Die deutschsprachige Volkwirtschaftslehre: Forschungsprofil und politisches Wirkungsspektrum
Christian Grimm; Stephan Pühringer
Ausgangslage: Die Volkswirtschaft in der Krise?
In der Volkswirtschaftslehre (VWL) hat sich seit Mitte der 1970er Jahre mit der Neoklassik ein dominierendes theoretisches Paradigma etabliert, welches das ökonomische Denken bis heute wesentlich prägt. Dieser Zustand, der insbesondere seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 nicht nur in der akademischen Fachwelt kontrovers diskutiert wird, hat weitreichende Auswirkungen auf die innerdisziplinären Verhältnisse (z.B. Einseitigkeit in Forschung und Lehre, stark hierarchische Strukturen, geringe Beachtung sozialwissenschaftlicher Forschung und interdisziplinärer Ansätze) sowie auf gesellschafts- und wirtschaftspolitische Entwicklungen (z.B. Ökonomisierung sozialer und politischer Bereiche, einseitige Einflussnahme durch Expertengremien und Think Tanks). Ausgehend von diesen Überlegungen wurde in einer Studie im Auftrag des FGW eine empirische Untersuchung der (ordentlichen) Professuren für Volkswirtschaftslehre im deutschsprachigen Raum (Österreich, Deutschland, Schweiz) erstellt. Diese wurden hinsichtlich ihrer theoretischen und inhaltlichen Ausrichtung (Forschungsprofil) sowie ihrer inner- und außeruniversitären Vernetzung (Wirkungsspektrum) untersucht. Die Datengewinnung selbst erfolgte anhand eines mehrstufigen Erhebungsverfahrens auf den entsprechenden Institutshomepages sowie den Lebenslaufangaben der einzelnen Professor_innen und wurde im Zeitraum von November 2015 bis April 2016 durchgeführt.
Wer forscht und lehrt VWL an deutschsprachigen Universitäten?
Im Zuge der empirischen Analyse wurde eine Grundgesamtheit von 708 VWL-Professor_innen an 89 Universitätsstandorten ermittelt. Im Hinblick auf soziodemografische Daten konnte ein sehr unausgewogenes Geschlechterverhältnis bei den Professor_innen ermittelt werden. So sind lediglich 89 (13,36%) der 708 Professuren mit Frauen besetzt. Der Frauenanteil fiel dabei in der Schweiz besonders niedrig aus (7,37%). Die Untersuchung der Nationalitätszugehörigkeit ergab, dass an Deutschlands Universitäten neun von zehn Professor_innen die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen (89,95%). Der Anteil „inländischer“ Professor_innen fällt demgegenüber in Österreich (60,98%) und der Schweiz (34,85%) wesentlich geringer aus. Eine Erklärung dafür kann im gemeinsamen Arbeitsmarkt für deutschsprachige Professor_innen gefunden werden. An Österreichs Universitäten verfügt rund ein Fünftel (19,51%), in der Schweiz sogar ein Viertel (27,27%) über eine deutsche Staatsbürgerschaft.
Forschungsschwerpunkte der deutschsprachigen Volkswirtschaftslehre
Die Analyse der Forschungsschwerpunkte der untersuchten Professor_innen zeigt einen starken Fokus auf mikroökonomische Themen und Fragestellungen – ein Umstand, der sowohl an den Selbstangaben der Professor_innen hinsichtlich ihrer Forschungsinteressen als auch anhand der daran anschließenden teilgebietlichen Zuordnung ersichtlich wird. So haben sieben der zehn meistgenannten Forschungsschwerpunkte einen vorwiegend mikroökonomischen Bezug (Industrieökonomie, Arbeitsmarktökonomie, Experimentelle Ökonomie, Verhaltensökonomie, Umweltökonomie, Spieltheorie und Angewandte Mikroökonomie) –– dementsprechend wurde auch knapp die Hälfte der Professor_innen (50,35%) primär in der Mikroökonomie verortet. Demgegenüber steht knapp ein Fünftel der Professor_innen, die vorwiegend im Teilgebiet der Makroökonomie zu verorteten sind (18,76%), also einen gesamtwirtschaftlichen Schwerpunkt aufweisen. Die beiden ergänzend erhobenen Gebiete der Finanzwissenschaft (6,63%) bzw. der Ökonometrie und Statistik (6,21%) sind hingegen tendenziell unterrepräsentiert. Darüber hinaus entfiel ein vergleichbar hoher Anteil (17,77%) auf Professor_innen, deren Forschungsarbeiten zwischen zwei Teilgebieten (v.a. Mikroökonomie und Ökonometrie, aber auch Mikroökonomie und Finanzwissenschaft) angesiedelt sind.
