Krise – BEIGEWUM

Stichwort: Krise


Es geht ans Bezahlen – Update

Juli. 22nd 2009 — 21:36

Es hat sich ja inzwi­schen her­um­ge­spro­chen, dass die Staats­ver­schul­dung nach der Kri­se eine ande­re sein wird als vor­her. Bis­her hat man sich jedoch gewei­gert, das zur Kennt­nis zu neh­men, und wenn man es dann doch zur Kennt­nis genom­men hat, dann hat man die fal­schen Schlüs­se gezo­gen. Jetzt Steu­ern zu erhö­hen sei – so hör­te man zunächst – kon­tra­pro­duk­tiv, da dies den Abschwung ver­stär­ke und außer­dem Ein­spa­run­gen der rich­ti­ge Weg sei­en. Das wird aber kaum rei­chen und ist zudem falsch, da Staats­aus­ga­ben gera­de auch den Schwä­che­ren zu Gute kom­men. Dann hieß es, Arbeit dür­fe nicht ver­teu­ert wer­den und Ver­mö­gen­steu­ern bräch­ten nichts, daher müss­ten die Mehr­wert­steu­er erhöht wer­den. War­um dies ziem­li­cher Unsinn ist, ist an ande­rer Stel­le schon for­mu­liert worden.

In den Wochen und Mona­ten nach der Som­mer­pau­se wird es dann ans Ein­ge­mach­te gehen. Der Haus­halt ist auf­zu­stel­len, die Kol­lek­tiv­ver­trags­run­den begin­nen und die Fra­ge, ob die Kri­se eine poli­ti­sche Kräf­te­ver­schie­bung gebracht hat, wird vor­läu­fig beant­wor­tet wer­den. Es ist natür­lich rich­tig, eine stär­ke­re Umver­tei­lung von Ein­kom­men und Ver­mö­gen zu for­dern und damit ers­tens die Kri­se (zumin­dest teil­wei­se) zu finan­zie­ren und zwei­tens die fal­schen Ent­wick­lun­gen der ver­gan­ge­nen Jah­re zu kor­ri­gie­ren. Je mehr vom Spar­po­ten­ti­al der Bes­ser­ver­die­nen­den über eine höhe­re Besteue­rung der Spit­zen­ein­kom­men (Anhe­bung des Spit­zen­steu­er­sat­zes, Decke­lung der begüns­tig­ten Besteue­rung der sons­ti­gen Bezü­gen, Ein­schrän­kung der Frei­be­trä­ge, ins­be­son­de­re des sog. Inves­ti­ti­ons­frei­be­trags ) und den Ver­mö­gen­den über eine Ver­mö­gen­steu­er und die Wie­der­erhe­bung und Aus­wei­tung der Schen­kungs- und Erb­schafts­steu­er abge­zo­gen und der Aus­wei­tung öffent­li­cher Aus­ga­ben (für Sozia­les, Bil­dung, Kul­tur, Infra­struk­tur) zuge­führt wird, des­to eher kann die Bin­nen­nach­fra­ge sti­mu­liert und gleich­zei­tig die Lebens­qua­li­tät der Men­schen ver­bes­sert wer­den. Wer hin­ge­gen die Mas­sen­kauf­kraft über eine Anhe­bung der Mehr­wert­steu­er beschnei­det, tut das Gegen­teil: Ers­tens wird die Lage für einen Groß­teil der Bevöl­ke­rung ver­schlech­tert, zwei­tens wird die Kri­se von denen bezahlt, die weder dar­an ver­dient noch sie aus­ge­löst haben, drit­tens wer­den die Bes­ser­ver­die­nen­den und Ver­mö­gen­den erneut aus der Finan­zie­rung öffent­li­cher Auf­ga­ben ent­las­sen und vier­tens wird dem Bin­nen­markt mas­siv Kauf­kraft ent­zo­gen, was kri­sen­ver­schär­fend wirkt. Das ist nicht hinzunehmen.

Über­ra­schung in Deutschland
In Deutsch­land ist die Debat­te im Kern die­sel­be, viel­leicht noch etwas abstru­ser. Das mag an den anste­hen­den Bun­des­tags­wah­len am 27. Sep­tem­ber lie­gen, jeden­falls ver­spre­chen CDU/​CSU gar Steu­er­sen­kun­gen (!) nach der Wahl. Dabei soll der Ein­gangs­steu­er­satz gesenkt wer­den, was, bei ent­spre­chen­der Kom­pen­sa­ti­on – d.h. Nicht­ent­las­tung – oben, sinn­voll ist. Aller­dings soll die Gren­ze, ab der der Spit­zen­steu­er­satz greift, eben­falls nach oben ver­scho­ben und damit Spit­zen­ver­die­ner erneut ent­las­tet wer­den. Sinn der Akti­on? Popu­lis­mus vor den Wah­len, Inter­es­sen­po­li­tik und die Erzeu­gung neu­er „Sach­zwän­ge“ über knap­pe, öffent­li­che Kassen!
Und jetzt das: Das Deut­sche Insti­tut für Wirt­schafts­for­schung (DIW) schlägt vor, dass man die ver­mö­gens­be­zo­ge­nen Steu­ern erhöht, gar die Ver­mö­gen­steu­er wie­der ein­führt. Das ist doch mal was! Es gehört jedoch nicht viel Phan­ta­sie dazu, sich den Gegen­wind vor­zu­stel­len, der kom­men wird.

Und die Sozialdemokratie?
In Öster­reich sieht es nun ähn­lich aus wie in Deutsch­land: Die Ein­nah­men aus ver­mö­gens­be­zo­ge­nen Steu­ern sind mas­siv unter­durch­schnitt­lich und könn­ten daher pro­blem­los nach oben ange­passt wer­den. Es ist also wie gemacht für die Sozi­al­de­mo­kra­tie: Eine öko­no­misch sinn­voll Ent­schei­dung, die in die rich­ti­ge Rich­tung umver­teilt und die geschun­de­ne Par­tei­see­le strei­cheln könn­te. Aber, nun ja, Herr Fay­mann ist ja dage­gen. Es muss daher in den kom­men­den Aus­ein­an­der­set­zun­gen ins­be­son­de­re in der Sozi­al­de­mo­kra­tie um die Fra­ge der wirt­schafts­po­li­ti­schen Aus­rich­tung gehen. Ein Anfang scheint gemacht.

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Tagung „Krise ohne Alternative?“

Juli. 6th 2009 — 11:08

Die Asso­zia­ti­on für kri­ti­sche Gesell­schafts­for­schung tag­te am 3./4.7.2009 in Wien zum The­ma „Kri­se ohne Alter­na­ti­ve?“. Neben par­al­le­len Arbeits­grup­pen zu All­tag, Bewe­gung, Gewerk­schaf­ten, Kri­sen­ver­lauf, Migra­ti­on, Öko­lo­gie und Sozi­al­po­li­tik wur­de in zwei Ple­nar­de­bat­ten über Kri­sen­de­fi­ni­tio­nen, die Rol­le lin­ken Wis­sens und Zukunfts­sze­na­ri­en diskutiert.

