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Deutschland – Totengräber der Währungsunion?

30. April 2010 – 16:14 Uhr

Die Wei­ge­rung der deut­schen Bun­des­re­gie­rung, Grie­chen­land in der sich seit Mona­ten zuspit­zen­den Schul­den­kri­se unter die Arme zu grei­fen, hat die grie­chi­sche Kri­se zu einer euro­päi­schen Kri­se wer­den las­sen. Mehr noch, mitt­ler­wei­le steht die Zukunft der Wäh­rungs­uni­on auf dem Spiel. Dar­über ent­schei­den wird maß­geb­lich das Ver­hal­ten der deut­schen Politik.

 

Das vor allem in Deutsch­land – aber auch in Öster­reich – ver­brei­te­te Grie­chen­land-Bashing und das kaum ver­hoh­le­ne Wie­der­auf­le­ben anti-grie­chi­scher Res­sen­ti­ments, ist nicht nur öko­no­misch gefähr­lich, son­dern wird die kul­tu­rel­le Kluft zwi­schen den Mit­glieds­staa­ten der EU ver­tie­fen und damit die Fun­da­men­te einer wei­ter­ge­hen­den poli­ti­schen Inte­gra­ti­on aus­höh­len. Wer am Pro­jekt Euro­pa fest­hal­ten will, soll­te gera­de in der Kri­se nicht popu­lis­ti­schen Ver­kür­zun­gen erlie­gen, son­dern eine aus­ge­wo­ge­ne Ursa­chen­for­schung betrei­ben. Das bedeu­tet zum ers­ten, anzu­er­ken­nen, dass es haus­ge­mach­te Feh­ler der grie­chi­schen Wirt­schafts­po­li­tik der letz­ten 10 Jah­re gege­ben hat – so war das Bud­get­de­fi­zit vor Aus­bruch der Kri­se bei hohen 5%. Die der­zei­ti­ge Höhe des Defi­zits (13%) ist aber maß­geb­lich auf den Aus­bruch der glo­ba­len Finanz­kri­se zurück­füh­ren. Es kann nicht als Ver­sa­gen des grie­chi­schen Staats gel­ten. Die Grie­chen sind auch ent­ge­gen vor­herr­schen­der Vor­ur­tei­le nicht faul. Das Pro­duk­ti­vi­täts­wachs­tum Grie­chen­land über­stieg das deut­sche um das Dop­pel­te seit Ein­füh­rung des Euro im Jahr 1999. Die Grie­chen sind auch das Volk mit der längs­ten jähr­li­chen Arbeits­zeit in Europa.

 

Zum Zwei­ten muss man ganz klar sagen, dass Deutsch­land selbst eine Geschich­te als Bud­get­sün­der hat. So wur­de in den Jah­ren 2001–2005 das Defi­zit­kri­te­ri­um des Sta­bi­li­täts­pakts regel­mä­ßig ver­letzt. Auf maß­geb­li­ches Drän­gen der deut­schen Regie­rung ist es 2005 zu einer Auf­wei­chung des Sta­bi­li­täts­pakts gekom­men. Übri­gens ist die deut­sche Bun­des­re­gie­rung damals kläg­lich mit dem Ver­such geschei­tert, sein Bud­get durch Spar­pro­gram­me zu sanie­ren. Genau das wird jetzt aber von Grie­chen­land ver­langt. Die Regie­rung Mer­kel misst also mit zwei­er­lei Maß, wenn es jetzt Grie­chen­land und ande­ren EU-Staa­ten bru­ta­le Spar­pro­gram­me auf­zwin­gen will.

 

Drit­tens hät­te es gar nicht soweit mit Grie­chen­land kom­men müs­sen. Die regel­rech­te Ver­zö­ge­rungs­tak­tik der Bun­des­re­gie­rung wäh­rend der letz­ten Mona­te bei der Aus­ar­bei­tung des Hilfs­pa­kets hat zu einer mas­si­ven Ver­un­si­che­rung auf den Finanz­märk­ten geführt und Spe­ku­lan­ten auf den Plan geru­fen, die auf einen Staats­bank­rott Grie­chen­lands gewet­tet haben. Daher das Explo­die­ren der Risi­ko­auf­schlä­ge auf grie­chi­sche Staats­an­lei­hen der letz­ten Wochen. Bei einer raschen Ret­tungs­ak­ti­on wäre eine sol­che Dyna­mik erst gar nicht entstanden.

 

Vier­tens ver­stellt der herr­schen­de wirt­schafts­po­li­ti­sche Dis­kurs in Deutsch­land den Blick auf die öko­no­mi­schen Funk­ti­ons­be­din­gun­gen einer Wäh­rungs­uni­on. Der ers­te Grund­satz lau­tet, dass die makro­öko­no­mi­sche Sta­bi­li­tät einer Wäh­rungs­uni­on nur dann gewähr­leis­tet wer­den kann, wenn es zu einer rea­len Kon­ver­genz von Prei­sen und Löh­nen kommt. Hier­bei spielt die Lohn­po­li­tik eine zen­tra­le Rol­le. Nur wenn die Lohn­ab­schlüs­se in den Mit­glieds­staa­ten sich an der Ziel­in­fla­ti­ons­ra­te der EZB und dem natio­na­len Pro­duk­ti­vi­täts­wachs­tum ori­en­tie­ren, kann ver­hin­dert wer­den, dass es zu einer Aus­ein­an­der­ent­wick­lung der Lohn­stück­kos­ten kommt. Gelingt dies nicht, kommt es unwei­ger­lich zu Ver­än­de­run­gen der preis­li­chen Wett­be­werbs­fä­hig­keit der natio­na­len Export­in­dus­trien, die dann wie­der­um zu stei­gen­den Han­dels­bi­lanz­un­gleich­ge­wich­ten füh­ren. Genau das ist in der Wäh­rungs­uni­on pas­siert. Län­der wie Grie­chen­land hat­ten in den letz­ten 10 Jah­ren zu hohe Lohn­ab­schlüs­se mit dem­entspre­chend nega­ti­ven Effek­ten auf ihren Han­dels­bi­lanz­sal­do (-14% 2008). In Län­dern mit unter­durch­schnitt­li­chen Lohn­ab­schlüs­sen, allen vor­an Deutsch­land, kam es zu einem regel­rech­ten Export­boom mit hohen Außen­han­dels­über­schüs­sen. Das heißt, bei­de Sei­ten haben gegen die Regeln ver­sto­ßen, die einen mit zu hohen Lohn­ab­schlüs­sen, die ande­ren mit zu nied­ri­gen. Wenn klei­ne Län­der wie Öster­reich über Expor­te wach­sen wol­len, mag das noch ver­kraft­bar sein. Wenn das aber die Wachs­tums­stra­te­gie der größ­ten Volks­wirt­schaft der EU ist, muss dies zu mas­si­ven außen­wirt­schaft­li­chen Ver­wer­fun­gen füh­ren. In einer Wäh­rungs­uni­on fällt aber das wirt­schafts­po­li­ti­sche Mit­tel der Wahl zum Abbau von Han­dels­bi­lanz­un­gleich­ge­wich­ten, näm­lich eine Wäh­rungs­ab­wer­tung, weg. Der Abbau des Ungleich­ge­wichts geht nur über eine rea­le Ab- bzw. Auf­wer­tung. Mit ande­ren Wor­ten: Grie­chen­land muss sei­ne Prei­se und Löh­ne sen­ken, Deutsch­land die­se erhö­hen. Der der­zei­ti­ge Lösungs­an­satz von EU und IWF kon­zen­triert sich aller­dings ein­sei­tig auf ers­te­res, zwei­te­res wird igno­riert. Schlim­mer noch: das deut­sche Estab­lish­ment wei­gert sich beharr­lich, sei­nen Teil der Ver­ant­wor­tung an der Kri­se anzu­er­ken­nen und die not­wen­di­gen struk­tu­rel­len Gegen­maß­nah­men zu ergrei­fen. Im Gegen­teil: am Dog­ma, dass die Erhö­hung der preis­li­chen Wett­be­werbs­fä­hig­keit durch nied­ri­ge Lohn­ab­schlüs­se immer und über­all die rich­ti­ge wirt­schafts­po­li­ti­sche Stra­te­gie dar­stellt, wird hart­nä­ckig festgehalten.

 

Das in der Dis­kus­si­on stra­pa­zier­te mora­li­sche Argu­ment, kein Land dür­fe über sei­ne Ver­hält­nis­se leben und mehr Schul­den auf­neh­men als es zurück­zah­len kann (und müs­se daher bei Zah­lungs­un­fä­hig­keit durch stren­ge Spar­auf­la­gen bestraft wer­den), sieht nicht nur von der mora­li­schen Ver­ant­wor­tung des Gläu­bi­gers ab, son­dern zeugt von öko­no­mi­schem Maso­chis­mus und poli­ti­scher Kurz­sich­tig­keit. Wenn Grie­chen­land – und in wei­te­rer Fol­ge ande­re von Schul­den­kri­sen bedroh­te Län­der wie Por­tu­gal, Spa­ni­en oder Irland, jetzt auf Jah­re zu stren­ger Spar­po­li­tik gezwun­gen wer­den, lei­det zual­ler­erst die größ­te euro­päi­sche Export­na­ti­on, indem für deut­sche Export­pro­duk­te Absatz­märk­te weg bre­chen. Zum zwei­ten wird damit jede Wachs­tums­dy­na­mik in den Schuld­ner­län­dern abge­würgt, und in Fol­ge des­sen die Fähig­keit zur Rück­zah­lung der Schul­den erst recht wie­der in Fra­ge gestellt. Zahl­rei­che Schul­den­kri­sen der jün­ge­ren Geschich­te haben gezeigt, dass ein Land sich aus sei­nen Schul­den nicht her­aus­spa­ren, son­dern nur her­aus­wach­sen kann. Ent­schei­dend für die Zah­lungs­fä­hig­keit Grie­chen­lands wird daher sein, dass es rasch auf einen Wachs­tums­pfad zurück­keh­ren kann. Dafür braucht es kurz­fris­tig Über­brü­ckungs­kre­di­te von EU und IWF sowie eine Umschul­dung mit einer sub­stan­zi­el­len Reduk­ti­on der Schul­den­last zulas­ten der Gläu­bi­ger grie­chi­scher Staats­an­lei­hen. Dar­über hin­aus muss es aber eine par­ti­el­le Rück­nah­me bzw. zeit­li­che Stre­ckung der über­zo­gen stren­gen Spar­auf­la­gen geben. Nur so kann Grie­chen­land in die Lage ver­setzt wer­den, Inves­ti­tio­nen in die Wett­be­werbs­fä­hig­keit sei­ner Wirt­schaft zu täti­gen und die schlimms­ten sozia­len Aus­wir­kun­gen der Kri­se auf sei­ne Bevöl­ke­rung abzu­mil­dern. Wer in Deutsch­land und anders­wo dar­an inter­es­siert ist, dass das euro­päi­sche Pro­jekt eine poli­ti­sche Zukunft hat, soll­te gera­de den letz­ten Punkt nicht aus den Augen verlieren.

