Hochschulpolitik – BEIGEWUM

Stichwort: Hochschulpolitik


Der Zweifel an Fakten und die Krise der Volkswirtschaftslehre

Februar. 22nd 2017 — 13:59

Die­ser Bei­trag zu dem von Till van Tre­eck und Jani­na Urban her­aus­ge­ge­be­nen Buch „Wirt­schaft neu den­ken – Blin­de Fle­cken der Lehr­buchöko­no­mie“ wur­de zuerst auf dem Blog Arbeit & Wirt­schaft veröffentlicht. 

Ob Lohn­hö­he, Stel­lung von Gewerk­schaf­ten, Frei­han­dels­ab­kom­men oder die Inte­gra­ti­on von Geflüch­te­ten – Öko­nom­In­nen haben auf all die­se Fra­gen Ant­wor­ten, wie sich Poli­tik und Gesell­schaft dazu opti­ma­ler­wei­se ver­hal­ten könn­ten. Das Ver­trau­en in die Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten ist aller­dings spä­tes­tens mit der Finanz- und Wirt­schafts­kri­se ab 2008 gründ­lich erschüt­tert wor­den. Denn der Groß­teil der Öko­nom­In­nen hat­te nicht etwa die tiefs­te Kri­se seit der Gro­ßen Depres­si­on von 1929 vor­aus­ge­sagt, son­dern Jah­re der Sta­bi­li­tät und des Wachs­tums. Die „Kri­se der Volks­wirt­schafts­leh­re (VWL)“ ist damit zum Poli­ti­kum gewor­den und fällt aktu­ell mit der Ero­si­on des Ver­trau­ens in „all­ge­mein aner­kann­te Wahr­hei­ten“, aber auch fak­ten­ba­sier­te Ana­ly­sen zusam­men. wei­ter­le­sen »

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Studiengebühren

Dezember. 13th 2010 — 23:14

Feh­ler machen bekannt­lich bes­ten­falls dann einen Sinn, wenn man dar­aus lernt. Die SPÖ scheint den Feh­ler, die Stu­di­en­ge­büh­ren unter Gusen­bau­er zunächst wei­ter tole­riert zu haben, dem­nach völ­lig umsonst gemacht zu haben. Jeden­falls platzt die Aus­sa­ge, dass diver­se füh­ren­de SPÖ-Poli­ti­ker Stu­di­en­ge­büh­ren nicht (mehr) ableh­nen (sie­he etwa bei Der Stan­dard) mit­ten in die von Wis­sen­schafts­mi­nis­te­rin Karl (ÖVP) los­ge­tre­te­ne Debat­te um Zulas­sungs­be­schrän­kun­gen und Stu­di­en­ge­büh­ren. Häu­pl und Kräu­ter berei­ten damit einer unsäg­li­chen Debat­te über die Fra­ge der Ein­schrän­kung des Hoch­schul­zu­gangs den Weg; einer Debat­te, in der die SPÖ nur ver­lie­ren kann, da sie gegen die eige­ne Pro­gram­ma­tik gerich­tet ist.

Die zentralen Argumente

Die Argu­men­te gegen Stu­di­en­ge­büh­ren sind hin­läng­lich bekannt. In aller Kür­ze für die nun ein­set­zen­de Debat­te noch mal:

  1. Es gibt kei­ne sozi­al gerech­ten Stu­di­en­ge­büh­ren. Stu­di­en­ge­büh­ren ver­teu­ern das Stu­di­um, was zwangs­läu­fig dazu führt, dass die Zah­lungs­schwächs­ten auf der Stre­cke blei­ben. Es ist zudem bekannt, dass sich Kin­der aus soge­nann­ten „bil­dungs­fer­nen“ Eltern­häu­sern schwe­rer tun mit einer Ver­schul­dung zur Finan­zie­rung von Gebüh­ren. Daher lässt sich das Pro­blem der sozia­len Selek­ti­vi­tät auch nicht durch die Ver­schie­bung des Zeit­punkts der Fäl­lig­keit der Gebüh­ren lösen. Hier sei auf das Bei­spiel Aus­tra­li­en ver­wie­sen.
  2. Die­ses Pro­blem lässt sich auch nicht dadurch lösen, dass die Zah­lung der Gebüh­ren an das Ein­kom­men der Eltern gekop­pelt wird. Hier ver­schiebt sich ledig­lich das Pro­blem: Stu­die­ren­de wer­den dann in ers­ter Linie als die Kin­der ihrer Eltern und nicht als erwach­se­ne Men­schen begrif­fen. Wenn die Eltern jedoch der Mei­nung sind, dass Phi­lo­so­phie ein über­flüs­si­ges Stu­di­um ist und/​oder dass bspw. Frau­en eigent­lich eh eine ande­re „Bestim­mung“ hät­ten, dann hilft der Ver­weis auf die Eltern nicht weiter.
  3. Stu­di­en­ge­büh­ren ver­än­dern den Bil­dungs­be­griff. Bis­her ist ein erheb­li­cher Teil der Stu­die­ren­den zumin­dest auch intrinsisch moti­viert. Es geht um Erkennt­nis­ge­winn, das Aneig­nen von Wis­sen, das Ent­wi­ckeln einer Per­sön­lich­keit usw. Klar ist: Auch heu­te spie­len die Berufs­aus­sich­ten eine Rol­le. Mit Stu­di­en­ge­büh­ren wird das Stu­di­um jedoch zu einer ›Inves­ti­ti­on in das eige­ne Human­ka­pi­tal‹ mit ent­spre­chen­den Ein­kom­mens­er­war­tun­gen als ›Return on Invest­ment‹. Das ver­än­dert mas­siv den Bil­dungs­be­griff und wirkt sich auch auf die Fächer­wahl aus. Die­se erfolgt dann eben nicht (über­wie­gend) nach Nei­gun­gen und Fähig­kei­ten, son­dern nach ver­meint­li­chen Arbeits­markt­per­spek­ti­ven. Auf einen wei­ter­füh­ren­den Bei­trag zum The­ma Human­ka­pi­tal von Ulf Ban­sche­rus sei ver­wie­sen.
  4. Ent­ge­gen aller Behaup­tun­gen haben die Stu­die­ren­den durch Stu­di­en­ge­büh­ren nicht mehr Ein­fluss auf die Leh­re. Zwar ändert sich die Erwar­tungs­hal­tung der Stu­die­ren­den, als ato­mi­sier­tes Indi­vi­du­um ist die Aus­übung von Druck jedoch kaum mög­lich. Zudem ist ein Stu­di­en­ort­wech­sel mit erheb­li­chen Hür­den ver­se­hen (Woh­nung, Freun­des­kreis, Job…) und daher nicht mög­lich, nur weil einem die Vor­le­sung X nicht passt.