 

Wel­che Krise?
In den Kri­sen­dia­gno­sen auf der Tagung bil­de­ten makro­öko­no­mi­sche und all­tags­be­zo­ge­ne Ana­ly­sen die Pole der Analyse. 
Joa­chim Becker inter­pre­tier­te die Kri­se als Aus­druck nicht-nach­hal­ti­ger Akku­mu­la­ti­ons­re­gime: Finan­zia­li­sier­te Import- und neo­merkan­ti­le Export-Län­der sei­en auf­ein­an­der ange­wie­sen und nun par­ral­lel von der Kri­se betrof­fen. Je bin­nen­ori­en­tier­ter ein Staat, des­to weni­ger kri­sen­be­trof­fen, so Becker. 
Bir­git Sau­er zufol­ge ist die Kri­se auch eine Kri­se der Lebens­wei­se, was sich in der Kri­se der Auto­in­dus­trie spie­ge­le. Die Auto­ge­sell­schaft steht für man­geln­de öko­lo­gi­sche Nach­hal­tig­keit, und ruhe auf einer spe­zi­fi­schen „Bevöl­ke­rungs­wei­se“, u.a. ein hege­mo­nia­les Geschlech­ter­re­gime punk­to Arbeit und Konsum.


Kri­se im Diskurs
In einer Ana­ly­se des media­len Dis­kur­ses unter star­kem Rück­griff auf Inter­net-Foren kon­sta­tier­te Heinz Stei­nert bei Gebil­de­ten die Nei­gung, das The­ma ins Mora­li­sche zu zie­hen, wäh­rend bei „gemei­nen Leu­ten“ die Ten­denz vor­herr­sche, sich zu arran­gie­ren und abzu­war­ten. Der Bou­le­vard zei­ge mit­un­ter auch eine gewis­se Häme gegen­über den Ver­lus­ten der Reichen. 
In der domi­nan­ten Kri­sen­de­fi­ni­ti­on wür­den Meta­phern von Krank­heit ein­ge­setzt, was einen Rück­kehr zum sta­tus quo ante als gesun­den Nor­mal­zu­stand impli­zie­re. Die Kri­se sei eine Kri­se von Arti­ku­la­ti­ons­mög­lich­kei­ten für eman­zi­pa­to­ri­sche For­de­run­gen, so Aria­ne Brens­sell. Isa­bell Lorey beton­te die nor­ma­li­sie­ren­den Effek­te der Kri­se – bis­her Skan­da­li­sier­tes wer­de selbst­ver­ständ­lich. Ein Ver­lust mora­li­scher Öko­no­mie sei zu beob­ach­ten, ein Ver­lust der Gren­zen der Zumutbarkeit.


Wie gut ist „lin­kes Wissen“?
Laut Heinz Stei­nert ist es der Lin­ken in der öffent­li­chen Debat­te um die Kri­se nicht gelun­gen, eine eigen­stän­di­ge Inter­pre­ta­ti­on ins Spiel zu brin­gen. Das zen­tra­le Ver­sa­gen sei, dass es nicht gelun­gen sei, die Zuschrei­bung von Wirt­schafts­kom­pe­tenz an Kon­ser­va­ti­ve Kräf­te infra­ge zu stellen.
Isa­bell Lorey führ­te die Selbst­ver­stricktheit von Lin­ken in die Ver­hält­nis­se als mög­li­chen Grund für die Schwä­che lin­ker Kri­sen­ana­ly­sen an. 
Alex Demi­ro­vic beton­te die Stär­ke lin­ken Wis­sens, und stell­te eher eine Kri­se der poli­ti­schen Mobi­li­sie­rung und Schwä­chen der Arti­ku­la­ti­ons­fä­hig­keit in den Vor­der­grund. In der Debat­te war umstrit­ten, ob lin­kes Wis­sen selbst defi­zi­tär, oder aus­rei­chend und gut, aber macht­los sei.


Zukunfts­pro­gno­se
Stei­nert sah die Kon­ser­va­ti­ven Kräf­te erfolg­reich, die Kri­se zu nut­zen, um den Staat stär­ker zu instru­men­ta­li­sie­ren und Refor­men in ihrem Sin­ne zu legi­ti­mie­ren. Die­ser Umgang stün­de in einer Tra­di­ti­on der letz­ten Jah­re, das Aus­ru­fen von Kri­sen zur Her­stel­lung von Ver­än­de­rungs­be­reit­schaft bei der Bevöl­ke­rung einzusetzen. 
Bir­git Sau­er zufol­ge wer­de die Finanz­kri­se dazu genutzt, um asym­me­tri­sche Geschlech­ter­ver­hält­nis­se zu sta­bi­li­sie­ren, abge­se­hen davon, dass letz­te­re auch zur Abfe­de­rung von Kri­sen­fol­gen her­hal­ten müs­sen. Aria­ne Brens­sell zeig­te das anhand der Dele­gi­ti­mie­rung von sozia­len und frau­en­po­li­ti­schen For­de­run­gen, die ange­sichts der Finanz­kri­se in den Hin­ter­grund gedrängt werden.
Im Gegen­satz dazu inter­pre­tier­te Mario Cand­ei­as die Reser­ven des Neo­li­be­ra­lis­mus als erschöpft, weil die Kri­se gezeigt habe, dass er weder neue Akku­mu­la­ti­ons­fel­der eröff­nen noch akti­ven Kon­sens der Beherrsch­ten her­zu­stel­len vermochte.
Für die wei­te­re Zukunft pro­gnos­ti­zier­ten eini­ge Wort­mel­dun­gen einen L‑förmigen Ver­lauf, also eine län­ger anhal­ten­de wirt­schaft­li­che Sta­gna­ti­on („Modell Japan“) mit der Fol­ge här­te­rer gesell­schaft­li­cher Aus­ein­an­der­set­zun­gen. Wolf­gang Nitsch führ­te das „Modell Süd­afri­ka“ als mög­li­ches Zukunfts­sze­na­rio an: Koexis­tenz eines klei­nen Bereichs, wo neo­li­be­ra­les Modell für eini­ge weni­ge funk­tio­niert, neben einem gro­ßen Bereich der auto­ri­tär ver­wal­te­ten Ver­elen­dung, und das alles bei funk­tio­nie­ren­dem Rechts­staat und par­la­men­ta­ri­scher Demokratie.


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Es geht ans Bezahlen

Juni. 25th 2009 — 17:25

Bern­hard Fel­de­rer – wir hat­ten bereits dar­auf hin­ge­wie­sen – ist gegen Steu­er­erhö­hun­gen und für Ein­spa­run­gen. Er prä­zi­sier­te die­se Aus­sa­ge jetzt in der Pres­se: Er ist gegen eine Ver­mö­gen­steu­er und gegen die Erhö­hung der Lohn­steu­er, eine Erhö­hung der Mehr­wert­steu­er lehnt er aber nicht ab. Das ist kon­se­quent. Es ist bekannt, dass Mehr­wert­steu­ern degres­siv wir­ken – auch Herrn Fel­de­rer. Des­halb woll­te die SPÖ im Wahl­kampf die Mehr­wert­steu­er sogar teil­wei­se sen­ken. Wenn Fel­de­rer den­noch die Erhö­hung der Mehr­wert­steu­er zur Sanie­rung des Bud­gets vor­schlägt, dann macht das nur deut­lich, dass sich alle, die die gigan­ti­sche Umver­tei­lungs­po­li­tik zu Guns­ten der Rei­che­ren ob der Kri­se am Ende sahen, zu früh gefreut haben. Die Aus­ein­an­der­set­zun­gen begin­nen erst jetzt – Fel­de­rer hat einen Auf­schlag gemacht. Es ist nun an SPÖ und ÖVP zu erklä­ren, wie sie die öffent­li­chen Auf­ga­ben zu finan­zie­ren geden­ken. Zumin­dest zum Teil viel­leicht doch über eine Ver­mö­gen­steu­er und die Wie­der­ein­füh­rung der Erb­schafts- und Schenkungsteuer?

