Konjunktur – BEIGEWUM

Stichwort: Konjunktur


Zeit zur Umkehr

März. 18th 2013 — 18:51

Der Ver­gleich von EU-Pro­gno­sen für die Kri­sen­staa­ten und deren Ent­wick­lung seit 2007 zeigt, wie nötig ein Rich­tungs­wech­sel in Theo­rie und Poli­tik ist. Die Aus­teri­täts­po­li­tik in den soge­nann­ten Pro­gramm­län­dern in der EU hat zuneh­mend kata­stro­pha­le Fol­gen, und die Pro­gno­sen sind stets bes­ser als das Ergebnis.

Eine Theo­rie, deren Pro­gno­sen regel­mä­ßig falsch lie­gen, soll­te laut Sir Karl Pop­per ver­wor­fen wer­den. Eine Kon­junk­tur­po­li­tik, die nur dar­in besteht, die Hoff­nung auf den Auf­schwung auf den in der Zukunft lie­gen­den Pro­gno­se­ho­ri­zont zu ver­schie­ben, eben­falls. Bei­des trifft auf die momen­ta­ne Poli­tik der Troi­ka zu. Zunächst wur­de die Kri­se etwas zu pes­si­mis­tisch ein­ge­schätzt; es wur­de eine expan­si­ve Wirt­schafts­po­li­tik ein­ge­schla­gen. Doch seit 2010 herrscht in den Pro­gno­sen über­trie­be­ner Opti­mis­mus, und in den Pro­gramm­län­dern wird eisern gespart.

In Grie­chen­land war die Ent­wick­lung beson­ders schlimm. Im Mai 2010 hoff­te man noch für 2011 mit einem wei­te­ren Minus von 4% gegen­über 2009 aus der Kri­se zu kom­men. Im Novem­ber 2010 rech­ne­te man schon mit einem Minus von 7% für 2011. Dies setz­te sich von Jahr zu Jahr fort: 2013 glaub­te man nun mit gut 20% Ver­lust an Wirt­schafts­leis­tung sei die Tal­soh­le erreicht. Es ist zu hof­fen, dass die­se Pro­gno­se nun nicht noch­mals nach unten kor­ri­giert wird. An der kata­stro­pha­len Per­for­mance von Pro­gno­sen und Poli­tik ändert das aller­dings nichts mehr.

Die fol­gen­den Gra­fi­ken zei­gen die Ent­wick­lung des rea­len BIP im Ver­gleich zu 2009, anhand der zu den jewei­li­gen Zeit­punk­ten erstell­ten Pro­gno­sen. Die Pro­gno­se vom Febru­ar 2013 ent­hält für die Jah­re bis 2011 die tat­säch­li­chen und für 2012 die vor­läu­fi­gen Werte.

In Irland lie­gen Pro­gno­sen und Poli­tik eben­falls unter den Erwar­tun­gen. Der ein­zi­ge, wenn auch schwa­che Trost ist, dass es in Irland zumin­dest lang­sam bes­ser wird.

Sor­gen berei­tet das Bild für Por­tu­gal und Spa­ni­en. Hier scheint es momen­tan zu einem Wech­sel vom iri­schen Regen in die grie­chi­sche Trau­fe zu kom­men. Sah es zunächst noch nach lang­sa­mer Erho­lung aus, so scheint seit 2011 ein mas­si­ver Ein­bruch im Gan­ge zu sein. Ein Grund mehr, Theo­rie und Poli­tik zu wechseln.

Ange­sichts die­ser Bil­der ist es kein Wun­der, dass die DG Eco­fin die adjus­t­ment Pro­gram­me für Grie­chen­land, Irland, Por­tu­gal und für Spa­ni­ens Finanz­sek­tor stets mit fol­gen­dem Dis­c­lai­mer versieht:

Neit­her the Euro­pean Com­mis­si­on nor any per­son acting on its behalf may be held respon­si­ble for the use which may be made of the infor­ma­ti­on con­tai­ned in this publication.”

Na ja, wenn sie damit durchkommt.

