Budget – BEIGEWUM

Stichwort: Budget


Zivilgesellschaftliches Zukunftsbudget 2017-2019 – 70 Schritte in ein gutes Leben für alle!

Oktober. 7th 2016 — 14:29

Das Zivil­ge­sell­schaft­li­che Zukunfts­bud­get 2017–2019 ist online

Ein Bud­get besteht aus tro­cke­nen Zah­len, so die ein­hel­li­ge Mei­nung. Nichts­des­to­trotz wer­den dar­in die grund­le­gen­den Zuta­ten für ein Zusam­men­le­ben zusam­men­ge­mixt: Einer­seits aus­ga­ben­sei­tig Gel­der für sozia­le Absi­che­rung, Gesund­heits­ver­sor­gung, Bil­dung, Jobs, Investitionen‑, etc. Ande­rer­seits wird ein­nah­men­sei­tig fest­ge­legt, wer dafür zah­len soll. Grund genug, sich in die poli­ti­sche Debat­te um die Aus­ge­stal­tung des Bud­gets ein­zu­mi­schen. Das macht das Bünd­nis „Wege aus der Kri­se“ nun schon seit 2010, indem es bis­her jähr­lich ein alter­na­ti­ves Zukunfts­bud­get ver­öf­fent­lich­te. Bei die­ser Alli­anz han­delt es sich um einen inno­va­ti­ven Zusam­men­schluss zivil­ge­sell­schaft­li­cher Orga­ni­sa­tio­nen und Gewerk­schaf­ten, der unter ande­rem auch vom BEIGEWUM unter­stützt wird.

Die­ses Jahr zum ers­ten Mal wer­den 70 Emp­feh­lun­gen für sozi­al gerech­te und öko­lo­gisch nach­hal­ti­ge Steu­er­struk­tur­re­form und für Zukunfts­in­ves­ti­tio­nen in Bud­get­form – zeit­gleich mit der Vor­la­ge des Bud­gets im Natio­nal­rat – für einen drei­jäh­ren Zeit­raum bis 2019 prä­sen­tiert. Auch wenn sich die mit­tel­fris­ti­ge Haus­halts­pla­nung des Bun­des laut eines aktu­el­len Rech­nungs­hof­be­richts als nicht sehr effek­tiv erweist, wur­de das Zivil­ge­sell­schaft­li­che Zukunfts­bud­get auf einen drei­jäh­ri­gen Betrach­tungs­zeit­raum aus­ge­wei­tet, um eine län­ger­fris­ti­ge Per­spek­ti­ve in den Dis­kurs einzubringen.

 

Öffent­li­che Inves­ti­tio­nen als Schwerpunkt

 Gera­de in Zei­ten einer wirt­schaft­li­chen Flau­te sind Inves­ti­tio­nen der öffent­li­chen Hand wich­tig, um die gesam­te Nach­fra­ge zu stär­ken und der Kon­junk­tur so Wind in die Segel zu geben. Vor dem Hin­ter­grund his­to­risch nied­ri­ger Zin­sen las­sen sich sol­che Inves­ti­tio­nen auch leich­ter finan­zie­ren und belas­ten die zukünf­ti­gen Bud­gets weni­ger. Lei­der gehen aber die Inves­ti­tio­nen der öffent­li­chen Hand der­zeit auf­grund der ideo­lo­gisch gepräg­ten wirt­schafts­po­li­ti­schen Aus­teri­täts­po­li­tik zurück, die Wirt­schaft wächst weni­ger und die Ver­un­si­che­rung in der Bevöl­ke­rung steigt an. Wich­ti­ge Zukunfts­the­men wie die Kli­ma­kri­se und der damit ver­bun­de­ne not­wen­di­ge Umbau unse­res Wirt­schafts­sys­tems wer­den wei­ter­hin igno­riert bzw. auf die nächs­ten Jah­re vertagt.

Das vor­lie­gen­de Zukunfts­bud­get sieht zusätz­li­che Ein­nah­men und Aus­ga­ben von jeweils rund 10,7 Mrd. € vor (zusätz­lich zu den im Bud­get des Bun­des 2017 geplan­ten Ein­zah­lun­gen und Auszahlungen).

Inves­ti­tio­nen sol­len vor allem in die Berei­che Ener­gie­wen­de (ther­mi­sche Sanie­rung, dezen­tra­le Strom­ver­sor­gung, Aus­bau öffent­li­cher Ver­kehr), Gesundheit/​Soziales (Aus­wei­tung Pfle­ge­sach­leis­tun­gen, Gehalts­aus­wei­tun­gen, Pfle­ge­geld­va­lo­ri­sie­rung, Pfleg­fonds), Bil­dung (Aus­bau Ganz­tags­schu­len, mehr Lehr­per­so­nal), Armut­sprä­ven­ti­on (Erhö­hung Min­dest­si­che­rung, Anhe­bung Arbeits­lo­sen­geld, Arbeits­zeit­ver­kür­zung), Kunst und Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit fließen.

 

Mehr Steu­er­ge­rech­tig­keit und Arbeits­plät­ze als zwei­ter Schwerpunkt

Ein­nah­men­sei­tig soll es dabei zu einer Aus­wei­tung der ver­mö­gens­be­zo­ge­nen Steu­ern (Erbschafts‑, Schenkungs‑, Vermögens‑, Grund- oder Stif­tungs­steu­er) kom­men. Hohe und bis­her unge­recht erfass­te Ein­kom­men sol­len besteu­ert wer­den (Wert­schöp­fungs­ab­ga­be, Börsenumsatzsteuer/​Finanztransaktionssteuer, Spit­zen­ein­kom­men und Über­stun­den, pro­gres­si­ve Kör­per­schafts­steu­er, Ban­ken­ab­ga­be etc.). Schließ­lich sol­len umfang­rei­che Öko­steu­ern (Erhö­hung Mine­ral­öl­steu­er, Road­pri­cing für LKW, Abschaf­fung von Begüns­ti­gun­gen bei Kero­sin, Fir­men­wa­gen, Koh­le­ver­stro­mung) regelnd und len­kend wirken.

Das Zukunfts­bud­get ent­hält aber nicht nur Bud­get­zah­len, son­dern ver­sucht auch die Aus­wir­kun­gen der jewei­li­gen Vor­schlä­ge auf den Arbeits­markt anzu­ge­ben. Mehr als 176.000 zusätz­li­che Jobs wür­den durch die­ses Reform­pa­ket geschaf­fen wer­den und die Situa­ti­on am Arbeits­markt etwas entschärfen.

 

Kein alter­na­ti­ves Bud­get ohne Demokratisierung 

Prin­zi­pi­ell geht es den Unter­stüt­ze­rIn­nen des zivil­ge­sell­schaft­li­chen Zukunfts­bud­gets dar­um, einen kon­kre­ten Vor­schlag in die aktu­el­le Bud­get­de­bat­te ein­zu­brin­gen und auch die Rol­le der Öffent­lich­keit zu unter­strei­chen. Wür­de ein Bud­get brei­ter dis­ku­tiert wer­den, wür­den Aspek­te wie Gen­der­ge­rech­tig­keit, Umver­tei­lung oder auch Kli­ma­fra­gen akti­ver ange­gan­gen wer­den. Aber nicht ein­mal im öster­rei­chi­schen Natio­nal­rat wird das Bud­get aktiv gestal­tet, son­dern meist die Regie­rungs­vor­la­ge ohne Ände­run­gen oder gro­ße Dis­kus­sio­nen abseits der Regie­rungs­par­tei­en angenommen.

