat Weber, sowie Bildbeiträgen von Linda Bilda, elffriede.interdisziplinäre.aufzeichnensysteme, Laas und Eva Vasari.
BEIGEWUM (Hg.): imagine economy. Neoliberale Metaphern im wirtschaftspolitischen Diskurs (Arts & Culture & Education Band 7. Hg. von Agnieszka Czejkowska im Löcker Verlag. Broschur, ca. 180 Seiten, zahlreiche Farbabb., € 14,80, ISBN 978–3‑85409–614‑6)
Hörmanns Zinskritik
In den Medien wird derzeit über die Rolle von Franz Hörmann im Zusammenhang mit einer antisemitischen Wirtschaftskritik, die an die Occupy-Bewegung anzudocken versucht, diskutiert.
In der Debatte wird jedoch selten auf die problematischen ökonomischen Thesen eingegangen, durch die Hörmann populär geworden ist. Dazu ein Auszug aus dem Editorial der nächsten Ausgabe des Kurswechsel:
Der Betriebswirtschafter Franz Hörmann hat in Österreich mit Publikationen öffentliche Aufmerksamkeit erregt, die die „Zinskritik“ wiederbeleben (Hörman/Pregetter 2011: „Das Ende des Geldes“). In dieser Wirtschaftsanalyse wird das Gläubiger-Schuldner-Verhältnis in den Vordergrund gestellt, und in der Verzinsung von Krediten die Ursache für Systemprobleme gesehen. Hörmann zufolge ist das zentrale Problem, dass Banken Geld als Kredit aus dem Nichts schöpfen, aber dabei die Zinsen nicht mitgeschöpft werden. Deshalb sei für Rückzahlung plus Zinsen zu wenig Geld da und der Zusammenbruch unvermeidlich. Sein Beispiel: Auf einer Insel mit 10 EinwohnerInnen eröffnet eine Bank und verleiht an jede Person 10 Goldstücke für ein Jahr zu einem Zinssatz von 10%. Nach einem Jahr werden in Summe 110 Goldstücke fällig. Die BewohnerInnen würden deshalb im Lauf des Jahres versuchen, sich gegenseitig Goldstücke abzujagen, würden also zur Konkurrenz gezwungen, um die Rückzahlung plus Zinsen aufzubringen. Es gibt aber insgesamt nur 100 Goldstücke, folglich seien letztlich Konkurse und Beschlagnahmung von Sicherheiten durch die Bank die unausweichliche Folge. Die Kreditwirtschaft sei somit ein Betrugs- und Enteignungsmodell. Hörmann sieht die aktuelle Überschuldungskrise in Europa als Ausdruck dieser Mechanismen.
Das ist ein sehr schönes Beispiel, weil sich an ihm zentrale Irrtümer der Zinskritik veranschaulichen lassen.
Erstens beachtet sie nur die Zirkulationssphäre und blendet den Verwendungszweck der Kredite, und damit die Produktion völlig aus. Der Kapitalismus dreht sich aber um Mehrwertproduktion, und Kredite sind das Mittel für Unternehmen, um diese zu starten: Sie sind kein Zwang, der Unternehmen erst in Konkurrenz versetzt, sondern die Konkurrenz bringt Unternehmen dazu, freiwillig Kredite aufzunehmen, um Mehrwert produzieren zu können. Die Geschäfte zwischen den InselbewohnerInnen, sofern es sich um eine kapitalistische Insel handelt, bestehen nicht aus wechselseitiger Übervorteilung im geldvermittelten Tauschhandel, wie das in Hörmanns Beispiel anklingt. Sondern es werden mit Hilfe der Kredite im Erfolgsfall neue Werte geschaffen, die mehr Geld einbringen als die Summe ihrer Bestandteile. Kreditgeld fungiert hier als Kapital, nicht bloß als Zahlungsmittel.
Zweitens ist die Geldmenge als Summe der zirkulierenden Zahlungsmittel keine Beschränkung für die Kreditrückzahlung plus Zinsen: Ein und dasselbe Goldstück aus dem obigen Beispiel kann für eine Vielzahl von Zahlungen durch verschiedene InselbewohnerInnen benutzt werden – Geld zirkuliert (deshalb ist die Umlaufgeschwindigkeit ein großes Thema in der ökonomischen Theoriegeschichte). Die Zinsen, die die Bank von einem Schuldner erhält, fließen wieder in den Wirtschaftskreislauf zurück (weil damit u.a. Bankangestellte, ‑aktionärInnen und SparkundInnen bezahlt werden, die dieses Geld wiederum ausgeben können), und erlauben den nächsten, ihre Rechnungen zu begleichen etc. Abgesehen davon ist die Annahme abwegig, dass sämtliche Kredite einer Wirtschaft zum selben Zeitpunkt auf einmal fällig werden.