Nach­trag 29.06.2009: Auch der Blog acht hat sich des The­mas Fel­de­rer ange­nom­men.

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Political Meddling

Juni. 5th 2009 — 22:03

Ein aktu­el­ler Nach­trag zu den „poli­ti­schen Intel­lek­tu­el­len:“ Bis­her konn­ten sich gera­de Öko­nom­In­nen in Öster­reich noch zu jenen zäh­len, die sich von poli­ti­scher Ein­fluss­nah­me ver­gleichs­wei­se frei machen konn­ten. Ein Grund neben ande­ren dafür ist das über­par­tei­li­che Wifo, eine der (weni­gen) sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen Errun­gen­schaf­ten der Zwei­ten Repu­blik. Jetzt wird der die­ser Ein­rich­tung zugrun­de lie­gen­de, poli­ti­sche Still­hal­te­ver­trag gra­de auf­ge­kün­digt. Und warum?

Wifo-Chef Aigin­ger habe sei­ne Mit­ar­bei­ter schlicht­weg nicht mehr im Griff, wird kri­ti­siert. Vor allem die pro­non­ciert „roten“ Wifo-Exper­ten Mar­git Schrat­zen­stal­ler, Ste­phan Schul­meis­ter und Mar­kus Mar­ter­bau­er wür­den sich in der Öffent­lich­keit stän­dig zu Wort mel­den – mit poli­tisch ein­deu­ti­gen Botschaften.

Man kann sich die Sor­gen­fal­ten am Schwarz­spa­nier­platz leb­haft vor­stel­len. Jeden­falls ist der Vor­fall ein deut­li­ches Indiz, dass in der aktu­el­len Kri­se nicht nur der medi­al aus­ge­tra­ge­ne Kon­flikt um den „rich­ti­gen Kurs“ in der Wirt­schafts­po­li­tik schär­fer wird. Jetzt soll – als Reak­ti­on dar­auf – Macht exer­ziert wer­den. „Poli­ti­cal Meddling“, wie es in den USA so schön heisst.

Was ler­nen wir dar­aus? Offen­bar ist man an ver­schie­de­nen Stel­len ganz schön ner­vös. Dass die Initia­ti­ve offen­bar von Raiff­ei­sen (mit einem an sich eher unbe­deu­ten­den Jah­res­bei­trag) aus­ging, ver­stärkt den Ein­druck. Die PR die­ses schwar­zen Kon­glo­me­rats war in letz­ter Zeit ja nicht die bes­te. Von „nur über mei­ne Lei­che“ (Chris­ti­an Kon­rad) ist man dort schnell dazu über­ge­gan­gen, Geld von der Regie­rung zu neh­men. Das stellt vor­erst zwar noch nie­mand in Fra­ge. Aber bes­ser gar nix anbren­nen lassen.

Die Geschich­te stellt auch einen ziem­lich offe­nen Angriff auf das von Wis­sen­schaft­le­rIn­nen (zu recht) hoch­ge­hal­te­ne Prin­zip der „aka­de­mi­schen Frei­heit“ dar. In die­sem Zusam­men­hang ist das Wifo zwar in einer ungüns­ti­gen Posi­ti­on: Mehr Think Tank als Grund­la­gen­for­schungs­in­sti­tut. Aber trotz­dem ist fest­zu­stel­len, dass die­se Insti­tu­ti­on für die hei­mi­schen Sozi­al­wis­sen­schaf­ten sicher min­des­tens so wich­tig ist wie CERN für die Phy­si­ker. Lei­der lehrt mich die Erfah­rung, hin­sicht­lich der Reak­tio­nen aus der Com­mu­ni­ty pes­si­mis­tisch zu sein: So wirk­lich tan­giert das in Öster­reich wohl niemanden.

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Politische Intellektuelle und die Wirtschaftskrise

Juni. 3rd 2009 — 14:24

 

Die Fra­ge der poli­ti­schen Inter­ven­ti­ons­fä­hig­keit der Sozi­al­wis­sen­schaf­ten war ein The­ma der Kon­fe­renz „Poli­ti­cal Eco­no­my, Finan­cia­li­sa­ti­on and Dis­cour­se Theo­ry“ Ende Mai in Cardiff.

Karel Wil­liams (Man­ches­ter Busi­ness School) the­ma­ti­sier­te in sei­nem Vor­trag, wie stark sich die öffent­li­che Reak­ti­on auf die aktu­el­le Finanz- und Wirt­schafts­kri­se von der Reak­ti­on auf die Kri­sen 1931 (Welt­wirt­schafts­kri­se) und 1981 (That­cher-Schock in UK) unter­schei­de. Damals gerie­ten die Eli­ten unter Druck, 1931 führ­te das zu Ver­än­de­run­gen in der Wirt­schafts­po­li­tik, 1981 zumin­dest zu einem öffent­li­chen Auf­tre­ten lin­ker Wis­sen­schaft (auch wenn sie letzt­lich erfolg­los blieb).

Heu­te sei die öffent­li­che Reak­ti­on ver­gleichs­wei­se ver­hal­ten. Wil­liams kon­sta­tier­te eine Art gesell­schaft­li­ches „Stock­holm-Syn­drom“, auf Basis einer Gei­sel­nah­me der Gesell­schaft durch den Finanz­sek­tor – die fort­ge­schrit­te­ne Durch­drin­gung der Gesell­schaft mit einer finan­zia­li­sier­ten Logik füh­re zur Iden­ti­fi­ka­ti­on mit den Inter­es­sen und Moti­ven des Finanzsektors.

Auch die öffent­li­chen Intel­lek­tu­el­len fehl­ten. Wil­liams nann­te fol­gen­de Grün­de: Zer­split­te­rung in feind­li­che Theo­rie-Lager; Ver­drän­gung poli­ti­scher Öko­no­mie aus der Main­stream­öko­no­mie und Aus­wei­chen in Sub-Dis­zi­pli­nen mit engem Fokus wie Inter­na­tio­na­le Poli­ti­sche Öko­no­mie, Geo­gra­fie, Kul­tur­stu­di­en etc.; Professionalisierung/​ Aka­de­mi­sie­rung – das Feld der Medi­en­ar­beit wird von Aka­de­mi­ke­rIn­nen auf­ge­ge­ben und wird völ­lig den Leu­ten aus dem Finanz­sek­tor überlassen.