PS: Ein Lob muss man der DG Eco­fin jedoch machen: Die­se Dar­stel­lun­gen wären nicht mög­lich gewe­sen, wenn die DG nicht schon seit Län­ge­rem ihre AMECO Daten­bank mit den Makro-Daten (ein­schließ­lich der Pro­gno­sen) im Inter­net öffent­lich zur Ver­fü­gung stell­te. 

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Die Schuldenbremse als Farce

November. 15th 2011 — 11:51

Nun befin­det sich die Bun­des­re­gie­rung also auf direk­tem Weg eine soge­nann­te Schul­den­brem­se in Ver­fas­sungs­rang zu heben. Die wesent­li­che Fra­ge, was das nun genau bedeu­tet, dürf­te zwar noch offen sein, doch fest steht, dass damit pünkt­lich zum Wirt­schafts­ab­schwung ein neu­er­li­ches Spar­pa­ket ver­han­delt wer­den wird. Die­se Unbe­stimmt­heit liegt auch dar­an, dass es meh­re­re For­men von Fis­kal­re­geln gibt, die in der Debat­te alle als Schul­den­brem­se bezeich­net werden.

Wahr­schein­lich ist, dass die deut­sche Rege­lung über­nom­men wird, die weit­ge­hend mit den soeben erst ver­schärf­ten euro­päi­schen Bud­get­vor­ga­ben über­ein­stimmt. Bei­de ent­hal­ten im Kern die Umset­zung der äußert rigi­den soge­nann­ten Medi­um Term Objec­ti­ves (mit­tel­fris­ti­ge Haus­halts­zie­le). Im Fal­le Öster­reichs und Deutsch­lands ist das (fast) ein struk­tu­rel­les Null­de­fi­zit. Aus­ge­hend von der soeben ver­öf­fent­lich­ten Herbst­pro­gno­se der EU-Kom­mis­si­on, die das struk­tu­rel­le Defi­zit für Öster­reich mit 2,8 % des BIP (2013) pro­gnos­ti­ziert, müss­te die Kon­so­li­die­rung folg­lich über 8 Mrd. Euro betra­gen – ein Viel­fa­ches des Spar- und Steu­er­pa­kets aus dem Vor­jahr. Das wür­de pro Per­son zu einer durch­schnitt­li­chen Zusatz­be­las­tung von 1.000 Euro pro Jahr füh­ren, was ange­sichts die­ses Volu­mens – selbst bei einer schwer­punkt­mä­ßi­gen Belas­tung der reichs­ten Haus­hal­te – auch die Mit­tel­schicht emp­find­lich tref­fen würde.

Neben einer Kopie der deut­schen Schul­den­brem­se wur­den als Alter­na­ti­ve anschei­nend zwei wei­te­re Fis­kal­re­geln dis­ku­tiert. Die mode­ra­tes­te Ver­si­on wäre eine Erwei­te­rung der bis­he­ri­gen Pra­xis der Aus­ga­ben­ober­gren­zen auf alle Gebiets­kör­per­schaf­ten plus Beschrän­kung ihrer Zuwäch­se mit der mit­tel­fris­ti­gen Wachs­tums­ra­te. Aus­ga­ben­ober­gren­zen könn­ten zwar prin­zi­pi­ell wirt­schafts­po­li­tisch ver­kraft­bar aus­ge­stal­tet wer­den, hät­ten aber bereits eine lang­fris­ti­ge Kür­zung des Staats­haus­halts und somit eine Behin­de­rung des sozia­len Fort­schritts zur Fol­ge. Völ­lig jen­sei­tig wäre hin­ge­gen eine wei­te­re Fis­kal­re­gel, näm­lich die von der ÖVP ver­lang­te Fest­schrei­bung einer Staats­schul­den­quo­te von 60 % des BIP bis 2020. Hier­für wären etwa 40 Mrd Euro – das ent­spricht mehr als der Hälf­te des Bun­des­bud­gets – not­wen­dig. Wür­den zwi­schen­zeit­lich z.B. wei­te­re Ban­ken­hil­fen gewährt, kämen sogar noch wei­te­re Mil­li­ar­den hinzu.