Gerechtigkeitsbegriff…

Die Argu­men­ta­ti­on der SPÖ ist an Stel­le beson­ders ver­quer: Es wird sug­ge­riert, der Ver­zicht auf Stu­di­en­ge­büh­ren sei unge­recht, da auch Kin­der rei­cher Eltern die­se Stu­di­en­ge­büh­ren nicht zah­len. Wie ver­quer die­se Logik ist hat Son­ja Staack wun­der­bar dar­ge­legt, auf die­sen Text sei daher ver­wie­sen. In aller Kür­ze stellt sich jedoch die Fra­ge, wer denn unter Stu­di­en­ge­büh­ren lei­den wür­de? Sicher ist: Wer ver­mö­gen­de Eltern hat und sich mit den Eltern nicht zer­strit­ten hat (etwa über die Fra­ge des Stu­di­en­fa­ches), der hat mit Stu­di­en­ge­büh­ren kei­ner­lei Pro­ble­me. Wer aller­dings unsi­cher ist, kei­ne aka­de­mi­schen „Vor­bil­der“ in der Fami­lie hat, finan­zi­ell nicht begü­tert ist, der wird dann ver­mut­lich auf ein Stu­di­um ver­zich­ten. Unter­su­chun­gen des Hoch­schul-Infor­ma­ti­on-Sys­tems (HIS) für Deutsch­land sagen: Allei­ne 500 Euro Stu­di­en­ge­büh­ren im Semes­ter in eini­gen Bun­des­län­dern haben bis zu 18.000 jun­ge Men­schen vom Stu­di­um abgehalten.

Die Debat­te über die sozia­le Unge­rech­tig­keit öffent­li­cher Leis­tun­gen ist eine Schein­de­bat­te. Wenn die SPÖ Gerech­tig­keit ein­for­dert, dann soll sie end­lich das Steu­er­sys­tem refor­mie­ren und dafür sor­gen, dass ins­be­son­de­re Ver­mö­gen­de ange­mes­sen zur Finan­zie­rung öffent­li­cher Auf­ga­ben bei­tra­gen. Anstatt ÖVP-Debat­ten zu füh­ren wäre hier eine Mög­lich­keit sinn­voll über die Fra­ge der Ver­tei­lung von Armut, Reich­tum und Chan­cen zu dis­ku­tie­ren – und nicht bei Studiengebühren.

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Was für eine Überraschung

Juli. 10th 2010 — 11:25

Aus einer Stu­die des Jah­res 2005:

Wobei hier eines deut­lich wird – und das zeigt die ela­bo­rier­te Stu­die sehr gut, weil sie die Ergeb­nis­se auch auf die Fakul­täts­ebe­ne her­un­ter­bricht: Der schlech­te Wert der Uni Wien resul­tiert „fast aus­schließ­lich“ aus der hohen Drop-out-Rate in den extrem über­lau­fe­nen Mas­sen­fä­chern in der (für den Ver­gleich an allen Unis kon­stru­ier­ten) geis­tes- und sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen Fakul­tät (GeSo­Wi). (.pdf)

Big sur­pri­se. Wobei ich die Ver­diens­te die­ser Stu­die nicht in Abre­de stel­len will; im Gegen­teil. Nur ist es halt trau­rig, dass der empi­ri­sche Beleg des Offen­sicht­li­chen von poli­tisch-minis­te­ri­el­ler Sei­te fünf Jah­re lang unter Ver­schluss gehal­ten wer­den kann und darf. Damit wird eine Grund­re­gel des demo­kra­ti­schen Wil­lens­bil­dungs­pro­zes­ses gebro­chen. Mir egal, ob man das nun als Jose­phi­nis­mus oder büro­kra­ti­sche Will­kür bezeich­net; es ist ein­fach­ei­ne Sauerei.