Dominanz eines neoklassischen Mainstreams
Der paradigmatische Status der Ökonomik wurde mittels zweier verschiedener Klassifizierungsverfahren (Mainstream-Heterodoxie Klassifizierung; Klassifizierung nach der These einer steigenden konzeptionellen Vielfalt innerhalb des ökonomischen Mainstreams nach David Colander) ermittelt und soll Auskunft über die Zugehörigkeit zu einer bestimmten (theoretischen) Denkrichtung geben. In beiden Fällen offenbarte die Analyse eine starke Konzentration rund um den traditionellen Mainstream neoklassischer Prägung, wobei der Anteil der Professor_innen aus diesem Bereich je nach Verfahren variierte (91,27% bzw. 76,11%). Die österreichische Volkswirtschaftslehre weist mit einem Mainstreamanteil von 80% bzw. 68,98% im Vergleich zu Deutschland und der Schweiz eine etwas pluralistischere Ausrichtung auf. Mit Hilfe der Mainstream-Heterodoxie Klassifizierung lässt sich darüber hinaus eine Gruppe an Ökonom_innen identifizieren, die ihren eigentlichen Forschungsschwerpunkt in der Mainstreamökonomie hat, aber fallweise auch an heterodoxen Diskursen partizipiert. Diese Gruppe eines „pluralen Mainstreams“ ist mit knapp 6% der untersuchten Professor_innen zwar von überschaubarer Größe, aber immerhin noch doppelt so groß wie der Anteil vorwiegend heterodoxer Professor_innen (3,15%). Die Klassifizierung nach Colander, mit deren Hilfe versucht wird einen möglichen Wandel innerhalb des ökonomischen Mainstreams zu erfassen, zeigte zudem, dass sich mit der Verhaltens- und Experimentalökonomie ein neuer Forschungszweig innerhalb der Mainstreamökonomie etablieren konnte. Dieses Resultat deutet an, dass der innere Wandel der Mainstreamökonomie durchaus beschränkt ist und vorwiegend die ökonomische Verhaltenstheorie betrifft. Ob dieser Aufstieg der Verhaltens- und Experimentalökonomie, die von knapp 15% der untersuchten Professor_innen betrieben wird, als echter Wandel der Disziplin zu werten ist, ist nach Ansicht mancher Autor_innen durchaus umstritten: Obwohl beide Forschungsfelder wesentliche Grundannahmen des traditionellen Homo Oeconomicus Modells widerlegen konnten, gilt letzteres nach wie vor als zentraler theoretischer Rahmen ökonomischen Denkens.
Die angewandten Verfahren zeigen eine starke Marginalisierung heterodoxer Strömungen, da lediglich 22 Professor_innen (3,15%) als „heterodoxe“ Ökonom_innen klassifiziert wurden. Zudem weisen die Daten auf das überdurchschnittliche Alter dieser Personengruppe hin was auf einen Trend zu einer noch weitergehenden Marginalisierung schließen lässt. Institutionell sind diese vor allem an kleinen Universitätsstandorten (sechs oder weniger Professuren) vertreten (z.B. Bremen, Darmstadt, Oldenburg, Lüneburg, Jena), während an den größeren Universitäten vorwiegend mainstreamorientierte Professor_innen tätig sind. In Summe wurden nur fünf Universitäten identifiziert, an denen mindestens die Hälfte der VWL-Professor_innen dem pluralen Mainstream (4) bzw. der heterodoxen Ökonomie (1, Bremen) zugeordnet werden können. Abbildung 1 bildet auf einer Landkarte die geografische Verteilung der VWL-Standorte mit Bezug zu heterodoxen und pluralen ökonomischen Ansätzen ab. Professor_innen, die dabei dem pluralen Mainstream zugeordnet wurden sind grün, jene aus der Heterodoxie rot dargestellt. Ferner wurden auch die Universitäten entsprechend der Mehrheit der paradigmatischen Zuordnung ihrer Professor_innen eingefärbt. So ist beispielsweise die Universität Bremen rot dargestellt, da zwei der drei (und somit die Mehrheit der dort ansässigen Professor_innen) der Heterodoxie zugewiesen wurden.