Denn sie wissen, was sie tun?

Wäre die Sache wirt­schafts­po­li­tisch nicht so ernst, wäre die­se gro­be Fest­le­gung kaba­rett­reif: Jene Regie­rung, die noch im Vor­jahr mit der ver­spä­te­ten Bud­get­vor­la­ge die Ver­fas­sung gebro­chen hat, ver­pflich­tet sich und zukünf­ti­ge Regie­rung mit­tels Ver­fas­sungs­än­de­rung zu wei­te­ren dra­ko­ni­schen Kon­so­li­die­rungs­maß­nah­men – die sie bis­her zu Recht mit dem Hin­weis auf die rela­ti­ve Sta­bi­li­tät und die schwa­chen Wirt­schafts­pro­gno­sen aus­ge­schlos­sen hat­te. Völ­lig unklar ist zudem, wes­halb es die­se ver­fas­sungs­mä­ßi­ge poli­ti­sche Selbstent­mün­di­gung braucht, denn nichts – abge­se­hen von wirt­schafts­po­li­ti­schem Sach­ver­stand – hin­dert die Regie­rung jed­we­de Regel zu befol­gen, die sie poli­tisch auch tat­säch­lich befol­gen will.

Trotz­dem ist die­se Inkon­se­quenz in gewis­sem Sin­ne auch wie­der kon­se­quent: Im Novem­ber des Vor­jah­res schloss der Bun­des­kanz­ler wei­te­re Kon­so­li­die­rungs­maß­nah­men in die­ser Legis­la­tur­pe­ri­ode aus, ehe er dann im März in Brüs­sel recht­li­che Ände­run­gen abseg­ne­te, die wei­te­re Spar­pa­ke­te erfor­der­lich mach­ten. Und nun im Okto­ber bil­lig­te er das Regie­rungs­ziel eines maxi­ma­len Defi­zits von 3,2 % des BIP 2012, nur um dann kurz dar­auf gemein­sam mit sei­nen euro­päi­schen Amts­kol­le­gIn­nen aus­ge­gli­che­ne Haus­hal­te in allen euro­päi­schen Staa­ten zu for­dern. Über­trof­fen wird er nur von sei­ner Finanz­mi­nis­te­rin, die zeit­gleich die Steu­er­be­las­tung redu­zie­ren, den Bud­get­pfad fort­füh­ren und die Staats­ver­schul­dung auf 60 % sen­ken will. Alles klar?

Das Argu­ment für die­se poli­ti­sche Far­ce: Es brau­che ein glaub­haf­tes Signal an die Finanz­märk­te, um die Zins­kos­ten rela­tiv nied­rig zu hal­ten. Die Poin­te: In Spa­ni­en, wo eben erst eine Schul­den­brem­se beschlos­sen wur­de, hat man bewie­sen, dass ein aus­ge­gli­che­ner Haus­halt in der Ver­fas­sung das eben nicht leis­ten kann. Die Sekun­där­markt­zins­sät­ze spa­ni­scher Staats­an­lei­hen stie­gen in den Tagen rund um den Beschluss wei­ter an und wur­den erst durch die EZB-Inter­ven­ti­on kurz­fris­tig sta­bi­li­siert – mitt­ler­wei­le haben sie sogar ein neu­es, untrag­ba­res Rekord­ni­veau erreicht.

Im Gegen­satz zu vie­len Poli­ti­ke­rIn­nen dürf­te den meis­ten Finanz­markt­ak­teu­ren klar sein, dass rei­ne Spar­po­li­tik ohne Rück­sicht auf Ver­lus­te nicht die lang­fris­ti­gen Ein­nah­men sichern kann, die es zur Bedie­nung der Staats­schul­den bei gleich­zei­ti­ger Auf­recht­erhal­tung selbst rudi­men­tä­rer Staats­auf­ga­ben braucht. Ins­be­son­de­re weil die grund­le­gen­den öko­no­mi­schen Pro­ble­me (Spa­ni­en: geplatz­te Immo­bi­li­en­bla­se, Rekord­ar­beits­lo­sig­keit, pri­va­te Ver­schul­dung; Öster­reich: Ban­ken­sek­tor bzw. des­sen Ost-Abhän­gig­keit, Ita­li­en-Ver­flech­tung) unge­löst blei­ben, ist eine Schul­den­brem­se in der Ver­fas­sung etwa so wirk­sam bzw. glaub­wür­dig wie ein Gesetz gegen schlech­tes Wetter.