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„Bologna“ – und weiter?

Februar. 8th 2010 — 21:00

von Kle­mens Him­pe­le und Oli­ver Praus­mül­ler. Ist im Debat­ten­fo­rum der Zeit­schrift Kurs­wech­sel erschie­nen: Aus­ga­be 1/​2010, S. 113–117.


Als der heu­te hef­tig dis­ku­tier­te „Bolo­gna-Pro­zess“ Ende der 1990er-Jah­re ent­stand, konn­te in Euro­pa bereits auf zwei Jahr­zehn­te Refor­mo­lo­gie für die „stand­ort­ge­rech­te Dienst­leis­tungs­hoch­schu­le“ zurück­ge­blickt wer­den. Die hoch­schul­po­li­ti­sche Debat­te war in vie­len Län­dern – wenn auch in unter­schied­li­chen Tem­pi – in eine ähn­li­che Rich­tung ver­lau­fen: Eine stär­ker „markt­ori­en­tier­te Umge­bung“ und klam­me öffent­li­chen Finan­zen wür­den mehr Wett­be­werbs­ori­en­tie­rung an den Hoch­schu­len erfor­dern; dafür sei mit­hin ein „gestärk­ter Füh­rungs­kern“ not­wen­dig, der mit genü­gend „Auto­ri­tät“ für die Imple­men­tie­rung des „New Public Manage­ment“ aus­ge­stat­tet ist; es brau­che eine „Diver­si­fi­zie­rung“ der Finan­zie­rungs­ba­sis; die Hoch­schu­len müss­ten mehr „ver­markt­ba­re Dienst­leis­tun­gen“ lie­fern etc. (vgl. Bult­mann 1996; Öster­rei­chi­sche HochschülerInnenschaft/​Paulo Frei­re Zen­trum 2005; Zeu­ner 2007; EURYDICE 2000; Maassen/​Olsen 2007). Der sei­ner­zeit vor­nehm­lich natio­nal­staat­li­che Bezugs­rah­men der Hoch­schul­po­li­tik soll nicht über die euro­päi­schen Dimen­sio­nen der Neo­li­be­ra­li­sie­rungs-Dyna­mi­ken hin­weg­täu­schen, in die der Auf­stieg der „stand­ort­ge­rech­ten Dienst­leis­tungs­hoch­schu­le“ in einem erwei­ter­ten Sin­ne ein­ge­bet­tet ist (vgl. Bie­ling 2004). Nur basiert die­ser zu gewich­ti­gen Tei­len auf Poli­ti­ken, die ohne Bezü­ge auf einen euro­päi­schen Hoch­schul­raum Wirk­mäch­tig­keit ent­fal­tet haben.

Ange­sichts der im Zuge der Stu­die­ren­den­pro­tes­te auf­ge­flamm­ten Debat­ten stellt sich nun die Fra­ge, wie die for­ma­li­sier­te, wenn auch recht­lich nicht bin­den­de Euro­päi­sie­rung des Hoch­schul­raums den unter­neh­me­ri­schen Umbau der Hoch­schu­len (wei­ter) beein­flusst hat. Klar ist einer­seits, dass „Bolo­gna“ Struk­tu­ren schafft, die einen euro­päi­schen Bil­dungs­markt erst ermög­li­chen. Zudem kön­nen unge­lieb­te Refor­men durch­ge­setzt wer­den, indem natio­nal­staat­lich auf  den ver­meint­li­chen Sach­zwang „Bolo­gna“ ver­wie­sen wird. Damit kann der Pro­zess von den Akteu­ren durch­aus impli­zit als Instru­ment zur Umstruk­tu­rie­rung des Hoch­schul­sys­tems ange­legt wor­den sein (vgl. Mar­tens et al. 2006). Ande­rer­seits ist auch immer wie­der auf die Poten­zia­le des Bolo­gna-Pro­zes­ses zu ver­wei­sen, etwa im Bereich der sozia­len Öff­nung. Es stellt sich mit­hin heu­te die Fra­ge, ob „Bolo­gna“ „an sich“ ein Teil des Pro­blems ist, oder ob die gesell­schaft­li­chen Kräf­te­ver­hält­nis­se, die eine bestimm­te Ten­denz des Bolo­gna-Pro­zes­ses in den Vor­der­grund rücken las­sen, das Pro­blem sind.

