Finanzkrise – BEIGEWUM

Stichwort: Finanzkrise


Feministische Perspektiven auf die Ökonomie und ihre Krisen. Buch- und Kurswechsel-Präsentation Feministische Ökonomie

Mai. 22nd 2014 — 13:50

Zeit: Mitt­woch, 11. Juni 2014, 19.00 Uhr
Ort: TC.0.01 (Tea­ching Cen­ter), Wirt­schafts­uni­ver­si­tät Wien, Welt­han­dels­platz 1, 1020 Wien

Mit: Bet­ti­na Hai­din­ger, Käthe Knitt­ler, Katha­ri­na Mader und Chris­ta Schlager
Mode­ra­ti­on: Alys­sa Schneebaum

Die herr­schen­de Wirt­schafts­theo­rie und ‑poli­tik sowie wesent­li­che öko­no­mi­sche Kenn­zah­len wer­den als geschlechts­neu­tral prä­sen­tiert. Hin­ter die­sen schein­bar neu­tra­len Zah­len und Kon­zep­ten ver­ste­cken sich jedoch geschlecht­li­che Ungleich­hei­ten, Herr­schafts- und Aus­beu­tungs­struk­tu­ren wer­den ver­deckt. Femi­nis­ti­sche Öko­no­mie deckt die­se blin­den Fle­cken auf, übt Kri­tik an den herr­schen­den Mainstream‑, aber auch hete­ro­do­xen Öko­no­mie­strän­gen und ent­wi­ckelt Gegen­mo­del­le. Gera­de im Zuge der glo­ba­len Finanz- und Wirt­schafts­kri­se wur­de die Main­stream-Öko­no­mie aus unter­schied­lichs­ten Per­spek­ti­ven kri­ti­siert, trotz metho­do­lo­gi­scher und polit­öko­no­mi­scher Schwach­stel­len sowie ideo­lo­gi­scher Ein­sei­tig­keit hat sie ihren Sta­tus als „herr­schen­de“ Leh­re aber wei­ter­hin behaup­ten kön­nen. Wirt­schafts- und Finanz­ex­per­ten­tum hat nicht an Macht und Ein­fluss ver­lo­ren, im Gegen­teil, kaum je zuvor war es medi­al und poli­tisch so prä­sent wie in den letz­ten Jah­ren. Macht- und herr­schafts­kri­ti­sche Zugän­ge wären daher für die Ana­ly­se der gegen­wär­ti­gen mul­ti­plen Kri­se und die Kri­sen­be­wäl­ti­gung zen­tral, kom­men aber viel zu kurz. Der Kurs­wech­sel und das Buch stel­len Wider­stands­stra­te­gien, Alter­na­ti­ven und Uto­pien jen­seits des Main­streams vor.

Eine Ver­an­stal­tung von BEIGEWUM, VrauWL und VW Zentrum

Ein­la­dung Fem Ök Präsentation

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Kurswechsel 4/2013: Feministische Beiträge zur Krisenanalyse und -überwindung: Der neue KuWe ist da!

Februar. 26th 2014 — 10:10

Der neue KuWe ist da! 

Im Zuge der glo­ba­len Finanz- und Wirt­schafts­kri­se wur­de die Main­stream-Öko­no­mie aus unter­schied­lichs­ten Per­spek­ti­ven kri­ti­siert, trotz metho­do­lo­gi­scher und polit-öko­no­mi­scher Schwach­stel­len sowie ideo­lo­gi­scher Ein­sei­tig­keit hat sie ihren Sta­tus als „herr­schen­de“ Leh­re aber behaup­ten kön­nen. Wirt­schafts- und Finanz­ex­per­tIn­nen­tum hat nicht an Macht und Ein­fluss ver­lo­ren, im Gegen­teil, kaum je zuvor war es medi­al und poli­tisch so prä­sent wie in den letz­ten Jah­ren. Macht- und herr­schafts­kri­ti­sche Zugän­ge wären daher für die Ana­ly­se der gegen­wär­ti­gen mul­ti­plen Kri­se und die Kri­sen­be­wäl­ti­gung zen­tral, kom­men aber viel zu kurz. Das vor­lie­gen­de Heft soll hier­zu einen Bei­trag aus der Per­spek­ti­ve der femi­nis­ti­schen Öko­no­mie leisten.


Best­telt wer­den kann das Heft hier.

Zum Inhalts­ver­zeich­nis: http://www.beigewum.at/kurswechsel/jahresprogramm-2013/heft-42013-feministische-krisenanalysen/

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Budgetloch: Wie sich rechte Think Tanks in der Öffentlichkeit breit machen und die Politik in die Bredouille bringen

November. 19th 2013 — 18:07

Die Bud­get­de­bat­te, die in letz­ter Zeit gelau­fen ist, lässt sich so zusam­men­fas­sen: Die Poli­ti­ke­rIn­nen, getrie­ben von ihren Ambi­tio­nen wie­der­ge­wählt zu wer­den, ver­spre­chen vor der Wahl das Blaue vom Him­mel und ver­schwei­gen, dass sie dies nie­mals ein­lö­sen wer­den kön­nen. Die Wirt­schafts­ex­per­tIn­nen hin­ge­gen, dar­un­ter ‚wirk­lich unab­hän­gi­ge‘, die von Indus­tri­el­len und Mil­li­ar­dä­rIn­nen bezahlt wer­den, haben schon immer gewusst, dass Geld aus­ge­ben immer schlecht ist, und der Staat nie­mals spa­ren kann und will. Denn er wird vom ‚bösen Wäh­ler‘ ver­führt noch mehr Geld aus­zu­ge­ben. So schreibt etwa die rech­te ‚Initia­ti­ve pro Markt­wirt­schaft‘ vor der NR-Wahl: “Aber trotz bit­te­rer Erfah­rung scheint das ‘Geschenk-Gen‘ der Poli­ti­ker so aus­ge­prägt zu sein, dass man es auch 2013 offen­bar nicht las­sen kann.“ (http://www.promarktwirtschaft.at/Brief10)

Und obwohl der rech­te Think Tank ‚Agen­da Aus­tria‘ kei­ner­lei Exper­ti­se in Sachen Bud­get­po­li­tik vor­wei­sen kann, behaup­tet des­sen Spre­cher Franz Schell­horn vor eini­gen Tagen, es fehl­ten an die 40 Mrd. Euro im Staats­haus­halt (http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/1476433/Budgetloch_IV-fordert-strafrechtliche-Konsequenzen).

So stellt sich also die Debat­te zu den öffent­li­chen Finan­zen in Öster­reich im Novem­ber 2013 dar.