Dass es zu ungleichen Verteilungsprozessen kommt, ist zwar nicht zu bestreiten: Im Kapitalismus gilt die Kapitalakkumulation als Imperativ. Aber Zinsen sind nur ein Aspekt davon. Unternehmensgewinne, Spitzeneinkommen, Erbschaften und Finanzgeschäfte sind die zentralen Quellen für wachsende Ungleichheit: Durch Einstreifen der Zinsen auf braves Sparbuch-Sparen ist hingegen noch niemand reich geworden.
Die Zinskritik schließt an traditionelle Vorbehalte gegen Geldverleih und Zinsen an, die durch die jüngste Finanzkrise in der öffentlichen Meinung wieder Auftrieb erhielten. Mit diesem Fokus verfehlt sie jedoch zentrale Mechanismen des geltenden Wirtschaftssystems und ihr Verständnis der Funktionsweise von Geld beruht auf folgenschweren Missverständnissen. Dass entsprechende Ansätze häufig eine Nähe zu Antisemitismus aufweisen, ist auch kein Zufall.
S&P als Stimme der Vernunft?
Niemand kann oder will die Botschaft der Rating-Agentur Standard & Poors verstehen. Dabei sind die Analysen der Rater wesentlich vernünftiger als das was an Unsinn durch die österreichischen Medien geistert.
Das international renommierte Fachblatt für Wirtschaftfragen „Heute“ hat mittels zehn Fragen Österreichs Kreditwürdigkeit erläutert. Frage 7: „Wie kann Österreich den AAA-Status wiederbekommen“? beantwortet „Heute“ wie folgt: „Durch rasche Sparmaßnahmen. Gerade die hohen Schulden haben zur Herabstufung geführt (…)“ Das ist nur die simpelste Wiedergabe dessen, was fast alle MeinungsmacherInnen dieser Tage mit sorgenvoller Miene verkünden: Wir hätten die AAA-Bonität wegen mangelnder Sparanstrengungen verloren. Niemand hat es überprüft aber alle wissen: Nur harte Reformen und eisernes Sparen können uns aus der Schuldenkrise führen. Doch lassen wir Standard & Poors (S&P) einmal selbst sprechen und schauen wir, was in ihrem aktuellen Report zu lesen ist:
„Wir sind auch der Auffassung, dass die Gipfelvereinbarung (EU-Gipfel vom 9.12.) von einer lediglich einseitigen Interpretation der Ursachen der Staatsschuldenkrise geprägt ist, nämlich dass die derzeitigen finanziellen Unsicherheiten primär von mangelnder budgetärer Disziplin in den Peripheriestaaten der Eurozone herrühren. Nach unserer Meinung sind die finanziellen Probleme in der Eurozone jedoch gleichermaßen ein Ergebnis der steigenden außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte und auseinanderlaufender Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Kernländern der Eurozone und den sogenannten Peripheriestaaten. Daher glauben wir, dass ein Reformprozess, der einseitig auf fiskalischen Sparmaßnahmen beruht, unwirksam sein könnte, indem die Inlandsnachfrage in gleichem Maße sinkt wie die Sorge der Verbraucher um ihre Arbeitsplätze und ihre verfügbaren Einkommen steigt und damit die nationalen Steuereinnahmen erodieren“.
Das hört sich doch ganz anders an als „Sparen, Sparen, Sparen“. Kann es sein, dass „den Gürtel enger schnallen“ und „sich von liebgewordenen Gewohnheiten trennen“ überhaupt nicht den Empfehlung von Standard & Poors entspricht? S&P Chefanalyst Moritz Krämer hatte im Ö1-Mittagsjournal selbst die Gelegenheit Stellung zu nehmen. Weil für Ö1-Journalist Volker Obermayer die Antworten scheinbar ohnedies schon feststanden, gab er sie sich in der Frage auch gleich selbst: „Vermissen Sie den eisernen politischen Willen, die Konsequenzen aus der Lage zu ziehen. Also nachhaltig die Budgets zu sanieren, Strukturreformen durchzuziehen?“ Zur Überraschung aufmerksamer HörerInnen kommt von Krämer keine Bestätigung: „Viel wichtiger für uns – um wieder den Fokus auf die europäische Ebene zurückzuführen – ist, dass es nach unserem Dafürhalten die Krise gar nicht vor allem eine Budgetkrise ist oder eine öffentliche Schuldenkrise, sondern eine Krise die dadurch ausgelöst wurde, dass sich die wirtschaftlichen Entwicklungen und die Wettbewerbsfähigkeiten in der Eurozone in den letzten zehn Jahren diametral in Richtung auseinander bewegt haben. Durch Schuldenbremsen europaweit lässt sich dieses Problem nicht eindämmen.“
keynesianische Krisendiagnose
Unglaublich aber wahr: Die Rating-Agentur Standard & Poors hat im Kern die gleiche Krisendiagnose wie zB etwa das keynesianisch orientierte Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung in Düsseldorf (IMK). Der Befund ist kurz gesagt der folgende: Nicht nur die öffentlichen, sondern auch die privaten Schulden bedürfen einer politischen Berücksichtigung. Wenn die Guthaben des privaten Sektors die Schulden des Sektors Staat in einer Volkswirtschaft nicht übertreffen, oder die Privaten in Summe unterm Strich sogar selbst verschuldet sind, ist das ein direktes Resultat der negativen Außenhandelsbilanz der entsprechenden Volkwirtschaft. Diese Leistungsbilanzungleichgewichte entstehen auf Grund der unterschiedlichen Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit der Staaten im Euroraum, was wiederum damit zu tun hat, dass die südeuropäischen Staaten wegen der gemeinsamen Währung mangels Abwertungsventil keine Möglichkeit haben, die Lohnzurückhaltung im Norden – allen voran in Deutschland – zu kompensieren.