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Und das Ziel der Sache?

20. April 2010 – 8:32 Uhr

Im Blog der Zeit­schrift „The Economist“:

What exact­ly was the pur­po­se of the finan­cial sec­tor sup­po­sed to be, again? Becau­se I‘m pret­ty sure „infla­ting bub­bles so as to bet on their col­lap­se, thus for­cing the tax­payers to bail out your coun­ter­par­ties“ wasn’t it. [link]

Es geht natür­lich um die Ankla­ge der U.S.-amerikanischen Auf­sichts­be­hör­de SEC gegen die Invest­ment­bank Gold­man Sachs. Die Empö­rung schwappt über; selbst wenn die juris­ti­sche Fra­ge der Ankla­ge noch bei wei­tem nicht geklärt ist, poli­tisch scheint es sich für die Oba­ma-Admi­nis­tra­ti­on schon jetzt aus­zu­zah­len.

Zeit­gleich zur Gold­man Sachs-Sto­ry ist am Wochen­en­de eine ein­stün­di­ge Sen­dung auf „This Ame­ri­can Life“ gelau­fen, die – zeit­lich beschränkt – auch als pod­cast zur Ver­fü­gung steht, und in der ein ähn­li­ches Vor­ge­hen, wie es Gold­man Sachs vor­ge­wor­fen wird, beim Chi­ca­go­er Hedge­fund Magne­tar dia­gnos­ti­ziert wird. Die Geschich­te wur­de zuerst von Jour­na­lis­ten auf pro­pu­bli­ca publi­ziert und ist sehr lesens­wert; unter ande­rem, weil das sys­te­ma­ti­sche Vor­ge­hen sehr deut­lich wird:

Deut­sche, Magne­tar and Sta­te Street cal­led the $1.6 bil­li­on CDO they crea­ted Cari­na, a con­stel­la­ti­on who­se name in Latin means a ship’s keel. In Novem­ber 2007, Cari­na had the dis­tinc­tion of being the first sub­prime CDO of its kind to be for­ced into liqui­da­ti­on. [link]

Die Sache bleibt aus meh­re­ren Grün­den inter­es­sant. Kann die SEC, die in den letz­ten Jah­ren stark kri­ti­siert wur­de (man den­ke nur an Mad­off), mit einem auf­se­hen­er­re­gen­den Fall wie gegen Gold­man Sachs ihre Repu­ta­ti­on wie­der her­stel­len? Kann die Regie­rung Oba­ma die umstrit­te­ne Finanz­markt­re­gu­lie­rung durch den Kon­gress brin­gen? Und wie wer­den sich die Ban­ken wehren?

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Die Logik des Exportweltmeisters

5. April 2010 – 10:25 Uhr

In Deutsch­land ist man irr­sin­nig stolz dar­auf, dass Deutsch­land so viel expor­tiert und wenig impor­tiert. Eine ähn­li­che Poli­tik fährt auch Öster­reich. Das Pro­blem an der Sache: Wenn ein Land Export­über­schüs­se hat, dann braucht ein ande­res Import­über­schüs­se, denn in Sum­me aller Län­der der Welt müs­sen sich Expor­te und Impor­te immer zu Null addie­ren. Mit ande­ren Wor­ten: Das Import­land ver­schul­det sich beim Export­land. Noch anders: Zahl­rei­che Län­der der EU (und dar­über hin­aus) sind bei Deutsch­land ver­schul­det. Nun for­dert die ver­öf­fent­lich­te Mei­nung in Deutsch­land, die Schul­den­län­der soll­ten mal weni­ger Schul­den machen, gleich­zei­tig wird von Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­ter Brü­der­le (FDP) eine Außen­wirt­schafts­of­fen­si­ve ange­kün­digt, um die Expor­te zu stär­ken. Das nen­ne ich Logik: Die ande­ren sol­len spa­ren, mehr Über­schüs­se erwirt­schaf­ten und mehr deut­sche Waren kau­fen. Wie das gehen soll, bleibt dabei uner­klärt. Ohne dau­er­haft aus­ge­gli­che­ne Bilan­zen wird es kei­ne Sta­bi­li­tät geben. Und ohne höhe­re Löh­ne in Deutsch­land (=Bin­nen­nach­fra­ge stär­ken) wird es kei­ne Ver­tei­lung des erwirt­schaf­te­ten Wohl­stands geben. Ober­leh­rer­haf­tes Getue ist weder ange­bracht noch hilf­reich. Mehr Impor­te oder weni­ger Expor­te, in jedem Fall eine stär­ke­re Bin­nen­nach­fra­ge, das wäre ein stra­te­gisch sinn­vol­les Ziel für die Bundesrepublik.

Sie­he auch den FTD-Bei­trag von Hei­ner Flass­beck und Frie­de­ri­cke Spiecker PDF.


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Budgetpolitik mit dem Rasenmäher

16. März 2010 – 12:28 Uhr

Die öster­rei­chi­sche Regie­rung hat sich auf einen har­ten Spar­kurs für die kom­men­den Jah­re geei­nigt. Was sich im Jän­ner bereits ange­deu­tet hat­te, wur­de mit den ver­öf­fent­lich­ten Eck­punk­ten des Bun­des­fi­nanz­rah­men­ge­setz 2011–2014 kon­kret: 2011 sol­len die Kos­ten der Kri­se an die Bevöl­ke­rung wei­ter­ge­ge­ben wer­den, nach­dem sie bis­her weit­ge­hend mit staat­li­chen Mit­teln abge­fan­gen wur­den. Die Eck­punk­ten ent­hal­ten drei Über­ra­schun­gen: Ers­tens ist das Aus­maß der Kon­so­li­die­rung mit bis zu 4,2 Mrd Euro (mit rund 1,5 % des BIP mehr als das Bud­get für Uni­ver­si­tä­ten; ohne den eher unwahr­schein­li­chen Kür­zun­gen von 0,8 Mrd Euro auf Lan­des­ebe­ne immer noch 1,2 %) dop­pelt so hoch wie die euro­päi­schen Vor­ga­ben (0,75 % des BIP) erfor­dern wür­den. Zwei­tens wird kein Bereich ver­schont. Mit der „Rasen­mä­her­me­tho­de“ wer­den die Ober­gren­zen aller Aus­ga­ben­be­rei­che gegen­über dem BFRG 2010–2013 gekürzt, ledig­lich die pro­zen­tua­le „Schnitt­hö­he“ vari­iert. Da die Sozi­al­aus­ga­ben den größ­ten Anteil im Bun­des­bud­get aus­ma­chen, fällt der größ­te Betrag (900 Mio Euro) mit die­ser Metho­de zwangs­läu­fig hier an. Drit­tens konn­te die SPÖ der ÖVP abrin­gen, dass de fac­to die Hälf­te des Kon­so­li­die­rungs­vo­lu­mens durch neue oder höhe­re Steu­ern auf­ge­bracht wird. Noch tie­fe­re Ein­schnit­te im Bil­dungs- und Sozi­al­be­reich konn­ten damit zwar ver­hin­dert wer­den – ange­sichts der bevor­ste­hen­den Kür­zun­gen und dro­hen­der Mas­sen­steu­ern ist das Gesamt­pa­ket trotz­dem inak­zep­ta­bel. Die Kri­sen­kos­ten wer­den auf die brei­te Mas­se der Bevöl­ke­rung ver­teilt, obwohl die­se die Kri­se weder ver­ur­sacht noch vom finanz­ge­trie­be­nen Wirt­schafts­wachs­tum zuvor pro­fi­tiert hat.

Ban­ken­steu­er als Pyrrhussieg?

Wäh­rend bei der ÖVP rela­tiv klar war, dass wider makroo­kö­no­mi­scher Ver­nunft und sozia­len Über­le­gun­gen ein radi­ka­ler Spar­kurs auf Kos­ten der All­ge­mein­heit am Pro­gramm stand, deu­te­te zumin­dest die Rhe­to­rik des sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Regie­rungs­part­ners einen alter­na­ti­ven Kurs an. Mit der – gegen hef­ti­gen Wider­stand von ÖVP und Ban­ken­lob­by – durch­ge­setz­ten Ban­ken­steu­er erreich­te die SPÖ auch einen ers­ten kon­kre­ten Mei­len­stein auf dem Weg zu einer sozia­le­ren Bud­get­po­li­tik. Wenn das jedoch der ein­zi­ge Erfolg war, wird die Ban­ken­steu­er zum Pyr­rhus­sieg, dem wert­mä­ßig ein Mehr­fa­ches an Mas­sen­steu­ern auf der Ein­nah­men­sei­te und haupt­säch­lich Sozi­al­aus­ga­ben­kür­zun­gen auf der Aus­ga­ben­sei­te gegen­über­ste­hen. Die Ban­ken­steu­er wäre dann nicht mehr als ein Fei­gen­blatt für ein Belas­tungs­pa­ket, das unte­re und mitt­le­re Ein­kom­men am stärks­ten tref­fen und gesell­schaft­lich sinn­vol­le Refor­men (Kin­der­be­treu­ung, Bil­dung, Pfle­ge, Inte­gra­ti­on, etc) frü­hes­tens auf 2015 ver­schie­ben würde.

kei­ne Tabus“

Die Ankün­di­gung des Finanz­mi­nis­ters, dass es beim Spa­ren „kei­ne Tabus geben“ dür­fe, muss als ernst zu neh­men­de Dro­hung ver­stan­den wer­den. Es ist über­ra­schend bis skan­da­lös, dass hier sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Minis­te­rIn­nen bis­her jeg­li­chen Wider­spruch schul­dig blei­ben und der Kanz­ler die­se Linie sogar aktiv befür­wor­tet. Die Lis­te der auf­zu­lis­ten­den Tabus wäre lang und reicht von den immer noch unter­do­tier­ten Unis und Schu­len über die Arbeits­markt­po­li­tik bis hin zum grund­sätz­li­chen Erhalt eines leis­tungs­fä­hi­gen Sozialstaates.