Finanz­kri­se Grund des Budgetlochs

Wir befin­den uns im fünf­ten Jahr nach Aus­bruch der – vom Finanz­sek­tor aus­ge­gan­ge­nen – Kri­se, die mit enor­men finan­zi­el­len Ein­satz der öffent­li­chen Hand abge­fan­gen wer­den muss­te und Staa­ten wie Staats­bür­ge­rIn­nen damit hohe Kos­ten auf­ge­bür­det hat. Die­se Kos­ten haben im Ver­gleich zur Vor­pe­ri­ode zu einem extre­men Anstieg der öffent­li­chen Ver­schul­dung geführt.

Kei­nes­wegs sind die Bud­gets wegen abwe­gi­ger Wün­sche der Bevöl­ke­rung aus dem Ruder gelau­fen. Ganz im Gegen­teil: Es wur­den seit Aus­bruch der Kri­se in Öster­reich zwei Spar­pa­ke­te beschlos­sen. Der Bud­get­voll­zug war in den letz­ten Jah­ren strik­ter als der Vor­anschlag. Was heißt: Es wur­de mehr gespart, als ursprüng­lich ver­an­schlagt, in den letz­ten bei­den Jah­ren um je über zwei Mil­li­ar­den Euro.

Und wie sieht es mit der Unver­nunft der Poli­ti­ke­rIn­nen aus? Die „maß­lo­sen“ Ver­spre­chen, die da vor den Wah­len gege­ben wur­den: Aus­bau der Kin­der­be­treu­ung (ein Luxus­pro­blem?) oder steu­er­li­che Ent­las­tung der Arbeit­neh­me­rIn­nen (Öster­reich hat im inter­na­tio­na­len Ver­gleich eine sehr hohe Belas­tung der Arbeits­ein­kom­men, wie selbst der IWF kritisiert)?

Sind Anlie­gen der Bür­ge­rIn­nen, die sie an die Poli­tik haben, in einer Demo­kra­tie ver­werf­lich? Ja, wenn man den rech­ten Think Tanks glaubt, die in Öster­reich wie Schwam­merl aus dem Boden schie­ßen. So meint Hans Pit­lik, Wirt­schafts­for­scher und im Bei­rat der weis[s]en Wirt­schaft: „Dass der Staat nicht von sei­ner „Sucht“ nach neu­en Schul­den los­kommt, lie­ge auch an den Wäh­lern, (..). Sie führ­ten die Poli­ti­ker immer wie­der in Ver­su­chung, mehr aus­zu­ge­ben als sie ein­neh­men.“ (http://oe1.orf.at/artikel/357186)

Thinks Tanks bevöl­kern die Medienlandschaft

Die auf­tre­ten­den Exper­ten behaup­ten, sie sei­en ver­nünf­ti­ge Öko­no­men und unab­hän­gig, weil sie ihr Geld von der Indus­tri­el­len­ver­ei­ni­gung und anony­men Spen­de­rIn­nen (dar­un­ter mut­maß­lich Mil­li­ar­dä­re) neh­men und nicht von der öffent­li­chen Hand.

Vie­le Think Tanks betrei­ben damit heut­zu­ta­ge das Geschäft der Lob­by­is­tIn­nen, wie neue For­schungs­er­geb­nis­se( http://thinktanknetworkresearch.net/blog_ttni_en/) zei­gen. Es geht nicht mehr um Wis­sens­pro­duk­ti­on, son­dern um ‚Mei­nungs­mar­ke­ting‘. Nach­dem Lob­by­is­mus in Ver­ruf gera­ten ist, wird nun unter dem Deck­man­tel einer Denk­fa­brik wei­ter gemacht. Das Ziel rech­ter Denk­fa­bri­ken ist es, den Staat, sei­ne Trä­ger und Insti­tu­tio­nen unglaub­wür­dig zu machen und die­se ob ihrer inhä­ren­ten „Ver­schwen­dungs­sucht“ zu denun­zie­ren. Ihr Pro­gramm: Ent­de­mo­kra­ti­sie­rung durch poli­ti­sche Ent­schei­dun­gen auf Exper­tIn­nen-Ebe­ne, sowie ‚Auto­ma­tis­men‘ statt demo­kra­ti­scher Mei­nungs­bil­dungs- und Entscheidungsprozesse.

Wer macht die Regeln?

Hier geht es aber gegen die demo­kra­ti­sche Ver­fasst­heit unse­rer Gesell­schaf­ten, wenn das „Königs­recht“ unse­rer gewähl­ten Legis­la­tiv­or­ga­ne, die Bud­get­ho­heit des Par­la­ments, in Fra­ge gestellt wird. Die zen­tra­le Fra­ge ist: Macht eine öko­no­mi­schen Eli­te und deren Inter­es­sen ver­bun­de­ne Exper­to­kra­tie die Regeln, oder demo­kra­tisch legi­ti­mier­te Insti­tu­tio­nen? Die Hayek’sche Wirt­schaft­re­gie­rung schaut schon um die Ecke, wenn dem Fis­kal­rat und der Büro­kra­tie der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on mitt­ler­wei­le das Recht ein­ge­räumt wird, die Bud­gets vor­ab zu prü­fen und Ver­war­nun­gen auszusprechen.

Kla­rer­wei­se soll damit die Poli­tik damit nicht frei­ge­spro­chen wer­den. Es gibt ein Ver­sa­gen beim Han­deln, ein Untä­tig sein gegen die­se neo­li­be­ra­len, auto­ri­tä­ren Ent­wick­lun­gen. Es liegt also auch ein Selbst­ver­schul­den der Poli­tik vor. Auch erwähnt wer­den soll­te das Ver­sa­gen der unab­hän­gi­gen und frei­en Pres­se, die bei die­sem Spiel mit­macht, indem sie State­ments von Think Tank-Ver­tre­tern unhin­ter­fragt übernimmt.

Wenn poli­ti­sche Wil­lens­bil­dung durch Exper­tIn­nen­mei­nung ersetzt wird, bewe­gen wir uns hin zum geflü­gel­ten Wort: ‚Wer das Geld hat, macht die Regeln‘. Denn Lob­by­is­mus ist nicht gra­tis, und die Kräf­te­ver­hält­nis­se sind in die­sem Bereich ein­deu­tig auf Sei­ten der Ver­mö­gen­den. Dem­ge­gen­über steht der Grund­satz der Demo­kra­tie: ‚Jede Stim­me ist gleich viel wert‘. Die­sen Plu­ra­lis­mus der Vie­len und auch die Inter­es­sen der sozi­al Schwä­che­ren gilt es zu verteidigen.


Chris­ta Schla­ger ist Redak­teu­rin der Zeit­schrift Kurs­wech­sel und seit 1997 im BEIGEWUM aktiv. 