Andre­as Kel­ler (2003) kommt zu der Ein­schät­zung, dass der Bolo­gna-Pro­zess eine neo­li­be­ra­le Umstruk­tu­rie­rung des euro­päi­schen Hoch­schul­we­sens begüns­ti­gen kann, eben­so wie er in der Lage ist, eman­zi­pa­to­ri­sche hoch­schul­po­li­ti­sche Ent­wick­lun­gen in Gang zu set­zen. Kel­ler macht damit deut­lich, dass der Bolo­gna-Pro­zess von Beginn an umkämpft war. Dies lässt sich auch dar­an able­sen, dass in den Bolo­gna-Doku­men­ten einer­seits posi­tiv auf die Lis­sa­bon-Stra­te­gie Bezug genom­men wird. Die­se steht unter dem Ziel, die EU bis 2010 zum „wett­be­werbs­fä­higs­ten und dyna­mischs­ten wis­sens­ba­sier­ten Wirt­schafts­raum der Welt“ zu machen. Ent­lang die­ser Logik braucht es inbe­son­de­re eine Opti­mie­rung der Human­ka­pi­tal­pro­duk­ti­on: „Die Stu­die­ren­den soll­ten für den Arbeits­markt mög­lichst effi­zi­ent und kos­ten­güns­tig ‚beschäf­ti­gungs­fä­hig‘ gemacht wer­den“ (Hirsch 2008, S. 23). Die­ser Ver­en­gung des Bil­dungs­be­griffs ent­spricht die Über­la­ge­rung der Stu­di­en­re­form­de­bat­ten durch Stu­di­en­zeit­ver­kür­zun­gen, einer Eng­füh­rung der Pra­xis­ori­en­tie­rung – und gip­felt im Unwort der „Employa­bi­li­ty“. Auf der ande­ren Sei­te beto­nen die Doku­men­te der Bolo­gna-Fol­ge­kon­fe­ren­zen die Bedeu­tung der sozia­len Dimen­si­on und die öffent­li­che Ver­ant­wor­tung für das Bil­dungs­sys­tem. Fer­ner sind die Erhö­hung der Mobi­li­tät, das Durch­bre­chen der Ver­säu­lung zwi­schen aka­de­mi­scher und dua­ler Aus­bil­dung und die Öff­nung der Hoch­schu­len für Men­schen ohne tra­di­tio­nel­le Hoch­schul­zu­gangs­be­rech­ti­gung als posi­ti­ve Zie­le zu benen­nen (vgl. Ban­sche­rus et al. 2009). Die­se sind in der prak­ti­schen Aus­ge­stal­tung jedoch kaum zum Zug gekom­men. Ob sich das durch die euro­pa­wei­ten Pro­tes­te ändert, ist der­zeit offen.

Die Ambi­va­lenz des Bolo­gna-Pro­zes­ses lässt sich auch in der Aus­ein­an­der­set­zung pro­gres­si­ver Kräf­te erken­nen. Tors­ten Bult­mann (2007) iden­ti­fi­ziert hier zwei zen­tra­le Posi­tio­nie­run­gen: Ers­tens die­ne der Pro­zess der Kom­mo­di­fi­zie­rung wis­sen­schaft­li­cher Bil­dung und stel­le somit „ledig­lich eine Eins-zu-Eins Umset­zung neo­li­be­ra­ler Kon­zep­te dar“ (S. 148). Maß­ge­bend sei dabei ein Qua­li­fi­ka­ti­ons­be­griff, dem­zu­fol­ge das „Ein­trai­nie­ren eines instru­men­tell abruf­ba­ren arbeits­markt­re­le­van­ten ‚Wis­sens‘ Vor­rang hat vor der Aneig­nung einer selbst­stän­di­gen wis­sen­schaft­li­chen Urteils­fä­hig­keit“ (ebd.). In die­se Rich­tung wei­sen etwa die Kri­ti­ken an der zen­tra­len Stel­lung von Employa­bi­li­ty-Kon­zep­ten in dem Reform­pro­zess. Zwei­tens sei die­ser vor allem mit ver­kapp­ter Spar­po­li­tik asso­zi­iert, die in Ver­bin­dung mit einem „kon­ser­va­ti­ven Roll-back der Mas­sen­uni­ver­si­tät“ (ebd.) steht. Die Eta­blie­rung des sechs­se­mest­ri­gen Bache­lors sei ent­lang die­ser Posi­ti­on gleich­sam weg­be­rei­tend dafür, den Zugang zum bis­he­ri­gen „Regel­ab­schluss“ selek­ti­ver zu gestal­ten bzw. stär­ker zu kon­di­tio­na­li­sie­ren. Bult­mann weist zwar dar­auf hin, dass für die­se Schluss­fol­ge­run­gen zwei­fels­frei Anhalts­punk­te bestehen. Eben­so las­sen sich gut orga­ni­sier­te Inter­es­sen iden­ti­fi­zie­ren, denen die­se Moti­ve zuge­ord­net wer­den kön­nen. Sein Ein­wand läuft jedoch grund­sätz­lich dar­auf hin­aus, dass sich die Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Bolo­gna-Pro­zess nicht in einem „bloß ent­lar­ven­den Hin­weis“ auf die neo­li­be­ra­len Moti­ve zen­tra­ler Akteu­re des Pro­zes­ses erschöp­fen kann. Damit blie­be gera­de auch eine Poli­ti­sie­rung der Wider­sprü­che und Span­nungs­fel­der, die im Bolo­gna-Pro­zess ange­legt sind, aus.

Ent­lang die­ses Ein­wands müs­sen die Span­nungs­fel­der, die im Bolo­gna-Pro­zess  prä­sent sind, stär­ker kennt­lich gemacht wer­den. Die­sen mehr Auf­merk­sam­keit zu wid­men, könn­te gleich­sam eine Mög­lich­keit dar­stel­len, die durch die Stu­die­ren­den­pro­tes­te geschaf­fe­nen poli­ti­schen Inter­ven­ti­ons­mög­lich­kei­ten auch in die­sem Zusam­men­hang zu nutzen.