Trau­ri­ge Rea­li­tät ist statt­des­sen, dass mehr als die Hälf­te der Kür­zun­gen auf Sozi­al­aus­ga­ben ent­fal­len wer­den. Selbst die Arbeits­markt­aus­ga­ben wer­den trotz nicht abseh­ba­rem Rück­gang der Rekord­ar­beits­lo­sig­keit und trotz des Mehr­be­darfs der (hof­fent­lich bald tat­säch­lich) umge­setz­ten Min­dest­si­che­rung rela­tiv zum bis­he­ri­gen Aus­ga­ben­plan 2011 gekürzt. Dass Sozi­al- und Bil­dungs­be­reich pro­zen­tu­al betrach­tet weni­ger stark unter den Rasen­mä­her kom­men ist höchs­tens für die PR-Ver­ant­wort­li­chen der Regie­rungs­par­tei­en ein Trost. Bit­ter wird es, wenn ein sozi­al­de­mo­kra­ti­scher Sozi­al­mi­nis­ter die­se Zah­len als „trag­fä­hi­gen poli­ti­schen Kom­pro­miss“ ver­tei­digt. Die kon­kre­ten Maß­nah­men sind noch offen, d.h. es kann gehofft wer­den, dass sich wenigs­tens inner­halb des pre­kä­ren Aus­ga­ben­rah­mens bzw. bei den Mehr­ein­nah­men die Regie­rungs­schlag­wör­ter „Sozia­le Ver­träg­lich­keit, öko­no­mi­sche Ver­nunft, gerecht“ zei­gen werden.

Regie­rung als Spar­stre­be­rin auf Kos­ten der Konjunktur

So oder so schießt die Regie­rung weit über das noch im Jän­ner ange­kün­dig­te – damals noch von Pröll als „Mam­mut­auf­ga­be“ bezeich­ne­te – Ziel von ca 2,1 Mrd Euro hin­aus. Im Gegen­satz zu Grie­chen­land erfolg­te das über­eif­rig deut­lich über den EU-Vor­ga­ben lie­gen­de Kon­so­li­die­rungs­vor­ha­ben frei­wil­lig: kei­ne Spe­ku­la­ti­ons­at­ta­cken; mil­de­re EU-Vor­ga­ben im lau­fen­den Defi­zit­ver­fah­ren; sin­ken­de Zins­auf­schlä­ge in den letz­ten Mona­ten; im inter­na­tio­na­len Ver­gleich unter­durch­schnitt­li­che Neu- und Gesamt­ver­schul­dung; kei­ne weit bes­se­ren Wirt­schafts­pro­gno­sen, die eine Rück­füh­rung der Defi­zi­te eher erlau­ben wür­den; usw.

Die Begrün­dung des Finanz­mi­nis­ters, „dass gespart wird, um nach­hal­tig in die Zukunft zu inves­tie­ren“, zeigt die Gren­zen sei­ner Bau­ern­schläue auf, wenn es um volks­wirt­schaft­li­che Zusam­men­hän­ge geht. Natür­lich dämpft ein Spar­pa­ket in die­ser Grö­ßen­ord­nung die gesamt­wirt­schaft­li­che Nach­fra­ge, sei es durch gerin­ge­re ver­füg­ba­re Aus­ga­ben der pri­va­ten Haus­hal­te (z.B. durch Pen­si­ons- und Beam­ten­ge­halts­ein­spa­run­gen) oder direkt durch gerin­ge­re staat­li­che Inves­ti­tio­nen bzw. Konsum.

Die­se gerin­ge­ren Absatz­aus­sich­ten wer­den die Unter­neh­mens­in­ves­ti­tio­nen nicht gera­de beflü­geln. Die Fol­gen wer­den – ver­gli­chen mit dem Sze­na­rio „kein Spar­pa­ket“ – eine höhe­re Arbeits­lo­sig­keit und ein gerin­ge­res Wohl­stands­ni­veau aller sein. Schät­zun­gen von OECD, IWF oder WIFO erge­ben, dass ein Spar­pa­ket von 1 % des BIP die Wirt­schafts­leis­tung um 0,3 bis 0,5 % dämpft. Grob geschätzt könn­te das wie­der­um bis zu 10.000 Arbeits­plät­ze kos­ten. Nied­ri­ge­re Aus­ga­ben für Bil­dung, For­schung und Infra­struk­tur­in­ves­ti­tio­nen könn­ten lang­fris­tig zusätz­li­che Schä­den verursachen.

Alter­na­ti­ve Konsolidierungsstrategie

Füh­ren wir uns noch ein­mal die Aus­gangs­la­ge vor Augen: eine inter­na­tio­na­le Wirt­schafts­kri­se, deren Ursa­chen u.a. mit unglei­che­re Ein­kom­mens­ver­tei­lung, neo­li­be­ra­ler Umbau wohl­fahrts­staat­li­cher Arran­ge­ments, libe­ra­li­sier­ten Finanz­märk­ten, Lohn­druck durch wach­sen­de Arbeits­lo­sig­keit beschlag­wor­tet wer­den kön­nen, wird durch mas­si­ve Ret­tungs­pa­ke­te für Ban­ken und klei­ne­ren Maß­nah­men für die Kon­junk­tur­be­le­bung abge­fe­dert. Zusätz­lich sta­bi­li­sie­ren die auto­ma­tisch höhe­ren Staats­aus­ga­ben (vor allem durch stei­gen­de Arbeits­lo­sen­gel­der und Bei­trags­aus­fäl­len in der Sozi­al­ver­si­che­rung) die pri­va­te Nach­fra­ge. Mona­te ver­ge­hen, in denen weder sys­te­ma­ti­sche Män­gel beho­ben noch die Pro­fi­teu­re vor und in der Kri­se in die finan­zi­el­le Ver­ant­wor­tung genom­men wer­den, obwohl bei­des brei­te Tei­le der Bevöl­ke­rung welt­weit immer wie­der ein­for­dern, und obwohl das auch eine wirt­schafts­po­li­tisch sinn­vol­le Ant­wort wäre.

Dar­an anzu­knüp­fen, wäre das Gebot der Stun­de. Die Steu­er­vor­schlä­ge von SPÖ, Grü­nen, Tei­len der Wis­sen­schaft und ande­ren poli­ti­schen Akteu­ren gehen in eine rich­ti­ge Rich­tung: Finanztransaktions‑, Spekulations‑, und ande­re ver­mö­gens­be­zo­ge­ne Steu­ern kön­nen nicht nur zu mehr Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit, son­dern auch zu einer nach­hal­ti­gen Reduk­ti­on des Defizits/​Konsolidierung des Staats­haus­halts bei­tra­gen. Der fal­sche Weg ist es hin­ge­gen, Aus­ga­ben mit einer abge­stuf­ten Rasen­mä­her­me­tho­de in Zei­ten von Kri­se und Rekord­ar­beits­lo­sig­keit zu kürzen.

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Trivia

9. März 2010 – 11:15 Uhr

All­tags­weis­hei­ten oder, was wir schon vor einem Jahr gewusst haben (und die­ser Tage trotz­dem für Schlag­zei­len sorgt):

Dass Pres. Oba­ma die öko­no­mi­schen Pro­ble­me sei­nes Lan­des nicht rich­tig angeht (sie­he mei­nen Kurs­wech­sel-Bei­trag von 2009 hier)

Dass in Zei­ten der Kri­se Plan­wirt­schaft inno­va­ti­ver ist als Free Mar­ket Liberalism;

Dass Nost­al­gie eine Emo­ti­on ist, die gar wun­der­li­che Din­ge hervorbringt.

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Griechenland und die Kontrastfälle der Krise in der EU

8. März 2010 – 19:12 Uhr

Die aktu­el­le Wirt­schafts­kri­se zeigt in Euro­pa unter­schied­li­che Ver­läu­fe. Man­che Län­der sind pri­mär durch das Plat­zen von Finanz- und Immo­bi­li­en­bla­sen getrof­fen, ande­re durch den Ein­bruch der Expor­te. Bei­de For­men der Kri­sen­be­trof­fen­heit sind in Ost­eu­ro­pa auf­ge­tre­ten, wo einer­seits Polen 2009 noch ein leich­tes Wachs­tum ver­zeich­ne­te, wäh­rend in den Bal­ti­schen Län­dern die Wirt­schaft am stärks­ten schrumpf­te. Ein kon­zer­tier­tes Vor­ge­hen der Euro­päi­schen Uni­on gegen die Kri­se gibt es nicht. Viel­mehr unter­schei­den sich die Anti-Kri­sen-Poli­ti­ken in den euro­päi­schen Zen­trums- und Peri­phe­rie­län­dern deut­lich. Damit ver­tieft die Wirt­schafts­kri­se die sozio­öko­no­mi­schen Unter­schie­de in der EU wie in Euro­pa ins­ge­samt. Sie führt auch zu einer Kri­se des euro­päi­schen Integrationsprozesses.