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Neues BEIGEWUM-Buch: Mythen des Sparens

Mai. 26th 2013 — 15:38

Antizyklische Alternativen zur Schuldenbremse

Die Finanz- und Wirt­schafts­kri­se ist längst zu einer Ver­schul­dungs­kri­se der Staa­ten gewor­den, zumin­dest wenn man den Main­stream-Medi­en und der Mehr­zahl der Poli­ti­ke­rin­nen und Poli­ti­ker Glau­ben schenkt: Spa­ren sei das Gebot der Stun­de, an dem kein Aus­weg vor­bei zu füh­ren scheint. Grund genug für ein neu­er­li­ches Buch­pro­jekt als „Fort­set­zung“ unse­res 2010 erschie­nen Buchs „Mythen der Kri­se“.

Mit unse­rem neu­es­ten Buch wol­len wir auf­zei­gen, dass es sich hier­bei nur um einen wei­te­ren wirt­schafts­po­li­ti­schen Mythos han­delt. Doch war­um kom­men die­se Mythen so gut bei den Men­schen an? Und wel­che Aus­wir­kun­gen haben die Spar­maß­nah­men auf die Bevöl­ke­rung, die Wirt­schaft und sogar auf die Demokratie?

Dar­ge­stellt wer­den die wich­tigs­ten Mythen zu »Schul­den« und »Spa­ren«. Die­se wer­den kri­tisch hin­ter­fragt und die dahin­ter­ste­hen­den öko­no­mi­schen Zusam­men­hän­ge erklärt. Auch die Ebe­ne der EU-Poli­tik und der dort kur­sie­ren­den Mythen kommt nicht zu kurz.

Lese­pro­be, wei­ter­füh­ren­de Infos und Bestell­mög­lich­keit gibt es direkt beim VSA-Ver­lag – oder bei einer unse­rer kom­men­den Ver­an­stal­tun­gen.

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10.6.2013: Über Österreich, Deutschland und Europa. Vor der Wahl ist nach der Wahl.

Mai. 26th 2013 — 15:22


Podiumsdiskussion „Über Österreich, Deutschland und Europa. Vor der Wahl ist nach der Wahl.“


Mo., 10. Juni, 18:30 in der Fach­buch­hand­lung des ÖGB-Ver­lags (Rat­haus­stra­ße 21, 1010 Wien) oder online.

Dis­kus­sion mit Jana Schult­heiss (BEIGEWUM/​Buch­pro­jekt „Mythen des Spa­rens“), Wolf­gang Lieb (Nach­Denk­Sei­ten), Mar­kus Mar­ter­bau­er (AK Wien/​Blog Arbeit&Wirtschaft); Mode­ra­tion: Katha­rina Klee (Zeit­schrift Arbeit&Wirtschaft)


Anmel­dung: veranstaltung@oegbverlag.at oder auf Face­book


Im Herbst 2013 fin­den Natio­nal­rats­wah­len in Öster­reich und die Bun­des­tags­wahl in Deutsch­land statt, im Mai 2014 dann auch die Euro­pa­wahl. Sowohl Deutsch­land als auch Öster­reich sind im Ver­gleich mit den meis­ten ande­ren EU ‑Län­dern gut durch die Kri­se gekom­men. Gleich­zei­tig mei­nen vie­le, die bei­den Län­der hät­ten weni­ger zur Lösung der Kri­se bei­getra­gen als sie wirt­schaft­lich könn­ten und man poli­tisch von ihnen erhof­fen wür­de. Deutsch­land ver­schärft durch sei­ne Vor­ga­ben sogar den Aus­teri­täts­kurs, die Wett­be­werbs­ori­en­tie­rung und die neo­li­be­ra­le Aus­rich­tung der EU ‑Stra­te­gie und auch Öster­reich muss sich den Vor­wurf gefal­len las­sen, nicht viel dage­gen zu tun. Wo aber sind die tat­säch­li­chen Spiel­räu­me für eine alter­na­ti­ve, eman­zi­pa­to­ri­sche Wirt­schafts- und Beschäf­ti­gungs­po­li­tik in der EU?


Eine Ver­an­stal­tung der „Arbeit&Wirtschaft“ in Koope­ra­ti­on mit den Nach­Denk­Sei­ten, dem ÖGB-Ver­lag und dem BEIGEWUM … mit anschlie­ßen­dem Buffet.


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Zeit zur Umkehr

März. 18th 2013 — 18:51

Der Ver­gleich von EU-Pro­gno­sen für die Kri­sen­staa­ten und deren Ent­wick­lung seit 2007 zeigt, wie nötig ein Rich­tungs­wech­sel in Theo­rie und Poli­tik ist. Die Aus­teri­täts­po­li­tik in den soge­nann­ten Pro­gramm­län­dern in der EU hat zuneh­mend kata­stro­pha­le Fol­gen, und die Pro­gno­sen sind stets bes­ser als das Ergebnis.

Eine Theo­rie, deren Pro­gno­sen regel­mä­ßig falsch lie­gen, soll­te laut Sir Karl Pop­per ver­wor­fen wer­den. Eine Kon­junk­tur­po­li­tik, die nur dar­in besteht, die Hoff­nung auf den Auf­schwung auf den in der Zukunft lie­gen­den Pro­gno­se­ho­ri­zont zu ver­schie­ben, eben­falls. Bei­des trifft auf die momen­ta­ne Poli­tik der Troi­ka zu. Zunächst wur­de die Kri­se etwas zu pes­si­mis­tisch ein­ge­schätzt; es wur­de eine expan­si­ve Wirt­schafts­po­li­tik ein­ge­schla­gen. Doch seit 2010 herrscht in den Pro­gno­sen über­trie­be­ner Opti­mis­mus, und in den Pro­gramm­län­dern wird eisern gespart.

In Grie­chen­land war die Ent­wick­lung beson­ders schlimm. Im Mai 2010 hoff­te man noch für 2011 mit einem wei­te­ren Minus von 4% gegen­über 2009 aus der Kri­se zu kom­men. Im Novem­ber 2010 rech­ne­te man schon mit einem Minus von 7% für 2011. Dies setz­te sich von Jahr zu Jahr fort: 2013 glaub­te man nun mit gut 20% Ver­lust an Wirt­schafts­leis­tung sei die Tal­soh­le erreicht. Es ist zu hof­fen, dass die­se Pro­gno­se nun nicht noch­mals nach unten kor­ri­giert wird. An der kata­stro­pha­len Per­for­mance von Pro­gno­sen und Poli­tik ändert das aller­dings nichts mehr.

Die fol­gen­den Gra­fi­ken zei­gen die Ent­wick­lung des rea­len BIP im Ver­gleich zu 2009, anhand der zu den jewei­li­gen Zeit­punk­ten erstell­ten Pro­gno­sen. Die Pro­gno­se vom Febru­ar 2013 ent­hält für die Jah­re bis 2011 die tat­säch­li­chen und für 2012 die vor­läu­fi­gen Werte.