Schuldenbremse = Wohlstandsbremse = Ablenkungsmanöver

Und das führt zum erns­ten Teil die­ser Far­ce. Was eine Schul­den­brem­se brin­gen wird, ist also weni­ger eine Redu­zie­rung der Zins­kos­ten oder sta­bi­le Staats­haus­hal­te, son­dern im Gegen­teil eine ten­den­zi­el­le Desta­bi­li­sie­rung von Wirt­schaft und Gesell­schaft durch die Ein­schrän­kung zukünf­ti­gen Wohl­stan­des. Für die­sen braucht es näm­lich Inves­ti­tio­nen, die sinn­vol­ler Wei­se von jenen bezahlt wer­den, die den größ­ten Nut­zen dar­aus zie­hen, näm­lich die zukünf­ti­gen Begüns­tig­ten über höhe­re zukünf­ti­ge Ein­kom­men. Zudem braucht es die Mög­lich­keit, kon­junk­tu­rel­le Schwan­kun­gen aus­zu­glei­chen, um die kurz- wie lang­fris­ti­gen, indi­vi­du­el­len wie gesell­schaft­li­chen Fol­gen von Arbeits­lo­sig­keit abzu­mil­dern. Schul­den­brem­sen gefähr­den bei­des und kön­nen somit rasch zu Wohlstands‑, Investitions‑, Beschäftigungs‑, Sozi­al- und Zukunfts­brem­sen mutieren.

Ein wei­te­res Pro­blem ist, dass mit der Schul­den­brem­se indi­rekt sug­ge­riert wird, die Staats­ver­schul­dung wäre auf unver­ant­wort­li­che Bud­get­po­li­tik zurück­zu­füh­ren. Damit wird davon abge­lenkt, dass erst mit der Kri­se 2008 die Staats­ver­schul­dung wie­der gestie­gen, zuvor aller­dings in der Euro­zo­ne kon­ti­nu­ier­lich gesun­ken ist (von 72,8 % vor ihrer Grün­dung auf 66,1 % des BIP 2007, ähn­lich auch in Öster­reich). Wür­de man die­sen Zusam­men­hang stär­ker berück­sich­ti­gen, wäre zu erken­nen, dass es zur mit­tel­fris­ti­gen Redu­zie­rung der Staats­ver­schul­dung kei­ne wirt­schafts­po­li­ti­sche Zwangs­ja­cke, son­dern Maß­nah­men gegen die haupt­säch­li­chen schul­den­trei­ben­den Fak­to­ren braucht: Ein kri­sen­an­fäl­li­ges Finanz­sys­tem, das Ban­ken­ret­tun­gen not­wen­dig macht; Kon­junk­tur­schwä­che und stei­gen­de Arbeits­lo­sig­keit, die die Steu­er­ein­nah­men sen­ken und zu höhe­ren Aus­ga­ben füh­ren (ins­be­son­de­re für Arbeits­markt­po­li­tik); und letzt­lich unzu­rei­chen­de Bei­trä­ge von Rei­chen und Unter­neh­men, die von der wirt­schaft­li­chen und steu­er­po­li­ti­schen Ent­wick­lung vor der Kri­se beson­ders profitierten.

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Budgetk(r)ampf , Teil 2

Mai. 8th 2009 — 13:24

Mit die­sem Bud­get stel­len wir sicher: Nie­mand wird im Regen ste­hen gelassen.“
Zu die­ser Aus­sa­ge hat sich Finanz­mi­nis­ter Pröll hin­rei­ßen lassen.

Kann er dies auch einhalten?