 

Der Ver­gleich macht sicher

Im Ver­gleich zum von Finanz­mi­nis­ter Schel­ling am 12. Okto­ber dem Natio­nal­rat prä­sen­tier­ten Bud­get für 2017 zeigt sich in der zivil­ge­sell­schaft­li­chen Vari­an­te eine kla­re­re Zukunfts­ori­en­tie­rung: Durch die höhe­ren Inves­ti­tio­nen in wich­ti­ge Berei­che wird eine deut­li­che Abkehr von Aus­teri­tät und Man­gel­wirt­schaft vor­ge­zeigt und ein Wach­sen aus der Kri­se her­aus erst ermög­licht. Dem Reform­stau der letz­ten Jah­re in den Berei­chen Umver­tei­lung von Ver­mö­gen, Gehäl­tern und Arbeit, aber auch im Bereich der Öko­lo­gi­sie­rung des Steu­er­sys­tems, wird mit den „70 Schrit­ten für ein gutes Leben für alle“ ein Ende gemacht. Es stellt daher eine wirt­schafts­po­li­tisch not­wen­di­ge und bud­get­po­li­tisch rich­ti­ge Erwei­te­rung des Bun­des­vor­anschla­ges der Bun­des­re­gie­rung dar.

 

Der BEIGEWUM unter­stützt die Arbei­ten des zivil­ge­sell­schaft­li­chen Bud­gets und der Alli­anz „Wege aus der Kri­se“. Auch wir for­dern eine wei­ter­ge­hen­de Bud­get­de­bat­te, ein Ende der zer­stö­re­ri­schen Aus­teri­täts­po­li­tik und eine Umver­tei­lung von Arbeit und Ver­mö­gen in unse­rer Gesell­schaft. Bud­get­po­li­tik darf nicht los­ge­löst von einer all­ge­mein wohl­stands­ori­en­tier­ten Wirt­schafts­po­li­tik erfol­gen. Das Bud­get soll eben­falls inter­na­tio­na­ler aus­ge­rich­tet sein und sich an den beschlos­se­nen Kli­ma- und Ent­wick­lungs­zie­len ori­en­tie­ren und die­se nicht immer nach hin­ten ver­schie­ben. Wir for­dern eine kla­re Umset­zung der Kli­ma­zie­le von Paris und die Erfül­lung des 0,7 %-Ziels in der Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit, um die Sus­tainab­le Deve­lo­p­ment Goals zu erreichen.

Lese­tipp: Mythen des Spa­rens - Anti­zy­kli­sche Alter­na­ti­ven zur Schuldenbremse

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„Erbschaften besteuern!“ ist einmal mehr gefragt

März. 5th 2015 — 11:25

Erbschaftssteuer Initiative Erbschaften Schenkungen besteuernEnde 2013 star­te­te die Initia­ti­ve „Erb­schaf­ten besteu­ern!“, für die wir damals eine eige­ne Home­page ange­legt haben. Nun gewinnt die For­de­rung nach mehr Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit erneut an Dring­lich­keit – denn die Steu­er­re­form der Bun­des­re­gie­rung droht zu einem Schutz­pro­gramm für Rei­che zu wer­den. Auf leis­tungs­lo­se Ver­mö­gens­ein­kom­men sind seit Abschaf­fung der Erb­schafts­steu­er kei­ne Steu­ern fäl­lig, gleich­zei­tig ist die Steu­er­be­las­tung auf Arbeits­ein­kom­men in Öster­reich hoch. wei­ter­le­sen »

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Staatsfinanzierung durch die EZB: Ein notwendiger Tabubruch

Januar. 22nd 2015 — 15:48

Aus gege­be­nem Anlass ver­öf­fent­li­chen wir vor­ab einen Beitrag(sentwurf) von Ste­fan Ede­rer, Lisa Mit­ten­drein und Valen­tin Schwarz, der im Debat­ten­fo­rum des Kurs­wech­sel 1/​2015 erschei­nen wird. Sie kri­ti­sie­ren dar­in ins­be­son­de­re das auch durch die heu­ti­ge EZB-Ent­schei­dung unan­ge­tas­te­te Dog­ma des Ver­bots der Finan­zie­rung höhe­rer staat­li­cher Defi­zi­te durch die Zen­tral­bank. wei­ter­le­sen »

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Budgetloch: Wie sich rechte Think Tanks in der Öffentlichkeit breit machen und die Politik in die Bredouille bringen

November. 19th 2013 — 18:07

Die Bud­get­de­bat­te, die in letz­ter Zeit gelau­fen ist, lässt sich so zusam­men­fas­sen: Die Poli­ti­ke­rIn­nen, getrie­ben von ihren Ambi­tio­nen wie­der­ge­wählt zu wer­den, ver­spre­chen vor der Wahl das Blaue vom Him­mel und ver­schwei­gen, dass sie dies nie­mals ein­lö­sen wer­den kön­nen. Die Wirt­schafts­ex­per­tIn­nen hin­ge­gen, dar­un­ter ‚wirk­lich unab­hän­gi­ge‘, die von Indus­tri­el­len und Mil­li­ar­dä­rIn­nen bezahlt wer­den, haben schon immer gewusst, dass Geld aus­ge­ben immer schlecht ist, und der Staat nie­mals spa­ren kann und will. Denn er wird vom ‚bösen Wäh­ler‘ ver­führt noch mehr Geld aus­zu­ge­ben. So schreibt etwa die rech­te ‚Initia­ti­ve pro Markt­wirt­schaft‘ vor der NR-Wahl: “Aber trotz bit­te­rer Erfah­rung scheint das ‘Geschenk-Gen‘ der Poli­ti­ker so aus­ge­prägt zu sein, dass man es auch 2013 offen­bar nicht las­sen kann.“ (http://www.promarktwirtschaft.at/Brief10)

Und obwohl der rech­te Think Tank ‚Agen­da Aus­tria‘ kei­ner­lei Exper­ti­se in Sachen Bud­get­po­li­tik vor­wei­sen kann, behaup­tet des­sen Spre­cher Franz Schell­horn vor eini­gen Tagen, es fehl­ten an die 40 Mrd. Euro im Staats­haus­halt (http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/1476433/Budgetloch_IV-fordert-strafrechtliche-Konsequenzen).

So stellt sich also die Debat­te zu den öffent­li­chen Finan­zen in Öster­reich im Novem­ber 2013 dar.

Finanz­kri­se Grund des Budgetlochs

Wir befin­den uns im fünf­ten Jahr nach Aus­bruch der – vom Finanz­sek­tor aus­ge­gan­ge­nen – Kri­se, die mit enor­men finan­zi­el­len Ein­satz der öffent­li­chen Hand abge­fan­gen wer­den muss­te und Staa­ten wie Staats­bür­ge­rIn­nen damit hohe Kos­ten auf­ge­bür­det hat. Die­se Kos­ten haben im Ver­gleich zur Vor­pe­ri­ode zu einem extre­men Anstieg der öffent­li­chen Ver­schul­dung geführt.

Kei­nes­wegs sind die Bud­gets wegen abwe­gi­ger Wün­sche der Bevöl­ke­rung aus dem Ruder gelau­fen. Ganz im Gegen­teil: Es wur­den seit Aus­bruch der Kri­se in Öster­reich zwei Spar­pa­ke­te beschlos­sen. Der Bud­get­voll­zug war in den letz­ten Jah­ren strik­ter als der Vor­anschlag. Was heißt: Es wur­de mehr gespart, als ursprüng­lich ver­an­schlagt, in den letz­ten bei­den Jah­ren um je über zwei Mil­li­ar­den Euro.

Und wie sieht es mit der Unver­nunft der Poli­ti­ke­rIn­nen aus? Die „maß­lo­sen“ Ver­spre­chen, die da vor den Wah­len gege­ben wur­den: Aus­bau der Kin­der­be­treu­ung (ein Luxus­pro­blem?) oder steu­er­li­che Ent­las­tung der Arbeit­neh­me­rIn­nen (Öster­reich hat im inter­na­tio­na­len Ver­gleich eine sehr hohe Belas­tung der Arbeits­ein­kom­men, wie selbst der IWF kritisiert)?