In Irland lie­gen Pro­gno­sen und Poli­tik eben­falls unter den Erwar­tun­gen. Der ein­zi­ge, wenn auch schwa­che Trost ist, dass es in Irland zumin­dest lang­sam bes­ser wird.

Sor­gen berei­tet das Bild für Por­tu­gal und Spa­ni­en. Hier scheint es momen­tan zu einem Wech­sel vom iri­schen Regen in die grie­chi­sche Trau­fe zu kom­men. Sah es zunächst noch nach lang­sa­mer Erho­lung aus, so scheint seit 2011 ein mas­si­ver Ein­bruch im Gan­ge zu sein. Ein Grund mehr, Theo­rie und Poli­tik zu wechseln.

Ange­sichts die­ser Bil­der ist es kein Wun­der, dass die DG Eco­fin die adjus­t­ment Pro­gram­me für Grie­chen­land, Irland, Por­tu­gal und für Spa­ni­ens Finanz­sek­tor stets mit fol­gen­dem Dis­c­lai­mer versieht:

Neit­her the Euro­pean Com­mis­si­on nor any per­son acting on its behalf may be held respon­si­ble for the use which may be made of the infor­ma­ti­on con­tai­ned in this publication.”

Na ja, wenn sie damit durchkommt.

PS: Ein Lob muss man der DG Eco­fin jedoch machen: Die­se Dar­stel­lun­gen wären nicht mög­lich gewe­sen, wenn die DG nicht schon seit Län­ge­rem ihre AMECO Daten­bank mit den Makro-Daten (ein­schließ­lich der Pro­gno­sen) im Inter­net öffent­lich zur Ver­fü­gung stell­te. 

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30. Mai: Die EU in der Krise

Mai. 23rd 2012 — 11:19

Die EU in der Kri­se: Zwi­schen auto­ri­tä­rem Eta­tis­mus und euro­päi­schem Frühling

Datum: Mitt­woch, 30. Mai, 19 Uhr

Ort: NIG, 2. Stock, Hör­saal 1, Uni­ver­si­täts­stra­ße 7, 1010 Wien

Buch­prä­sen­ta­ti­on und Dis­kus­sion mit

Pia Eber­hardt (Cor­po­ra­te Euro­pe Obser­va­to­ry, Brüs­sel): Lob­by­is­mus und euro­päi­sche Post­de­mo­kra­tie – Ein­bli­cke in den EU-Staats-Zivilgesellschaftskomplex
Lukas Obern­dor­fer (juri­di­kum und Asso­zia­ti­on für kri­ti­sche Gesell­schafts­for­schung): Hege­mo­nie­kri­se in Euro­pa: Eco­no­mic Gover­nan­ce und Fis­kal­pakt – Ele­men­te einer auto­ri­tä­ren Wende?
Mode­ra­ti­on und Ein­lei­tung: Oli­ver Praus­mül­ler (BEIGEWUM)

Der euro­päi­sche Inte­gra­ti­ons­pro­zess wird durch eine „Viel­fach­kri­se“ erschüt­tert: Euro-Kri­se, Staats­kri­sen, der Legi­ti­ma­ti­ons­ver­lust der EU sowie das Feh­len eines neu­en popu­lä­ren euro­päi­schen Pro­jek­tes. Die sozia­len Kämp­fe gegen eine Abwäl­zung der Kri­sen­fol­gen nach unten und für eine weit­ge­hen­de Demo­kra­ti­sie­rung der Gesell­schaft eska­lie­ren zuneh­mend. Der Bei­trag der sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen ‚Euro­pa­for­schung‘ zum kri­ti­schen Ver­ständ­nis die­ser Ent­wick­lun­gen ist mar­gi­nal. Dazu will der vor­lie­gen­de Band der Asso­zia­ti­on für kri­ti­sche Gesell­schafts­for­schung (AkG) und der For­schungs­grup­pe Staats­pro­jekt Euro­pa  einen Kon­trast set­zen. Die Bei­trä­ge unter­su­chen aus unter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven einer kri­ti­schen Inte­gra­ti­ons­for­schung Hin­ter­grün­de und Dyna­mik der Kri­se und dis­ku­tie­ren eman­zi­pa­to­ri­sche Stra­te­gien für ein ande­res Euro­pa. Anläss­lich der Buch­prä­sen­ta­ti­on stel­len Pia Eber­hardt und Lukas Obern­dor­fer ihre Bei­trä­ge zum jüngst erschie­nen Sam­mel­band der Asso­zia­ti­on für kri­ti­sche Gesell­schafts­for­schung vor und dis­ku­tie­ren die jüngs­ten Ent­wick­lun­gen der euro­päi­schen Krise.

Ver­an­stal­te­rIn­nen:
Asso­zia­ti­on für kri­ti­sche Gesell­schafts­for­schung, BEIGEWUM, Chick­Lit – femi­nis­ti­sche Buch­hand­lung, Insti­tut für Poli­tik­wis­sen­schaft an der Uni­ver­si­tät Wien und  juri­di­kum (zeit­schrift für kritik|recht|gesellschaft)

Wei­te­re Infos:
www.staatsprojekt-europa.eu
www.facebook.com/staatsprojekteuropa

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29. Mai: Frankreich nach der Wahl

Mai. 23rd 2012 — 11:17

FRANKREICH NACH DER WAHL: Bilanz für Sar­ko­zy. Mit Hol­lan­de für ein ande­res Europa?

Diens­tag, 29. Mai 2012, 18.30 Uhr

Ort: Repu­bli­ka­ni­scher Club, Rockhg. 1, 1010 Wien

Rudolf WALTHER (Publi­zist aus Frankfurt/​M., u.a. Der Stan­dard, Die Zeit, die tages­zei­tung, Der Freitag)

Mode­ra­ti­on: Gian­lu­ca WALLISCH (Redak­teur Außen­po­li­tik, Der Standard)
Begrü­ßung: Ulrich BRAND (Insti­tut für Poli­tik­wis­sen­schaft, Uni­ver­si­tät Wien)


Nach den jüngs­ten Wah­len in Frank­reich wird viel­fach von einem wirt­schafts­po­li­ti­schen Para­dig­men­wech­sel in Euro­pa gespro­chen. Wie sieht die Bilanz des schei­den­den Prä­si­den­ten Nico­las Sar­ko­zy aus? Was hat er erreicht, wo lie­gen Pro­ble­me? Beim neu­en Amts­in­ha­ber Fran­çois Hol­lan­de stellt sich die Fra­ge nach sei­ner Wirt­schafts- und Gesell­schafts­po­li­tik und jene nach den Chan­cen der Umsetz­bar­keit sei­ner pro­gram­ma­ti­schen Erklärungen.


Eine Ver­an­stal­tung des Insti­tuts für Poli­tik­wis­sen­schaft der Uni­ver­si­tät Wien in Koope­ra­ti­on u.a. mit dem BEIGEWUM, „Der Stan­dard“, Grü­ne Bil­dungs­werk­statt und dem Repu­bli­ka­ni­schen Club – Neu­es Österreich.