Als Beleg für die­se Behaup­tung wer­den immer die beschlos­se­nen Kon­junk­tur­pa­ke­te her­an­ge­zo­gen. Wie effek­tiv sind die­se aber?

Zu den Kon­junk­tur­pa­ke­ten wer­den ja fast alle dis­kre­tio­nä­ren Maß­nah­men gezählt, die seit letz­tem Früh­ling beschlos­sen wur­den. Dies ist aller­dings nicht über­mä­ßig kor­rekt. Als der so genann­te „Oster­frie­den“ unter Kanz­ler Gusen­bau­er geschlos­sen wur­de, der auch die Sen­kung der Arbeits­lo­sen­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge für Nied­rig­ver­die­ne­rIn­nen beinhal­tet, war von einer Wirt­schafts­kri­se noch nicht viel die Rede. Jeden­falls wur­den die Maß­nah­men nicht im Zusam­men­hang mit einer sich abzeich­nen­den Kri­se beschlos­sen. Bis Herbst waren alle über die hohe Infla­ti­on in Öster­reich besorgt, es wur­den Infla­ti­ons­be­kämp­fungs­maß­nah­men beschlossen.

Die „neue“ Regie­rung – das Kabi­nett Fay­mann-Pröll – hat lt. OeNB Maß­nah­men gesetzt, die einen Kon­junk­tur­ef­fekt von 0,6% heu­er und 1,1% nächs­tes Jahr aus­lö­sen wer­den. Gut, sei­en wir ein­mal nicht so klein­lich und schla­gen wir auch die „Anti-Teue­rungs-Pake­te“ den Kon­junk­tur­pa­ke­ten dazu. Wenn auch die unter dem Titel „Anti-Teue­rung“ beschlos­se­nen Maß­nah­men von 2008 mit­ge­zählt wer­den, ergibt sich ein Kon­junk­tur­ef­fekt von 0,8% im Jahr 2009 und 1,4% des BIP 2010. Ist die­ser Effekt wirk­lich berau­schend? Immer­hin wer­den ange­kün­dig­te 6,6 Mrd. Euro (2,2% des BIP) heu­er und 6,9 Mrd. (2,4% des BIP) nächs­tes Jahr aus­ge­ge­ben. Damit wer­den kumu­lie­rend 25.000 Arbeits­plät­ze geschaf­fen. Ist es wirk­lich effek­tiv, dass wir heu­er 2,2% des BIP inves­tie­ren, um einen Wachs­tums­ef­fekt von 0,8% des BIP zu errei­chen? Und die­ser dann nicht mehr als 12.000 Arbeits­plät­ze bringt? Ganz ehr­lich: das soll ein Kon­junk­tur­pa­ket sein?

Ein Kon­junk­tur­pa­ket, das auch als Recht­fer­ti­gung für – im Regie­rungs­pro­gramm unab­hän­gig von der Wirt­schafts­kri­se ohne­hin vor­ge­se­he­nen – Ein­spa­rungs­vor­ha­ben her­an­ge­zo­gen wird – weil es ja über­all an Geld fehlt, das für „Kon­junk­tur­be­le­bung“ frei gemacht wer­den muss.

Als Recht­fer­ti­gung für eine restrik­ti­ve Per­so­nal­po­li­tik des Bun­des: bis 2013 sol­len rund 1.800 Plan­stel­len ein­ge­spart wer­den, obwohl es wohl aus­ge­spro­chen wider­sin­nig ist, gera­de in der Kri­se Stel­len abzu­bau­en. Als Recht­fer­ti­gung für die „äußers­te Zurück­hal­tung bei den gestalt­ba­ren Ermes­sens­aus­ga­ben“, was vie­le von öffent­li­chen För­de­run­gen und Auf­trä­gen abhän­gi­ge Ver­ei­ne, Insti­tu­tio­nen und Insti­tu­te – und damit tau­sen­de Beschäf­tig­te – trifft. Ach ja, „wir spa­ren bei uns selbst“? Wer ist denn die­ses omi­nö­se „wir“? Wir alle sind „der Staat“. Und ja, wir mer­ken auch, dass jetzt schon gespart wird. Die bedarfs­ori­en­tier­te Min­dest­si­che­rung fin­det in kei­nem der wirk­lich sehr dicken Bud­ge­tun­ter­la­gen auch nur eine Erwähnung.