Sind Anlie­gen der Bür­ge­rIn­nen, die sie an die Poli­tik haben, in einer Demo­kra­tie ver­werf­lich? Ja, wenn man den rech­ten Think Tanks glaubt, die in Öster­reich wie Schwam­merl aus dem Boden schie­ßen. So meint Hans Pit­lik, Wirt­schafts­for­scher und im Bei­rat der weis[s]en Wirt­schaft: „Dass der Staat nicht von sei­ner „Sucht“ nach neu­en Schul­den los­kommt, lie­ge auch an den Wäh­lern, (..). Sie führ­ten die Poli­ti­ker immer wie­der in Ver­su­chung, mehr aus­zu­ge­ben als sie ein­neh­men.“ (http://oe1.orf.at/artikel/357186)

Thinks Tanks bevöl­kern die Medienlandschaft

Die auf­tre­ten­den Exper­ten behaup­ten, sie sei­en ver­nünf­ti­ge Öko­no­men und unab­hän­gig, weil sie ihr Geld von der Indus­tri­el­len­ver­ei­ni­gung und anony­men Spen­de­rIn­nen (dar­un­ter mut­maß­lich Mil­li­ar­dä­re) neh­men und nicht von der öffent­li­chen Hand.

Vie­le Think Tanks betrei­ben damit heut­zu­ta­ge das Geschäft der Lob­by­is­tIn­nen, wie neue For­schungs­er­geb­nis­se( http://thinktanknetworkresearch.net/blog_ttni_en/) zei­gen. Es geht nicht mehr um Wis­sens­pro­duk­ti­on, son­dern um ‚Mei­nungs­mar­ke­ting‘. Nach­dem Lob­by­is­mus in Ver­ruf gera­ten ist, wird nun unter dem Deck­man­tel einer Denk­fa­brik wei­ter gemacht. Das Ziel rech­ter Denk­fa­bri­ken ist es, den Staat, sei­ne Trä­ger und Insti­tu­tio­nen unglaub­wür­dig zu machen und die­se ob ihrer inhä­ren­ten „Ver­schwen­dungs­sucht“ zu denun­zie­ren. Ihr Pro­gramm: Ent­de­mo­kra­ti­sie­rung durch poli­ti­sche Ent­schei­dun­gen auf Exper­tIn­nen-Ebe­ne, sowie ‚Auto­ma­tis­men‘ statt demo­kra­ti­scher Mei­nungs­bil­dungs- und Entscheidungsprozesse.

Wer macht die Regeln?

Hier geht es aber gegen die demo­kra­ti­sche Ver­fasst­heit unse­rer Gesell­schaf­ten, wenn das „Königs­recht“ unse­rer gewähl­ten Legis­la­tiv­or­ga­ne, die Bud­get­ho­heit des Par­la­ments, in Fra­ge gestellt wird. Die zen­tra­le Fra­ge ist: Macht eine öko­no­mi­schen Eli­te und deren Inter­es­sen ver­bun­de­ne Exper­to­kra­tie die Regeln, oder demo­kra­tisch legi­ti­mier­te Insti­tu­tio­nen? Die Hayek’sche Wirt­schaft­re­gie­rung schaut schon um die Ecke, wenn dem Fis­kal­rat und der Büro­kra­tie der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on mitt­ler­wei­le das Recht ein­ge­räumt wird, die Bud­gets vor­ab zu prü­fen und Ver­war­nun­gen auszusprechen.

Kla­rer­wei­se soll damit die Poli­tik damit nicht frei­ge­spro­chen wer­den. Es gibt ein Ver­sa­gen beim Han­deln, ein Untä­tig sein gegen die­se neo­li­be­ra­len, auto­ri­tä­ren Ent­wick­lun­gen. Es liegt also auch ein Selbst­ver­schul­den der Poli­tik vor. Auch erwähnt wer­den soll­te das Ver­sa­gen der unab­hän­gi­gen und frei­en Pres­se, die bei die­sem Spiel mit­macht, indem sie State­ments von Think Tank-Ver­tre­tern unhin­ter­fragt übernimmt.

Wenn poli­ti­sche Wil­lens­bil­dung durch Exper­tIn­nen­mei­nung ersetzt wird, bewe­gen wir uns hin zum geflü­gel­ten Wort: ‚Wer das Geld hat, macht die Regeln‘. Denn Lob­by­is­mus ist nicht gra­tis, und die Kräf­te­ver­hält­nis­se sind in die­sem Bereich ein­deu­tig auf Sei­ten der Ver­mö­gen­den. Dem­ge­gen­über steht der Grund­satz der Demo­kra­tie: ‚Jede Stim­me ist gleich viel wert‘. Die­sen Plu­ra­lis­mus der Vie­len und auch die Inter­es­sen der sozi­al Schwä­che­ren gilt es zu verteidigen.


Chris­ta Schla­ger ist Redak­teu­rin der Zeit­schrift Kurs­wech­sel und seit 1997 im BEIGEWUM aktiv. 

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Fekter ignoriert Gleichstellung bei Budgetentwurf

Oktober. 16th 2012 — 13:48

Die Watch Group.Gender und öffent­li­che Finan­zen for­dert radi­ka­le Ände­rung der Bud­get­po­li­tik um Gleich­stel­lung zu verwirklichen.


Die Bud­get­re­de der Bun­des­mi­nis­te­rin vom 16.10.2012 ist auf einem Auge blind: Die mit 2013 ange­kün­dig­te Ein­füh­rung des Gen­der Bud­ge­ting wird in der Bud­get­re­de mit kei­nem Wort erwähnt. Seit 2009 ist die tat­säch­li­che Gleich­stel­lung von Frau­en und Män­nern in der Ver­fas­sung ver­an­kert. Mit dem Bud­get 2013 soll sie end­lich umge­setzt wer­den. Doch gibt es kein Bekennt­nis der Minis­te­rin dazu.

Jede Ver­fas­sungs­be­stim­mung ist gleich viel Wert“, so Eli­sa­beth Klat­zer von der öster­rei­chi­schen Watch Group. Gen­der und öffent­li­che Finan­zen, die sich seit 10 Jah­ren für mehr Geschlech­ter­ge­rech­tig­keit in der Bud­get­po­li­tik ein­setzt, „es kann nicht sein, dass das Spar­dik­tat auf Punkt und Bei­strich umge­setzt wird, wäh­rend­des­sen die Gleich­stel­lung völ­lig igno­riert wird. Wel­ches Staats­ver­ständ­nis ver­mit­telt den hier die Poli­tik. Ich hal­te mich nur an die Geset­ze, die ich will?“

Das ist inak­zep­ta­bel, zumal das neue Haus­halts­recht mit den Stim­men aller Par­tei­en beschlos­sen wurde.

Durch die­se Igno­ranz wer­den lang anste­hen­de und drin­gend nöti­ge Maß­nah­men wie­der nicht ange­gan­gen. Für das Frau­en­mi­nis­te­ri­um gibt es viel zu wenig Geld (10 Mio. Euro). Im Ver­gleich dazu sind die Fami­li­en­agen­den in Öster­reich mit 6.571 Mio. Euro dotiert. Es ist also 657 mal so hoch.

Das bedeu­tet, dass Ver­ei­ne die sich für Frau­en­an­lie­gen und Frau­en­rech­te ein­set­zen, chro­nisch unter­fi­nan­ziert sind. Auch Gewalt­schutz­ein­rich­tun­gen lei­den unter Bud­get­not. Für drin­gend not­wen­di­ge For­schung zu bestehen­den Ungleich­hei­ten und Gleich­stel­lung von Frau­en und Män­nern ist kein Geld da. Auch für die kon­se­quen­te Umset­zung des Natio­na­len Akti­ons­plans Gleich­stel­lung von Frau­en und Män­nern am Arbeits­markt fehlt das Geld.