Ein Teil der Erklä­rung für die­se Ent­wick­lun­gen sei Unklar­heit über die Situa­ti­on und der poli­ti­sche Kon­text (Rechts­wen­dung der Labour Par­ty, Mar­gi­na­li­sie­rung der Gewerk­schaf­ten). Einen Teil der Erklä­rung lie­fe­re aber auch die Selbst­be­schrän­kung der Intel­lek­tu­el­len. Wil­liams Abschluss­fra­ge: Soll­te die Intel­li­genz von der Kri­tik zur Selbst­kri­tik über ihre innen­ori­en­tier­te Pro­fes­sio­na­li­sie­rung übergehen?

Colin Wight (Uni­ver­si­ty of Exe­ter) kon­sta­tier­te eine „Gang-Men­ta­li­tät“ in den Sozi­al­wis­sen­schaf­ten. Theo­re­ti­sche Abgren­zun­gen hät­ten häu­fig mehr mit Iden­ti­täts­po­li­tik statt Sub­stanz zu tun, sei­en in einem zer­split­ter­ten Feld wie etwa Poli­tik­wis­sen­schaft aber wich­tig für das aka­de­mi­sche Fort­kom­men (vgl. den Arti­kel von Kyle Siler in Kurs­wech­sel 4/​05 für den Fall der Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten). Das zei­ge sich in vie­len Dis­kus­sio­nen der Kon­fe­renz wie­der, wo Debat­ten zwi­schen Postruk­tu­ra­lis­tis­mus- und Kri­ti­scher-Rea­lis­mus-Ansät­zen oft über­trie­ben hef­tig geführt wür­den (So hat­te etwa jemand auf Marie­ke de Goe­des [Uni Ams­ter­dam] Ein­fü­hungs­vor­trag, in dem sie die inter­na­tio­na­le Ter­ror-Geld­wä­sche-Bekämp­fungs-Offen­si­ve als Pro­jekt zur Aus­deh­nung der Über­wa­chung im All­tag kri­ti­sier­te, gefragt, wozu sie für die­se Ana­ly­se einen post­struk­tu­ra­lis­ti­schen Ansatz bemühe).

Der kri­ti­sche Buch­hal­tungs-Theo­re­ti­ker Prem Sik­ka (Uni­ver­si­ty of Essex), der für die Auf­de­ckung von Par­tei­en­fi­nan­zie­rungs­strö­men der Tories bekannt ist, plä­dier­te für mehr jour­na­lis­ti­sches und poli­ti­sches Enga­ge­ment von WissenschafterInnen.

In der Dis­kus­si­on wur­de debat­tiert, ob die Ursa­che dafür in der Wis­sen­schaft selbst oder eher in Ver­än­de­run­gen von Poli­tik und Öffent­lich­keit zu suchen ist. Die Igno­ranz gegen­über Wis­sen­schaft habe mit Inter­es­sen und Macht zu tun, nicht mit dem Zustand der Wis­sen­schaft, so eine Anmer­kung. Der öffent­li­che Sek­tor fragt heu­te Bera­tungs­fir­men und Unter­neh­men um Exper­ti­se, nicht mehr in Uni­ver­si­tä­ten. Öffent­li­che Unter­su­chungs­kom­mis­sio­nen sind nicht an wis­sen­schaft­li­chen Ergeb­nis­sen, Pro­ble­ma­ti­sie­run­gen und Ursa­chen­for­schun­gen inter­es­siert, son­dern kom­pi­lie­ren nur noch Mei­nun­gen von (Industrie-)ExpertInnen.

Ande­re hin­ter­frag­ten, ob der Stel­len­wert der Wis­sen­schaft in der (Berufs-)Politikberatung der ent­schei­den­de Indi­ka­tor sei, oder ob es nicht viel­mehr dar­um gin­ge, sich in Bezie­hung zu sozia­len Bewe­gun­gen und wider­stän­di­gen Akteu­rIn­nen außer­halb der eta­blier­ten Poli­tik zu setzen.


Der BEIGEWUM hat zu die­sen The­men vor eini­gen Jah­ren selbst­re­fle­xi­ve Über­le­gun­gen ange­stellt (sie­he auch hier).  Zeit, ange­sichts der Kri­se dar­an weiterzuarbeiten!

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Christian Marazzi: „Finance as a real economy“ – Bericht

Mai. 13th 2009 — 12:47

Bei einem Vor­trag am 4.5.09 in Wien sprach der post­ope­rais­ti­sche Öko­nom Chris­ti­an Maraz­zi (Pro­fes­sor an der Hoch­schu­le der ita­lie­ni­schen Schweiz und Autor von Büchern wie „Fetisch Geld. Wirt­schaft, Staat, Gesell­schaft im mone­ta­ris­ti­schen Zeit­al­ter“ und „Capi­tal and Lan­guage. From the New Eco­no­my to the War Eco­no­my“) über das Ver­hält­nis von Finanz- und Real­wirt­schaft. Frü­her sei­en Finanz­bla­sen am Ende von Kon­junk­tur­zy­klen auf­ge­tre­ten, und sei­en somit aus mar­xis­ti­scher Sicht als Aus­druck von Ver­wer­tungs­pro­ble­men im Real­sek­tor auf­ge­fasst wor­den: Dem­nach flüch­te über­schüs­si­ges Kapi­tal in den Finanz­sek­tor, und füh­re dort zu Ver­mö­gens­preis­in­fla­ti­on, bis die Bla­se schließ­lich platzt. In die­sem Kon­text sei zu Recht von Ent­kop­pe­lung von Finanz- und Real­sphä­re die Rede.
Die­se Ana­ly­se sei für die Peri­ode des For­dis­mus tref­fend gewe­sen, so Maraz­zi, mitt­ler­wei­le habe sich aber ein Wan­del zu einem post­for­dis­ti­schen Akku­mu­la­ti­ons­re­gime durch­ge­setzt, wo Finanz­we­sen und Real­wirt­schaft enger mit­ein­an­der ver­wo­ben sind. Post­for­dis­ti­sche Pro­duk­ti­on sei durch die fort­schrei­ten­de Aus­la­ge­rung des Wert­schöp­fungs­pro­zes­ses aus den Unter­neh­men gekenn­zeich­net. Unter­neh­men im fort­schrei­ten­den Bereich imma­te­ri­el­ler Pro­duk­te über­las­sen das Pro­du­zie­ren ande­ren und kon­zen­trie­ren sich aufs Koor­di­nie­ren und die Abschöp­fung von Wert, der außer­halb ihrer selbst pro­du­ziert wird – von schlecht bezahl­ten Free­lan­cern, oder gar gra­tis von Kon­su­men­ten, die durch ihr Feed­back Ideen zur Pro­dukt­ent­wick­lung bei­steu­ern und ent­schei­den­de Hand­grif­fe selbst bei­steu­ern (das Modell you­tube) bzw. deren selbst­ge­schaf­fe­ne Kul­tur ver­ein­nahmt und kom­mer­zi­ell ver­mark­tet wird (Life­style-Pro­duk­te). Das Finanz­we­sen spielt zum Funk­tio­nie­ren die­ses Modells eine ent­schei­den­de Rol­le. Ers­tens spielt die finan­zi­el­le Steue­rung der Unter­neh­men eine zen­tra­le Rol­le für das Out­sour­cing (Share­hol­der Value-Ori­en­tie­rung führt zu Druck auf Unter­neh­mens­ver­schlan­kung). Zwei­tens schließt der Kon­su­men­ten­kre­dit die Lücke zwi­schen gerin­gen Lohn­ein­kom­men und der not­wen­di­gen Kauf­kraft für den Konsum.
In der Aus­wei­tung der Pri­vat­ver­schul­dung kom­me auch ein eigen­sin­ni­ger Anspruch auf einen Lebens­stan­dard der Pri­vat­haus­hal­te zum Aus­druck, eine Ver­wei­ge­rung von Beschei­den­heit und Zufrie­den­heit mit einem kar­gen Lohn, was als eine Art Aus­druck des Klas­sen­kamp­fes unter Bedin­gun­gen des Post­for­dis­mus inter­pre­tiert wer­den kön­ne, der sich ansons­ten vor allem in der Ver­tei­di­gung von Gemein­gü­tern gegen Pri­va­ti­sie­rung manifestiere.
Die aktu­el­le Kri­se führt zu einem Weg­bre­chen der kre­dit­ge­stütz­ten Nach­fra­ge, ohne die das Sys­tem nicht läuft. 
Die Redi­men­sio­nie­rung und Ein­schrän­kung des Finanz­sek­tors und damit des Kre­dits allein sei die fal­sche Ant­wort auf die Kri­se, weil damit der Kre­dit als (pri­va­ti­sier­te Form der) Arti­ku­la­ti­on und Finan­zie­rung von sozia­len Ansprü­chen zer­schla­gen wer­de, ohne dass ein Ersatz ange­bo­ten wür­de. Auf­grund der Zer­schla­gung des öffent­li­chen Sek­tors und Wohl­fahrts­staa­tes etwa sei ohne Stu­di­en­kre­dit von den pri­va­ten Haus­hal­ten kei­ne Bil­dung zu finanzieren. 
Um aus der Kri­se zu kom­men, müss­te man die Pri­vat­ver­schul­dung erset­zen durch ein Recht auf ein Sozi­al­ein­kom­men, also umver­tei­len. Für die unmit­tel­ba­re Lösung des Pro­blems der „toxic assets“ der Ban­ken sei die Refi­nan­zie­rung der Immo­bi­li­en­kre­dit­schuld­ner der bes­te Weg.