Diese Sichtweise auf die Ursachen der aktuellen Krise ist wesentlich differenzierter als der ausschließliche Fokus auf die öffentlichen Haushalte. Standard & Poors hat offensichtlich Leute, die clever und weitsichtig genug sind, das zu erkennen. Wieso? Ganz einfach, weil diese AktuerInnen Interesse daran haben, dass ihre Veranlagungen nicht wertlos werden und sie pragmatisch jede Politik unterstützen, die in der Lage ist das Vertrauen wiederherzustellen und den Finanzsektor nicht beim Kohle scheffeln stört.
Gleichzeitig müssen wir aber leider feststellen, dass die in Österreich veröffentlichte Meinung die Analysen von S&P ignoriert bzw. vollständig aus einem vorgefertigten und unverrückbaren Korsett heraus uminterpretiert. Beispielhaft hierfür etwa Bernhard Felderer (IHS) in „Im Zentrum“: „(…) Ich glaube entscheidend ist dass wir jetzt alle erkennen, es gibt keinen anderen Weg als Schuldenbremse als Verfassungsgesetz, als weitere Konsolidierungen.“
Natürlich weiß auch die gastgebende Moderatorin und neuerdings Finanzexpertin Ingrid Thurnher, dass der Staatshaushalt der Kern des Problems ist, wie sie eine ganze „Im Zentrum“-Sendung unmissverständlich klar machte.
Das weiß die amtierende Finanzministerin Maria Fekter () zu bestätigen: „Das was wir haben ist nicht ein wirtschaftliches Problem, ist nicht ein Problem der Realwirtschaft. (…) Das was wir haben ist ein Problem der Staaten und da der Schulden und der Defizite und Haushalte.“
Der angeblich sozialdemokratische österreichische Notenbankchef Ewald Nowotny bezeichnet die PragmatikerInnen von Standard & Poors gar als politisch motiviert. Das ist insofern besonders ulkig, weil es die europäische Wirtschaftspolitik ist, die außer den öffentlichen Haushalten kein Thema mehr kennt. Das ist Ideologie pur, eine ausgeglichene Politik würde ja alle Ursachen der aktuellen Krise – Bankenprobleme, Leistungsbilanzungleichgewichte, Verteilungsprobleme, öffentliche Haushalte – unter die Lupe nehmen. Ideologie zeichnet sich genau durch eine absichtliche Einschränkung der Wahrnehmung aus. Insofern ist S&P weiter als die EntscheidungsträgerInnen in der Europäische Union. Noch dümmer argumentieren nur Abgeordnete der CDU im Online-Standard „CDU-Fraktionsvize Michael Fuchs spricht von „Attacken auf den Euro“ aus den USA. Der CDU-Europa-Politiker Elmar Brok sagt in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, die Abstufung käme in der Konsequenz „fast einem Währungskrieg“ gleich.“ Es ist völlig absurd zu glauben, irgendwer in den USA hätte Interesse an einem Kollaps des Euro. Die Portfolios der AkteurInnen am Finanzmarkt sind international diversifiziert, da besteht mit Sicherheit kein Interesse daran, dass eine der großen Währungen in denen man investiert ist krachen geht.
Sind Rating-Agenturen das Zentrum des Bösen?
Bei aller Kritik an den Ratingagenturen muss man eines sagen: Ratingagenturen sind einfach Teil eines Systems, dessen Entwicklung durch politische Entscheidungen zugelassen und sogar gefördert wurde. Ratingagentur sind nicht unmoralisch, sondern amoralisch, weil sie innerhalb einer Systemlogik ihre Aufgabe erfüllen. S&P will einfach die Krise überleben und wieder ordentlich Geld verdienen. Deshalb sind sie im Zweifelsfall offensichtlich pragmatisch.
Das Zentrum des Bösen sind offenbar weder die Rating-Agenturen, noch das Finanzkapital, sondern es ist die Ideologie. Und zwar die Spar- und Austeritätsideologie, die in Europa von 90% aller Opinion Leader nachgebetet wird. Keine Industrie, weder binnen- noch exportorientierte, ja nicht einmal die aufgeblähte und überflüssige Finanzindustrie haben irgendetwas von dieser Sparpolitik.
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