Kri­sen­pro­zes­se in Osteuropa

Die Akku­mu­la­ti­on in Ost­eu­ro­pa war eng an die west­eu­ro­päi­sche gekop­pelt. Mit Aus­nah­me Slo­we­ni­ens kamen die wirt­schaft­li­chen Schlüs­sel­sek­to­ren in den letz­ten zwei Jahr­zehn­ten unter die Kon­trol­le west­eu­ro­päi­scher Unter­neh­men. Aller­dings unter­schei­den sich die ost­eu­ro­päi­schen Län­der in der Art der Ein­glie­de­rung ihrer Öko­no­mien in die euro­päi­sche Arbeits­tei­lung: Bei den Visegrád-Län­dern (Polen, Slowakei,Tschechische Repu­blik – mit deut­li­chen Ein­schrän­kun­gen Ungarn) sowie Slo­we­ni­en herrsch­te die Ori­en­tie­rung auf den Indus­trie­gü­ter­ex­port vor. In den Bal­ti­schen Län­dern und Süd­ost­eu­ro­pa war hin­ge­gen das Wachs­tum stark von Kre­di­ten getrie­ben, die einen Immo­bi­li­en­boom auf­blie­sen (vgl. Becker 2008). In die­ser zwei­ten Län­der­grup­pe war auch die Ver­schul­dung der pri­va­ten Haus­hal­te über­wie­gend in Fremd­wäh­rung. Im Fall einer Wäh­rungs­ab­wer­tung droh­te die­sen Schuld­nern, aber auch den dort enga­gier­ten Ban­ken abseh­bar eine Finanz­klem­me. In Form wie Aus­maß unter­schie­den sich die Kri­sen­pro­zes­se in die­sen bei­den Län­der­grup­pen deut­lich. Wäh­rend bei den export­ori­en­tier­ten Län­dern der Ein­bruch der Expor­te die Haupt­rol­le spiel­te, brach­te bei den Län­dern, in denen das Wachs­tum kre­dit­ge­trie­ben war, das Aus­trock­nen der Finanz­flüs­se das Wirt­schafts­mo­dell zum Ein­sturz. Die Rezes­si­on war in die­ser Län­der­grup­pe beson­ders tief und anhal­tend (Workie et al 2009: 88 ff.). Im Fall der export­ori­en­tier­ten Öko­no­mien schlug der Rück­gang der Expor­te voll durch. So gin­gen die Expor­te Ende 2008/​Anfang 2009 um 10% und mehr gegen­über den Vor­jah­res­quar­ta­len zurück und waren damit Haupt­fak­tor der Rezes­si­on (Euro­stat 2010: Tab. T1). In den Bal­ti­schen Län­dern setz­te die Rezes­si­on bereits Anfang 2008 ein und erreich­te 2009 euro­päi­sche Rekord­wer­te. In Lett­land lagen die Rück­gän­ge de BIP im Ver­lauf der vier Quar­ta­le 2009 im Ver­gleich zum Vor­jahr um 19%, in Est­land, bis auf das 4. Quar­tal, bei über 15% und schwank­ten bei Litau­en zwi­schen 13,0% und 19,7%. In Bul­ga­ri­en und Rumä­ni­en setz­te die Rezes­si­on spä­ter ein, ver­tief­te sich dafür aber wäh­rend des Jah­res 2009 (Euro­stat 2010). In die­sen Län­dern, aber auch in Ungarn, gin­gen zwar auch die Expor­te ähn­lich dras­tisch zurück wie in den export­ori­en­tier­ten Öko­no­mien, sie wur­den jedoch vor allem von den Kre­dit­re­strik­tio­nen und Kapi­tal­ab­flüs­sen schwer getrof­fen. Als das Treib­mit­tel Kapi­tal­im­port aus­fiel bra­chen ihre Wachs­tums­mo­del­le zusam­men, spe­zi­ell in den beson­ders hoch ver­schul­de­ten und extre­me Leis­tungs­bi­lanz­de­fi­zi­te auf­wei­sen­den Bal­ti­schen Staa­ten. Hier waren auch sehr star­ke Rück­gän­ge im pri­va­ten Kon­sum zu verzeichnen.


Wirt­schafts­po­li­ti­sche Reak­tio­nen auf die Krise


Das Ver­trags­werk der EU geht impli­zit von der Prä­mis­se aus, dass es kei­ne Wirt­schafts­kri­sen gibt. Dem­entspre­chend feh­len auch insti­tu­tio­nel­le Vor­keh­run­gen. Wur­de die Ban­ken­stüt­zung mit ihren enor­men Sum­men im Schnell­ver­fah­ren durch­ge­setzt, so waren fis­ka­li­sche Sti­mu­lie­rungs­maß­nah­men Gegen­stand hef­ti­ger Kon­tro­ver­sen und eher beschei­den dimen­sio­niert. Auf die eher peri­phe­ren euro­päi­schen Län­der mit tra­di­tio­nell hohen Leis­tungs­bi­lanz­de­fi­zi­ten wird über­dies zuneh­mend Druck aus­ge­übt, eine pro-zykli­sche Poli­tik zu betrei­ben. Das gilt sowohl für süd- als auch für ost­eu­ro­päi­sche Staa­ten. Hier­bei kommt der Druck von ver­schie­de­nen Sei­ten – der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on, den Finanz­an­le­ge­rIn­nen und Rating Agen­tu­ren sowie – im Fall Ost­eu­ro­pas – dem Inter­na­tio­na­len Wäh­rungs­fonds (IWF). In den Bal­ti­schen Län­dern und Süd­ost­eu­ro­pa ist die Poli­tik noch schär­fer pro-zyklisch aus­ge­rich­tet als in den medi­ter­ra­nen Län­dern. Die Mus­ter der Poli­tik wur­den hier durch Pro­gram­me des IWF in Ungarn, Lett­land und Rumä­ni­en, gesetzt, die mit der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on abge­stimmt waren (Becker 2009, Gal­góc­zi 2009). Die­se Pro­gram­me unter­schei­den sich von tra­di­tio­nel­len IWF Pro­gram­men nur in einem Punkt – der IWF will nicht dem Abzug von Geld durch die Ban­ken den Rücken decken, son­dern die Ban­ken, ange­sichts deren tota­ler Domi­nanz in den ost­eu­ro­päi­schen Ban­ken­sek­to­ren und dem erklär­tem Wunsch ihre Prä­senz fort­zu­set­zen, im Lan­de hal­ten. Das obers­te Ziel ist, die Wäh­rungs­pa­ri­tä­ten zu hal­ten. Dies ent­spricht den Inter­es­sen der west­eu­ro­päi­schen Ban­ken und Geld­be­sit­ze­rIn­nen, für die Wäh­rungs­ab­wer­tun­gen Ent­wer­tun­gen ihrer Akti­va bedeu­te­ten. Die­se Aus­rich­tung ent­spricht aber auch den Vor­stel­lun­gen der Schuld­ner bei Devi­sen­kre­di­ten, deren Schul­den­dienst sich bei Abwer­tun­gen ver­teu­ern wür­de. Im Inter­es­se von Indus­trie und Land­wirt­schaft wäre eher eine Abwer­tung. Doch die­se Inter­es­sen spie­len bei der zwi­schen IWF, Euro­päi­scher Kom­mis­si­on und natio­na­len Regie­run­gen akkor­dier­ten Poli­tik kei­ne Rol­le. Kern der Struk­tur­an­pas­sungs­po­li­tik sind rea­le und oft auch nomi­na­le Kür­zun­gen der Gehäl­ter der öffent­lich Bediens­te­ten und der Sozi­al­leis­tun­gen. Statt abzu­wer­ten soll durch eine scharf defla­tio­nä­re Poli­tik die Wett­be­werbs­fä­hig­keit wie­der­her­ge­stellt wer­den (vgl. Becker 2009). Das ohne­hin schwa­che pro­duk­ti­ve Poten­zi­al ero­diert so noch wei­ter. Der Bei­tritt zur Euro-Zone soll eine offe­ne Wäh­rungs­kri­se ver­hin­dern. Er wür­de aber die wirt­schaft­li­che und sozia­le Mise­re fest­schrei­ben. Denn bei den gegen- wär­ti­gen Wech­sel­kur­sen ist das ein­hei­mi­sche pro­duk­ti­ve Gewer­be chan­cen­los. Außer­dem unter­liegt, wie am Fall Grie­chen­lands der­zeit deut­lich wird, die Euro-Zone bereits jetzt sehr star­ken Span­nun­gen zwi­schen Län­dern mit struk­tu­rel­len Leis­tungs­bi­lanz­über­schüs­sen und ‑defi­zi­ten.


Schluss­fol­ge­run­gen

Die Wirt­schafts­po­li­tik in der EU ist pri­mär auf die Finanz­in­ter­es­sen zuge­schnit­ten – dies zeigt sich in der üppi­gen Bemes­sung der Stüt­zungs­pa­ke­te für die Ban­ken, in den Ver­su­chen zur Wie­der­be­le­bung der Finanz­märk­te, im regu­la­to­ri­schen Mini­ma­lis­mus wie auch im stu­ren Fest­hal­ten an den über­be­wer­te­ten Pari­tä­ten in Ost­eu­ro­pa. Im fis­ka­li­schen Bereich wird der wirt­schafts­po­li­ti­sche Bruch zwi­schen Zen­trum und Peri­phe­rie in der EU ganz beson­ders deut­lich – eine leich­te Sti­mu­lie­rung im Zen­trum, hin­ge­gen eine pro­zy­kli­sche Poli­tik in den Län­dern der EU-Peri­phe­rie mit hohen Leis­tungs- und Han­dels­bi­lanz­de­fi­zi­ten. Die Spal­tung der EU in Zen­trums- und Peri­phe­rie­län­der wird ver­stärkt. Die Lohn­sen­kungs­po­li­tik in den Län­dern der Peri­phe­rie ver­schärft die sozia­le Ungleich­heit wei­ter und wird auch auf die Löh­ne im Zen­trum Druck aus­üben. Die Anti-Kri­sen-Poli­tik geht zu Las­ten der Lohn­ab­hän­gi­gen. Not­wen­dig wäre hin­ge­gen eine deut­lich for­cier­te Sti­mu­lie­rungs­po­li­tik, die auch von einem rea­len Lohn­wachs­tum getra­gen wäre, in den Län­dern mit hohen Leis­tungs­bi­lanz­über­schüs­sen, vor allem Deutschlands.
Eine sol­che Poli­tik könn­te die Span­nung in der EU mindern.