  • Wird der Bolo­gna-Pro­zess vor dem Hin­ter­grund der Bestre­bun­gen per­spek­ti­viert, einen glo­ba­len Bil­dungs­markt zu kon­sti­tu­ie­ren (vgl. Hart­mann 2004, Ant­ho­fer 2005), birgt das in den Doku­men­ten ent­hal­ten­de Bekennt­nis zu Hoch­schul­bil­dung als einem „öffent­li­chen Gut“ einen Ansatz­punkt, eine alter­na­ti­ve „Ver­laufs­form“ der Euro­päi­sie­rung ein­zu­for­dern. Was mit die­sem (Lippen?-)Bekenntnis geschieht, gewinnt u.a. ange­sichts der for­cier­ten Stra­te­gie an Bedeu­tung, den Wunsch höhe­rer Bil­dungs­aus­ga­ben über die ver­stärk­te Erschlie­ßung pri­va­ter Finan­zie­rungs­quel­len zu errei­chen. Hier setzt bei­spiels­wei­se die deut­sche Bil­dungs­ge­werk­schaft GEW an, indem sie die Unter­zeich­ner­staa­ten der Bolo­gna-Erklä­rung dazu auf­for­dert, die Rea­li­sie­rung des im Inter­na­tio­na­len Pakts für wirt­schaft­li­che, sozia­le und kul­tu­rel­le Rech­te (UN-Sozi­al­pakt) ver­bürg­ten Rechts auf Bil­dung im gesam­ten euro­päi­schen Hoch­schul­raum zu rea­li­sie­ren. Dies soll auch dadurch erfol­gen, dass „der Hoch­schul­un­ter­richt auf jede geeig­ne­te Wei­se, ins­be­son­de­re durch all­mäh­li­che Ein­füh­rung der Unent­gelt­lich­keit, jeder­mann glei­cher­ma­ßen ent­spre­chend sei­nen Fähig­kei­ten zugäng­lich gemacht wer­den muss“ (Arti­kel 13 Absatz 2 Buch­sta­be c UN Sozi­al­pakt). Die Ver­knüp­fung des Bekennt­nis­ses zu Bil­dung als einem öffent­li­chen Gut mit den For­de­run­gen des UN-Sozi­al­pakts könn­te dem­nach als Ansatz­punkt genutzt wer­den, die Debat­te über den Bil­dungs­be­griff und über die sozia­le Durch­läs­sig­keit von Bil­dungs­sys­te­men neu zu ent­fa­chen. Dazu gehört bei­spiels­wei­se auch ein gebüh­ren­frei­er euro­päi­scher Hochschulraum.
  • In den Bolo­gna-Doku­men­ten wird wie­der­holt die sozia­le Dimen­si­on betont, ohne dass dies bis­her nach­hal­ti­ge Ände­run­gen nach sich gezo­gen hät­te. Die Fra­ge der Auf­nah­me eines Stu­di­ums ist stark mit dem fami­liä­ren Hin­ter­grund kor­re­liert. Noch immer stu­die­ren deut­lich mehr Kin­der aus soge­nann­ten bil­dungs­na­hen Eltern­häu­sern. Die Grün­de hier­für sind viel­schich­tig. So wer­den Kin­der durch die­se Eltern in der Regel stär­ker geför­dert, es sind grö­ße­re Res­sour­cen vor­han­den, das Ver­ständ­nis für eine Bil­dungs­kar­rie­re ist grö­ßer und die Selbst­ver­ständ­lich­keit, bestimm­te Bil­dungs­we­ge bis hin zu einem Stu­di­en­ab­schluss zu beschrei­ten, vor­han­den. Kin­der, deren Eltern selbst nicht stu­diert haben, müs­sen sich oft erst gegen die­se durch­set­zen und haben oft eine unsi­che­re Ein­schät­zung von einem Stu­di­um und scheu­en die Kos­ten eines Stu­di­ums eher. Gera­de hier hät­te die neue Stu­fung der Stu­di­en­gän­ge anset­zen kön­nen, indem der Bache­lor genutzt wird, ein zugäng­li­che­res Stu­di­um auch für Men­schen anzu­bie­ten, die bis­her vor einem lan­gen Magis­ter­stu­di­um zurück­ge­schreckt sind. Die Ent­schei­dung für ein Stu­di­um könn­te erleich­tert wer­den, wenn man bei der Kon­zep­ti­on der Stu­di­en­gän­ge eben die­se bil­dungs­fer­nen Schich­ten mit­denkt und auch bereit ist, den eli­tä­ren Habi­tus der Hoch­schu­len zu durch­bre­chen. Gesche­hen ist das Gegen­teil: Die Stu­di­en­gän­ge wer­den immer wei­ter geschlos­sen. Auch die Fra­ge des Über­gangs zum Mas­ter fällt unter das Stich­wort „Sozia­le Dimen­si­on“: Anstatt zu ver­su­chen, das Dog­ma der Stu­di­en­zeit­ver­kür­zung umzu­set­zen, indem man Zugän­ge zum Mas­ter beschränkt, ist das Stu­di­um auch an die­ser Hür­de zu öff­nen, um allen, die wol­len, einen Zugang zum Mas­ter zu ermöglichen.
  • Der Bolo­gna-Pro­zess muss dazu genutzt wer­den, einen sinn­vol­len Pra­xis­be­griff zu ent­wi­ckeln. Nicht die Eng­füh­rung auf „Employa­bi­li­ty“, son­dern die Fra­ge der gesell­schaft­li­chen Rele­vanz ist hier in den Mit­tel­punkt zu stel­len. Gera­de kri­ti­sche Kräf­te soll­ten die Debat­te um den Pra­xis­be­griff offen­siv füh­ren. Dafür braucht es mit­hin mehr als das Weg­schie­ben der „Pra­xis­fra­ge“ in Rich­tung Fachhochschulen.
  • Die Ver­säu­lung zwi­schen aka­de­mi­scher und hand­werk­li­cher Aus­bil­dung ist auf­zu­bre­chen. Der Bolo­gna-Pro­zess stellt hier durch­aus Instru­men­te bereit, wenn die kon­se­ku­ti­ve Struk­tur zur Öff­nung der Hoch­schu­len etwa für Men­schen mit Berufs­er­fah­rung genutzt wird. Dies erfor­dert jedoch Ver­än­de­run­gen in der Arbeits­welt und an den Hoch­schu­len. So sind kul­tu­rel­le Hür­den zu über­win­den und die Hoch­schu­len tat­säch­lich für beruf­lich Qua­li­fi­zier­te zu öff­nen. Zudem ist der Pra­xis­ori­en­tie­rung der Wis­sen­schaft eine Ver­wis­sen­schaft­li­chung der Pra­xis zur Sei­te zu stel­len (vgl. Ban­sche­rus et al. 2009).