Ande­rer­seits hät­te sich die Regie­rung auch eini­ges an wirk­lich teu­ren Maß­nah­men spa­ren kön­nen. Eine Steu­er­re­form, die kei­ne Reform ist, son­dern wie­der mal ein „Geschen­ke ver­tei­len“ an Grup­pen, die es wirk­lich nicht nötig hät­ten: Der Gewinn­frei­be­trag, der je nach Dar­stel­lung zwi­schen 150–300 Mio. Euro kos­ten wird, und damit den Selb­stän­di­gen neben der Tarif­ent­las­tung eine 2. Ent­las­tung bie­tet. Der Fami­li­en­frei­be­trag, der 220 Mio. Euro kos­tet und nur den Bes­ser­ver­die­nen­den was brin­gen wird, das Schie­ben der Bemes­sungs­grund­la­ge für den Spit­zen­steu­er­satz von 51.000 auf 60.000 Euro, was 120 Mio. Euro kos­ten wird, sogar die Ver­dop­pe­lung der Absetz­bar­keit der Kir­chen­bei­trä­ge wird unter den Begriff „Steu­er­re­form“ sub­su­miert und damit unter die kon­junk­tur­po­li­ti­sche Maßnahmen.

Viel Geld wird also aus­ge­ge­ben. Aller­dings – wie bereits beschrie­ben –wenig ziel­ge­rich­tet und mit nied­ri­ger Beschäftigungswirkung.

Immer wie­der wird ins Tref­fen geführt, dass so früh gehan­delt wur­de. Die öko­no­mi­schen Bedin­gun­gen haben sich aller­dings wei­ter dra­ma­tisch ver­schlech­tert: Als das letz­te so genann­te Kon­junk­tur­pa­ket ange­dacht wur­de, gin­gen die Wirt­schafts­for­schungs­in­sti­tu­te noch von rund 30.000 Arbeits­lo­sen zusätz­lich aus. Jetzt wird schon mit annä­hernd 100.000 Per­so­nen gerech­net. Und die Pro­gno­sen wer­den schlech­ter, nicht bes­ser. Trotz­dem wur­den seit­her kei­ne zusätz­li­chen Kon­junk­tur­pa­ke­te beschlos­sen. Einen umfas­sen­den Schutz­schirm gibt es bis jetzt nur für die Ban­ken und die Banker.

Vie­le wer­den dage­gen im Regen ste­hen bleiben.

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Prölls Kampfansage

Mai. 3rd 2009 — 21:48

Finanz­mi­nis­ter Pröll hielt sei­ne ers­te Bud­get­re­de. Sie war eine Kampf­an­sa­ge. Eine Kampf­an­sa­ge an die Kri­se, wie er es bezeichnete?

Wohl kaum.

Die Kon­junk­tur­pa­ke­te, die die Regie­rung bis jetzt beschlos­sen hat, inkl. Steu­er­re­form, dem letzt­jäh­ri­gen „Oster­frie­den“ und dem Maß­nah­men­pa­ket vom Herbst wer­den lt. OeNB eine Wachs­tums­wir­kung von 0,8% des BIP heu­er, und 1,4% des BIP nächs­tes Jahr ent­fal­ten. Mit einem kumu­lier­ten Beschäf­ti­gungs­ef­fekt von 25.000 Per­so­nen 2010. Dabei waren schon im April über 300.000 Men­schen in Öster­reich arbeits­los, wenn die Schu­lungs­teil­neh­me­rIn­nen mit­ge­zählt wer­den. Es ist also nicht alles eine Kon­junk­tur­maß­nah­me, auch wenn sie so bezeich­net wird. Aber das wäre einen eige­nen blog wert.

Was gibt es Posi­ti­ves zu berich­ten? Die Bud­gets wer­den expan­siv wir­ken, weil die auto­ma­ti­schen Sta­bi­li­sa­to­ren wir­ken. Mehr Geld gibt es also in den Berei­chen Arbeit und Sozi­al­ver­si­che­rung, aber auch Gesund­heit, Bil­dung, Wis­sen­schaft und Forschung.