Auch auf der Ein­nah­men­sei­te besteht drin­gen­der Hand­lungs­be­darf. Seit Jah­ren wis­sen wir aus Stu­di­en des Finanz­mi­nis­te­ri­ums, dass das Steu­er­sys­tem nicht geschlech­ter­ge­recht ist. Von den zahl­rei­chen Aus­nah­me­be­stim­mun­gen (Frei- und Absetz­be­trä­gen) im Ein­kom­mens­steu­er­recht pro­fi­tie­ren vor allem Män­ner. Ein Steu­er­sys­tem, dass Bes­ser­ver­die­nen­de und Ver­mö­gen­de zu wenig zur Kas­se bit­tet, ist ein Steu­er­sys­tem zu Las­ten von Frau­en. Pend­ler­pau­scha­le, Kin­der­frei­be­trag und Absetz­bar­keit von Kin­der­be­treu­ungs­kos­ten sind unso­zi­al gestal­tet und kön­nen von vie­len Frau­en nicht in Anspruch genom­men wer­den. Da braucht es drin­gend Änderungen.

Die Bud­get­po­li­tik in Öster­reich muss sich radi­kal ändern, um die ver­fas­sungs­recht­li­che Ver­pflich­tung umzusetzen.

Die Alter­na­ti­ven lie­gen auf der Hand: „Es braucht eine finan­zi­el­le Auf­wer­tung des Frau­en­mi­nis­te­ri­ums und ernst­haf­te Bemü­hun­gen in allen Res­sorts. Eine eige­ne Bud­get­bei­la­ge zu Gen­der Bud­ge­ting, soll doku­men­tie­ren, was tat­säch­lich in Sachen Gleich­stel­lung gemacht und erreicht wird. Zudem braucht es einen Bei­rat, der die Umset­zung beglei­tet, in finan­zi­el­len Fra­gen gibt es ja auch den Staats­schul­den­aus­schuss“, so Eli­sa­beth Klat­zer. „Bei den Offen­siv­maß­nah­men braucht es drin­gend ver­stärk­te Inves­ti­tio­nen mehr Inves­ti­tio­nen in Betreu­ungs­leis­tun­gen, sozia­le Diens­te und Pfle­ge sowie Kin­der­be­treu­ung zur Ent­las­tung von Frau­en. „Umver­tei­lung durch geschlech­ter­ge­rech­te Besteue­rung und eine ver­stärk­te Zusam­men­ar­beit mit der Wis­sen­schaft, um dem The­ma end­lich den Stel­len­wert zu geben, den es laut Ver­fas­sung zusteht. Mit 2013 wur­de uns end­lich die Umset­zung ver­spro­chen. Das Hin­hal­ten muss nun vor­bei sein.“

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Spanien als Musterbeispiel für scheiternde europäische Austeritätspolitik

April. 2nd 2012 — 14:33

Trotz – bzw. gera­de wegen – meh­re­rer Spar­pa­ke­te und Schul­den­brem­se in der Ver­fas­sung fin­det Spa­ni­en kei­nen Halt. Zusätz­lich zur pro­gnos­ti­zier­ten Schrump­fung der Wirt­schaft um 1,7 % und wei­ter­hin stei­gen­der Arbeits­lo­sig­keit (Stand Febru­ar: 23,6 %; Jugend­ar­beits­lo­sig­keit 50,5 %) kommt nun ein neu­er­li­ches Spar­pa­ket, das die Rezes­si­on merk­lich ver­schär­fen wird. Damit ent­wi­ckelt sich das bud­get­po­li­tisch vor der Kri­se als vor­bild­lich gel­ten­de Spa­ni­en neu­er­lich zu einem Vor­zei­ge-Mit­glied­staat – dies­mal aller­dings für eine schei­tern­de euro­päi­sche Austeritätspolitik.

Meh­re­re Fak­to­ren tra­gen zu die­sem Schei­tern bei. Der wich­tigs­te ist die Wirt­schafts­kri­se, die auf­grund der natio­na­len Immo­bi­li­en­kri­se deut­lich stär­ker aus­fiel und auch nicht so rasch über­wun­den wer­den konn­te wie zB in Deutsch­land und Öster­reich. Die Arbeits­lo­sig­keit hat sich in den letz­ten drei Jah­ren bei­na­he ver­drei­facht, wodurch ein immenser Steu­er­aus­fall sowie ein hoher Anstieg der Sozi­al­kos­ten folg­ten. Gleich­zei­tig kamen die Ban­ken auf­grund der geplatz­ten Immo­bi­li­en­bla­se in beson­de­re Bedräng­nis. Der Staat hat­te damit beson­de­re Belas­tun­gen zu tra­gen und ein Kon­junk­tur­pa­ket zu finan­zie­ren, um den Absturz zu brem­sen. So dreh­te der Maas­tricht-Sal­do von einem Über­schuss von knapp 2 % des BIP 2007 auf ein Rekord­de­fi­zit von 11,2 % des BIP 2009.

Ein wei­te­rer Fak­tor ist die poli­ti­sche Dyna­mik. Der Plan der sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Min­der­heits­re­gie­rung Zapa­tero bestand 2009 aus Opti­mis­mus und einem ambi­tio­nier­ten mit­tel­fris­ti­gen Kon­so­li­die­rungs­plan, der die EU-Vor­ga­ben – mind. ‑6 %p. in den kom­men­den vier Jah­ren – über­erfül­len wür­de. Die­ser Plan schei­ter­te im Früh­jahr 2010, als in Fol­ge der Grie­chen­land-Panik die Zin­sen auf spa­ni­sche Staats­an­lei­hen in unge­ahn­te Höhen schos­sen, die nega­ti­ve Wirt­schafts- und Beschäf­ti­gungs­ent­wick­lung wei­ter ging und gleich­zei­tig auf Euro­päi­scher Ebe­ne klar­ge­stellt wur­de, dass es kei­ne wesent­li­che Hil­fe zu erwar­ten gab. Ein har­tes Not-Spar­pro­gramm soll­te sicher­stel­len, dass die euro­päi­sche Kon­so­li­die­rungs­vor­ga­be von durch­schnitt­lich 1,5 %p. des BIP pro Jahr bereits 2010 und 2011 erfüllt wer­den – trotz pro­gnos­ti­zier­ter Rezes­si­on 2010.

Gefangen in der Spirale nach unten

2010 wur­den die Zie­le auch weit­ge­hend erfüllt, aller­dings nicht 2011: Statt den ange­streb­ten 6 % erreich­te das Defi­zit 8,5 % des BIP. Schuld war aller­dings nicht die alte, Ende Novem­ber abge­wähl­te Zen­tral­re­gie­rung. Die hat­te ihr Spar­pro­gramm trotz deut­lich schlech­te­rer Beschäf­ti­gungs- und damit Bud­get­ent­wick­lung durch­ge­zo­gen. Mit einem Defi­zit von 5,1 statt 4,8 % des BIP ver­fehl­te sie ihr Ziel nur knapp (bzw. 5,2 statt 4,4 %p. inklu­si­ve Sozi­al­ver­si­che­rung). Der über­wie­gen­de Teil der Defi­zit-Ver­feh­lung ging auf die Kon­ten der fast aus­schließ­lich kon­ser­va­tiv regier­ten Bun­des­län­der (die aber eben­falls erheb­li­che Spar­an­stren­gun­gen unter­nah­men). Bezeich­nend für den eiser­nen Spar­wil­len war eine Mel­dung in ElPaís Anfang Okto­ber, wonach der öffent­li­che Sek­tor in eini­gen Mona­ten bereits einen grö­ße­ren Bei­trag zum Zuwachs zur Arbeits­lo­sig­keit lie­fer­te als der private.

