wirtschaftskrise – BEIGEWUM

Stichwort: wirtschaftskrise


Staatsfinanzierung durch die EZB: Ein notwendiger Tabubruch

Januar. 22nd 2015 — 15:48

Aus gege­be­nem Anlass ver­öf­fent­li­chen wir vor­ab einen Beitrag(sentwurf) von Ste­fan Ede­rer, Lisa Mit­ten­drein und Valen­tin Schwarz, der im Debat­ten­fo­rum des Kurs­wech­sel 1/​2015 erschei­nen wird. Sie kri­ti­sie­ren dar­in ins­be­son­de­re das auch durch die heu­ti­ge EZB-Ent­schei­dung unan­ge­tas­te­te Dog­ma des Ver­bots der Finan­zie­rung höhe­rer staat­li­cher Defi­zi­te durch die Zen­tral­bank. wei­ter­le­sen »

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Kurswechsel 4/2013: Feministische Beiträge zur Krisenanalyse und -überwindung: Der neue KuWe ist da!

Februar. 26th 2014 — 10:10

Der neue KuWe ist da! 

Im Zuge der glo­ba­len Finanz- und Wirt­schafts­kri­se wur­de die Main­stream-Öko­no­mie aus unter­schied­lichs­ten Per­spek­ti­ven kri­ti­siert, trotz metho­do­lo­gi­scher und polit-öko­no­mi­scher Schwach­stel­len sowie ideo­lo­gi­scher Ein­sei­tig­keit hat sie ihren Sta­tus als „herr­schen­de“ Leh­re aber behaup­ten kön­nen. Wirt­schafts- und Finanz­ex­per­tIn­nen­tum hat nicht an Macht und Ein­fluss ver­lo­ren, im Gegen­teil, kaum je zuvor war es medi­al und poli­tisch so prä­sent wie in den letz­ten Jah­ren. Macht- und herr­schafts­kri­ti­sche Zugän­ge wären daher für die Ana­ly­se der gegen­wär­ti­gen mul­ti­plen Kri­se und die Kri­sen­be­wäl­ti­gung zen­tral, kom­men aber viel zu kurz. Das vor­lie­gen­de Heft soll hier­zu einen Bei­trag aus der Per­spek­ti­ve der femi­nis­ti­schen Öko­no­mie leisten.


Best­telt wer­den kann das Heft hier.

Zum Inhalts­ver­zeich­nis: http://www.beigewum.at/kurswechsel/jahresprogramm-2013/heft-42013-feministische-krisenanalysen/

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Neues BEIGEWUM-Buch: Mythen des Sparens

Mai. 26th 2013 — 15:38

Antizyklische Alternativen zur Schuldenbremse

Die Finanz- und Wirt­schafts­kri­se ist längst zu einer Ver­schul­dungs­kri­se der Staa­ten gewor­den, zumin­dest wenn man den Main­stream-Medi­en und der Mehr­zahl der Poli­ti­ke­rin­nen und Poli­ti­ker Glau­ben schenkt: Spa­ren sei das Gebot der Stun­de, an dem kein Aus­weg vor­bei zu füh­ren scheint. Grund genug für ein neu­er­li­ches Buch­pro­jekt als „Fort­set­zung“ unse­res 2010 erschie­nen Buchs „Mythen der Kri­se“.

Mit unse­rem neu­es­ten Buch wol­len wir auf­zei­gen, dass es sich hier­bei nur um einen wei­te­ren wirt­schafts­po­li­ti­schen Mythos han­delt. Doch war­um kom­men die­se Mythen so gut bei den Men­schen an? Und wel­che Aus­wir­kun­gen haben die Spar­maß­nah­men auf die Bevöl­ke­rung, die Wirt­schaft und sogar auf die Demokratie?

Dar­ge­stellt wer­den die wich­tigs­ten Mythen zu »Schul­den« und »Spa­ren«. Die­se wer­den kri­tisch hin­ter­fragt und die dahin­ter­ste­hen­den öko­no­mi­schen Zusam­men­hän­ge erklärt. Auch die Ebe­ne der EU-Poli­tik und der dort kur­sie­ren­den Mythen kommt nicht zu kurz.