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Budgetk(r)ampf , Teil 2

Mai. 8th 2009 — 13:24

Mit die­sem Bud­get stel­len wir sicher: Nie­mand wird im Regen ste­hen gelassen.“
Zu die­ser Aus­sa­ge hat sich Finanz­mi­nis­ter Pröll hin­rei­ßen lassen.

Kann er dies auch einhalten?

Als Beleg für die­se Behaup­tung wer­den immer die beschlos­se­nen Kon­junk­tur­pa­ke­te her­an­ge­zo­gen. Wie effek­tiv sind die­se aber?

Zu den Kon­junk­tur­pa­ke­ten wer­den ja fast alle dis­kre­tio­nä­ren Maß­nah­men gezählt, die seit letz­tem Früh­ling beschlos­sen wur­den. Dies ist aller­dings nicht über­mä­ßig kor­rekt. Als der so genann­te „Oster­frie­den“ unter Kanz­ler Gusen­bau­er geschlos­sen wur­de, der auch die Sen­kung der Arbeits­lo­sen­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge für Nied­rig­ver­die­ne­rIn­nen beinhal­tet, war von einer Wirt­schafts­kri­se noch nicht viel die Rede. Jeden­falls wur­den die Maß­nah­men nicht im Zusam­men­hang mit einer sich abzeich­nen­den Kri­se beschlos­sen. Bis Herbst waren alle über die hohe Infla­ti­on in Öster­reich besorgt, es wur­den Infla­ti­ons­be­kämp­fungs­maß­nah­men beschlossen.

Die „neue“ Regie­rung – das Kabi­nett Fay­mann-Pröll – hat lt. OeNB Maß­nah­men gesetzt, die einen Kon­junk­tur­ef­fekt von 0,6% heu­er und 1,1% nächs­tes Jahr aus­lö­sen wer­den. Gut, sei­en wir ein­mal nicht so klein­lich und schla­gen wir auch die „Anti-Teue­rungs-Pake­te“ den Kon­junk­tur­pa­ke­ten dazu. Wenn auch die unter dem Titel „Anti-Teue­rung“ beschlos­se­nen Maß­nah­men von 2008 mit­ge­zählt wer­den, ergibt sich ein Kon­junk­tur­ef­fekt von 0,8% im Jahr 2009 und 1,4% des BIP 2010. Ist die­ser Effekt wirk­lich berau­schend? Immer­hin wer­den ange­kün­dig­te 6,6 Mrd. Euro (2,2% des BIP) heu­er und 6,9 Mrd. (2,4% des BIP) nächs­tes Jahr aus­ge­ge­ben. Damit wer­den kumu­lie­rend 25.000 Arbeits­plät­ze geschaf­fen. Ist es wirk­lich effek­tiv, dass wir heu­er 2,2% des BIP inves­tie­ren, um einen Wachs­tums­ef­fekt von 0,8% des BIP zu errei­chen? Und die­ser dann nicht mehr als 12.000 Arbeits­plät­ze bringt? Ganz ehr­lich: das soll ein Kon­junk­tur­pa­ket sein?

Ein Kon­junk­tur­pa­ket, das auch als Recht­fer­ti­gung für – im Regie­rungs­pro­gramm unab­hän­gig von der Wirt­schafts­kri­se ohne­hin vor­ge­se­he­nen – Ein­spa­rungs­vor­ha­ben her­an­ge­zo­gen wird – weil es ja über­all an Geld fehlt, das für „Kon­junk­tur­be­le­bung“ frei gemacht wer­den muss.

Als Recht­fer­ti­gung für eine restrik­ti­ve Per­so­nal­po­li­tik des Bun­des: bis 2013 sol­len rund 1.800 Plan­stel­len ein­ge­spart wer­den, obwohl es wohl aus­ge­spro­chen wider­sin­nig ist, gera­de in der Kri­se Stel­len abzu­bau­en. Als Recht­fer­ti­gung für die „äußers­te Zurück­hal­tung bei den gestalt­ba­ren Ermes­sens­aus­ga­ben“, was vie­le von öffent­li­chen För­de­run­gen und Auf­trä­gen abhän­gi­ge Ver­ei­ne, Insti­tu­tio­nen und Insti­tu­te – und damit tau­sen­de Beschäf­tig­te – trifft. Ach ja, „wir spa­ren bei uns selbst“? Wer ist denn die­ses omi­nö­se „wir“? Wir alle sind „der Staat“. Und ja, wir mer­ken auch, dass jetzt schon gespart wird. Die bedarfs­ori­en­tier­te Min­dest­si­che­rung fin­det in kei­nem der wirk­lich sehr dicken Bud­ge­tun­ter­la­gen auch nur eine Erwähnung.