Wie auch immer, mit die­sem hohen Defi­zit-Start­wert und der sich ver­schär­fen­den Rezes­si­on (statt dem Ende 2010 pro­gnos­ti­zier­ten Wachs­tum von 1,7 % wird nun mit minus 1 bis 2 % gerech­net) wur­de klar, dass 2012 weder das ursprüng­li­che Defi­zit­ziel von 5,3 % des BIP vom Juni 2010 noch das bis Jah­res­en­de 2011 auf­recht erhal­te­ne ambi­tio­nier­te Ziel von 4,4 % des BIP erreicht wer­den kön­nen. Dar­an wird auch der eben erst beschlos­se­ne radi­ka­le Abbau der Arbeits­markt­stan­dards (bei Umsatz­rück­gang dür­fen Arbeit­ge­be­rIn­nen Arbeits­ver­trä­ge ver­schlech­tern, leich­te­re Kün­di­gung auch lang­jäh­rig Beschäf­tig­ter, etc.), der gemäß OECD, EU-Kom­mis­si­on und spa­ni­scher Regie­rung Beschäf­ti­gung schaf­fen soll, nichts ändern.

Europäische Wirtschaftspolitik versagt

An die­ser Stel­le kommt der Fak­tor „Ver­sa­gen der euro­päi­schen Wirt­schafts­po­li­tik“ zu tra­gen. Am spa­ni­schen Bei­spiel offen­bar­te sich die Absur­di­tät der Eco­no­mic-Gover­nan­ce/­Six-Pack/­Fis­kal­pakt-Debat­te: Obwohl es eine Kon­junk­tur­klau­sel gibt, die eine Stre­ckung des Kon­so­li­die­rungs­pfa­des pro­blem­los erlau­ben wür­de, und obwohl selbst die ver­schärf­ten Spar­vor­ga­ben hin­sicht­lich des mit­tel­fris­ti­gen struk­tu­rel­len Defi­zits wie auch schon vor der Kri­se ein­ge­hal­ten wer­den, wird bei­des igno­riert und wei­ter­hin an der dümms­ten aller Vor­ga­ben – näm­lich dem von der Kon­junk­tur­ent­wick­lung maß­geb­lich bestimm­ten Maas­tricht-Defi­zit – fest­ge­hal­ten. Der Rat der Finanz­mi­nis­te­rIn­nen kam der spa­ni­schen Regie­rung nur inso­fern ent­ge­gen, als dass nun wie­der die alte Pro­gno­se für den Defi­zit­pfad mit 5,3 % des BIP 2012 (neben den unver­än­der­ten 3 % im Jahr 2013) als ver­pflich­ten­der Ziel­wert gilt. Detail am Ran­de: gemäß ElPaís übte sich eine klei­ne Grup­pe von Hard­li­ne­rIn­nen – dar­un­ter natür­lich auch die öster­rei­chi­sche Ver­tre­te­rin – in völ­li­ger Rea­li­täts­ver­wei­ge­rung mit der For­de­rung Spa­ni­en müs­se am Defi­zit-Ziel von 4,4 % des BIP festhalten.

Mit die­sem Beschluss haben die euro­päi­schen Finanz­mi­nis­te­rIn­nen eines klar zum Aus­druck gebracht: Es ist ihnen ernst mit der in der Reform der Eco­no­mic Gover­nan­ce ange­leg­ten und mit dem Fis­kal­pakt voll­ende­ten Ver­un­mög­li­chung einer aus­ge­wo­ge­nen Wirt­schafts­po­li­tik. Immer­wäh­ren­de Aus­teri­täts­po­li­tik plus Wett­be­werbs­fä­hig­keit ste­hen über Wohl­stand, des­sen Ver­tei­lung, nied­ri­ge Arbeits­lo­sig­keit oder öko­lo­gi­sche Nach­hal­tig­keit. Die spa­ni­sche Regie­rung bemüht sich trotz­dem dies­be­züg­lich Mus­ter­schü­le­rin zu blei­ben: Statt Pro­gram­me gegen die gras­sie­ren­de Arbeits­lo­sig­keit, Armut oder für leist­ba­re Woh­nun­gen (seit 2008 wur­den bereits etwa 1 % der Haus­hal­te delo­giert; selbst Erwach­se­ne müs­sen viel­fach bei ihren Eltern woh­nen) wur­de ver­gan­ge­nen Frei­tag das bereits zwei­te Spar­pa­ket in nur 100 Tagen prä­sen­tiert. Die Kon­so­li­die­rung der Zen­tral­re­gie­rung soll 27,3 Mrd Euro (über 2,5 % des BIP) betra­gen. Hin­zu kommt eine Ver­ein­ba­rung mit Län­der und Gemein­den, wonach die­se ihr Defi­zit 2012 um 1,7 % des BIP sen­ken müs­sen (wobei ein unbe­stimm­ter Teil davon bereits in den 2,5 % aus dem Zen­tral­re­gie­rungs­pa­ket ent­hal­ten sein dürfte).

Scheitern vorprogrammiert

Die­ser Plan wird aller­dings nicht genü­gen um das Defi­zit tat­säch­lich aus­rei­chend zu sen­ken, da die nega­ti­ven Rück­kop­pe­lungs­ef­fek­te auf Wachs­tum und Beschäf­ti­gung nicht ein­ge­rech­net zu sein schei­nen. Die Kür­zun­gen in den Minis­te­ri­en von durch­schnitt­lich 17 % wer­den jedoch sehr deut­li­che Aus­wir­kun­gen haben – vor allem da bei Inves­ti­tio­nen oder akti­ver Arbeits­markt­po­li­tik über­pro­por­tio­nal gespart wird. Damit wird die Jugend­ar­beits­lo­sig­keit wohl noch län­ger über 50 % blei­ben und die sozia­le Kri­se verschärfen.

Inter­es­sant ist die Reak­ti­on auf euro­päi­scher Ebe­ne: das deut­sche EZB-Direk­to­ri­ums­mit­glied for­der­te gemäß ElPaís, dass das Kon­so­li­die­rungs­pa­ket per Not­stands­ge­setz­ge­bung beschlos­sen wer­den soll­te um eine schnellst­mög­li­che Umset­zung sicher­zu­stel­len. Was das alles mit glaub­wür­di­ger Bud­get­po­li­tik oder einer Über­win­dung der Kri­se in der Euro­zo­ne zu tun hat, so wie auf euro­päi­scher Ebe­ne mehr­fach fan­ta­siert wur­de, bleibt ein offe­nes Rät­sel. Es wür­de im Gegen­teil nicht über­ra­schen, wenn damit die wirt­schaft­li­che Situa­ti­on in der Euro­zo­ne neu­er­lich belas­tet wür­de – mit all den nega­ti­ven Kon­se­quen­zen für alle Mit­glied­staa­ten. Trotz­dem ist nicht aus­zu­schlie­ßen, dass der Kurs in der Euro­zo­ne wie in Spa­ni­en selbst unver­än­dert bleibt und auch in den nächs­ten 100 Tagen Amts­zeit der neu­en spa­ni­schen Regie­rung ein wei­te­res Spar­pa­ket ver­ab­schie­det wird um die euro­päi­schen Vor­ga­ben ein­zu­hal­ten. Schließ­lich geht es ja um die Glaub­wür­dig­keit der euro­päi­schen Austeritätspolitik …

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Imagine Economy: „Schuldenbremse“ – Vorschau aufs neue BEIGEWUM-Buch

November. 21st 2011 — 17:20

Im Früh­jahr 2012 erscheint das neue BEI­GEWUM-Buch „Ima­gi­ne Eco­no­my. Neo­li­be­ra­le Meta­phern in der Wirt­schafts­po­li­tik“, das sich mit der Rol­le von Meta­phern im wirt­schafts­po­li­ti­schen Dis­kurs und ihren Ein­fluss auf das Den­ken und Han­deln aus­ein­an­der­setzt. Aus aktu­el­lem Anlass machen wir hier (PDF) einen Bei­trag zum The­ma „Schul­den­brem­se“ aus die­sem Buch vor­ab verfügbar.


