Political Meddling
Ein aktueller Nachtrag zu den „politischen Intellektuellen:“ Bisher konnten sich gerade ÖkonomInnen in Österreich noch zu jenen zählen, die sich von politischer Einflussnahme vergleichsweise frei machen konnten. Ein Grund neben anderen dafür ist das überparteiliche Wifo, eine der (wenigen) sozialwissenschaftlichen Errungenschaften der Zweiten Republik. Jetzt wird der dieser Einrichtung zugrunde liegende, politische Stillhaltevertrag grade aufgekündigt. Und warum?
Wifo-Chef Aiginger habe seine Mitarbeiter schlichtweg nicht mehr im Griff, wird kritisiert. Vor allem die prononciert „roten“ Wifo-Experten Margit Schratzenstaller, Stephan Schulmeister und Markus Marterbauer würden sich in der Öffentlichkeit ständig zu Wort melden – mit politisch eindeutigen Botschaften.
Man kann sich die Sorgenfalten am Schwarzspanierplatz lebhaft vorstellen. Jedenfalls ist der Vorfall ein deutliches Indiz, dass in der aktuellen Krise nicht nur der medial ausgetragene Konflikt um den „richtigen Kurs“ in der Wirtschaftspolitik schärfer wird. Jetzt soll – als Reaktion darauf – Macht exerziert werden. „Political Meddling“, wie es in den USA so schön heisst.
Was lernen wir daraus? Offenbar ist man an verschiedenen Stellen ganz schön nervös. Dass die Initiative offenbar von Raiffeisen (mit einem an sich eher unbedeutenden Jahresbeitrag) ausging, verstärkt den Eindruck. Die PR dieses schwarzen Konglomerats war in letzter Zeit ja nicht die beste. Von „nur über meine Leiche“ (Christian Konrad) ist man dort schnell dazu übergegangen, Geld von der Regierung zu nehmen. Das stellt vorerst zwar noch niemand in Frage. Aber besser gar nix anbrennen lassen.
Die Geschichte stellt auch einen ziemlich offenen Angriff auf das von WissenschaftlerInnen (zu recht) hochgehaltene Prinzip der „akademischen Freiheit“ dar. In diesem Zusammenhang ist das Wifo zwar in einer ungünstigen Position: Mehr Think Tank als Grundlagenforschungsinstitut. Aber trotzdem ist festzustellen, dass diese Institution für die heimischen Sozialwissenschaften sicher mindestens so wichtig ist wie CERN für die Physiker. Leider lehrt mich die Erfahrung, hinsichtlich der Reaktionen aus der Community pessimistisch zu sein: So wirklich tangiert das in Österreich wohl niemanden.