Ande­rer­seits hät­te sich die Regie­rung auch eini­ges an wirk­lich teu­ren Maß­nah­men spa­ren kön­nen. Eine Steu­er­re­form, die kei­ne Reform ist, son­dern wie­der mal ein „Geschen­ke ver­tei­len“ an Grup­pen, die es wirk­lich nicht nötig hät­ten: Der Gewinn­frei­be­trag, der je nach Dar­stel­lung zwi­schen 150–300 Mio. Euro kos­ten wird, und damit den Selb­stän­di­gen neben der Tarif­ent­las­tung eine 2. Ent­las­tung bie­tet. Der Fami­li­en­frei­be­trag, der 220 Mio. Euro kos­tet und nur den Bes­ser­ver­die­nen­den was brin­gen wird, das Schie­ben der Bemes­sungs­grund­la­ge für den Spit­zen­steu­er­satz von 51.000 auf 60.000 Euro, was 120 Mio. Euro kos­ten wird, sogar die Ver­dop­pe­lung der Absetz­bar­keit der Kir­chen­bei­trä­ge wird unter den Begriff „Steu­er­re­form“ sub­su­miert und damit unter die kon­junk­tur­po­li­ti­sche Maßnahmen.

Viel Geld wird also aus­ge­ge­ben. Aller­dings – wie bereits beschrie­ben –wenig ziel­ge­rich­tet und mit nied­ri­ger Beschäftigungswirkung.

Immer wie­der wird ins Tref­fen geführt, dass so früh gehan­delt wur­de. Die öko­no­mi­schen Bedin­gun­gen haben sich aller­dings wei­ter dra­ma­tisch ver­schlech­tert: Als das letz­te so genann­te Kon­junk­tur­pa­ket ange­dacht wur­de, gin­gen die Wirt­schafts­for­schungs­in­sti­tu­te noch von rund 30.000 Arbeits­lo­sen zusätz­lich aus. Jetzt wird schon mit annä­hernd 100.000 Per­so­nen gerech­net. Und die Pro­gno­sen wer­den schlech­ter, nicht bes­ser. Trotz­dem wur­den seit­her kei­ne zusätz­li­chen Kon­junk­tur­pa­ke­te beschlos­sen. Einen umfas­sen­den Schutz­schirm gibt es bis jetzt nur für die Ban­ken und die Banker.

Vie­le wer­den dage­gen im Regen ste­hen bleiben.

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Prölls Kampfansage

Mai. 3rd 2009 — 21:48

Finanz­mi­nis­ter Pröll hielt sei­ne ers­te Bud­get­re­de. Sie war eine Kampf­an­sa­ge. Eine Kampf­an­sa­ge an die Kri­se, wie er es bezeichnete?

Wohl kaum.

Die Kon­junk­tur­pa­ke­te, die die Regie­rung bis jetzt beschlos­sen hat, inkl. Steu­er­re­form, dem letzt­jäh­ri­gen „Oster­frie­den“ und dem Maß­nah­men­pa­ket vom Herbst wer­den lt. OeNB eine Wachs­tums­wir­kung von 0,8% des BIP heu­er, und 1,4% des BIP nächs­tes Jahr ent­fal­ten. Mit einem kumu­lier­ten Beschäf­ti­gungs­ef­fekt von 25.000 Per­so­nen 2010. Dabei waren schon im April über 300.000 Men­schen in Öster­reich arbeits­los, wenn die Schu­lungs­teil­neh­me­rIn­nen mit­ge­zählt wer­den. Es ist also nicht alles eine Kon­junk­tur­maß­nah­me, auch wenn sie so bezeich­net wird. Aber das wäre einen eige­nen blog wert.

Was gibt es Posi­ti­ves zu berich­ten? Die Bud­gets wer­den expan­siv wir­ken, weil die auto­ma­ti­schen Sta­bi­li­sa­to­ren wir­ken. Mehr Geld gibt es also in den Berei­chen Arbeit und Sozi­al­ver­si­che­rung, aber auch Gesund­heit, Bil­dung, Wis­sen­schaft und Forschung.

Kaum jemand ist damit aber zufrie­den, weil von den Maß­nah­men des Regie­rungs­pro­gramms, die unter Finan­zie­rungs­vor­be­halt gestan­den sind (und dies war der über­wie­gen­de Teil) kaum eine umge­setzt wird. Die Ermes­sens­aus­ga­ben wur­den zudem gekürzt und der Per­so­nal­plan sieht bis 2013 Kür­zun­gen von 1.800 Stel­len vor, aus­ge­nom­men sind nur Bil­dung und Inne­res. Ach ja, an Ban­ken wer­den heu­er 10.300 Mio. Euro aus­be­zahlt wer­den. Die sind aller­dings zufrie­den damit.

War­um war die Rede Prölls trotz­dem eine Kampf­an­sa­ge? Die Kampf­an­sa­ge galt denen, die sich für Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit in die­sem Land ein­set­zen. „Man kann sicher­lich vie­les über Öster­reich behaup­ten, aber doch sicher nicht, dass es unse­rem Land an Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit man­gelt …“, ist da nach­zu­le­sen. Und „Die wirk­lich wich­ti­ge Fra­ge ist daher nicht: Wer zahlt die Kri­se?“ Son­dern? „Die ent­schei­den­de Fra­ge kann doch nur sein: Wie kön­nen wir die­se Kri­se mög­lichst schnell über­win­den? Und auch hier kann die Ant­wort nur sein: Wir alle gemeinsam.“

Wie­so sol­len wir nicht dar­über reden, wer die Kri­se bezah­len soll? Fast gleich­zei­tig mit dem Bud­get ist das Sta­bi­li­täts­pro­gramm an die EU ver­schickt wor­den, wo die Regie­rung schreibt, dass sie das Defi­zit bis 2012 wie­der unter 3 Pro­zent brin­gen will. Was heißt das? Das nächs­te Bud­get wird schon ein Kon­so­li­die­rungs­bud­get. Die ÖVP wehrt sich, Steu­ern zu erhö­hen. Zur Erin­ne­rung: Als 1997 erst­mals das Maas­tricht-Defi­zit unter 3% gedrückt wur­de, lag die Abga­ben­quo­te bei 44,4 Pro­zent. Als 2001 der unver­gleich­li­che Karl Heinz Gras­ser ein Null­de­fi­zit schrieb, lag die Abga­ben­quo­te gar bei 45,3 Pro­zent. Bei­de Male war die ÖVP in der Regierung.

Für 2010 und die Fol­ge­jah­re ist aller­dings eine Abga­ben­quo­te von 41,2 Pro­zent pro­gnos­ti­ziert – kein Wun­der, gehen doch die Steu­er­auf­kom­men aus Kör­per­schafts­steu­er, ver­an­lag­ter Ein­kom­mens­steu­er – nicht zuletzt auf­grund von Steu­er­pri­vi­le­gi­en – und Kapi­tal­ertrags­steu­er dra­ma­tisch zurück. Bei einem Defi­zit von 4,7% des BIP, dies soll auch in den Fol­ge­jah­ren noch so hoch sein. Wenn also ein­nah­men­sei­ti­ge Maß­nah­men getrof­fen wer­den wür­den, um die 3%-Grenze zu errei­chen, wür­de die Abga­ben­quo­te wie­der auf ca. 43% stei­gen. Dort lag sie 2008 auch. Sie liegt damit weit unter 1997 und 2001. Trotz­dem legt sich die ÖVP quer.

