Mythos: „Privatisierungen helfen, Staatshaushalte wieder ins Lot zu bringen“
In den Regierungsverhandlungen Ende 2013 wurde davon gesprochen, verstärkt auf Privatisierungen zu setzen, um das vermeintliche Budgetloch zu stopfen. Die Forderung nach Privatisierungen ist dabei nicht neu – oft wurde in den vergangen Jahren der Wirtschafts- und Finanzkrise von Privatsierungen als Lösung gesprochen, und den so genannten „Krisenstaaten“ seitens der Troika als Heilkur verordnet. Was ist aber dran am Mythos? Bringen Privatisierungen von Staatseigentum den Staatshaushalt wieder ins Lot?
Nein, so kann in Kürze geantwortet werden. Denn Privatisierungen sind langfristig gesehen nichts anderes, als der Versuch, Lebensbereiche der kollektiven Gestaltungsmöglichkeit zum Zweck der privaten Gewinnmöglichkeit zu entziehen. Die Folgen sind stärkere Einkommens- und Vermögenskonzentration – und dies meist in Gleichschritt mit dem Ausbleiben der vermeintlichen Verbesserungen für die Bevölkerung. Dies alles wirkt sich eher negativ auf die langfristige soziale und ökonomische Situation einer Volkswirtschaft aus.
Ein weiteres Argument ist, dass mit dem Verkauf von Staatseigentum die Beteiligungserträge in den Folgejahren wegfallen. Ob hier die Einsparung an Zinsen durch den Schuldenabbau mittels Privatisierungserlöse im Gegensatz höher liegen, kann bezweifelt werden. Zudem ist speziell in Krisenjahren mit besonders geringen Privatisierungserlösen zu rechnen, da die allgemeine Wirtschaftslage die Ertragsaussichten und damit die Bewertung eines jeden einzelnen Unternehmens beeinflusst. Zudem können Privatisierungen für die vielbeschworene Maastricht-Berechnung nicht herhalten – sie werden schlicht in der europäischen Defizitrechnung nicht berücksichtigt.
Interessant ist aber jedenfalls, dass die Debatte zu Beginn der Krise einen anderen Fokus hatte – hier wurde verstärkt auf Verstaatlichungen und weiteren wirtschaftlichen Unterstützungsmaßnahmen seitens der öffentlichen Hand z.B. im Rahmen der Bankenrettung gesetzt. Die Entwicklung der letzten Jahre kann also so zusammengefasst werden – Privatisierung der Gewinne, Sozialisierung der Verluste. Ganz im Gegenteil sollte aber bei öffentlichen Unternehmen der Gestaltungsauftrag gestärkt werden, um gesellschaftliche Interessen zu wahren. Denn viele Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge wie der Zug, die Pflege oder das Wasser wären ohne staatliches Engagement nicht überall oder nur für die Wohlhabenderen einer Gesellschaft verfügbar.
Beim vorliegenden Beitrag handelt es sich um die gekürzte Version eines Kapitels aus dem Buch „Mythen des Sparens. Antizyklische Alternativen zur Schuldenbremse“. Dieses wurde 2013 vom BEIGEWUM (Beirat für gesellschafts‑, wirtschafts- und umweltpolitische Alternativen) herausgegeben und wendet sich an alle, die der Behauptung „Sparen sei das Gebot der Stunde“ fundierte Argumente entgegensetzen wollen. Es werden zentrale Mythen aus den Bereichen „Schulden“, „Sparen“ und der damit verbundenen EU-Politik kritisch hinterfragt und die dahinterstehenden Zusammenhänge erklärt. Das Buch ist im VSA-Verlag erschienen und kann hier bestellt werden:
http://www..vsa-verlag.de/nc/detail/artikel/mythen-des-sparen/