Abbildung 1: Landkarte pluraler und heterodoxer ökonomischer Standorte in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Innerhalb der Heterodoxie sind postkeynesianische mit acht, bzw. evolutionäre Ansätze mit sieben Professor_innen am stärksten vertreten. In Deutschland (8,04%) konnte, im Vergleich zu Österreich (2,22%) und der Schweiz (2,13%), eine verhältnismäßig bessere Verankerung ordoliberaler Konzepte festgestellt werden, die auf den „deutschen Sonderweg“ in der Entwicklung der Volkswirtschaftslehre nach dem Zweiten Weltkrieg verweist und maßgeblich von der so genannten „Freiburger Schule“ getragen wurde. Abschließend bekräftigt der geringe Prozentsatz an Professor_innen, die sich seit 2008 in ihren Beiträgen zur Wirtschafts- und Finanzkrise beschäftigt haben (14,45%) die Kritik, dass sich ökonomische Forschung zu wenig an aktuellen wirtschaftlichen Problemen und Entwicklungen orientiert. In diesem Kontext zeigt sich auch, dass die Krise unter heterodoxen Ökonom_innen wesentlich häufiger (etwa ein Drittel) Forschungsgegenstand war als bei ihren Mainstream-Kolleg_innen.
Ideologischer Bias von Ökonom_innen in der Politikberatung und in öffentlichen Debatten
In der innerakademischen Vernetzung zeigt sich die zentrale Rolle des „Vereins für Socialpolitik“ (VfS), dem 427 (60%) der Professor_innen zugehörig sind. Wichtige Rollen für den akademischen Forschungsaustausch spielen darüber hinaus die „American Economic Association“ (12%) und die „European Economic Association“ (11%). Unter den heterodoxen Professor_innen besitzt der VfS eine noch zentralere Stellung (77%). Die „European Society for the History of Economic Thought“ (23%) und der „Arbeitskreis Politische Ökonomie“ (18%) verkörpern zwei spezifische Plattformen für heterodoxe Professor_innen im deutschsprachigen Raum. Die Analyse der außerakademischen Vernetzung verfolgt verschiedene Kanäle der Einflussnahme der Volkswirtschaftslehre auf gesellschaftliche und politische Entwicklungen. Auf der Ebene der unterstützenden Politikberatung („policy support“) stellen das „CESifo München“ mit 146 (21%), das „IZA Bonn“ mit 91 (13%) sowie das „CEPR London“ mit 90 (13%) die quantitativ bedeutendsten Institutionen dar.
Auf der Ebene der aktiven wirtschaftspolitischen Einflussnahme („policy involvements“) konnten sowohl neo- bzw. ordoliberale Akteursnetzwerke (z.B. Walter Eucken Institut, Kronberger Kreis, F.A. Hayek Gesellschaft, INSM, Hamburger Appell, Plenum der Ökonomen) als auch keynesianisch geprägte Expertengruppen (z.B. Keynes Gesellschaft, Hans-Böckler Stiftung) identifiziert werden, wobei hier ein klares Übergewicht neo- bzw. ordoliberaler Think Tanks besteht. Dabei ist die institutionelle Verbindung von Ökonom_innen in den zentralen wirtschaftspolitischen Beratungsgremien (SVR, sowie die Wissenschaftlichen Beiräte im deutschen Wirtschafts- und Finanzministerium) zu neo- bzw. ordoliberalen Netzwerken mit mehr als 42% besonders hoch. Insbesondere in Deutschland kann dies durch einen langfristig betriebenen, erfolgreichen Auf- und Ausbau von Netzwerkstrukturen in der wirtschaftspolitischen Beratung erklärt werden, wie in einer soeben publizierten Studie gezeigt wurde. Diese ungleiche Machtverteilung bietet auch eine mögliche Erklärung für ein, insbesondere im Zuge der deutschen Krisenpolitik attestiertes, „Fortleben“ bzw. „Revival“ eines explizit konservativ verstandenen Ordoliberalismus, das die außergewöhnliche Persistenz neoliberaler Anschauungen und Politiken unter deutschen Wirtschafts- und Politikeliten erklären würde.
Weiterführende Literatur
Die Studie in der Langfassung ist als FGW-Studie erschienen und kann hier als adaptiertes Working Paper heruntergeladen werden.
Der BEIGEWUM hat sich in zahlreichen Publikationen mit diesem Thema auseinandergesetzt, jüngere Beispiele sind der Kurswechsel 1/16 (Die Zukunft der Volkswirtschaftslehre: Kann die ökonomische Wissenschaft plural werden?) oder das Debattenforum des Kurswechsel 2/2015 (Perspektiven und Grenzen Pluraler Ökonomie).