Mehr über den Band, der im Rah­men der Rei­he Arts, Cul­tu­re and Edu­ca­ti­on im Löcker Ver­lag erschei­nen wird, gibt es in den abschlie­ßen­den Bemer­kun­gen die­ses Arti­kels: (link)

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Die Schuldenbremse als Farce

November. 15th 2011 — 11:51

Nun befin­det sich die Bun­des­re­gie­rung also auf direk­tem Weg eine soge­nann­te Schul­den­brem­se in Ver­fas­sungs­rang zu heben. Die wesent­li­che Fra­ge, was das nun genau bedeu­tet, dürf­te zwar noch offen sein, doch fest steht, dass damit pünkt­lich zum Wirt­schafts­ab­schwung ein neu­er­li­ches Spar­pa­ket ver­han­delt wer­den wird. Die­se Unbe­stimmt­heit liegt auch dar­an, dass es meh­re­re For­men von Fis­kal­re­geln gibt, die in der Debat­te alle als Schul­den­brem­se bezeich­net werden.

Wahr­schein­lich ist, dass die deut­sche Rege­lung über­nom­men wird, die weit­ge­hend mit den soeben erst ver­schärf­ten euro­päi­schen Bud­get­vor­ga­ben über­ein­stimmt. Bei­de ent­hal­ten im Kern die Umset­zung der äußert rigi­den soge­nann­ten Medi­um Term Objec­ti­ves (mit­tel­fris­ti­ge Haus­halts­zie­le). Im Fal­le Öster­reichs und Deutsch­lands ist das (fast) ein struk­tu­rel­les Null­de­fi­zit. Aus­ge­hend von der soeben ver­öf­fent­lich­ten Herbst­pro­gno­se der EU-Kom­mis­si­on, die das struk­tu­rel­le Defi­zit für Öster­reich mit 2,8 % des BIP (2013) pro­gnos­ti­ziert, müss­te die Kon­so­li­die­rung folg­lich über 8 Mrd. Euro betra­gen – ein Viel­fa­ches des Spar- und Steu­er­pa­kets aus dem Vor­jahr. Das wür­de pro Per­son zu einer durch­schnitt­li­chen Zusatz­be­las­tung von 1.000 Euro pro Jahr füh­ren, was ange­sichts die­ses Volu­mens – selbst bei einer schwer­punkt­mä­ßi­gen Belas­tung der reichs­ten Haus­hal­te – auch die Mit­tel­schicht emp­find­lich tref­fen würde.

Neben einer Kopie der deut­schen Schul­den­brem­se wur­den als Alter­na­ti­ve anschei­nend zwei wei­te­re Fis­kal­re­geln dis­ku­tiert. Die mode­ra­tes­te Ver­si­on wäre eine Erwei­te­rung der bis­he­ri­gen Pra­xis der Aus­ga­ben­ober­gren­zen auf alle Gebiets­kör­per­schaf­ten plus Beschrän­kung ihrer Zuwäch­se mit der mit­tel­fris­ti­gen Wachs­tums­ra­te. Aus­ga­ben­ober­gren­zen könn­ten zwar prin­zi­pi­ell wirt­schafts­po­li­tisch ver­kraft­bar aus­ge­stal­tet wer­den, hät­ten aber bereits eine lang­fris­ti­ge Kür­zung des Staats­haus­halts und somit eine Behin­de­rung des sozia­len Fort­schritts zur Fol­ge. Völ­lig jen­sei­tig wäre hin­ge­gen eine wei­te­re Fis­kal­re­gel, näm­lich die von der ÖVP ver­lang­te Fest­schrei­bung einer Staats­schul­den­quo­te von 60 % des BIP bis 2020. Hier­für wären etwa 40 Mrd Euro – das ent­spricht mehr als der Hälf­te des Bun­des­bud­gets – not­wen­dig. Wür­den zwi­schen­zeit­lich z.B. wei­te­re Ban­ken­hil­fen gewährt, kämen sogar noch wei­te­re Mil­li­ar­den hinzu.

Denn sie wissen, was sie tun?

Wäre die Sache wirt­schafts­po­li­tisch nicht so ernst, wäre die­se gro­be Fest­le­gung kaba­rett­reif: Jene Regie­rung, die noch im Vor­jahr mit der ver­spä­te­ten Bud­get­vor­la­ge die Ver­fas­sung gebro­chen hat, ver­pflich­tet sich und zukünf­ti­ge Regie­rung mit­tels Ver­fas­sungs­än­de­rung zu wei­te­ren dra­ko­ni­schen Kon­so­li­die­rungs­maß­nah­men – die sie bis­her zu Recht mit dem Hin­weis auf die rela­ti­ve Sta­bi­li­tät und die schwa­chen Wirt­schafts­pro­gno­sen aus­ge­schlos­sen hat­te. Völ­lig unklar ist zudem, wes­halb es die­se ver­fas­sungs­mä­ßi­ge poli­ti­sche Selbstent­mün­di­gung braucht, denn nichts – abge­se­hen von wirt­schafts­po­li­ti­schem Sach­ver­stand – hin­dert die Regie­rung jed­we­de Regel zu befol­gen, die sie poli­tisch auch tat­säch­lich befol­gen will.

Trotz­dem ist die­se Inkon­se­quenz in gewis­sem Sin­ne auch wie­der kon­se­quent: Im Novem­ber des Vor­jah­res schloss der Bun­des­kanz­ler wei­te­re Kon­so­li­die­rungs­maß­nah­men in die­ser Legis­la­tur­pe­ri­ode aus, ehe er dann im März in Brüs­sel recht­li­che Ände­run­gen abseg­ne­te, die wei­te­re Spar­pa­ke­te erfor­der­lich mach­ten. Und nun im Okto­ber bil­lig­te er das Regie­rungs­ziel eines maxi­ma­len Defi­zits von 3,2 % des BIP 2012, nur um dann kurz dar­auf gemein­sam mit sei­nen euro­päi­schen Amts­kol­le­gIn­nen aus­ge­gli­che­ne Haus­hal­te in allen euro­päi­schen Staa­ten zu for­dern. Über­trof­fen wird er nur von sei­ner Finanz­mi­nis­te­rin, die zeit­gleich die Steu­er­be­las­tung redu­zie­ren, den Bud­get­pfad fort­füh­ren und die Staats­ver­schul­dung auf 60 % sen­ken will. Alles klar?

Das Argu­ment für die­se poli­ti­sche Far­ce: Es brau­che ein glaub­haf­tes Signal an die Finanz­märk­te, um die Zins­kos­ten rela­tiv nied­rig zu hal­ten. Die Poin­te: In Spa­ni­en, wo eben erst eine Schul­den­brem­se beschlos­sen wur­de, hat man bewie­sen, dass ein aus­ge­gli­che­ner Haus­halt in der Ver­fas­sung das eben nicht leis­ten kann. Die Sekun­där­markt­zins­sät­ze spa­ni­scher Staats­an­lei­hen stie­gen in den Tagen rund um den Beschluss wei­ter an und wur­den erst durch die EZB-Inter­ven­ti­on kurz­fris­tig sta­bi­li­siert – mitt­ler­wei­le haben sie sogar ein neu­es, untrag­ba­res Rekord­ni­veau erreicht.