Der Bei­trag ist im EU-Info­brief Nr. 1/​März 2010 der AK Wien erschienen.

Literaturhinweise:
Becker, Joa­chim (2008) Der Drang nach Osten: Wirt­schaft­li­che Inter­es­sen und geo­po­li­ti­sche Stra­te­gien. In: Kurs­wech­sel, Nr. 4, 5–29
Becker, Joa­chim (2009) Ost­eu­ro­pa in der Finanz­kri­se: Ein neu­es Argen­ti­ni­en? In: Blät­ter für deut­sche und inter­na­tio­na­le Poli­tik, 54(6), 97–105
Euro­stat (2010) BIP in der Euro­zo­ne und in der EU27 um 0,1% gestie­gen, Euro­stat-Pres­se­mit­tei­lung, Euro­in­di­ka­to­ren 22/​2010 – 12. Febru­ar 2010
Gal­góc­zi, Béla (2009) Cen­tral and Eas­tern Euro­pe five years after: from „emer­ging Euro­pe“ to „sub­mer­ging Euro­pe“? ETUI Poli­cy Brief, 4/​2009
Workie, Mem­be­re et al. (2009) Vývoj a per­spek­tí­vy sve­to­vej eko­no­mi­ky. Glo­bál­na finančná a hos­po­dárs­ka krí­za. Prí­či­ny – nák­la­dy – výcho­dis­ká. Bratislava

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Mythen-umrankte Bankensteuer

24. Februar 2010 – 11:12 Uhr

Die in Öster­reich geplan­te Ban­ken­steu­er macht Schlag­zei­len, und Bun­des­kanz­ler Fay­mann macht so viel PR-Wind dar­um, dass man fürch­ten muss, er wer­de im Abtausch für die­se gering­fü­gi­ge Maß­nah­me über­pro­por­tio­nal gro­ße Zuge­ständ­nis­se an den Koali­ti­ons­part­ner bei der Ver­tei­lung der wei­te­ren Bud­get­kon­so­li­die­rungs-Belas­tun­gen machen. Um das vor­zu­be­rei­ten, schla­gen die Betrof­fe­nen und ihre Ver­bün­de­ten jeden­falls mal mäch­tig Alarm – nicht immer mit sehr über­zeu­gen­den Argu­men­ten. Eine klei­ne Auswahl:


Abwan­de­rung der Kon­zern­zen­tra­len nach Ost­eu­ro­pa als Fol­ge der Ein­füh­rung der Ban­ken­steu­er“: Da kann man nur sagen: Viel Spaß, wenn die nächs­te Finanz­kri­se kommt! Wer­den die Ban­ken in ihren neu­en Stand­or­ten in ost­eu­ro­päi­schen Staa­ten dann genau­so groß­zü­gig mit steu­er­fi­nan­zier­ten Ban­ken­pa­ke­ten geret­tet wer­den wie vom öster­rei­chi­schen Staat im Herbst 2008? Ange­sichts der Mini­mal- bis Null-Pake­te in den öst­li­chen Nach­bar­staa­ten in der jet­zi­gen Kri­se und den düs­te­ren wirt­schaft­li­chen und bud­ge­tä­ren Aus­sich­ten in den betrof­fe­nen Län­dern kaum vorstellbar.


Im Gegen­satz zu den US-Ban­ken sind öster­rei­chi­sche Ban­ken unschul­di­ge Opfer der Kri­se“: Zwar ist der Anteil des spe­ku­la­ti­ven Eigen­han­dels in öster­rei­chi­schen Ban­ken rela­tiv klein. Doch die öster­rei­chi­schen Ban­ken haben als Kund­schaft durch­aus ver­sucht, an den Ertrags­ver­spre­chen spe­ku­la­ti­ver Geschäf­te in den USA und anders­wo mit­zu­na­schen. Und auch das viel­be­schwo­re­ne kon­ser­va­ti­ve Geschäfts­mo­dell ist durch Über­deh­nung zu einem volks­wirt­schaft­li­chen Risi­ko gewor­den. Das öster­rei­chi­sche Ban­ken­pa­ket zählt mit rund 30% des BIP zu den größ­ten in der EU – war­um bloß? Weil die öster­rei­chi­schen Ban­ken in den letz­ten Jah­ren aggres­siv expan­diert haben, vor allem im jetzt wackeln­den Ost­eu­ro­pa. Mehr dazu im neu­en BEI­GEWUM-Buch „Mythen der Krise“. 


Die Steu­er wird ohne­hin an die Kund­schaft wei­ter­ge­ge­ben“: Wenn Bran­chen­in­si­der das als gesi­cher­tes Wis­sen vor sich her­tra­gen, ist das ein Hin­weis auf man­geln­den Wett­be­werb im Ban­ken­sek­tor, ja auf ein Fort­be­stehen ver­bo­te­ner infor­mel­ler Preis­ab­spra­chen. Ein deut­li­cher Auf­ruf zum Ein­schrei­ten der Wett­be­werbs­be­hör­de. Und selbst wenn es zu einer Über­wäl­zung kommt, ist immer noch die Fra­ge, in wel­cher Form: Eine all­ge­mei­ne Erhö­hung von Gebüh­ren für Basis­dienst­leis­tun­gen wie Kon­to­füh­rung wirkt unter Ver­tei­lungs­ge­sichts­punk­ten eher regres­siv, eine Sen­kung der Spar­zin­sen eher pro­por­tio­nal, eine Erhö­hung spe­zi­el­ler Trans­ak­ti­ons­ge­büh­ren viel­leicht sogar progressiv.

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Solidarisches Europa?

12. Februar 2010 – 18:08 Uhr

Das Pro­jekt Euro­pa war nie in ers­ter Linie ein sozia­les Pro­jekt, und es ist kein Pro­jekt, dass die Kon­zep­ti­on der stan­dar­t­ori­en­tier­ten Wett­be­werbs­staa­ten in Fra­ge gestellt hät­te. Zag­haf­te Ansät­ze mögen vor­han­den gewe­sen sein, im Wesent­lich ver­su­chen die Staa­ten aber nach wie vor, ihre Volks­wirt­schaft zu Las­ten ande­rer Staa­ten bes­ser­zu­stel­len. Aktu­ell lässt sich das Resul­tat an min­des­tens zwei Bei­spie­len sehen.

Steu­er­oa­sen
Steu­er­be­trug ist Dieb­stahl am öffent­li­chen Eigen­tum. Die Wah­rung eines strik­ten Bank­ge­heim­nis­ses ist die Bei­hil­fe zu die­sem Dieb­stahl. So ver­su­chen Staa­ten wie die Schweiz und Liech­ten­stein, aber eben auch Öster­reich sich zu Las­ten ande­rer Staa­ten zu berei­chern, indem durch ein rigo­ro­ses Bank­ge­heim­nis ver­hin­dert wird, dass die umlie­gen­den Staa­ten die ihnen zuste­hen­den Steu­ern ein­trei­ben kön­nen. Dage­gen wehrt sich Deutsch­land nun mit dem Auf­kauf der omi­nö­sen Steu­er­da­ten-CD aus der Schweiz. Und die Schweiz keilt zurück, wobei die Steu­er­flucht auch ger­ne mal als „Not­wehr“ vor den hohen Steu­ern genannt wird. Dabei wird – wie immer bei sol­chen Debat­ten – außer Acht gelas­sen, dass die Spit­zen­ver­die­ner nur des­we­gen so viel ver­die­nen, weil es in Euro­pa eine ent­spre­chen­de Infra­struk­tur an Bil­dung, Stra­ßen, Schie­nen, (Rechts-)Sicherheit usw. gibt, die eben steu­er­fi­nan­ziert wer­den. Es ist eben meis­tens nicht – oder nicht nur – die „eige­ne Leis­tung“, die den Erfolg bringt. Dane­ben sorgt die­se „Not­wehr“ dafür, dass sozia­le Leis­tun­gen nicht oder nur ver­min­dert erbracht werden.

Öko­no­mi­sche Ungleichgewichte
Deutsch­land hat zwar in der Fra­ge des Steu­er­be­trugs recht, aber auch die Bun­des­re­pu­blik ver­hält sich kei­nes­wegs so, wie es ein soli­da­ri­sches Euro­pa erfor­dern wür­de. Seit Jah­ren wer­den die Lohn­kos­ten gedrückt und die Bin­nen­nach­fra­ge stran­gu­liert, um als „Export­welt­meis­ter“ ande­re Län­der zu zwin­gen, sich in Deutsch­land zu ver­schul­den. Das geht einer­seits gegen die Bevöl­ke­rung in Deutsch­land; die Ver­tei­lung wird immer unglei­cher. Ande­rer­seits ist dies aber auch ein Angriff auf ande­re Staa­ten, da die­se sich ent­we­der bei Deutsch­land ver­schul­den oder selbst eine Dum­ping­po­li­tik betrei­ben müs­sen. Eine nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung in Euro­pa sieht anders aus. Grie­chen­land gehört mit Sicher­heit zu den Län­dern, das – neben der eige­nen Feh­ler – unter dem „Export­welt­meis­ter“ lei­det. Sol­che Ungleich­ge­wich­te – noch dazu in einem ein­heit­li­chen Wäh­rungs­raum – sind auf Dau­er fatal.

Was Euro­pa wirk­lich braucht sind weder Steu­er­oa­sen noch Lohn­dum­ping, weder Steu­er­wett­be­werb noch sinn­lo­se Dere­gu­lie­run­gen. Euro­pa muss ein Euro­pa für die Men­schen wer­den – mit sozia­len Min­dest­stan­dards, die kon­ti­nu­ier­lich aus­ge­baut wer­den, mit einer stär­ke­ren Besteue­rung der Kapi­tal­ein­künf­te, mit star­ken Regu­lie­run­gen und mit dem Ziel eines sozia­len und nach­hal­ti­gen Wirt­schaf­tens. Dazu aller­dings müs­sen die natio­na­len Ego­is­men, die der Mehr­heit der Bür­ge­rIn­nen sowie­so nur scha­den, auf­ge­ge­ben werden.