Panel Discussion: „The banking crisis in Italy and its impact on the Euro“ – 23.11.2017 15:15 WU Wien
The banking crisis in Italy and its impact on the Euro
Recently, Italy has become the focus of international media attention, mostly due to the fragility of its banking system. One bank, Monte dei Paschi di Siena has already been saved by a strange combination of bail in and bailout. Other Italian banks, amongst them major players, are also in a vulnerable situation. In the meantime, the Eurozone has brought about rules that prevent states from bailing out banks. They now have to be bailed in by their owners and even eventually their depositors.
The panel will discuss the following questions: What has caused the Italian banking crisis? Has it been imprudent lending, or is it due to the lack of growth in the Italian economy? In terms of per capita GDP, Italy is now doing worse than before the introduction of the euro. There is a massive lack of demand in the Italian economy, partly due to constant austerity. Can this be the reason for the fragility of the Italian banking system, where the ratio of non-performing loans has reached 19%?
Italy, unlike the previously mentioned countries, is a large part of the EU. Its collapse, or a crisis in its banking system, may have an enormous impact on the European Union.
Panelists:
Prof. Guido Montani, Professor of International Political Economy at the University of Pavia
Prof. Riccardo Fiorentini, Professor at University of Padova
Dr. Thomas Fazi, Journalist & Author
Vanessa Redak, Oesterreichische Nationalbank (OeNB, Austrian Central Bank)
Date:
Thursday, 23. 11.2017
15:15–17:00
Location:
Vienna University of Economics and Business (WU)
Welthandelsplatz 1, 1020 Wien
TC.2.01 Siemens Hörsaal (120)
Part of a conference series on the Euro and the Italian crisis, organised by the Alexandre Lamfalussy Faculty of Economics, University of Sopron, Hungary in cooperation with the University of Economics in Bratislava.
Österreich nach der Wahl – sozioökonomische Perspektiven
Nach den Wahlen deutet alles darauf hin, dass die Koalition zwischen ÖVP und SPÖ Geschichte ist. Die Zeichen stehen auf Neuauflage von Schwarz-Blau. Nachdem ÖVP und FPÖ bereits Regierungserfahrung miteinander haben, ist anzunehmen, dass die Umsetzung der Pläne schneller und friktionsfreier vorangehen wird als beim ersten gemeinsamen Regierungsversuch auf nationaler Ebene ab 2000.
Auf der Veranstaltung soll diskutiert werden, was die konkreten Auswirkungen einer solchen Neuauflage des schwarzblauen Projekts sein können, mit einem Schwerpunkt auf sozialpolitische sowie wirtschaftspolitische Maßnahmen. Vor allem die Themen Mindestsicherung und Zuwanderung standen im Fokus des Wahlkampfes der beiden Parteien, weiters ist die Pflichtmitgliedschaft in den Kammern zuletzt in die Abschusslinie geraten.
Einen Schwerpunkt der Diskussion wird auch die Frage bilden, wie linke Antworten auf diese Aussichten aussehen sollen und inwiefern die Erfahrungen von 2000 bis 2007 uns für die kommenden Auseinandersetzungen weiterhelfen können.
Montag 06.11.2017 18:30, Republikanischer Club (Rockhgasse 1, 1010 Wien)
Am Podium:
Michaela Moser, Dozentin an der FH St. Pölten, Sozialexpertin der Armutskonferenz.
Markus Marterbauer, Leiter Abteilung Wirtschaftswissenschaft und Statistik der AK Wien, Lektor an der Wirtschaftsuniversität Wien.
Lukas Oberndorfer, Rechtswissenschafter, Redaktion mosaik.
**** Update ****
Videoufzeichnung findet sich hier: https://www.youtube.com/watch?v=o_CeDSut_pA&t=5s
**** Update ***
Wie Arme nicht arm und Reiche nicht reich bleiben. Verteilung und Umverteilung von Einkommen und Vermögen in Österreich (Factsheet IV)
Das Factsheet als hochauflösendes jpg:
Quellen und weitere Literatur zum Thema:
- Alzinger, Wilfried/ Lamei, Nadja/Rumplmaier, Bernhard/Schneebaum, Alyssa (2013): Intergenerationelle soziale Mobilität in Österreich, Statistische Nachrichten 1/2013, S. 48–62, https://media.arbeiterkammer.at/PDF/Intergenerationelle_soziale_Mobilitaet.pdf
- Humer, Stefan (2014): Aufkommen von Erbschaftssteuern. Modellrechnung exemplarischer Tarife. Wirtschaft und Gesellschaft, 40(1), S. 151–159; wug.akwien.at/WUG_Archiv/2014_40_1/2014_40_1_0151.pdf
- Jahoda Bauer Institut (2017): Wer wieviel erbt; http://jbi.or.at/wer-wieviel-erbt/
- BEIGEWUM / Attac / Armutskonferenz (Hrsg.) (2014). Mythen des Reichtums. Warum Ungleichheit unsere Gesellschaft gefährdet. VSA. Hamburg.