Im Gegen­satz zu vie­len Poli­ti­ke­rIn­nen dürf­te den meis­ten Finanz­markt­ak­teu­ren klar sein, dass rei­ne Spar­po­li­tik ohne Rück­sicht auf Ver­lus­te nicht die lang­fris­ti­gen Ein­nah­men sichern kann, die es zur Bedie­nung der Staats­schul­den bei gleich­zei­ti­ger Auf­recht­erhal­tung selbst rudi­men­tä­rer Staats­auf­ga­ben braucht. Ins­be­son­de­re weil die grund­le­gen­den öko­no­mi­schen Pro­ble­me (Spa­ni­en: geplatz­te Immo­bi­li­en­bla­se, Rekord­ar­beits­lo­sig­keit, pri­va­te Ver­schul­dung; Öster­reich: Ban­ken­sek­tor bzw. des­sen Ost-Abhän­gig­keit, Ita­li­en-Ver­flech­tung) unge­löst blei­ben, ist eine Schul­den­brem­se in der Ver­fas­sung etwa so wirk­sam bzw. glaub­wür­dig wie ein Gesetz gegen schlech­tes Wetter.

Schuldenbremse = Wohlstandsbremse = Ablenkungsmanöver

Und das führt zum erns­ten Teil die­ser Far­ce. Was eine Schul­den­brem­se brin­gen wird, ist also weni­ger eine Redu­zie­rung der Zins­kos­ten oder sta­bi­le Staats­haus­hal­te, son­dern im Gegen­teil eine ten­den­zi­el­le Desta­bi­li­sie­rung von Wirt­schaft und Gesell­schaft durch die Ein­schrän­kung zukünf­ti­gen Wohl­stan­des. Für die­sen braucht es näm­lich Inves­ti­tio­nen, die sinn­vol­ler Wei­se von jenen bezahlt wer­den, die den größ­ten Nut­zen dar­aus zie­hen, näm­lich die zukünf­ti­gen Begüns­tig­ten über höhe­re zukünf­ti­ge Ein­kom­men. Zudem braucht es die Mög­lich­keit, kon­junk­tu­rel­le Schwan­kun­gen aus­zu­glei­chen, um die kurz- wie lang­fris­ti­gen, indi­vi­du­el­len wie gesell­schaft­li­chen Fol­gen von Arbeits­lo­sig­keit abzu­mil­dern. Schul­den­brem­sen gefähr­den bei­des und kön­nen somit rasch zu Wohlstands‑, Investitions‑, Beschäftigungs‑, Sozi­al- und Zukunfts­brem­sen mutieren.

Ein wei­te­res Pro­blem ist, dass mit der Schul­den­brem­se indi­rekt sug­ge­riert wird, die Staats­ver­schul­dung wäre auf unver­ant­wort­li­che Bud­get­po­li­tik zurück­zu­füh­ren. Damit wird davon abge­lenkt, dass erst mit der Kri­se 2008 die Staats­ver­schul­dung wie­der gestie­gen, zuvor aller­dings in der Euro­zo­ne kon­ti­nu­ier­lich gesun­ken ist (von 72,8 % vor ihrer Grün­dung auf 66,1 % des BIP 2007, ähn­lich auch in Öster­reich). Wür­de man die­sen Zusam­men­hang stär­ker berück­sich­ti­gen, wäre zu erken­nen, dass es zur mit­tel­fris­ti­gen Redu­zie­rung der Staats­ver­schul­dung kei­ne wirt­schafts­po­li­ti­sche Zwangs­ja­cke, son­dern Maß­nah­men gegen die haupt­säch­li­chen schul­den­trei­ben­den Fak­to­ren braucht: Ein kri­sen­an­fäl­li­ges Finanz­sys­tem, das Ban­ken­ret­tun­gen not­wen­dig macht; Kon­junk­tur­schwä­che und stei­gen­de Arbeits­lo­sig­keit, die die Steu­er­ein­nah­men sen­ken und zu höhe­ren Aus­ga­ben füh­ren (ins­be­son­de­re für Arbeits­markt­po­li­tik); und letzt­lich unzu­rei­chen­de Bei­trä­ge von Rei­chen und Unter­neh­men, die von der wirt­schaft­li­chen und steu­er­po­li­ti­schen Ent­wick­lung vor der Kri­se beson­ders profitierten.

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Verlustgeschäft Privatisierung

Mai. 26th 2011 — 14:34

Ver­lust­ge­schäft Privatisierung

Seit Wirt­schafts­kam­mer-Prä­si­dent Chris­toph Leitl und IV-Chef Veit Sor­ger in einer Pres­se­kon­fe­renz am 4. Mai 2011 eine neue Pri­va­ti­sie­rungs­wel­le for­der­ten, reißt die Debat­te dar­um nicht mehr ab. Ver­kauft wer­den sol­len nahe­zu alle Unter­neh­men, die sich im öffent­li­chen Besitz befin­den: Die Ener­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men, die Bun­des­im­mo­bi­li­en, die gemein­nüt­zi­gen Woh­nun­gen, die Mün­ze Öster­reich,  die Bun­des­fors­te und vie­le mehr.

Es gibt eine Rei­he poli­ti­scher Grün­de, die gegen die Pri­va­ti­sie­rung die­ser Unter­neh­men spre­chen. Die Antei­le der öffent­li­chen Hand sichern die Daseins­vor­sor­ge, Arbeits­plät­ze (sie­he Aus­tria Tabak), die Ver­sor­gung der Bevöl­ke­rung und wirt­schafts­po­li­ti­sche Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten. Im Fall der Unter­neh­men, die auf der Ver­kaufs­lis­te von WKÖ und IV ste­hen, zeigt jedoch auch ein Blick auf die Zah­len, dass eine Pri­va­ti­sie­rung ein nicht beson­ders lukra­ti­ves Geschäft wäre.

Als Argu­ment für den Ver­kauf von Unter­neh­mens­be­tei­li­gun­gen der öffent­li­chen Hand dient die aus­ge­ru­fe­ne Schul­den­kri­se. „Wenn die Repu­blik ihre Unter­neh­men ver­kauft, bringt das eine Men­ge Geld und befreit uns von der Last der Schul­den“ – so das nur auf den ers­ten Blick nach­voll­zieh­ba­re Argu­ment. Ganz davon abge­se­hen, dass gestie­ge­ne Staats­schul­den eine Kri­sen­fol­ge sind und die Schul­den­quo­te in Öster­reich 2010 mit 72,3% des BIP noch lan­ge kei­ner Panik bedarf und unter dem euro­päi­schem Durch­schnitt liegt, gibt es ein­fach einen Unter­schied zwi­schen dem pri­va­ten Haus­halt und dem Staat: Der Staat muss eben kein Dar­le­hen mit einer bestimm­ten Lauf­zeit wie­der zurück­zah­len, daher sind für ihn vor allem die Zin­sen­diens­te die rele­van­te Grö­ße. Es gibt aber eine Gemein­sam­keit, die ger­ne ver­ges­sen wird: den Schul­den steht ein Ver­mö­gen gegen­über – nur bei­des zusam­men führt zu einer sinn­vol­len Beur­tei­lung der Finanz­si­tua­ti­on. Im Fal­le des Staa­tes gibt es zwar lei­der kei­ne ver­läss­li­chen Zah­len, doch eine Stu­die des WIFO von 2006 lie­fer­te mit einem geschätz­ten Brut­to­ver­mö­gen von ca. 113 % des BIP immer­hin den Anhalts­punkt, dass ins­ge­samt ein deut­lich posi­ti­ves staat­li­ches Net­to­ver­mö­gen vor­han­den ist.