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Spanien als Musterbeispiel für scheiternde europäische Austeritätspolitik

April. 2nd 2012 — 14:33

Trotz – bzw. gera­de wegen – meh­re­rer Spar­pa­ke­te und Schul­den­brem­se in der Ver­fas­sung fin­det Spa­ni­en kei­nen Halt. Zusätz­lich zur pro­gnos­ti­zier­ten Schrump­fung der Wirt­schaft um 1,7 % und wei­ter­hin stei­gen­der Arbeits­lo­sig­keit (Stand Febru­ar: 23,6 %; Jugend­ar­beits­lo­sig­keit 50,5 %) kommt nun ein neu­er­li­ches Spar­pa­ket, das die Rezes­si­on merk­lich ver­schär­fen wird. Damit ent­wi­ckelt sich das bud­get­po­li­tisch vor der Kri­se als vor­bild­lich gel­ten­de Spa­ni­en neu­er­lich zu einem Vor­zei­ge-Mit­glied­staat – dies­mal aller­dings für eine schei­tern­de euro­päi­sche Austeritätspolitik.

Meh­re­re Fak­to­ren tra­gen zu die­sem Schei­tern bei. Der wich­tigs­te ist die Wirt­schafts­kri­se, die auf­grund der natio­na­len Immo­bi­li­en­kri­se deut­lich stär­ker aus­fiel und auch nicht so rasch über­wun­den wer­den konn­te wie zB in Deutsch­land und Öster­reich. Die Arbeits­lo­sig­keit hat sich in den letz­ten drei Jah­ren bei­na­he ver­drei­facht, wodurch ein immenser Steu­er­aus­fall sowie ein hoher Anstieg der Sozi­al­kos­ten folg­ten. Gleich­zei­tig kamen die Ban­ken auf­grund der geplatz­ten Immo­bi­li­en­bla­se in beson­de­re Bedräng­nis. Der Staat hat­te damit beson­de­re Belas­tun­gen zu tra­gen und ein Kon­junk­tur­pa­ket zu finan­zie­ren, um den Absturz zu brem­sen. So dreh­te der Maas­tricht-Sal­do von einem Über­schuss von knapp 2 % des BIP 2007 auf ein Rekord­de­fi­zit von 11,2 % des BIP 2009.

Ein wei­te­rer Fak­tor ist die poli­ti­sche Dyna­mik. Der Plan der sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Min­der­heits­re­gie­rung Zapa­tero bestand 2009 aus Opti­mis­mus und einem ambi­tio­nier­ten mit­tel­fris­ti­gen Kon­so­li­die­rungs­plan, der die EU-Vor­ga­ben – mind. ‑6 %p. in den kom­men­den vier Jah­ren – über­erfül­len wür­de. Die­ser Plan schei­ter­te im Früh­jahr 2010, als in Fol­ge der Grie­chen­land-Panik die Zin­sen auf spa­ni­sche Staats­an­lei­hen in unge­ahn­te Höhen schos­sen, die nega­ti­ve Wirt­schafts- und Beschäf­ti­gungs­ent­wick­lung wei­ter ging und gleich­zei­tig auf Euro­päi­scher Ebe­ne klar­ge­stellt wur­de, dass es kei­ne wesent­li­che Hil­fe zu erwar­ten gab. Ein har­tes Not-Spar­pro­gramm soll­te sicher­stel­len, dass die euro­päi­sche Kon­so­li­die­rungs­vor­ga­be von durch­schnitt­lich 1,5 %p. des BIP pro Jahr bereits 2010 und 2011 erfüllt wer­den – trotz pro­gnos­ti­zier­ter Rezes­si­on 2010.

Gefangen in der Spirale nach unten

2010 wur­den die Zie­le auch weit­ge­hend erfüllt, aller­dings nicht 2011: Statt den ange­streb­ten 6 % erreich­te das Defi­zit 8,5 % des BIP. Schuld war aller­dings nicht die alte, Ende Novem­ber abge­wähl­te Zen­tral­re­gie­rung. Die hat­te ihr Spar­pro­gramm trotz deut­lich schlech­te­rer Beschäf­ti­gungs- und damit Bud­get­ent­wick­lung durch­ge­zo­gen. Mit einem Defi­zit von 5,1 statt 4,8 % des BIP ver­fehl­te sie ihr Ziel nur knapp (bzw. 5,2 statt 4,4 %p. inklu­si­ve Sozi­al­ver­si­che­rung). Der über­wie­gen­de Teil der Defi­zit-Ver­feh­lung ging auf die Kon­ten der fast aus­schließ­lich kon­ser­va­tiv regier­ten Bun­des­län­der (die aber eben­falls erheb­li­che Spar­an­stren­gun­gen unter­nah­men). Bezeich­nend für den eiser­nen Spar­wil­len war eine Mel­dung in ElPaís Anfang Okto­ber, wonach der öffent­li­che Sek­tor in eini­gen Mona­ten bereits einen grö­ße­ren Bei­trag zum Zuwachs zur Arbeits­lo­sig­keit lie­fer­te als der private.

Wie auch immer, mit die­sem hohen Defi­zit-Start­wert und der sich ver­schär­fen­den Rezes­si­on (statt dem Ende 2010 pro­gnos­ti­zier­ten Wachs­tum von 1,7 % wird nun mit minus 1 bis 2 % gerech­net) wur­de klar, dass 2012 weder das ursprüng­li­che Defi­zit­ziel von 5,3 % des BIP vom Juni 2010 noch das bis Jah­res­en­de 2011 auf­recht erhal­te­ne ambi­tio­nier­te Ziel von 4,4 % des BIP erreicht wer­den kön­nen. Dar­an wird auch der eben erst beschlos­se­ne radi­ka­le Abbau der Arbeits­markt­stan­dards (bei Umsatz­rück­gang dür­fen Arbeit­ge­be­rIn­nen Arbeits­ver­trä­ge ver­schlech­tern, leich­te­re Kün­di­gung auch lang­jäh­rig Beschäf­tig­ter, etc.), der gemäß OECD, EU-Kom­mis­si­on und spa­ni­scher Regie­rung Beschäf­ti­gung schaf­fen soll, nichts ändern.