Die Stu­die­ren­den­pro­tes­te waren inso­fern erfolg­reich, als sie bestimm­te The­men auf die poli­ti­sche Tages­ord­nung gesetzt und den öffent­li­chen Dis­kurs ver­scho­ben haben. Bis­her galt das Leit­bild der neo­li­be­ra­len Struk­tur­re­form: Hoch­schu­len soll­ten zu stand­ort­ge­rech­ten Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men umge­baut wer­den, die im Wett­be­werb um die Stu­die­ren­den als zah­len­de Kun­dIn­nen wer­ben und die­sen mit einem Aus­bil­dungs­zer­ti­fi­kat die Beschäf­ti­gungs­fä­hig­keit attes­tie­ren. Bil­dung wird hier wei­ter­füh­rend als Ware ver­stan­den, das Stu­di­um mit einer Inves­ti­ti­on in das eige­ne Human­ka­pi­tal ver­bun­den (und nicht etwa mit dem Ziel eines Erkennt­nis­ge­winns). In die­ser Rich­tung kann auch der Bolo­gna-Pro­zess inter­pre­tiert wer­den: Denn wird „der Bil­dungs- und Wis­sen­schafts­markt, auf dem die Hoch­schu­len in einen Wett­be­werb um Nach­fra­ger tre­ten, euro­pa­weit kon­sti­tu­iert, bedarf es einer euro­pa­wei­ten Kom­pa­ti­bi­li­tät und Über­trag­bar­keit. Zen­tra­les Instru­men­ta­ri­um für die Her­stel­lung der Über­trag­bar­keit von Stu­di­en­leis­tun­gen ist ein ein­heit­li­ches Leis­tungs­punkt­sys­tem – gleich­sam die gemein­sa­me ‚Wäh­rung´ im euro­päi­schen Stu­di­en­raum, die Stu­di­en­leis­tun­gen mess­bar und ver­gleich­bar macht. Die euro­pa­weit ein­heit­li­che Mess­bar­keit von Stu­di­en­leis­tun­gen bzw. den ihnen zugrun­de lie­gen­den Stu­di­en­dienst­leis­tun­gen könn­te in einem wei­te­ren Schritt zur Vor­aus­set­zung für eine inter­na­tio­nal ver­gleich­ba­re Berech­nung von durch die Stu­die­ren­den zu bezah­len­den Gebüh­ren oder für ein euro­pa­weit gel­ten­des Bil­dungs­gut­schein­sys­tem wer­den“ (Kel­ler 2003, S. 44).
Nicht nur im euro­päi­schen, son­dern auch im natio­na­len Kon­text wur­de der Bolo­gna-Pro­zess oft neo­li­be­ral inter­pre­tiert: Markt­kon­for­me Dis­zi­pli­nie­rung der Stu­die­ren­den in einem stark ver­schul­ten „Aus­bil­dungs­be­trieb“, Bil­dung als Inves­ti­ti­on in die „Ich-AG“, Employa­bi­li­ty als Ziel und das Ein­zie­hen einer wei­te­ren selek­ti­ven Hier­ar­chie­ebe­ne beim Über­gang vom Bache­lor zum Mas­ter. Zudem ver­bin­den natio­na­le Akteu­re mit Euro­päi­sie­rung vor allem die Mög­lich­keit des Spiels über Ban­de: Unpo­pu­lä­re Ände­run­gen und eige­nes Ver­sa­gen bei Stu­di­en­re­for­men und der Finan­zie­rung der Hoch­schu­len kön­nen auf „Euro­pa“ gebucht und so der eige­nen Ver­ant­wor­tung ent­le­digt werden.