Lese­pro­be, wei­ter­füh­ren­de Infos und Bestell­mög­lich­keit gibt es direkt beim VSA-Ver­lag – oder bei einer unse­rer kom­men­den Ver­an­stal­tun­gen.

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10.6.2013: Über Österreich, Deutschland und Europa. Vor der Wahl ist nach der Wahl.

Mai. 26th 2013 — 15:22


Podiumsdiskussion „Über Österreich, Deutschland und Europa. Vor der Wahl ist nach der Wahl.“


Mo., 10. Juni, 18:30 in der Fach­buch­hand­lung des ÖGB-Ver­lags (Rat­haus­stra­ße 21, 1010 Wien) oder online.

Dis­kus­sion mit Jana Schult­heiss (BEIGEWUM/​Buch­pro­jekt „Mythen des Spa­rens“), Wolf­gang Lieb (Nach­Denk­Sei­ten), Mar­kus Mar­ter­bau­er (AK Wien/​Blog Arbeit&Wirtschaft); Mode­ra­tion: Katha­rina Klee (Zeit­schrift Arbeit&Wirtschaft)


Anmel­dung: veranstaltung@oegbverlag.at oder auf Face­book


Im Herbst 2013 fin­den Natio­nal­rats­wah­len in Öster­reich und die Bun­des­tags­wahl in Deutsch­land statt, im Mai 2014 dann auch die Euro­pa­wahl. Sowohl Deutsch­land als auch Öster­reich sind im Ver­gleich mit den meis­ten ande­ren EU ‑Län­dern gut durch die Kri­se gekom­men. Gleich­zei­tig mei­nen vie­le, die bei­den Län­der hät­ten weni­ger zur Lösung der Kri­se bei­getra­gen als sie wirt­schaft­lich könn­ten und man poli­tisch von ihnen erhof­fen wür­de. Deutsch­land ver­schärft durch sei­ne Vor­ga­ben sogar den Aus­teri­täts­kurs, die Wett­be­werbs­ori­en­tie­rung und die neo­li­be­ra­le Aus­rich­tung der EU ‑Stra­te­gie und auch Öster­reich muss sich den Vor­wurf gefal­len las­sen, nicht viel dage­gen zu tun. Wo aber sind die tat­säch­li­chen Spiel­räu­me für eine alter­na­ti­ve, eman­zi­pa­to­ri­sche Wirt­schafts- und Beschäf­ti­gungs­po­li­tik in der EU?


Eine Ver­an­stal­tung der „Arbeit&Wirtschaft“ in Koope­ra­ti­on mit den Nach­Denk­Sei­ten, dem ÖGB-Ver­lag und dem BEIGEWUM … mit anschlie­ßen­dem Buffet.


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Zeit zur Umkehr

März. 18th 2013 — 18:51

Der Ver­gleich von EU-Pro­gno­sen für die Kri­sen­staa­ten und deren Ent­wick­lung seit 2007 zeigt, wie nötig ein Rich­tungs­wech­sel in Theo­rie und Poli­tik ist. Die Aus­teri­täts­po­li­tik in den soge­nann­ten Pro­gramm­län­dern in der EU hat zuneh­mend kata­stro­pha­le Fol­gen, und die Pro­gno­sen sind stets bes­ser als das Ergebnis.

Eine Theo­rie, deren Pro­gno­sen regel­mä­ßig falsch lie­gen, soll­te laut Sir Karl Pop­per ver­wor­fen wer­den. Eine Kon­junk­tur­po­li­tik, die nur dar­in besteht, die Hoff­nung auf den Auf­schwung auf den in der Zukunft lie­gen­den Pro­gno­se­ho­ri­zont zu ver­schie­ben, eben­falls. Bei­des trifft auf die momen­ta­ne Poli­tik der Troi­ka zu. Zunächst wur­de die Kri­se etwas zu pes­si­mis­tisch ein­ge­schätzt; es wur­de eine expan­si­ve Wirt­schafts­po­li­tik ein­ge­schla­gen. Doch seit 2010 herrscht in den Pro­gno­sen über­trie­be­ner Opti­mis­mus, und in den Pro­gramm­län­dern wird eisern gespart.