- Anreasch, Michael/Fessler, Pirmin/Mooslechner, Peter/Schürz, Martin (2012): Fakten zur Vermögensverteilung. Sozialbericht 2011- 2012, Wien, S. 249–268; http://www.armutskonferenz.at/files/bmask_sozialbericht_kapitel_vermoegensverteilung-2012_3.pdf
- Fessler, Pirmin/Schürz, Martin (2010): Reich bleiben in Österreich. In: Wirtschaft und Gesellschaft 39(3), 343–360; http://wug.akwien.at/WUG_Archiv/2013_39_3/2013_39_3_0343.pdf
Hier gehts zu Factsheet I: Mythos „schwarze Null“
Hier gehts zu Factsheet II: Arbeitszeit: Verkürzung statt Flexibilisierung
Hier gehts zu Factsheet III: Arbeitszeit: Hartz IV ist kein Vorbild
Hartz IV ist kein Vorbild (Factsheet III)
Factsheet III: Hartz IV ist kein Vorbild
Das Factsheet als hochauflösendes jpg:
Factsheet III: Hartz IV ist kein Vorbild (Seite 1)
Factsheet I: Hartz IV ist kein Vorbild (Seite 2)
Quellen und weitere Literatur zum Thema:
- Interview mit Gerhard Bosch vom Institut für Arbeit und Qualifikation IAQ, 12.07.2017. „Die Agenda 2010 war überflüssig“, https://makronom.de/gerhard-bosch-arbeitsmarkt-gewerkschaften-die-agenda-2010-war-ueberfluessig-21972
- Buttwerwege, 2015: Hartz IV und die Folgen; auf dem Weg in eine andere Republik, Beltz Juventa, Weinheim Basel. Thesen zum Buch: http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/141117_butterwegge_buch-thesen.pdf
- Bruckmeier, Eggs, Himsel, Trappman, Walwei (2013): Steinig und lang – der Weg aus dem Leistungsbezug, Aufstocker im SGB II, IAB Kurzbericht 14/2013, http://doku.iab.de/kurzber/2013/kb1413.pdf
- Eppel, Mahringer, Sauer (2017): Österreich 2025 – Arbeitslosigkeit und die Rolle der aktiven Arbeitsmarktpolitik, WIFO Monatsbericht 90(6)
- Fuchs, Hollan, Gasior, 2017: Simulation der Umlegung der Hartz-IV Reform auf Österreich, http://www.euro.centre.org/data/1498134467_87901.pdf
- Jaenichen, Rothe (2014): Hartz sei Dank? Stabilität und Entlohnung neuer Jobs nach Arbeitslosigkeit https://www.boeckler.de/wsimit_2014_03_jaenichen.pdf
- Promberger, Ramos Lobato (2016): Zehn Jahre Hartz IV – eine kritische Würdigung, WSI Mitteliungen 5 /2016
- Rothe, Wälde (2017): Where Did All the Unemployed Go? Non-Standard Work in Germany after the Hartz Reforms Years; IAB Discussion Paper 18/2017, http://doku.iab.de/discussionpapers/2017/dp1817.pdf
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Neuer Kurswechsel: „Die Herren des Geldes – Das Geld der Herren?“
Die Herren des Geldes – die Frauen der Arbeit?
Debattenforum „US-Wahl: Wahl weiter?“
Progressive Strategien für die Gestaltung der Globalisierung – Podiumsdiskussion 06.06. 18:30 ÖFSE
Was sind progressive Strategien zur politökonomischen Gestaltung der Globalisierung vor dem Hintergrund wirkungsmächtiger neoliberaler bzw. rechtsnationalistischer Gegenprojekte?
In den letzten Dekaden wurde mit zunehmender Deutlichkeit offensichtlich, dass das Wohlstandsversprechen des neoliberal globalisierten Kapitalismus nicht eingehalten wird. Der Umbau des Sozialstaates zum Wettbewerbsstaat sowie die Deregulierung von Güter‑, Finanz- und Dienstleistungsmärkten haben zu mehr Ungleichheit und Instabilität geführt. Während die Verteilung der Einkommen und Vermögen zunehmend auseinander klafft, häufen sich Krisenerscheinungen, deren Lasten auf die unteren Einkommensschichten abgewälzt werden. Doch davon konnten emanzipative Bewegungen, die sich von Anfang an kritisch gegenüber dem neoliberalen Projekt positionierten und versuchen, diesem mit progressiven Strategien zur politökonomischen Gestaltung der Globalisierung zu begegnen, kaum profitieren.