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„Bologna“ – und weiter?

8. Februar 2010 – 21:00 Uhr

von Kle­mens Him­pe­le und Oli­ver Praus­mül­ler. Ist im Debat­ten­fo­rum der Zeit­schrift Kurs­wech­sel erschie­nen: Aus­ga­be 1/​2010, S. 113–117.


Als der heu­te hef­tig dis­ku­tier­te „Bolo­gna-Pro­zess“ Ende der 1990er-Jah­re ent­stand, konn­te in Euro­pa bereits auf zwei Jahr­zehn­te Refor­mo­lo­gie für die „stand­ort­ge­rech­te Dienst­leis­tungs­hoch­schu­le“ zurück­ge­blickt wer­den. Die hoch­schul­po­li­ti­sche Debat­te war in vie­len Län­dern – wenn auch in unter­schied­li­chen Tem­pi – in eine ähn­li­che Rich­tung ver­lau­fen: Eine stär­ker „markt­ori­en­tier­te Umge­bung“ und klam­me öffent­li­chen Finan­zen wür­den mehr Wett­be­werbs­ori­en­tie­rung an den Hoch­schu­len erfor­dern; dafür sei mit­hin ein „gestärk­ter Füh­rungs­kern“ not­wen­dig, der mit genü­gend „Auto­ri­tät“ für die Imple­men­tie­rung des „New Public Manage­ment“ aus­ge­stat­tet ist; es brau­che eine „Diver­si­fi­zie­rung“ der Finan­zie­rungs­ba­sis; die Hoch­schu­len müss­ten mehr „ver­markt­ba­re Dienst­leis­tun­gen“ lie­fern etc. (vgl. Bult­mann 1996; Öster­rei­chi­sche HochschülerInnenschaft/​Paulo Frei­re Zen­trum 2005; Zeu­ner 2007; EURYDICE 2000; Maassen/​Olsen 2007). Der sei­ner­zeit vor­nehm­lich natio­nal­staat­li­che Bezugs­rah­men der Hoch­schul­po­li­tik soll nicht über die euro­päi­schen Dimen­sio­nen der Neo­li­be­ra­li­sie­rungs-Dyna­mi­ken hin­weg­täu­schen, in die der Auf­stieg der „stand­ort­ge­rech­ten Dienst­leis­tungs­hoch­schu­le“ in einem erwei­ter­ten Sin­ne ein­ge­bet­tet ist (vgl. Bie­ling 2004). Nur basiert die­ser zu gewich­ti­gen Tei­len auf Poli­ti­ken, die ohne Bezü­ge auf einen euro­päi­schen Hoch­schul­raum Wirk­mäch­tig­keit ent­fal­tet haben.

Ange­sichts der im Zuge der Stu­die­ren­den­pro­tes­te auf­ge­flamm­ten Debat­ten stellt sich nun die Fra­ge, wie die for­ma­li­sier­te, wenn auch recht­lich nicht bin­den­de Euro­päi­sie­rung des Hoch­schul­raums den unter­neh­me­ri­schen Umbau der Hoch­schu­len (wei­ter) beein­flusst hat. Klar ist einer­seits, dass „Bolo­gna“ Struk­tu­ren schafft, die einen euro­päi­schen Bil­dungs­markt erst ermög­li­chen. Zudem kön­nen unge­lieb­te Refor­men durch­ge­setzt wer­den, indem natio­nal­staat­lich auf  den ver­meint­li­chen Sach­zwang „Bolo­gna“ ver­wie­sen wird. Damit kann der Pro­zess von den Akteu­ren durch­aus impli­zit als Instru­ment zur Umstruk­tu­rie­rung des Hoch­schul­sys­tems ange­legt wor­den sein (vgl. Mar­tens et al. 2006). Ande­rer­seits ist auch immer wie­der auf die Poten­zia­le des Bolo­gna-Pro­zes­ses zu ver­wei­sen, etwa im Bereich der sozia­len Öff­nung. Es stellt sich mit­hin heu­te die Fra­ge, ob „Bolo­gna“ „an sich“ ein Teil des Pro­blems ist, oder ob die gesell­schaft­li­chen Kräf­te­ver­hält­nis­se, die eine bestimm­te Ten­denz des Bolo­gna-Pro­zes­ses in den Vor­der­grund rücken las­sen, das Pro­blem sind.

Andre­as Kel­ler (2003) kommt zu der Ein­schät­zung, dass der Bolo­gna-Pro­zess eine neo­li­be­ra­le Umstruk­tu­rie­rung des euro­päi­schen Hoch­schul­we­sens begüns­ti­gen kann, eben­so wie er in der Lage ist, eman­zi­pa­to­ri­sche hoch­schul­po­li­ti­sche Ent­wick­lun­gen in Gang zu set­zen. Kel­ler macht damit deut­lich, dass der Bolo­gna-Pro­zess von Beginn an umkämpft war. Dies lässt sich auch dar­an able­sen, dass in den Bolo­gna-Doku­men­ten einer­seits posi­tiv auf die Lis­sa­bon-Stra­te­gie Bezug genom­men wird. Die­se steht unter dem Ziel, die EU bis 2010 zum „wett­be­werbs­fä­higs­ten und dyna­mischs­ten wis­sens­ba­sier­ten Wirt­schafts­raum der Welt“ zu machen. Ent­lang die­ser Logik braucht es inbe­son­de­re eine Opti­mie­rung der Human­ka­pi­tal­pro­duk­ti­on: „Die Stu­die­ren­den soll­ten für den Arbeits­markt mög­lichst effi­zi­ent und kos­ten­güns­tig ‚beschäf­ti­gungs­fä­hig‘ gemacht wer­den“ (Hirsch 2008, S. 23). Die­ser Ver­en­gung des Bil­dungs­be­griffs ent­spricht die Über­la­ge­rung der Stu­di­en­re­form­de­bat­ten durch Stu­di­en­zeit­ver­kür­zun­gen, einer Eng­füh­rung der Pra­xis­ori­en­tie­rung – und gip­felt im Unwort der „Employa­bi­li­ty“. Auf der ande­ren Sei­te beto­nen die Doku­men­te der Bolo­gna-Fol­ge­kon­fe­ren­zen die Bedeu­tung der sozia­len Dimen­si­on und die öffent­li­che Ver­ant­wor­tung für das Bil­dungs­sys­tem. Fer­ner sind die Erhö­hung der Mobi­li­tät, das Durch­bre­chen der Ver­säu­lung zwi­schen aka­de­mi­scher und dua­ler Aus­bil­dung und die Öff­nung der Hoch­schu­len für Men­schen ohne tra­di­tio­nel­le Hoch­schul­zu­gangs­be­rech­ti­gung als posi­ti­ve Zie­le zu benen­nen (vgl. Ban­sche­rus et al. 2009). Die­se sind in der prak­ti­schen Aus­ge­stal­tung jedoch kaum zum Zug gekom­men. Ob sich das durch die euro­pa­wei­ten Pro­tes­te ändert, ist der­zeit offen.

Die Ambi­va­lenz des Bolo­gna-Pro­zes­ses lässt sich auch in der Aus­ein­an­der­set­zung pro­gres­si­ver Kräf­te erken­nen. Tors­ten Bult­mann (2007) iden­ti­fi­ziert hier zwei zen­tra­le Posi­tio­nie­run­gen: Ers­tens die­ne der Pro­zess der Kom­mo­di­fi­zie­rung wis­sen­schaft­li­cher Bil­dung und stel­le somit „ledig­lich eine Eins-zu-Eins Umset­zung neo­li­be­ra­ler Kon­zep­te dar“ (S. 148). Maß­ge­bend sei dabei ein Qua­li­fi­ka­ti­ons­be­griff, dem­zu­fol­ge das „Ein­trai­nie­ren eines instru­men­tell abruf­ba­ren arbeits­markt­re­le­van­ten ‚Wis­sens‘ Vor­rang hat vor der Aneig­nung einer selbst­stän­di­gen wis­sen­schaft­li­chen Urteils­fä­hig­keit“ (ebd.). In die­se Rich­tung wei­sen etwa die Kri­ti­ken an der zen­tra­len Stel­lung von Employa­bi­li­ty-Kon­zep­ten in dem Reform­pro­zess. Zwei­tens sei die­ser vor allem mit ver­kapp­ter Spar­po­li­tik asso­zi­iert, die in Ver­bin­dung mit einem „kon­ser­va­ti­ven Roll-back der Mas­sen­uni­ver­si­tät“ (ebd.) steht. Die Eta­blie­rung des sechs­se­mest­ri­gen Bache­lors sei ent­lang die­ser Posi­ti­on gleich­sam weg­be­rei­tend dafür, den Zugang zum bis­he­ri­gen „Regel­ab­schluss“ selek­ti­ver zu gestal­ten bzw. stär­ker zu kon­di­tio­na­li­sie­ren. Bult­mann weist zwar dar­auf hin, dass für die­se Schluss­fol­ge­run­gen zwei­fels­frei Anhalts­punk­te bestehen. Eben­so las­sen sich gut orga­ni­sier­te Inter­es­sen iden­ti­fi­zie­ren, denen die­se Moti­ve zuge­ord­net wer­den kön­nen. Sein Ein­wand läuft jedoch grund­sätz­lich dar­auf hin­aus, dass sich die Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Bolo­gna-Pro­zess nicht in einem „bloß ent­lar­ven­den Hin­weis“ auf die neo­li­be­ra­len Moti­ve zen­tra­ler Akteu­re des Pro­zes­ses erschöp­fen kann. Damit blie­be gera­de auch eine Poli­ti­sie­rung der Wider­sprü­che und Span­nungs­fel­der, die im Bolo­gna-Pro­zess ange­legt sind, aus.