Kaum jemand ist damit aber zufrie­den, weil von den Maß­nah­men des Regie­rungs­pro­gramms, die unter Finan­zie­rungs­vor­be­halt gestan­den sind (und dies war der über­wie­gen­de Teil) kaum eine umge­setzt wird. Die Ermes­sens­aus­ga­ben wur­den zudem gekürzt und der Per­so­nal­plan sieht bis 2013 Kür­zun­gen von 1.800 Stel­len vor, aus­ge­nom­men sind nur Bil­dung und Inne­res. Ach ja, an Ban­ken wer­den heu­er 10.300 Mio. Euro aus­be­zahlt wer­den. Die sind aller­dings zufrie­den damit.

War­um war die Rede Prölls trotz­dem eine Kampf­an­sa­ge? Die Kampf­an­sa­ge galt denen, die sich für Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit in die­sem Land ein­set­zen. „Man kann sicher­lich vie­les über Öster­reich behaup­ten, aber doch sicher nicht, dass es unse­rem Land an Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit man­gelt …“, ist da nach­zu­le­sen. Und „Die wirk­lich wich­ti­ge Fra­ge ist daher nicht: Wer zahlt die Kri­se?“ Son­dern? „Die ent­schei­den­de Fra­ge kann doch nur sein: Wie kön­nen wir die­se Kri­se mög­lichst schnell über­win­den? Und auch hier kann die Ant­wort nur sein: Wir alle gemeinsam.“

Wie­so sol­len wir nicht dar­über reden, wer die Kri­se bezah­len soll? Fast gleich­zei­tig mit dem Bud­get ist das Sta­bi­li­täts­pro­gramm an die EU ver­schickt wor­den, wo die Regie­rung schreibt, dass sie das Defi­zit bis 2012 wie­der unter 3 Pro­zent brin­gen will. Was heißt das? Das nächs­te Bud­get wird schon ein Kon­so­li­die­rungs­bud­get. Die ÖVP wehrt sich, Steu­ern zu erhö­hen. Zur Erin­ne­rung: Als 1997 erst­mals das Maas­tricht-Defi­zit unter 3% gedrückt wur­de, lag die Abga­ben­quo­te bei 44,4 Pro­zent. Als 2001 der unver­gleich­li­che Karl Heinz Gras­ser ein Null­de­fi­zit schrieb, lag die Abga­ben­quo­te gar bei 45,3 Pro­zent. Bei­de Male war die ÖVP in der Regierung.

Für 2010 und die Fol­ge­jah­re ist aller­dings eine Abga­ben­quo­te von 41,2 Pro­zent pro­gnos­ti­ziert – kein Wun­der, gehen doch die Steu­er­auf­kom­men aus Kör­per­schafts­steu­er, ver­an­lag­ter Ein­kom­mens­steu­er – nicht zuletzt auf­grund von Steu­er­pri­vi­le­gi­en – und Kapi­tal­ertrags­steu­er dra­ma­tisch zurück. Bei einem Defi­zit von 4,7% des BIP, dies soll auch in den Fol­ge­jah­ren noch so hoch sein. Wenn also ein­nah­men­sei­ti­ge Maß­nah­men getrof­fen wer­den wür­den, um die 3%-Grenze zu errei­chen, wür­de die Abga­ben­quo­te wie­der auf ca. 43% stei­gen. Dort lag sie 2008 auch. Sie liegt damit weit unter 1997 und 2001. Trotz­dem legt sich die ÖVP quer.

Die ÖVP macht eine Kampf­an­sa­ge, nicht an die Kri­se, son­dern an den Sozi­al­staat. Die­ser ver­teilt in Öster­reich vor allem aus­ga­ben­sei­tig um. Und dort soll gekürzt wer­den. Weil es für die ÖVP, wie wir gelernt haben, an vie­lem man­gelt, aber an Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit in Öster­reich noch viel zu viel gibt.

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