Während die politischen Eliten des Mainstreams zunehmend an Zustimmung verloren, erlebten vor allem rechtsnationalistische Kräfte mit dem Versprechen eines Bruches mit den politischen Eliten sowie mit rechtsnationalistischen Antworten auf die Globalisierung einen Aufschwung. Dabei lässt sich in den Ländern in denen diese an die Macht gelangten bereits ein Abbau der Demokratie beobachten. Hingegen kommen emanzipative Bewegungen mit ihren Ideen gegen wirkungsmächtige neoliberale und rechtsnationalistische Projekte nicht durch.
Vor diesem Hintergrund diskutieren wir die Fragen:
Warum kommen progressive Ideen gegen neoliberale und rechtsnationalistische Antworten auf die Globalisierung nicht durch? Was sind diese progressiven Antworten überhaupt? Welche Akteursnetzwerke braucht die Linke zur Durchsetzung einer progressiven Agenda? Was ist von dem – angeblich Mitte Mai vorliegenden – neuen Grundsatzpapier der EU zur Globalisierung zu halten? Was sind die Perspektiven für die Zukunft?
Programm:
18:30 Podiumsdiskussion mit:
Karin Fischer (JKU)
Werner Raza (ÖFSE)
Alexandra Strickner (ATTAC)
Dennis Tamesberger (AK OÖ)
20:30 Ende der VA, im Anschluss Buffet
Moderation: Oliver Prausmüller (BEIGEWUM)
In Kooperation mit der ÖFSE (http://www.oefse.at/), dem Zentrum für VW-Studierende (https://www.facebook.com/
Anmeldung erbeten unter: i.pumpler@oefse.at
Veranstaltung auf Facebook
Der rechte Streit um Europa?
Im Rahmen der Präsentation des aktuellen Kurswechsels debattierten die AutorInnen Joachim Becker (WU Wien) und Hanna Lichtenberger (Uni Wien) unter der Moderation von Christa Schlager (Kurswechsel Redaktion) in den Räumen des Republikanischen Clubs die Situation der Rechten in Europa.
Der aktuelle Kurswechsel
Die politische Rechte gibt sowohl in der Europäischen Kommission, im Rat als auch im Parlament den Ton an, liegt aber mit den rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien im Streit um die Zukunft Europas: Wirtschafts- und Flüchtlingskrise haben die Integrationsmüdigkeit verschärft und für Zulauf gesorgt. Mit dem so genannten Brexit hat das erste Land seinen Austritt aus der Union angekündigt. Im Laufe des Jahres 2017 stehen in den Niederlanden, Frankreich, Deutschland und eventuell Italien und Österreich Wahlen an, überall werden rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien Zuwächse prognostiziert. Aber auch die Parteien der ehemaligen Mitte (SP, VP) konkurrieren mit oft ähnlichen Tönen um die enttäuschten WählerInnen. Wie sehen nun konkurrierende Europa-Konzepte von ganz rechts bis wirtschaftsliberal konkret aus? Welche Vorstellungen von Binnenmarkt und Festung Europa sind im Umlauf? Und welche Rolle spielen kleinräumigere Abschottungskonzepte? Um diese Fragen dreht sich der aktuelle Kurswechsel.
Dobro došli u Jugoslaviji!
Mit einem „Willkommen in Jugoslawien“ begrüßte Joachim Becker (WU Wien) die rund 50 Anwesenden zur Diskussion rund um den rechten Streit um Europa. Für Becker ist es klar: Die EU ist an einem Punkt angelangt wie Jugoslawien am Ende der 1980er Jahre oder die Sowjetunion ein paar Jahre später: „Der Punkt ist überschritten, an dem die desintegrative Logik hätte aufgehalten werden können“. Die EU habe also ein Stadium erreicht – und der Brexit ist ein erstes klares Zeichen dafür – in dem sie ihre hegemoniale Macht verloren habe und von den Bevölkerungen Europas breit abgelehnt werde. Die Krise hat verdeutlicht, dass ein neoliberales Konzept von Europa, das die Konkurrenzideologie statt die soziale Frage in den Mittelpunkt des Diskurses gestellt hat, keine Zukunft hat. Weite Teile der europäischen Bevölkerung sind aus verschiedensten Gründen von der EU enttäuscht – sei es der arbeitslose Deutsche, dem die Zuwanderung angeblich zusetzt oder die griechische Kleinunternehmerin, die ihre Produkte nicht mehr konkurrenzfähig am Binnenmarkt vermarkten kann. Sie alle eint die Ablehnung – bisher nur an den Urnen – der medial verkauften Errungenschaften der europäischen Integrationsbemühungen wie der freie Personen- und Warenverkehr. Und diese Ablehnung ist nicht nur unter rechtsextremen ParteigängerInnen zu finden, sondern findet ihren Widerhall auch in den ehemaligen Volksparteien der Sozialdemokratie oder der Christlich-Sozialen. Wichtig zu betonen ist jedoch, dass ein potenzieller Wahlgewinn einer rechten Partei in einem europäischen Land nicht zwangsläufig den Austritt dieses Landes aus der EU bedeuten würde. Nach Einschätzung der PodiumsteilnehmerInnen wird hier auch häufig aus einer Oppositionsrolle heraus kokettiert, wie sich die Parteien in der tatsächlichen Regierungsverantwortung verhalten würden, sei fraglich, insbesondere etwa in Österreich, das eindeutig über die Exportmöglichkeiten etc. von der EU profitiert.