Die Stu­die­ren­den­pro­tes­te haben den Fokus jedoch auf die Poten­tia­le des Pro­zes­ses gelegt, da sie in ein erheb­li­ches inhalt­li­ches Vaku­um gesto­ßen sind. Im März soll die Voll­endung des euro­päi­schen Hoch­schul­raums gefei­ert wer­den, bis­wei­len steht in den offi­zi­el­len Vor­be­rei­tun­gen eines „Fol­low-up für die nächs­te Deka­de“ Selbst­be­weih­räu­che­rung im Vor­der­grund*. Vie­le Akteu­re sind irri­tiert bis rat­los, was die Chan­cen geziel­ter Inter­ven­tio­nen erhöht. In vie­len Fäl­len kön­nen der­zeit eher Fra­gen for­mu­liert als Ant­wor­ten gege­ben wer­den. Die Debat­te über eine neue Archi­tek­tur des euro­päi­schen Hoch­schul­raums könn­te jedoch umso mehr dazu bei­tra­gen, neue Hand­lungs­spiel­räu­me für kri­ti­sches Stu­die­ren, Leh­ren und For­schen zu erschließen.


* vgl. Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Wis­sen­schaft und For­schung; zur „Gegen-Mobi­li­sie­rung“ sie­he Bol­gnab­urns.


Lite­ra­tur:

  • Ant­ho­fer, Hel­mut (2005): GATS und die Libe­ra­li­sie­rung von Bil­dungs­dienst­leis­tun­gen. Eine Bestands­auf­nah­me, Wien, PDF [2,8 MB].
  • Ban­sche­rus, Ulf /​ Gulbins, Anne­ro­se /​ Him­pe­le, Kle­mens /​ Staack, Son­ja (2009): Der Bolo­gna-Pro­zess zwi­schen Anspruch und Wirk­lich­keit. Die euro­päi­schen Zie­le und ihre Umset­zung in Deutsch­land. Eine Exper­ti­se im Auf­trag der Max-Tra­e­ger-Stif­tung, Frankfurt/​M., PDF [800 KB].
  • Bie­ling, Hans-Jür­gen (2004): Euro­päi­sche Inte­gra­ti­on: Deter­mi­nan­ten und Hand­lungs­mög­lich­kei­ten, in: Beer­horst, Joachim/​et al. (Hg.): Kri­ti­sche Theo­rie im gesell­schaft­li­chen Struk­tur­wan­del, Frankfurt/​M., 94–127.
  • Bult­mann, Tors­ten (1996): Die stand­ort­ge­rech­te Dienst­leis­tungs­hoch­schu­le, in: PROKLA, 26/​104, 329–355, PDF [3,7 MB].
  • Bult­mann, Tors­ten (2007): Künf­ti­ge Per­spek­ti­ven von Wis­sen­schaft und Beruf – Wider­sprü­che und Kon­flikt­li­ni­en des Bolo­gn­a­pro­zes­ses und der Reor­ga­ni­sa­ti­on der Hoch­schu­len. In: Brü­chert, Oliver/​et al. (Hg.): Kri­ti­sche Wis­sen­schaft, Eman­zi­pa­ti­on und die Ent­wick­lung der Hoch­schu­len, Mar­burg, 147–154.
  • EURYDICE (2000): Two Deca­des of Reform in Hig­her Edu­ca­ti­on in Euro­pe: 1980 onwards, Brüs­sel, PDF [3 MB].
  • Hart­mann, Eva (2004): Der glo­ba­le Bil­dungs­markt. Hege­mo­nie­kämp­fe um Qua­li­täts­stan­dards und Aner­ken­nung von Abschlüs­sen, in: PROKLA, 34/​137, 565–585, PDF [3,8 MB].
  • Hirsch, Nele (2008): „Bolo­gna-Pro­zess“ und der Kampf an den Hoch­schu­len, in: Z. – Zeit­schrift Mar­xis­ti­sche Erneue­rung, 19/​74, 22 ‑27, Online hier.
  • Kel­ler, Andre­as (2003): Chan­cen und Risi­ken des Bolo­gna-Pro­zess, in: Forum Wis­sen­schaft 3/​2003, 43–45, Online hier.
  • Mar­tens, Kerstin/​Wolf, Die­ter (2006): Para­do­xien der neu­en Staats­rä­son. Die Inter­na­tio­na­li­sie­rung der Bil­dungs­po­li­tik in der EU und der OECD, in: Zeit­schrift für inter­na­tio­na­le Bezie­hun­gen, 13/​2, 145–176, PDF [400 KB]
  • Maas­sen, Peter/​Olsen, Johan P. (2007): Uni­ver­si­ty Dyna­mics and Euro­pean Inte­gra­ti­on, Dordrecht.
  • Öster­rei­chi­sche Hoch­schü­le­rIn­nen­schaft, Pau­lo Frei­re Zen­trum (Hg., 2005): Öko­no­mi­sie­rung der Bil­dung. Ten­den­zen, Stra­te­gien, Alter­na­ti­ven, Wien, PDF [700 KB].
  • Zeu­ner, Bodo (2007): Die Freie Uni­ver­si­tät Ber­lin vor dem Bör­sen­gang. Bemer­kun­gen zur Öko­no­mi­sie­rung der Wis­sen­schaft. Abschied­vor­le­sung, [PDF 350 KB].