Ent­lang die­ses Ein­wands müs­sen die Span­nungs­fel­der, die im Bolo­gna-Pro­zess  prä­sent sind, stär­ker kennt­lich gemacht wer­den. Die­sen mehr Auf­merk­sam­keit zu wid­men, könn­te gleich­sam eine Mög­lich­keit dar­stel­len, die durch die Stu­die­ren­den­pro­tes­te geschaf­fe­nen poli­ti­schen Inter­ven­ti­ons­mög­lich­kei­ten auch in die­sem Zusam­men­hang zu nutzen.

  • Wird der Bolo­gna-Pro­zess vor dem Hin­ter­grund der Bestre­bun­gen per­spek­ti­viert, einen glo­ba­len Bil­dungs­markt zu kon­sti­tu­ie­ren (vgl. Hart­mann 2004, Ant­ho­fer 2005), birgt das in den Doku­men­ten ent­hal­ten­de Bekennt­nis zu Hoch­schul­bil­dung als einem „öffent­li­chen Gut“ einen Ansatz­punkt, eine alter­na­ti­ve „Ver­laufs­form“ der Euro­päi­sie­rung ein­zu­for­dern. Was mit die­sem (Lippen?-)Bekenntnis geschieht, gewinnt u.a. ange­sichts der for­cier­ten Stra­te­gie an Bedeu­tung, den Wunsch höhe­rer Bil­dungs­aus­ga­ben über die ver­stärk­te Erschlie­ßung pri­va­ter Finan­zie­rungs­quel­len zu errei­chen. Hier setzt bei­spiels­wei­se die deut­sche Bil­dungs­ge­werk­schaft GEW an, indem sie die Unter­zeich­ner­staa­ten der Bolo­gna-Erklä­rung dazu auf­for­dert, die Rea­li­sie­rung des im Inter­na­tio­na­len Pakts für wirt­schaft­li­che, sozia­le und kul­tu­rel­le Rech­te (UN-Sozi­al­pakt) ver­bürg­ten Rechts auf Bil­dung im gesam­ten euro­päi­schen Hoch­schul­raum zu rea­li­sie­ren. Dies soll auch dadurch erfol­gen, dass „der Hoch­schul­un­ter­richt auf jede geeig­ne­te Wei­se, ins­be­son­de­re durch all­mäh­li­che Ein­füh­rung der Unent­gelt­lich­keit, jeder­mann glei­cher­ma­ßen ent­spre­chend sei­nen Fähig­kei­ten zugäng­lich gemacht wer­den muss“ (Arti­kel 13 Absatz 2 Buch­sta­be c UN Sozi­al­pakt). Die Ver­knüp­fung des Bekennt­nis­ses zu Bil­dung als einem öffent­li­chen Gut mit den For­de­run­gen des UN-Sozi­al­pakts könn­te dem­nach als Ansatz­punkt genutzt wer­den, die Debat­te über den Bil­dungs­be­griff und über die sozia­le Durch­läs­sig­keit von Bil­dungs­sys­te­men neu zu ent­fa­chen. Dazu gehört bei­spiels­wei­se auch ein gebüh­ren­frei­er euro­päi­scher Hochschulraum.
  • In den Bolo­gna-Doku­men­ten wird wie­der­holt die sozia­le Dimen­si­on betont, ohne dass dies bis­her nach­hal­ti­ge Ände­run­gen nach sich gezo­gen hät­te. Die Fra­ge der Auf­nah­me eines Stu­di­ums ist stark mit dem fami­liä­ren Hin­ter­grund kor­re­liert. Noch immer stu­die­ren deut­lich mehr Kin­der aus soge­nann­ten bil­dungs­na­hen Eltern­häu­sern. Die Grün­de hier­für sind viel­schich­tig. So wer­den Kin­der durch die­se Eltern in der Regel stär­ker geför­dert, es sind grö­ße­re Res­sour­cen vor­han­den, das Ver­ständ­nis für eine Bil­dungs­kar­rie­re ist grö­ßer und die Selbst­ver­ständ­lich­keit, bestimm­te Bil­dungs­we­ge bis hin zu einem Stu­di­en­ab­schluss zu beschrei­ten, vor­han­den. Kin­der, deren Eltern selbst nicht stu­diert haben, müs­sen sich oft erst gegen die­se durch­set­zen und haben oft eine unsi­che­re Ein­schät­zung von einem Stu­di­um und scheu­en die Kos­ten eines Stu­di­ums eher. Gera­de hier hät­te die neue Stu­fung der Stu­di­en­gän­ge anset­zen kön­nen, indem der Bache­lor genutzt wird, ein zugäng­li­che­res Stu­di­um auch für Men­schen anzu­bie­ten, die bis­her vor einem lan­gen Magis­ter­stu­di­um zurück­ge­schreckt sind. Die Ent­schei­dung für ein Stu­di­um könn­te erleich­tert wer­den, wenn man bei der Kon­zep­ti­on der Stu­di­en­gän­ge eben die­se bil­dungs­fer­nen Schich­ten mit­denkt und auch bereit ist, den eli­tä­ren Habi­tus der Hoch­schu­len zu durch­bre­chen. Gesche­hen ist das Gegen­teil: Die Stu­di­en­gän­ge wer­den immer wei­ter geschlos­sen. Auch die Fra­ge des Über­gangs zum Mas­ter fällt unter das Stich­wort „Sozia­le Dimen­si­on“: Anstatt zu ver­su­chen, das Dog­ma der Stu­di­en­zeit­ver­kür­zung umzu­set­zen, indem man Zugän­ge zum Mas­ter beschränkt, ist das Stu­di­um auch an die­ser Hür­de zu öff­nen, um allen, die wol­len, einen Zugang zum Mas­ter zu ermöglichen.
  • Der Bolo­gna-Pro­zess muss dazu genutzt wer­den, einen sinn­vol­len Pra­xis­be­griff zu ent­wi­ckeln. Nicht die Eng­füh­rung auf „Employa­bi­li­ty“, son­dern die Fra­ge der gesell­schaft­li­chen Rele­vanz ist hier in den Mit­tel­punkt zu stel­len. Gera­de kri­ti­sche Kräf­te soll­ten die Debat­te um den Pra­xis­be­griff offen­siv füh­ren. Dafür braucht es mit­hin mehr als das Weg­schie­ben der „Pra­xis­fra­ge“ in Rich­tung Fachhochschulen.
  • Die Ver­säu­lung zwi­schen aka­de­mi­scher und hand­werk­li­cher Aus­bil­dung ist auf­zu­bre­chen. Der Bolo­gna-Pro­zess stellt hier durch­aus Instru­men­te bereit, wenn die kon­se­ku­ti­ve Struk­tur zur Öff­nung der Hoch­schu­len etwa für Men­schen mit Berufs­er­fah­rung genutzt wird. Dies erfor­dert jedoch Ver­än­de­run­gen in der Arbeits­welt und an den Hoch­schu­len. So sind kul­tu­rel­le Hür­den zu über­win­den und die Hoch­schu­len tat­säch­lich für beruf­lich Qua­li­fi­zier­te zu öff­nen. Zudem ist der Pra­xis­ori­en­tie­rung der Wis­sen­schaft eine Ver­wis­sen­schaft­li­chung der Pra­xis zur Sei­te zu stel­len (vgl. Ban­sche­rus et al. 2009).

Die Stu­die­ren­den­pro­tes­te waren inso­fern erfolg­reich, als sie bestimm­te The­men auf die poli­ti­sche Tages­ord­nung gesetzt und den öffent­li­chen Dis­kurs ver­scho­ben haben. Bis­her galt das Leit­bild der neo­li­be­ra­len Struk­tur­re­form: Hoch­schu­len soll­ten zu stand­ort­ge­rech­ten Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men umge­baut wer­den, die im Wett­be­werb um die Stu­die­ren­den als zah­len­de Kun­dIn­nen wer­ben und die­sen mit einem Aus­bil­dungs­zer­ti­fi­kat die Beschäf­ti­gungs­fä­hig­keit attes­tie­ren. Bil­dung wird hier wei­ter­füh­rend als Ware ver­stan­den, das Stu­di­um mit einer Inves­ti­ti­on in das eige­ne Human­ka­pi­tal ver­bun­den (und nicht etwa mit dem Ziel eines Erkennt­nis­ge­winns). In die­ser Rich­tung kann auch der Bolo­gna-Pro­zess inter­pre­tiert wer­den: Denn wird „der Bil­dungs- und Wis­sen­schafts­markt, auf dem die Hoch­schu­len in einen Wett­be­werb um Nach­fra­ger tre­ten, euro­pa­weit kon­sti­tu­iert, bedarf es einer euro­pa­wei­ten Kom­pa­ti­bi­li­tät und Über­trag­bar­keit. Zen­tra­les Instru­men­ta­ri­um für die Her­stel­lung der Über­trag­bar­keit von Stu­di­en­leis­tun­gen ist ein ein­heit­li­ches Leis­tungs­punkt­sys­tem – gleich­sam die gemein­sa­me ‚Wäh­rung´ im euro­päi­schen Stu­di­en­raum, die Stu­di­en­leis­tun­gen mess­bar und ver­gleich­bar macht. Die euro­pa­weit ein­heit­li­che Mess­bar­keit von Stu­di­en­leis­tun­gen bzw. den ihnen zugrun­de lie­gen­den Stu­di­en­dienst­leis­tun­gen könn­te in einem wei­te­ren Schritt zur Vor­aus­set­zung für eine inter­na­tio­nal ver­gleich­ba­re Berech­nung von durch die Stu­die­ren­den zu bezah­len­den Gebüh­ren oder für ein euro­pa­weit gel­ten­des Bil­dungs­gut­schein­sys­tem wer­den“ (Kel­ler 2003, S. 44).
Nicht nur im euro­päi­schen, son­dern auch im natio­na­len Kon­text wur­de der Bolo­gna-Pro­zess oft neo­li­be­ral inter­pre­tiert: Markt­kon­for­me Dis­zi­pli­nie­rung der Stu­die­ren­den in einem stark ver­schul­ten „Aus­bil­dungs­be­trieb“, Bil­dung als Inves­ti­ti­on in die „Ich-AG“, Employa­bi­li­ty als Ziel und das Ein­zie­hen einer wei­te­ren selek­ti­ven Hier­ar­chie­ebe­ne beim Über­gang vom Bache­lor zum Mas­ter. Zudem ver­bin­den natio­na­le Akteu­re mit Euro­päi­sie­rung vor allem die Mög­lich­keit des Spiels über Ban­de: Unpo­pu­lä­re Ände­run­gen und eige­nes Ver­sa­gen bei Stu­di­en­re­for­men und der Finan­zie­rung der Hoch­schu­len kön­nen auf „Euro­pa“ gebucht und so der eige­nen Ver­ant­wor­tung ent­le­digt werden.