Ein Wirtschaftsprogramm der FPÖ?
Bisher hat die FPÖ – wie viele andere rechtspopulistische Parteien – kein klares Wirtschaftsprogramm, erläutert Hanna Lichtenberger, und das liege daran, dass sich deren Politik eben nicht im Programmatischen findet, sondern in der Persönlichkeit ihrer AnführerInnen oder auch in ad-hoc beschlossenen und sich teilweise widersprechenden Positionen. Nun scheint sich aber auch die FPÖ ein Wirtschaftsprogramm geben zu wollen und man kann nur gespannt sein, welche programmatischen Ziele dort zu finden sein werden. Bisher war das wirtschaftspolitische Programm der österreichischen Rechtsextremen recht ambivalent von Unterstützung für den EG-Beitritt bis zur Ablehnung von TTIP und anderen Freihandelsverträgen aus meist anti-amerikanischen Gründen. Meist jedoch gegen Gewerkschaften gerichtet und daher implizit auch gegen die Rechte der ArbeitnehmerInnen.
Eine progressive Zukunft für Europa!?
Zu Recht kritisierten viele MitdiskutantInnen aus dem Publikum die recht einseitigen und negativen Darstellungen am Podium. Aber die Analyse der Rechten Parteien und ihrer europapolitischen Programmatik sei das Ziel des aktuellen Kurswechsels gewesen, nicht die Zukunft der EU im allgemeinen, erklärte Christa Schlager aus der Kurswechsel-Redaktion. Als das Heft konzipiert wurde, wollte man versuchen, einen Überblick über rechte Strömungen in Europa zu geben, ohne nur auf die rechtsextremen Parteien zu schauen, sondern den Bogen etwa auch zur christlich-sozialen Fidesz in Ungarn oder zu nationalkatholischen Bewegungen zu öffnen. Abschließend bemerkte Sibylle Summer vom Republikanischen Club, dass es sehr wohl Kräfte in Europa gibt, die eine soziale und ökologische Integration vorantreiben möchten. Diese Kräfte zu unterstützen und auszubauen, muss eines unserer zentralen Ziele sein, um die nationalistische und neoliberale Desintegration zu stoppen.
Der BEIGEWUM dankt dem Republikanischen Club – Neues Österreich für die Veranstaltungskooperation und auch die Aufzeichnung der Podiumsdiskussion, welche unter diesem Link zu finden ist.
Ein Bericht von Tobias Orischnig (BEIGEWUM Vorstand)
DIGITALE ARBEIT – FEMINISTISCHE PERSPEKTIVEN
Das Karl-Renner-Institut, die AK Wien und der Beigewum laden zur Veranstaltung
DIGITALE ARBEIT – FEMINISTISCHE PERSPEKTIVEN
im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Feminismus in Theorie und Praxis“ ein.