Europäische Wirtschaftspolitik versagt

An die­ser Stel­le kommt der Fak­tor „Ver­sa­gen der euro­päi­schen Wirt­schafts­po­li­tik“ zu tra­gen. Am spa­ni­schen Bei­spiel offen­bar­te sich die Absur­di­tät der Eco­no­mic-Gover­nan­ce/­Six-Pack/­Fis­kal­pakt-Debat­te: Obwohl es eine Kon­junk­tur­klau­sel gibt, die eine Stre­ckung des Kon­so­li­die­rungs­pfa­des pro­blem­los erlau­ben wür­de, und obwohl selbst die ver­schärf­ten Spar­vor­ga­ben hin­sicht­lich des mit­tel­fris­ti­gen struk­tu­rel­len Defi­zits wie auch schon vor der Kri­se ein­ge­hal­ten wer­den, wird bei­des igno­riert und wei­ter­hin an der dümms­ten aller Vor­ga­ben – näm­lich dem von der Kon­junk­tur­ent­wick­lung maß­geb­lich bestimm­ten Maas­tricht-Defi­zit – fest­ge­hal­ten. Der Rat der Finanz­mi­nis­te­rIn­nen kam der spa­ni­schen Regie­rung nur inso­fern ent­ge­gen, als dass nun wie­der die alte Pro­gno­se für den Defi­zit­pfad mit 5,3 % des BIP 2012 (neben den unver­än­der­ten 3 % im Jahr 2013) als ver­pflich­ten­der Ziel­wert gilt. Detail am Ran­de: gemäß ElPaís übte sich eine klei­ne Grup­pe von Hard­li­ne­rIn­nen – dar­un­ter natür­lich auch die öster­rei­chi­sche Ver­tre­te­rin – in völ­li­ger Rea­li­täts­ver­wei­ge­rung mit der For­de­rung Spa­ni­en müs­se am Defi­zit-Ziel von 4,4 % des BIP festhalten.

Mit die­sem Beschluss haben die euro­päi­schen Finanz­mi­nis­te­rIn­nen eines klar zum Aus­druck gebracht: Es ist ihnen ernst mit der in der Reform der Eco­no­mic Gover­nan­ce ange­leg­ten und mit dem Fis­kal­pakt voll­ende­ten Ver­un­mög­li­chung einer aus­ge­wo­ge­nen Wirt­schafts­po­li­tik. Immer­wäh­ren­de Aus­teri­täts­po­li­tik plus Wett­be­werbs­fä­hig­keit ste­hen über Wohl­stand, des­sen Ver­tei­lung, nied­ri­ge Arbeits­lo­sig­keit oder öko­lo­gi­sche Nach­hal­tig­keit. Die spa­ni­sche Regie­rung bemüht sich trotz­dem dies­be­züg­lich Mus­ter­schü­le­rin zu blei­ben: Statt Pro­gram­me gegen die gras­sie­ren­de Arbeits­lo­sig­keit, Armut oder für leist­ba­re Woh­nun­gen (seit 2008 wur­den bereits etwa 1 % der Haus­hal­te delo­giert; selbst Erwach­se­ne müs­sen viel­fach bei ihren Eltern woh­nen) wur­de ver­gan­ge­nen Frei­tag das bereits zwei­te Spar­pa­ket in nur 100 Tagen prä­sen­tiert. Die Kon­so­li­die­rung der Zen­tral­re­gie­rung soll 27,3 Mrd Euro (über 2,5 % des BIP) betra­gen. Hin­zu kommt eine Ver­ein­ba­rung mit Län­der und Gemein­den, wonach die­se ihr Defi­zit 2012 um 1,7 % des BIP sen­ken müs­sen (wobei ein unbe­stimm­ter Teil davon bereits in den 2,5 % aus dem Zen­tral­re­gie­rungs­pa­ket ent­hal­ten sein dürfte).

Scheitern vorprogrammiert

Die­ser Plan wird aller­dings nicht genü­gen um das Defi­zit tat­säch­lich aus­rei­chend zu sen­ken, da die nega­ti­ven Rück­kop­pe­lungs­ef­fek­te auf Wachs­tum und Beschäf­ti­gung nicht ein­ge­rech­net zu sein schei­nen. Die Kür­zun­gen in den Minis­te­ri­en von durch­schnitt­lich 17 % wer­den jedoch sehr deut­li­che Aus­wir­kun­gen haben – vor allem da bei Inves­ti­tio­nen oder akti­ver Arbeits­markt­po­li­tik über­pro­por­tio­nal gespart wird. Damit wird die Jugend­ar­beits­lo­sig­keit wohl noch län­ger über 50 % blei­ben und die sozia­le Kri­se verschärfen.

Inter­es­sant ist die Reak­ti­on auf euro­päi­scher Ebe­ne: das deut­sche EZB-Direk­to­ri­ums­mit­glied for­der­te gemäß ElPaís, dass das Kon­so­li­die­rungs­pa­ket per Not­stands­ge­setz­ge­bung beschlos­sen wer­den soll­te um eine schnellst­mög­li­che Umset­zung sicher­zu­stel­len. Was das alles mit glaub­wür­di­ger Bud­get­po­li­tik oder einer Über­win­dung der Kri­se in der Euro­zo­ne zu tun hat, so wie auf euro­päi­scher Ebe­ne mehr­fach fan­ta­siert wur­de, bleibt ein offe­nes Rät­sel. Es wür­de im Gegen­teil nicht über­ra­schen, wenn damit die wirt­schaft­li­che Situa­ti­on in der Euro­zo­ne neu­er­lich belas­tet wür­de – mit all den nega­ti­ven Kon­se­quen­zen für alle Mit­glied­staa­ten. Trotz­dem ist nicht aus­zu­schlie­ßen, dass der Kurs in der Euro­zo­ne wie in Spa­ni­en selbst unver­än­dert bleibt und auch in den nächs­ten 100 Tagen Amts­zeit der neu­en spa­ni­schen Regie­rung ein wei­te­res Spar­pa­ket ver­ab­schie­det wird um die euro­päi­schen Vor­ga­ben ein­zu­hal­ten. Schließ­lich geht es ja um die Glaub­wür­dig­keit der euro­päi­schen Austeritätspolitik …

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80 Jahre ›Schwarzer Donnerstag‹ – John Kenneth Galbraith neu gelesen

Oktober. 19th 2009 — 18:19

Am Don­ners­tag, den 24. Okto­ber 1929 „wech­sel­ten 12.894.650 Antei­le den Besit­zer, die meis­ten zu einem Preis, der die Träu­me und Hoff­nung der bis­he­ri­gen Inha­ber rest­los Zer­stör­te“ (S. 136). Das schreibt John Ken­neth Gal­braith in sei­nem Buch Der Gro­ße Crash 1929. Ursa­chen, Ver­lauf, Fol­gen.* An die­sem Tag – und nicht am ›Schwar­zen Frei­tag‹ – gin­gen die Bör­sen­kur­se in New York am stärks­ten wäh­rend des Bör­sen­crashs 1929 zurück. Am kom­men­den Sams­tag jährt sich die­ser Tag zum acht­zigs­ten Mal. Ange­sichts der aktu­el­len Wirt­schafts­kri­se ist es loh­nend, den Klas­si­ker von Gal­braith neu zu lesen.