Die Stu­die­ren­den­pro­tes­te haben den Fokus jedoch auf die Poten­tia­le des Pro­zes­ses gelegt, da sie in ein erheb­li­ches inhalt­li­ches Vaku­um gesto­ßen sind. Im März soll die Voll­endung des euro­päi­schen Hoch­schul­raums gefei­ert wer­den, bis­wei­len steht in den offi­zi­el­len Vor­be­rei­tun­gen eines „Fol­low-up für die nächs­te Deka­de“ Selbst­be­weih­räu­che­rung im Vor­der­grund*. Vie­le Akteu­re sind irri­tiert bis rat­los, was die Chan­cen geziel­ter Inter­ven­tio­nen erhöht. In vie­len Fäl­len kön­nen der­zeit eher Fra­gen for­mu­liert als Ant­wor­ten gege­ben wer­den. Die Debat­te über eine neue Archi­tek­tur des euro­päi­schen Hoch­schul­raums könn­te jedoch umso mehr dazu bei­tra­gen, neue Hand­lungs­spiel­räu­me für kri­ti­sches Stu­die­ren, Leh­ren und For­schen zu erschließen.


* vgl. Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Wis­sen­schaft und For­schung; zur „Gegen-Mobi­li­sie­rung“ sie­he Bol­gnab­urns.


Lite­ra­tur:

  • Ant­ho­fer, Hel­mut (2005): GATS und die Libe­ra­li­sie­rung von Bil­dungs­dienst­leis­tun­gen. Eine Bestands­auf­nah­me, Wien, PDF [2,8 MB].
  • Ban­sche­rus, Ulf /​ Gulbins, Anne­ro­se /​ Him­pe­le, Kle­mens /​ Staack, Son­ja (2009): Der Bolo­gna-Pro­zess zwi­schen Anspruch und Wirk­lich­keit. Die euro­päi­schen Zie­le und ihre Umset­zung in Deutsch­land. Eine Exper­ti­se im Auf­trag der Max-Tra­e­ger-Stif­tung, Frankfurt/​M., PDF [800 KB].
  • Bie­ling, Hans-Jür­gen (2004): Euro­päi­sche Inte­gra­ti­on: Deter­mi­nan­ten und Hand­lungs­mög­lich­kei­ten, in: Beer­horst, Joachim/​et al. (Hg.): Kri­ti­sche Theo­rie im gesell­schaft­li­chen Struk­tur­wan­del, Frankfurt/​M., 94–127.
  • Bult­mann, Tors­ten (1996): Die stand­ort­ge­rech­te Dienst­leis­tungs­hoch­schu­le, in: PROKLA, 26/​104, 329–355, PDF [3,7 MB].
  • Bult­mann, Tors­ten (2007): Künf­ti­ge Per­spek­ti­ven von Wis­sen­schaft und Beruf – Wider­sprü­che und Kon­flikt­li­ni­en des Bolo­gn­a­pro­zes­ses und der Reor­ga­ni­sa­ti­on der Hoch­schu­len. In: Brü­chert, Oliver/​et al. (Hg.): Kri­ti­sche Wis­sen­schaft, Eman­zi­pa­ti­on und die Ent­wick­lung der Hoch­schu­len, Mar­burg, 147–154.
  • EURYDICE (2000): Two Deca­des of Reform in Hig­her Edu­ca­ti­on in Euro­pe: 1980 onwards, Brüs­sel, PDF [3 MB].
  • Hart­mann, Eva (2004): Der glo­ba­le Bil­dungs­markt. Hege­mo­nie­kämp­fe um Qua­li­täts­stan­dards und Aner­ken­nung von Abschlüs­sen, in: PROKLA, 34/​137, 565–585, PDF [3,8 MB].
  • Hirsch, Nele (2008): „Bolo­gna-Pro­zess“ und der Kampf an den Hoch­schu­len, in: Z. – Zeit­schrift Mar­xis­ti­sche Erneue­rung, 19/​74, 22 ‑27, Online hier.
  • Kel­ler, Andre­as (2003): Chan­cen und Risi­ken des Bolo­gna-Pro­zess, in: Forum Wis­sen­schaft 3/​2003, 43–45, Online hier.
  • Mar­tens, Kerstin/​Wolf, Die­ter (2006): Para­do­xien der neu­en Staats­rä­son. Die Inter­na­tio­na­li­sie­rung der Bil­dungs­po­li­tik in der EU und der OECD, in: Zeit­schrift für inter­na­tio­na­le Bezie­hun­gen, 13/​2, 145–176, PDF [400 KB]
  • Maas­sen, Peter/​Olsen, Johan P. (2007): Uni­ver­si­ty Dyna­mics and Euro­pean Inte­gra­ti­on, Dordrecht.
  • Öster­rei­chi­sche Hoch­schü­le­rIn­nen­schaft, Pau­lo Frei­re Zen­trum (Hg., 2005): Öko­no­mi­sie­rung der Bil­dung. Ten­den­zen, Stra­te­gien, Alter­na­ti­ven, Wien, PDF [700 KB].
  • Zeu­ner, Bodo (2007): Die Freie Uni­ver­si­tät Ber­lin vor dem Bör­sen­gang. Bemer­kun­gen zur Öko­no­mi­sie­rung der Wis­sen­schaft. Abschied­vor­le­sung, [PDF 350 KB].


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„Mythen der Krise“ – neues BEIGEWUM Buch!

25. Januar 2010 – 17:39 Uhr

Neu­es BEIGEWUM Buch:
„Mythen der Kri­se. Ein­sprü­che gegen fal­sche Leh­ren aus dem gro­ßen Crash“
Her­aus­ge­ge­ben vom Bei­rat für gesellschafts‑, wirt­schafts- und umwelt­po­li­ti­sche Alter­na­ti­ven und von Attac Österreich
VSA Ver­lag, 128 Sei­ten (Febru­ar 2010)
EUR 10.80
ISBN 978–3‑89965–373‑1



Zu Beginn der aktu­el­len Kri­se schien der Neo­li­be­ra­lis­mus, ja der Kapi­ta­lis­mus ins­ge­samt, schwe­ren Legi­ti­ma­ti­ons­scha­den zu neh­men. Doch mitt­ler­wei­le haben sich sei­ne Apo­lo­ge­ten erholt und ver­su­chen mit allen Mit­teln, ihre Leh­ren zu verteidigen.

Mit Mythen wie „Der Staat ist schuld an der Kri­se“ oder „Euro­pa ist nur Opfer“ wird Ursa­chen­ver­leug­nung betrie­ben. Mit Ansa­gen wie „Jetzt droht die Hyper­in­fla­ti­on“, „Wir ver­er­ben nach­fol­gen­den Genera­tio­nen Schul­den ohne Ende“ oder „Jetzt müs­sen alle den Gür­tel enger schnal­len“, wird ver­sucht, eine Abkehr von der herr­schen­den wirt­schafts­po­li­ti­schen Dok­trin zu ver­hin­dern. Mit War­nun­gen wie „Die Ban­ken sind um jeden Preis zu ret­ten“ wird beschleu­nigt in Sack­gas­sen gesteu­ert. Doch auch kri­tisch auf­tre­ten­de Ansät­ze wie die Zins­kri­tik ver­su­chen die Kri­se zu nut­zen, um für ihre Irr­leh­ren zu werben.

Die AutorIn­nen neh­men sich die kur­sie­ren­den Mythen vor und ord­nen sie in die Berei­che Kri­sen­ur­sa­chen, Kri­sen­be­schrei­bung sowie Kri­sen­lö­sun­gen ein. Die auch für Nicht-Öko­nom­In­nen ein­gän­gi­ge Dar­stel­lung und das Auf­grei­fen von hart­nä­ckig wir­ken­den Vor­ur­tei­len machen ihr Buch zu einer will­kom­me­nen Argu­men­ta­ti­ons­hil­fe für all jene, die dem herr­schen­den Kri­sen-Manage­ment kennt­nis­reich ent­ge­gen tre­ten wollen.

Prä­sen­ta­ti­on am Di, 16.3. 2010 um 19h in der Städ­ti­schen Büche­rei Wien am Urban Loritz Platz mit Karin Küb­lböck, Mar­kus Mar­ter­bau­er und Georg Feigl: „Alle Gür­tel enger schnal­len, sonst droht der Staats­bank­rott und ande­re Mythen der Krise“


Wei­te­re Termine:

10. Febru­ar 16h und Frei­tag, 12. Febru­ar 9h05: Inter­view mit Co-Autor Beat Weber in der Ö1-Sen­dung „Kon­text – Sach­bü­cher und Themen“

24. März 2010 um 18h an der WU Wien, Hs. 5.46 © mit Hele­ne Schu­berth, Eli­sa­beth Spring­ler und Beat Weber

19. April 2010 um 19h Buch­prä­sen­ta­ti­on und Dis­kus­si­on mit Katha­ri­na Muhr (BEIGEWUM) im Kul­tur­hof Amstetten

Inhalts­ver­zeich­nis: Inhalts­ver­zeich­nis (PDF)

Text­pro­be: Mythos – Alle müs­sen Gür­tel enger schnal­len (PDF)

Bestell­mög­lich­keit

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