Termin
Donnerstag, 27. April 2017, 18.30 Uhr (Einlass 18.00 Uhr)
Ort
Bibliothek der AK Wien,
Prinz Eugen Straße 20–22, 1040 Wien
Programm
Eröffnungstalk
BARBARA HOFMANN, Karl-Renner-Institut
INGRID MORITZ, AK Wien
PETRA SAUER, Beigewum
Impuls
KERSTIN JÜRGENS, Soziologin an der Universität Kassel, Vorsitzende der Kommission „Arbeit der Zukunft“ der Hans-Böckler-Stiftung
Kommentare
MUNA DUZDAR, Staatssekretärin für Diversität, Öffentlichen Dienst und Digitalisierung
GERLINDE HAUER, Arbeitsmarktexpertin der Abteilung Frauen – Familie der AK Wien
AGNES STREISSLER-FÜHRER, Mitglied der Bundesgeschäftsführung der GPA-djp mit Arbeitsschwerpunkt Digitalisierung
Moderation
BRIGITTE THEISSL, Journalistin
Inhalt
Was steckt hinter dem Digitalisierungs-Hype? Stehen wir vor einer grundlegenden Umgestaltung der Arbeitswelt oder sind wir bereits mitten drinnen? Wie wirken sich diese Entwicklungen auf den geschlechtsspezifisch segmentierten Arbeitsmarkt aus, und wie auf die Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit? Fakt ist, dass die Mainstream-Debatte genderblind ist und der Wandel der Arbeit und die Folgen für Frauen wenig thematisiert werden. Wie wirkt sich die Digitalisierung auf Arbeitsbedingungen und Gestaltungspotenziale in frauendominierten Branchen wie Handel, Banken, Gesundheits- und Pflegesektor aus – und wie in den männerdominierten Technik-Branchen? Geht uns zukünftig tatsächlich die Arbeit aus oder ist es nicht vielmehr die gut bezahlte, abgesicherte Arbeit die noch stärker als bisher unter Druck gerät? Wie kann es beispielsweise besser gelingen, Arbeitszeitmodelle zur Schließung der Arbeitszeitlücke zwischen Männern und Frauen in der Öffentlichkeit zu thematisieren? Was braucht es, damit technischer Wandel tatsächlich Gleichstellung vorantreibt und nicht bestehende Rollenmodelle einzementiert – welche emanzipatorischen Momente können sich also durch die Digitalisierung ergeben?
Zu diesen und anderen Themen sollen in der Veranstaltung feministische Perspektiven ausgelotet, sowie Ansatzpunkte und Möglichkeiten zur Gestaltung diskutiert werden. Das Ziel eines guten Arbeitens und Lebens für Alle steht dabei im Zentrum der Beiträge.
Kerstin Jürgens, Arbeitssoziologin und Leiterin der „Arbeit der Zukunft“-Kommission der deutschen Hans-Böckler-Stiftung, wird in ihrem Vortrag einen Einblick in die deutsche Debatte geben, die genderspezifischen Dimensionen und zentrale Handlungsfelder wie Arbeitszeit, Veränderungen bei bezahlter und unbezahlter Arbeit, gesunde Arbeit beleuchten. Im Anschluss spannen Kommentatorinnen aus verschiedenen Bereichen den inhaltlichen Bogen zur österreichischen Diskussion.
Kleiner Imbiss im Anschluss
Informationen zur Veranstaltungsreihe „Feminismus in Theorie und Praxis“
Barbara Hofmann, Projektleiterin, hofmann@renner-institut.at
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist begrenzt. Anmeldung ist erforderlich! Wir bitten daher um Anmeldung bis 20. April 2017:
=> Online-Anmeldung
oder
Antonia Baumgarten
baumgarten@renner-institut.at
Mit der Teilnahme an der Veranstaltung stimmen Sie der Veröffentlichung von Fotos und Filmaufnahmen, die im Rahmen der Veranstaltung entstehen, zu.
Der rechte Streit um Europa – Präsentation 12.04.2017 19 Uhr Republikanischer Club.
DER RECHTE STREIT UM EUROPA
Mittwoch, 12. April 2017, 19 Uhr, im RC:
Die politische Rechte gibt sowohl in der EK, im Rat als auch im Europäischen Parlament den Ton an, liegt aber mit den rechtsextremen und ‑populistischen Parteien im Streit um die Zukunft Europas: Finanz- und Flüchtlingskrise haben die Integrationsmüdigkeit verschärft.
Mit dem BREXIT hat das erste Land seinen Austritt angekündigt. 2017 stehen in den Niederlanden, Frankreich, Deutschland und eventuell Italien Wahlen an, überall werden rechtsextremen und ‑populistischen Parteien Zuwächse prognostiziert. Wie sehen aber konkurrierende Europa-Konzepte von ganz rechts bis wirtschaftsliberal konkret aus? Welche Vorstellungen von Binnenmarkt und Festung Europa sind im Umlauf? Und welche Rolle spielen kleinräumigere Abschottungskonzepte?
Präsentation des Kurswechselheftes 4/2016 und Diskussion mit:
Joachim BECKER (WU-Wien), Hanna LICHTENBERGER (Uni Wien), Moderation: Christa SCHLAGER (Kurswechsel-Redaktion).