Gal­braith beschreibt in sei­nem Buch zunächst den Ver­lauf der Ent­wick­lun­gen, die spä­ter zum Gro­ßen Crash füh­ren soll­ten. Zwar ging es den Bau­ern bereits nach der Depres­si­on der Jah­re 1920 und 1921 auf Grund der gesun­ke­nen Agrar­prei­se schlecht, ins­ge­samt waren die 1920er-Jah­re aber eine gute Zeit für die USA. Die Pro­duk­ti­vi­tät erhöh­te sich, die Beschäf­ti­gung war auf einem hohen Niveau, und Armut konn­te zwar nicht gänz­lich über­wun­den, aber ein gutes Stück zurück­ge­drängt wer­den (vgl. S. 34). Rück­bli­ckend stellt sich die Fra­ge, ob die Zei­ten nicht nur gut, son­dern zu gut waren… Jeden­falls stie­gen in der Fol­ge die zu Beginn der 1920er-Jah­re nied­ri­gen Akti­en­kur­se. Trotz eini­ger Rück­schlä­ge war die Rich­tung der Kur­se ein­deu­tig: Sie stie­gen. „Bis Anfang 1928 muss­ten selbst äußerst kon­ser­va­tiv ein­ge­stell­te Leu­te glau­ben, dass die Akti­en­kur­se sich sowohl den wach­sen­den Unter­neh­mens­ge­win­nen als auch den Aus­sich­ten auf wei­te­re künf­ti­ge Stei­ge­run­gen anpas­sen wür­den. Auch die Pha­se des Frie­dens und die ruhi­gen Zei­ten konn­te man guten Gewis­sens ein­kal­ku­lie­ren, eben­so die Sicher­heit, dass die Regie­rung in Washing­ton die Erträ­ge nicht stär­ker als im not­wen­di­gen Maß besteu­ern wür­de. Anfang 1928 begann dann die Pha­se der Über­trei­bung: eine Mas­sen­flucht in die Schein­welt […] nahm ernst­haf­te For­men an“ (S. 44). 1928 schließ­lich wur­de Her­bert Hoo­ver als neu­er US-Prä­si­dent gewählt. Er hat­te zwar zuvor als Han­dels­mi­nis­ter und Prä­si­dent Coo­lidge ver­sucht, den Markt unter Kon­trol­le zu bekom­men, aller­dings war sei­ne kri­ti­sche Hal­tung zur Ent­wick­lung an der Bör­se wenig bekannt. Nach Hoo­vers Wahl gab es einen regel­rech­ten Boom, am Tag nach der Wahl stie­gen die Papie­re um 5 bis 15 Pro­zent. Außer Hoo­vers Wahl war nichts pas­siert, was als Ursa­che für die­sen Anstieg genannt wer­den könn­te (S. 50).

Mit leich­ten Schwan­kun­gen ging es so wei­ter, wobei vor allem Ter­min­ge­schäf­te stark aus­ge­wei­tet wur­den. Gal­braith beschreibt, wie zuneh­mend Spe­ku­la­tio­nen ohne Eigen­tum ein­setz­ten. Am Eigen­tum als sol­ches waren Spe­ku­lan­ten nicht inter­es­siert – son­dern ledig­lich am Wert­zu­wachs. Daher wur­den ein Mecha­nis­mus ent­wi­ckelt, der das Spe­ku­lie­ren von den „Las­ten des Eigen­tums befreit“ und über Kre­di­te funk­tio­niert (S. 51ff, Zitat S. 53). Damit war der Spe­ku­la­ti­on Tür und Tor geöff­net, und der Glau­be, dass jeder gewin­nen kön­ne (und wür­de) tat sein übriges.

In der Fol­ge gab es kein Hal­ten mehr. War­nen­de Stim­men gab es weni­ge, und die, die es gab, wur­den igno­riert oder denun­ziert als Men­schen, die die gute Stim­mung kaputt­re­den wol­len. Ein bis heu­te berühm­ter Beschwich­ti­ger der dama­li­gen Zeit war Prof. Irving Fisher (bspw. S. 107). Auch ande­re Wis­sen­schaft­ler und zahl­rei­che Medi­en gehör­ten zu den unkri­ti­schen Beglei­tern – und oft genug betei­lig­ten Spe­ku­lan­ten – im Jah­re 1929. Zwei­fel waren weder erlaubt noch erwünscht, und wei­te­re Instru­men­te zur Aus­wei­tung der Spe­ku­la­tio­nen wur­den ein­ge­setzt, ins­be­son­de­re die Hebel­kraft (Leverage) spiel­te eine immer grö­ße­re Rol­le (S. 93ff.), wie übri­gens auch in der aktu­el­len Kri­se. Es wur­den Trusts mit wohl­klin­gen­den Namen wie Shen­an­do­ah gegrün­det, die direkt über­zeich­net waren und im Wert oft kräf­tig anstie­gen – um nach dem Crash kaum noch etwas Wert zu sein.


Der Crash

Selbst als die Akti­en­kur­se ein­bra­chen gin­gen vie­le von einem tem­po­rä­ren Knick aus. Ende Okto­ber 1929 gab es dann jedoch kein Hal­ten mehr. Dazu Gal­braith: „Was den Anstoß gab, wis­sen wir nicht. Wahr­schein­lich ist es auch gar nicht wich­tig, dass wir es wis­sen“ (S. 129). Bei den ers­ten Ein­brü­chen mach­te die Hoff­nung einer „orga­ni­sier­ten Unter­stüt­zung“ die Run­de, die Lage spitz­te sich den­noch mehr und mehr zu. Und am 24. Okto­ber gab es dann schlicht kei­ne Käu­fer mehr für die Antei­le, deren Wer­te daher ins Boden­lo­se stürz­ten (S. 136f.). Zwar ver­such­ten gro­ße Ban­ken mit einer orga­ni­sier­ten Stüt­zung des Mark­tes ein­zu­grei­fen (S. 138ff.), was die Prei­se auch kurz­fris­tig wie­der zum Stei­gen brach­te. Tat­säch­lich glaub­ten vie­le nach dem Schwar­zen Don­ners­tag, dass man das Schlimms­te über­stan­den habe. Aller­ding folg­te am Diens­tag, dem 29. Okto­ber „der ver­hee­rends­te Tag in der Geschich­te der New Yor­ker Bör­se“ (S. 150, das Buch von Gal­braith erschien 1954!).

Gal­braith beschreibt in sei­nem Buch detail­liert die Tage Ende Okto­ber, die in die Geschich­te als Gro­ßer Crash ein­gin­gen. Er räumt dabei auch mit eini­gen Legen­den auf (etwa, dass es zahl­rei­che Selbst­mor­de in New York gege­ben habe, S. 168f.). Er beschreibt die Hilf­lo­sig­keit der Akteu­re und die Auf­de­ckung von Unter­schla­gun­gen sowie die Plei­te zahl­rei­cher Unter­neh­men. Gal­braith beschreibt fer­ner die schwie­ri­ge Auf­ar­bei­tung der Kri­se. Vor allem aber: Er ana­ly­siert ihre Ursachen. 