Wie hoch auch immer das Net­to­ver­mö­gen sein mag, Fakt bleibt, dass der Erlös aus dem Ver­kauf staat­li­cher Betrie­be die Brut­to­staats­ver­schul­dung auf einen Schlag sen­ken kann. Dadurch hat die Finanz­mi­nis­te­rin jedoch nicht per se einen grö­ße­ren finan­zi­el­len Spiel­raum. Der Vor­teil einer Redu­zie­rung der Staats­schul­den liegt dar­in, dass in Zukunft weni­ger Zin­sen bezahlt wer­den müs­sen. Der Nach­teil einer sol­chen Schul­den­re­duk­ti­on durch den Ver­kauf von staat­li­chem Eigen­tum besteht aber dar­in, dass natur­ge­mäß Ertrag brin­gen­des Staats­ver­mö­gen ver­lo­ren geht, und damit dau­er­haf­te Ver­lus­te von Unter­neh­mens­ge­win­nen anfal­len. Der­zeit fließt stän­dig Geld von OMV, Ver­bund und Co in Form von Divi­den­den in die Staats­kas­sa. Und: Die Unter­neh­men wer­den durch Inves­ti­tio­nen ua mehr wert, das sorgt für noch höhe­re Divi­den­den in der Zukunft.

Aus die­ser Tat­sa­che ergibt sich eine ein­fa­che Rech­nung: Wenn der Betrag, den der Staat durch einen gerin­ge­ren Zin­sen­dienst spart, höher ist als die – aktu­el­len und zukünf­ti­gen – Divi­den­den, lohnt sich das Kon­zept „Pri­va­ti­sie­rung zum Schul­den­ab­bau“ rein finan­zi­ell. Hier ist jedoch genau das Gegen­teil der Fall: Jene Unter­neh­men, die auf der Ver­kaufs­lis­te von Wirt­schafts­kam­mer und Indus­tri­el­len­ver­ei­ni­gung ste­hen, sind hoch pro­fi­ta­bel – ins­be­son­de­re die Ener­gie­ver­sor­ger. Die Zei­ten, in denen der Staat sei­ne Betrie­be teu­er sub­ven­tio­nie­ren muss, sind vorbei.

Eine sche­ma­ti­sche Bei­spiel­rech­nung zeigt, dass die letz­ten Pri­va­ti­sie­run­gen kein Geschäft für den Staat waren. Die OMV-Teil­pri­va­ti­sie­rung von rund 15 % des Unter­neh­mens brach­te 1996 Pri­va­ti­sie­rungs­er­lö­se von knapp über 300 Mio Euro. Die­se führ­ten zu einer Zins­er­spar­nis von rund 19 Mio Euro jähr­lich. Gleich­zei­tig gin­gen aber auch die Anrech­te auf rund 15% des OMV-Jah­res­über­schus­ses – damals kon­kret 21,5 Mio Euro– ver­lo­ren. Das heißt, durch die Pri­va­ti­sie­rung ergab sich bereits im ers­ten Jahr ein öko­no­mi­scher Ver­lust von 2,5 Mio Euro. Über die Jah­re stieg der OMV-Jah­res­über­schuss auf das 10-fache an, was natür­lich auch den Bun­des­an­teil am Gewinn auf das 10-fache erhöht hät­te, wäh­rend die jähr­li­che Zins­er­spar­nis par­al­lel zum sin­ken­den Zins­ni­veau sogar klei­ner wur­de. Im Zeit­raum 1996–2010 ergibt sich so ein gigan­ti­scher Ver­lust für den Staats­haus­halt von über 1 Mil­li­ar­de Euro.

Ganz davon abge­se­hen, dass der Ver­kauf von Unter­neh­men, die die Bevöl­ke­rung mit Ener­gie ver­sor­gen oder dem Was­ser­schutz die­nen (Bun­des­fors­te) die Ver­sor­gungs­si­cher­heit gefähr­den – inter­na­tio­na­le Bei­spie­le dafür gibt es genug – wäre eine neue Pri­va­ti­sie­rungs­wel­le für den Staat rein kauf­män­nisch ein denk­bar schlech­tes Geschäft. Die Bemü­hun­gen von Wirt­schafts­kam­mer und Indus­tri­el­len­ver­ei­ni­gung die­ses Geschäft trotz­dem durch­zu­zie­hen, legen den Schluss nahe, dass es mit der dort pos­tu­lier­ten Ideo­lo­gie­frei­heit nicht weit her ist. Sie blei­ben im alten Den­ken „Pri­va­ti­sie­rung von Gewin­nen, Sozia­li­sie­rung von Ver­lus­ten“ verhaftet.

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Loiperdsorfer Kompromiss

Oktober. 25th 2010 — 17:53

Nein, eine Ver­mö­gen­steu­er wird es wie­der mal nicht geben. Und auch die Erb­schafts­steu­ern wer­den nicht ange­ho­ben, der Spit­zen­steu­er­satz bleibt unan­ge­tas­tet und es wird sich wenig an der unglei­chen Ein­kom­mens- und Ver­mö­gens­ver­tei­lung ändern. Aber man soll ja nicht immer nur raun­zen. So ist doch erwäh­nens­wert, dass es Steu­er­erhö­hun­gen geben wird und damit zumin­dest ein Teil der Kri­sen­kos­ten ein­nah­me­sei­tig erbracht wer­den soll. Das ist erst ein­mal erfreu­lich, da etwa Bern­hard Fel­de­rer ja noch vor nicht all­zu­lan­ger Zeit deut­lich gemacht hat, dass es vor allem um Aus­ga­ben­kür­zun­gen gehen müs­se. Und Josef Pröll hat­te im ORF-Som­mer­ge­spräch schon die Debat­te über neue Steu­ern als schäd­lich bezeich­net. In die­sem Blog hat­te ich damals geschrie­ben:

Man muss sich dies auf der Zun­ge zer­ge­hen las­sen: Josef Pröll for­dert, dass in einer Situa­ti­on der Wirt­schafts­kri­se, in der mas­siv Staats­geld zur Ret­tung von Ver­mö­gen ein­ge­setzt wur­de, nicht über Steu­ern gespro­chen wer­den darf. Es ist ein merk­wür­di­ges Demo­kra­tie­ver­ständ­nis, wenn eine der zen­tra­len Auf­ga­ben des Par­la­ments […] ent­po­li­ti­siert und einem ver­meint­li­chen Sach­zwang unter­wor­fen wer­den soll.

Es ist also erfreu­lich, dass die Spe­ku­la­ti­ons­frist bei Akti­en­ver­käu­fen abge­schafft wer­den soll und hier die Kapi­tal­ertrags­steu­er greift. Es ist auch schön, dass die Stif­tungs­be­steue­rung geän­dert wird. Man kann inso­fern von einem Para­dig­men­wech­sel spre­chen, da das Dog­ma, dass das Kapi­tal kei­nes­falls höher besteu­ert wer­den kön­nen (weil es „scheu wie ein Reh“ sei) end­lich über­wun­den ist. Pröll hat Wort gebro­chen – und das ist gut so. End­lich eine umfas­sen­de Steu­er­re­form anzu­ge­hen – dazu reicht der Mut aber offen­sicht­lich nicht und es bleibt dabei, dass Ver­mö­gen­de, Unter­neh­men und Bes­ser­ver­die­nen­de deut­lich stär­ker besteu­ert wer­den müs­sen als derzeit.

Scha­de nur, dass die Kri­sen­kos­ten auch durch eine Kür­zung von sozia­len Leis­tun­gen refi­nan­ziert wer­den soll. Weder Pen­sio­nis­ten noch Eltern mit erwach­se­nen Kin­dern (Kür­zung des Fami­li­en­bei­hil­fe­be­zugs) haben die Kri­se ver­ur­sacht. Und den­noch sol­len sie jetzt dafür bezah­len. Es war zu erwar­ten (sie­he hier und hier), dass nicht (nur) die Ver­ur­sa­cher der Kri­se die Fol­gen tra­gen müs­sen, ist aber den­noch falsch.

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