IWF – BEIGEWUM

Stichwort: IWF


Veranstaltungsbericht + Video „Griechenland – eine europäische Tragödie“

Mai. 12th 2010 — 12:29
Gro­ßer Andrang herrsch­te bei der Ver­an­stal­tung „Grie­chen­land – eine euro­päi­sche Tra­gö­die“ am 11.Mai im Repu­bli­ka­ni­schen Club, zur Prä­sen­ta­ti­on von Kurs­wech­sel 1/​10 „Kri­se in EUro­pa“. Mit dem Publi­kum dis­ku­tier­ten Joa­chim Becker, Wer­ner Raza, Eli­sa­beth Spring­ler, mode­riert von Beat Weber. Eini­ge zen­tra­le Diskussionspunkte:

* In der grie­chi­schen Bevöl­ke­rung herrscht gewis­se Akzep­tanz für Kon­so­li­die­rungs­be­darf, aber die beschlos­se­nen Maß­nah­men tref­fen laut herr­schen­der Ein­schät­zung die Fal­schen (Pro­ble­me wie Steu­er­hin­ter­zie­hung, Ver­mö­gensun­gleich­heit, Mili­tär­aus­ga­ben zu wenig angegangen).


* Unter den inter­nen Fak­to­ren ist neben der Ban­ken­kri­se vor allem die Olym­pi­schen Spie­le 2004 als maß­geb­lich für die Eska­la­ti­on der grie­chi­schen Staats­ver­schul­dungs-Pro­ble­ma­tik zu nennen.


* Die aktu­el­le Staats­schul­den­kri­se ist weni­ger inter­nen Fak­to­ren zuzu­schrei­ben, als viel­mehr die letz­te Etap­pe der Finanz­kri­se – jetzt geht es um die Fra­ge, wer zahlt.


* Die süd­li­chen (wie auch die meis­ten öst­li­chen) EU-Staa­ten haben eines gemein­sam: Import­ab­hän­gig­keit und Abhän­gig­keit von Kapi­tal­zu­fuhr aus dem Aus­land, oft ist bzw. war das Wachs­tum Immo­bi­li­en­boom-getrie­ben. Das Spie­gel­bild sind Über­schuss­län­der, allen vor­an Deutsch­land (aber auch Nie­der­lan­de, und Öster­reich gegen­über Ost­eu­ro­pa): Sie expor­tie­ren Waren und Kapital.


*  Das Ret­tungs­pa­ket ist über­fäl­lig gewe­sen, aber in eine pro­ble­ma­ti­sche Stra­te­gie ein­ge­bet­tet. Die wirt­schafts­po­li­ti­sche Stra­te­gie der EU läuft dar­auf hin­aus, dass alle Mit­glie­der Export­über­schüs­se anstre­ben sol­len – was aber zumin­dest glo­bal nicht für alle geht.


* Den öst­li­chen Staa­ten ist von der EU schon frü­her jene Stra­te­gie ver­ord­net wor­den, wie jetzt dem Süden: Lohn­sen­kun­gen und Bud­get­kon­so­li­die­rung. Weil das zur Rezes­si­on führt, wird die Bud­get­kon­so­li­die­rung nicht erreicht. Die Reduk­ti­on des Leis­tungs­bi­lanz­de­fi­zits gelang jedoch. Aller­dings zu einem hohen Preis: Zer­stö­rung indus­tri­el­ler Struk­tu­ren und Armut.

Die­se Stra­te­gie hat das Poten­zi­al eines Domi­no­ef­fekts: Anpas­sungs­druck auf die Löh­ne nach unten wird auf den Wes­ten der EU über­sprin­gen. Es han­delt sich also um eine Radi­ka­li­sie­rung der neo­li­be­ra­len Poli­tik der letz­ten Jahre.


* Hat sich die Rol­le des IWF geän­dert? Der „Strauss-Kahn-Effekt“ macht sich nur mode­rat bemerk­bar: Statt wie ursprüng­lich geplant 3 Jah­re, erhält Grie­chen­land für die Bud­ge­t­an­pas­sung nun 5 Jah­re Zeit.


*  Mög­li­che Alter­na­ti­ven: For­de­rungs­ver­zicht der Gläu­bi­ger, flan­kiert von Kapi­tal­ver­kehrs­kon­trol­len; Auf­bau von Pro­duk­ti­ons­struk­tu­ren in Defi­zit­län­dern, finan­ziert durch Trans­fers aus Überschussländern.


Hier ist eine Video­auf­zeich­nung der Veranstaltung.

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