Die Ursa­chen

John Ken­neth Gal­braith benennt fünf Punk­te als Ursa­chen für den Gro­ßen Crash und die fol­gen­de Welt­wirt­schafts­kri­se (S. 216ff.):

  1. Die schlech­te Ein­kom­mens­ver­tei­lung: Die Ein­kom­men waren 1929 beson­ders ungleich ver­teilt. Genaue Zah­len lägen für die­se Zeit nicht vor, aller­dings sei davon aus­zu­ge­hen, dass 5 Pro­zent der Bevöl­ke­rung mehr als 30 Pro­zent des Ein­kom­mens erziel­ten. „Auf­grund die­ser höchst unglei­chen Ein­kom­mens­ver­tei­lung war die Wirt­schaft von mög­lichst hohen Inves­ti­tio­nen oder von einem mög­lichst hohen Ver­brauch an Luxus­gü­tern oder von bei­den Fak­to­ren gleich­zei­tig abhän­gig. Die Rei­chen konn­ten nicht Unmen­gen von Brot kau­fen, um ihr Geld umzu­set­zen.“ Die Aus­ga­ben der Rei­chen waren jedoch für die schlech­ten Nach­rich­ten von der Bör­se beson­ders emp­fäng­lich. Mit Blick auf die aktu­el­le Kri­se hat Engel­bert Stock­ham­mer bereits im April die Fra­ge gestellt: Was hat die Finanz­kri­se mit der Ein­kom­mens­ver­tei­lung zu tun?

  2. Die pre­kä­re Struk­tur der Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten. Gal­braith nennt eine „außer­ge­wöhn­li­che Anzahl von aus­ge­buff­ten Geschäf­te­ma­chern, Blen­dern und Schwind­lern“ in den Direk­ti­ons­bü­ros der Unter­neh­men. Zen­tra­ler Schwach­punkt – auch das erin­nert an heu­te – waren die unüber­schau­ba­ren neu­en Struk­tu­ren bei den Hol­dings und Trusts. Die Ver­schach­te­lun­gen waren so stark, dass ein Aus­fall an einer Stel­le oft gra­vie­ren­de Fol­gen hatte.

  3. Die Labi­li­tät des Ban­ken­we­sens. Hier­bei geht es Gal­braith vor allem um die Ket­ten­re­ak­ti­on aus der Plei­te einer Bank und dem Abzug der Ein­la­gen bei ande­ren Ban­ken (Ban­ken­run). Hier­auf wur­de nach der Kri­se mit der Ein­rich­tung von Ein­la­ge­si­che­rungs­sy­te­men reagiert. Aktu­ell muss das nie­der­län­di­sche Sys­tem nach der Plei­te der DSB-Bank nach einem Ban­ken­run ein­grei­fen.

  4. Der deso­la­te Zustand der Außen­han­dels­bi­lanz. Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten waren nach dem ers­ten Welt­krieg der größ­te Gläu­bi­ger der Welt. Zudem bestand zunächst noch ein Han­dels­über­schuss, der die­se Posi­ti­on wei­ter stärk­te. Zwar war der Sal­do zwi­schen Expor­ten und Impor­ten nicht son­der­lich groß, den­noch muss­te er abge­deckt wer­den. „Das Aus­land konn­te die Pas­siv­sal­den gegen­über den Ver­ei­nig­ten Staa­ten nicht mehr oder nicht mehr lan­ge mit erhöh­ten Gold­über­wei­sun­gen bezah­len. Das hieß, es muss­te ent­we­der sei­ne Impor­te aus den USA zurück­fah­ren oder alter­na­tiv mit sei­nen Dar­le­hens­ver­bind­lich­kei­ten in Ver­zug gera­ten.“ Auch die unaus­ge­gli­che­ne Leis­tungs­bi­lanz, aller­dings unter umge­kehr­ten Vor­zei­chen, ist in der aktu­el­len Kri­se ein The­ma. So set­zen u.a. Öster­reich, vor allem aber Deutsch­land auf eine rei­ne Export­stra­te­gie (sin­ken­de Real­löh­ne, sin­ken­de Bin­nen­nach­fra­ge aber gute Wett­be­werbs­fä­hig­keit auf den Weltmärkten).

  5. Der schlech­te Zustand der Wirt­schafts­po­li­tik und der Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten. Gal­braith nennt die Ideo­lo­gie des aus­ge­gli­chen Haus­halts (=Kon­trak­ti­on der Nach­fra­ge) und die Angst vor Infla­ti­on (=stei­gen­de Zin­sen und Ver­teue­rung von Geld), die eine ver­nünf­ti­ge Geld­po­li­tik ver­hin­der­te, obwohl das Land vor einer Defla­ti­on stand. Auch die­se Debat­ten ken­nen wir von heu­te. Gal­braith schrieb sei­ner­zeit (S. 225): „Sowohl die akti­ve Fis­kal­po­li­tik – Besteue­rung und Staats­aus­ga­ben – als auch eine ver­nünf­ti­ge Geld­po­li­tik zu unter­las­sen war das Glei­che, wie jeg­li­che kon­struk­ti­ve Wirt­schafts­po­li­tik abzu­leh­nen. Die Wirt­schafts­ex­per­ten jener Tage besa­ßen genü­gend Ein­mü­tig­keit und Auto­ri­tät, um die Füh­rer bei­der Par­tei­en zu ver­an­las­sen, alles, was Defla­ti­on und Depres­si­on hät­te bekämp­fen kön­nen, zu ver­mei­den […], ein Tri­umph der Schul­weis­heit über die Pra­xis. Die Fol­gen waren verheerend.“

 

Gal­braith 2009

Natür­lich waren Ursa­chen, Ver­lauf und Fol­gen 1929 ande­re als 2009, auch wenn heu­te noch nicht klar ist, wie die aktu­el­le Kri­se wei­ter­geht. Erschre­ckend sind eini­ge Par­al­le­len aber schon, die Dog­ma­tik der Öko­no­mie, die Ein­kom­mens­ver­tei­lung usw. Es lohnt sicher daher unbe­dingt, sich eine der bekann­tes­ten Inter­pre­ta­ti­on der Welt­wirt­schafts­kri­se zu Gemü­te zu füh­ren – und John Ken­neth Gal­braith neu zu lesen.

 

* Alle Sei­ten­an­ga­ben bezie­hen sich auf den unver­än­der­ten Nach­druck der 4. Auf­la­ge aus dem Jahr 2009. Das Buch erschien erst­mals 1954.

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