Die ÖVP macht eine Kampf­an­sa­ge, nicht an die Kri­se, son­dern an den Sozi­al­staat. Die­ser ver­teilt in Öster­reich vor allem aus­ga­ben­sei­tig um. Und dort soll gekürzt wer­den. Weil es für die ÖVP, wie wir gelernt haben, an vie­lem man­gelt, aber an Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit in Öster­reich noch viel zu viel gibt.

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Diskussion „… aller Länder vereinigt euch?“ am 6.5.

April. 23rd 2009 — 12:18

6. Mai um 19h30 an der Uni­ver­si­tät Wien  (Hör­saal 29)
„… aller Län­der ver­ei­nigt euch?“ Die Kri­se und Per­spek­ti­ven trans­na­tio­na­ler Solidarität

mit:
Andre­as Bie­ler (Cent­re for the Stu­dy of Social and Glo­bal Justice/​Nottingham)
Karin Fischer (Pro­jekt Inter­na­tio­na­le Entwicklung/​Wien)
Ilker Atac (Insti­tut für Politikwissenschaft/​Wien)

Ulrich Brand (Insti­tut für Politikwissenschaft/​Wien)


Die vor­herr­schen­den Kri­sen-Poli­ti­ken bewe­gen nicht nur Debat­ten über die Kon­ti­nui­tä­ten und Brü­che des so genann­ten Neo­li­be­ra­lis­mus. Sie füh­ren auch zur Fra­ge nach den Mög­lich­kei­ten sowie Hin­der­nis­sen für trans­na­tio­na­le Ant­wor­ten auf Aus­beu­tung, Dis­kri­mi­nie­rung und Ent­de­mo­kra­ti­sie­rung. Doch an wel­che Erfah­run­gen könn­te ange­knüpft wer­den? Und wel­che Ein­drü­cke bestehen ange­sichts bis­he­ri­ger Kri­sen-Bear­bei­tun­gen und Ent­wick­lun­gen? Dar­über wol­len wir diskutieren.

Ver­an­stal­tet von: Grü­ne Bil­dungs­werk­statt Wien, BEIGEWUM, ATTAC
unter­stützt durch: juri­di­kum, Perspektiven

im Rah­men der Rei­he „Ein ande­res Euro­pa ist notwendig!“


Ver­an­stal­tungs­be­richt

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Staatseuphorie ohne Strategie

April. 20th 2009 — 13:20

Zur Lage der Linken im Postneoliberalismus

Die aktu­el­le Wirt­schafts­kri­se hat auch unter den poli­tisch und öko­no­misch Herr­schen­den – wie bei­spiels­wei­se jüngst beim Welt­wirt­schafts­fo­rum in Davos – eine inten­si­ve Aus­ein­an­der­set­zung dar­über aus­ge­löst, was künf­tig ver­än­dert wer­den muss.

In der aktu­el­len Kri­se scheint es – zumin­dest auf den ers­ten Blick –, als wür­de das neo­li­be­ra­le Dog­ma eines Bes­se­ren belehrt. Aber auch wenn der­zeit Ban­ken ver­staat­licht und Vor­schlä­ge für eine Reregu­lie­rung der Finanz­märk­te dis­ku­tiert wer­den, so ist doch wei­ter­hin offen, inwie­weit damit ein Gestal­tungs­an­spruch staat­li­cher Poli­tik gegen die Inter­es­sen der star­ken Kapi­tal­grup­pen ein­her­geht. Denn es han­delt sich zuvor­derst – bei aller rui­nö­sen Kon­kur­renz – um eine Kri­sen­in­ter­ven­ti­on im Inter­es­se der domi­nan­ten Kräfte.

Im Grun­de geht es hier um die Neu­auf­la­ge eines keyne­sia­ni­schen Pro­gramms, bei dem der Staat kor­ri­gie­rend in öko­no­mi­sche Zyklen und die Macht des Kapi­tals ein­greift. Im Zuge der unter Lin­ken der­zeit gras­sie­ren­den Staats­eu­pho­rie sind Refle­xio­nen über die sich ver­än­dern­den For­men der Staats­in­ter­ven­ti­on seit den 70er Jah­ren – und beson­ders in der aktu­el­len Kri­se – aus­ge­spro­chen sel­ten anzu­tref­fen. Die Vor­schlä­ge der Kri­sen­be­ar­bei­tung blei­ben weit­ge­hend makro­öko­no­misch aus­ge­rich­tet. Letzt­lich ver­birgt sich hin­ter den meis­ten Dia­gno­sen eine dif­fu­se Hoff­nung auf die Ein­sichts­fä­hig­keit der poli­ti­schen und öko­no­mi­schen Eli­ten. Bei rea­lis­ti­scher Betrach­tung erweist sich die­se Hoff­nung jedoch als Illusion.

Nicht zufäl­lig kommt das Pro­blem der Hege­mo­nie in den meis­ten aktu­el­len Dia­gno­sen nicht vor. Kri­sen bedeu­ten nicht unbe­dingt eine Abkehr von der herr­schen­den Poli­tik, son­dern füh­ren oft zu deren gra­du­el­ler Erneue­rung und fes­ti­gen auf die­se Wei­se die zugrun­de lie­gen­den Herr­schafts­ver­hält­nis­se. Anto­nio Gram­sci nann­te das eine „pas­si­ve Revo­lu­ti­on“, in der Zustim­mung zur „gro­ßen Poli­tik“ und makro­öko­no­mi­schen Ent­wick­lung, aber auch hin­sicht­lich all­täg­li­cher Ori­en­tie­run­gen und Prak­ti­ken aus­ge­ar­bei­tet wird. Hier liegt denn auch der Kern des erfolg­ten neo­li­be­ra­len Gesell­schafts­um­baus. Er bestand ja nicht zuletzt dar­in, den Markt- und Kon­kur­renz­im­pe­ra­tiv tief in der Gesell­schaft, ja bis in die Sub­jek­te hin­ein zu ver­an­kern. Das ist mit der Kri­se nicht vorbei.

Der Staat ist aus herr­schen­der Per­spek­ti­ve teil­wei­se ein Opfer, vor allem jedoch ein Pro­blem­lö­ser, eine neu­tra­le Instanz und den gesell­schaft­li­chen All­ge­mein­in­ter­es­sen ver­pflich­tet. Der Staat soll’s rich­ten: Die­ses Ver­ständ­nis domi­niert der­zeit auch die Dis­kus­si­on um die Finanz­markt­kri­se. Dem­ge­gen­über ver­steht eine kri­ti­sche Ana­ly­se den Staat gera­de nicht als „neu­tra­le Instanz“, son­dern als sozia­les Ver­hält­nis oder genau­er: als insti­tu­tio­nell ver­dich­te­tes gesell­schaft­li­ches Kräf­te­ver­hält­nis, in dem die herr­schen­den Kräf­te domi­nie­ren und ihre Inter­es­sen leich­ter durch­set­zen kön­nen als die schwä­che­ren Akteure.

Der Staat, ins­be­son­de­re in den OECD-Län­dern, hat die Glo­ba­li­sie­rung kräf­tig vor­an­ge­trie­ben und wur­de zum „natio­na­len Wett­be­werbs­staat“ (Joa­chim Hirsch) transformiert.