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Ist das alles?!

November. 4th 2009 — 22:56

Radi­ka­ler als die Wirk­lich­keit: 34 Mil­lio­nen schüt­telt der Minis­ter aus dem Ärmel, und lädt zu „brei­tem“ (?) Dia­log mit den Hoch­schul­part­ne­rIn­nen, bevor er sich nach Brüs­sel ver­zieht. Eine kur­ze Bedachtnahme:

Das mit dem Dia­log, das hat­ten wir schon. Kann sich über­haupt noch jemand erin­nern? Defi­nie­ren wir Dia­log nach wiki­pe­dia als

eine münd­lich oder schrift­lich zwi­schen zwei oder meh­re­ren Per­so­nen geführ­te Rede und Gegenrede,

dann ist das Unter­neh­men damals gründ­lich schief gegan­gen. Wich­ti­ger als der Gesprächs­in­halt ist aber ohne­hin das Signal, und noch wich­ti­ger als das Signal ist, dass über­haupt etwas gesagt wur­de. Also wer­den sich am 25.11. ein paar (um genau zu sein: 50!) Per­so­nen ver­sam­meln und ein­mal reden, und das wars dann. Immer­hin wird der Hoch­schul­dia­log nicht so teu­er wie der For­schungs­dia­log, von dem wir frei­lich auch nicht wis­sen, was er gekos­tet hat. Wert war er jeden­falls kei­nen Cent; und auf die­ses Preis-Leis­tungs­ver­hält­nis wird der Event Ende Novem­ber sicher auch kommen.

Und das führt schon zum zwei­ten Punkt: Die Trans­pa­renz. Dass Hahn plötz­lich so viel Geld hat, mach­te eini­ge stut­zig. Aber ob nun das Geld aus einer Quel­le kommt, die vor­her den Unis abge­zwackt wur­de, ist gar nicht so wich­tig. Pro­ble­ma­ti­scher ist die Art, wie die Mit­tel plötz­lich aus dem Hut gezau­bert wer­den – vom Gön­ner Gio, der einen glimpf­li­chen Aus­gang der gan­zen Uni-Affä­re braucht, will er wirk­lich das For­schungs­res­sort in Brüs­sel über­neh­men – und wie sie ver­ge­ben wer­den – von den Rek­to­ra­ten, in Zusam­men­ar­beit mit der ÖH. Das ist die Poli­tik der Sym­bo­lik, in der es um kei­ne inhalt­li­che Aus­ein­an­der­set­zung geht. Und es ist auch eine Poli­tik der Ver­ant­wor­tungs­lo­sig­keit, in der sich der zustän­di­ge Res­sort­lei­ter abputzt an den Ver­tei­lungs­kämp­fen, die unter sei­nen wach­sa­men Augen dann aus­ge­tra­gen werden.

Die For­de­run­gen der Stu­die­ren­den und der Leh­ren­den (zumin­dest jener, die sich mit den Beset­ze­rIn­nen soli­da­risch erklärt haben) klin­gen ja anders. Aber mich irri­tiert, dass vor allem letz­te­re auf Hahns uner­war­te­te Geld­spen­de bis­her noch gar nicht reagiert haben. Wie wäre es denn damit, dass die „exter­nen“ Lek­to­rIn­nen an jenen Insti­tu­ten, wo sie mehr als 50% der Leh­re tra­gen, ihre Ver­trä­ge kün­di­gen oder, wenn das recht­lich nicht gut mög­lich ist, sich soweit soli­da­ri­sie­ren, dass sie kei­ne zukünf­ti­gen Ver­trä­ge mehr unter­schrei­ben, sofern dort nicht sub­stan­ti­el­le Ver­bes­se­run­gen drin­nen ste­hen? Ich wüss­te eini­ge Stu­di­en­rich­tun­gen, da wür­de der Lehr­be­trieb sofort zusammenbrechen.

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Nieder mit Humboldt

Oktober. 28th 2009 — 21:31

Ich weiss, damit mache ich mir hier kei­ne Freun­de, aber: der Öko­nom hat recht. Ich weiss, es wird nicht gern gele­sen, aber: Öster­reichs Hoch­schul­sys­tem ist eines der eli­tärs­ten, die es im inter­na­tio­na­len Ver­gleich gibt. Ich weiss, es ist nicht oppor­tun, aber: Ein Bil­dungs­sys­tem, das der­art ver­ant­wor­tungs­los mit ihren Res­sour­cen umgeht, ist so ver­rot­tet wie die Zustän­de, die jetzt zu recht ange­klagt werden.

Ich wür­de mir gera­de von der Lin­ken in Öster­reich wün­schen, dass sie sich doch lang­sam mal davon ver­ab­schie­det, sich vor den Kar­ren der aka­de­mi­schen Eli­ten die­ses Lan­des span­nen zu las­sen und statt­des­sen sozi­al gestaf­fel­te Zugangs­kri­te­ri­en für die höhe­re Bil­dung zu for­dern beginnt. Und, bit­te, bit­te: Ver­gesst Hum­boldt und die­sen gan­zen bil­dungs­bür­ger­li­chen Quatsch!

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