Durch die Staats­in­ter­ven­ti­on wer­den Unter­neh­mens­ver­lus­te sozia­li­siert (Ban­ken­ret­tungs­schir­me), und die Kri­se selbst wird von mäch­ti­gen Kon­zer­nen dazu genutzt, geschwäch­te Kon­kur­ren­ten zu erwer­ben (bei­spiels­wei­se der Kauf der Dresd­ner Bank durch die Commerzbank).

Wäh­rend­des­sen gilt der Schutz der von Arbeits­lo­sig­keit Bedroh­ten (von sym­bo­lisch und für die herr­schen­de Poli­tik wich­ti­gen Kämp­fen wie jenen um Opel abge­se­hen) oder der im Zuge der Hypo­the­ken­kri­se ihre Häu­ser ver­lie­ren­den Men­schen als nachrangig.

Die kapi­ta­lis­ti­sche Ent­wick­lung pro­du­ziert jedoch nicht nur Kri­sen, son­dern auch ihre eige­nen Gegen­kräf­te in Form von Wider­stand und Alter­na­ti­ven. Die­se kön­nen reak­tio­när oder gar faschis­tisch sein, aber auch eman­zi­pa­to­risch und demokratisch.

Im Unter­schied zu den staats­zen­trier­ten Kri­sen­dia­gno­sen plä­die­re ich daher dafür, die unter­schied­li­chen Vor­schlä­ge und Stra­te­gien zur Kri­sen­be­ar­bei­tung mit dem Begriff des Post­neo­li­be­ra­lis­mus zu fas­sen. Anders als im Dis­kurs vom „Ende des Neo­li­be­ra­lis­mus“ und der „Rück­kehr des Staa­tes“ gera­ten auf die­se Wei­se die Brü­che, aber eben auch die Kon­ti­nui­tä­ten in den Blick. Kurz: Post­neo­li­be­ra­le Stra­te­gien bedeu­ten nicht per se eine Abkehr von neo­li­be­ra­ler Poli­tik; mit dem Begriff wer­den viel­mehr unter­schied­li­che Optio­nen der Kri­sen­be­ar­bei­tung in den Blick genom­men. Dies erlaubt eine prä­zi­se­re Ein­schät­zung der gesell­schaft­li­chen Kräf­te­ver­hält­nis­se, die sich in ein­zel­nen gesell­schaft­li­chen Kon­flikt­fel­dern durch­aus unter­schied­lich ausformen.

Aus eman­zi­pa­to­ri­scher Per­spek­ti­ve geht es dar­um, Ant­wor­ten auf die drän­gen­den Pro­ble­me wie sozia­le Spal­tung und Ver­ar­mung, Angst und die Pri­va­ti­sie­rung der Risi­ko­ab­si­che­rung, öko­lo­gi­sche Kri­se und Zunah­me der Gewalt zu fin­den. Gleich­zei­tig gilt es, die herr­schaft­li­chen Defi­ni­tio­nen der „drän­gen­den Pro­ble­me“ zurück­zu­wei­sen und zu ver­än­dern. Die Eng­füh­rung der meis­ten Miss­stän­de auf die aktu­el­le Finanz- und sich anbah­nen­de Wirt­schafts­kri­se ist pro­ble­ma­tisch, denn eine sol­che Reduk­ti­on der Ursa­chen ten­diert dazu, einen unde­mo­kra­ti­schen Eta­tis­mus zu begüns­ti­gen. Die­ser setzt die sozia­le Spal­tung fort bzw. ver­tieft sie wei­ter – nicht zuletzt auch dadurch, dass er die Kri­sen der Öko­lo­gie, der Inte­gra­ti­on, der Sicher­heit und der Demo­kra­tie für zweit­ran­gig erklärt.

Die­ses Pro­blem wird ana­ly­tisch dadurch gewis­ser­ma­ßen „ver­dop­pelt“, dass einer (guten) Real­öko­no­mie die aus dem Ruder gelau­fe­nen (schlech­ten) Finanz­märk­te gegen­über­ge­stellt wer­den, die es in Kom­bi­na­ti­on mit pro­gres­si­ver Ver­tei­lungs­po­li­tik zu „ent­schleu­ni­gen“ gel­te. Aber ist es denn über­haupt wün­schens­wert, rein makro­öko­no­misch die Wirt­schaft wie­der „anzu­kur­beln“, anstatt die aktu­el­len Mög­lich­kei­ten dafür zu nut­zen, eine qua­li­ta­tiv und von den kom­ple­xen Anreiz- und Bedürf­nis­struk­tu­ren her ganz ande­re Lebens­wei­se als die impe­ria­le durchzusetzen?

Für alle Kon­flikt­fel­der und umfas­sen­de gegen­he­ge­mo­nia­le Stra­te­gien gilt: Ent­schei­dend wird sein, ob die Macht der Kapi­tal- und Ver­mö­gens­be­sit­zer – samt ihrer poli­tisch-insti­tu­tio­nel­len, media­len und wis­sen­schaft­li­chen Absi­che­rung – wirk­lich in Fra­ge gestellt wer­den kann und ob ein Umbau der Pro­duk­ti­ons- und Lebens­wei­se akzep­tiert wird. Denn eines soll­te nicht über­se­hen wer­den: Der neo­li­be­ra­le Gesell­schafts­um­bau wur­de und wird auch des­halb breit akzep­tiert, weil er die impe­ria­le Lebens­wei­se der Bevöl­ke­rungs­mehr­heit in den Län­dern des glo­ba­len Nor­dens und der Mit­tel­klas­sen in den Län­dern des glo­ba­len Südens absichert.

In der lin­ken Dis­kus­si­on sind alter­na­ti­ve Ansät­ze kaum zu fin­den, wer­den die unter­schied­li­chen Kri­sen­di­men­sio­nen und Pro­blem­ebe­nen bis heu­te nicht zusam­men­ge­dacht. So wird der Wider­spruch zwi­schen kurz- und mit­tel­fris­ti­gen Kri­sen­in­ter­ven­tio­nen und dem gleich­zei­tig not­wen­di­gen Umbau der Ener­gie- und Res­sour­cen­ba­sis des glo­ba­len Nor­dens nur sel­ten benannt. Dies könn­te in den kom­men­den Jah­ren das in vie­ler­lei Hin­sicht pro­ble­ma­ti­sche Pro­jekt eines „grü­nen New Deal“ zu der ver­meint­lich lin­ken sozi­al-öko­lo­gi­schen „Alter­na­ti­ve“ machen. Hier liegt eine gro­ße intel­lek­tu­el­le, stra­te­gi­sche und poli­ti­sche Aufgabe.

Der weit­rei­chen­den Ent­po­li­ti­sie­rung muss mit einer gesell­schaft­li­chen Mobi­li­sie­rung ent­ge­gen­ge­ar­bei­tet wer­den, deren Vor­aus­set­zung es ist, die „Par­zel­lie­rung“ der gesell­schaft­li­chen Pro­ble­me in Poli­tik­be­rei­che und ent­spre­chen­de Lösungs­an­sät­ze aufzuheben.

(Eine Lang­ver­si­on des Bei­trags erschien in „Blät­ter für deut­sche und inter­na­tio­na­le Poli­tik“, April 2009).

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