In Grie­chen­land war die Ent­wick­lung beson­ders schlimm. Im Mai 2010 hoff­te man noch für 2011 mit einem wei­te­ren Minus von 4% gegen­über 2009 aus der Kri­se zu kom­men. Im Novem­ber 2010 rech­ne­te man schon mit einem Minus von 7% für 2011. Dies setz­te sich von Jahr zu Jahr fort: 2013 glaub­te man nun mit gut 20% Ver­lust an Wirt­schafts­leis­tung sei die Tal­soh­le erreicht. Es ist zu hof­fen, dass die­se Pro­gno­se nun nicht noch­mals nach unten kor­ri­giert wird. An der kata­stro­pha­len Per­for­mance von Pro­gno­sen und Poli­tik ändert das aller­dings nichts mehr.

Die fol­gen­den Gra­fi­ken zei­gen die Ent­wick­lung des rea­len BIP im Ver­gleich zu 2009, anhand der zu den jewei­li­gen Zeit­punk­ten erstell­ten Pro­gno­sen. Die Pro­gno­se vom Febru­ar 2013 ent­hält für die Jah­re bis 2011 die tat­säch­li­chen und für 2012 die vor­läu­fi­gen Werte.

In Irland lie­gen Pro­gno­sen und Poli­tik eben­falls unter den Erwar­tun­gen. Der ein­zi­ge, wenn auch schwa­che Trost ist, dass es in Irland zumin­dest lang­sam bes­ser wird.

Sor­gen berei­tet das Bild für Por­tu­gal und Spa­ni­en. Hier scheint es momen­tan zu einem Wech­sel vom iri­schen Regen in die grie­chi­sche Trau­fe zu kom­men. Sah es zunächst noch nach lang­sa­mer Erho­lung aus, so scheint seit 2011 ein mas­si­ver Ein­bruch im Gan­ge zu sein. Ein Grund mehr, Theo­rie und Poli­tik zu wechseln.

Ange­sichts die­ser Bil­der ist es kein Wun­der, dass die DG Eco­fin die adjus­t­ment Pro­gram­me für Grie­chen­land, Irland, Por­tu­gal und für Spa­ni­ens Finanz­sek­tor stets mit fol­gen­dem Dis­c­lai­mer versieht:

Neit­her the Euro­pean Com­mis­si­on nor any per­son acting on its behalf may be held respon­si­ble for the use which may be made of the infor­ma­ti­on con­tai­ned in this publication.”

Na ja, wenn sie damit durchkommt.

PS: Ein Lob muss man der DG Eco­fin jedoch machen: Die­se Dar­stel­lun­gen wären nicht mög­lich gewe­sen, wenn die DG nicht schon seit Län­ge­rem ihre AMECO Daten­bank mit den Makro-Daten (ein­schließ­lich der Pro­gno­sen) im Inter­net öffent­lich zur Ver­fü­gung stell­te. 

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Spanien als Musterbeispiel für scheiternde europäische Austeritätspolitik

April. 2nd 2012 — 14:33

Trotz – bzw. gera­de wegen – meh­re­rer Spar­pa­ke­te und Schul­den­brem­se in der Ver­fas­sung fin­det Spa­ni­en kei­nen Halt. Zusätz­lich zur pro­gnos­ti­zier­ten Schrump­fung der Wirt­schaft um 1,7 % und wei­ter­hin stei­gen­der Arbeits­lo­sig­keit (Stand Febru­ar: 23,6 %; Jugend­ar­beits­lo­sig­keit 50,5 %) kommt nun ein neu­er­li­ches Spar­pa­ket, das die Rezes­si­on merk­lich ver­schär­fen wird. Damit ent­wi­ckelt sich das bud­get­po­li­tisch vor der Kri­se als vor­bild­lich gel­ten­de Spa­ni­en neu­er­lich zu einem Vor­zei­ge-Mit­glied­staat – dies­mal aller­dings für eine schei­tern­de euro­päi­sche Austeritätspolitik.

Meh­re­re Fak­to­ren tra­gen zu die­sem Schei­tern bei. Der wich­tigs­te ist die Wirt­schafts­kri­se, die auf­grund der natio­na­len Immo­bi­li­en­kri­se deut­lich stär­ker aus­fiel und auch nicht so rasch über­wun­den wer­den konn­te wie zB in Deutsch­land und Öster­reich. Die Arbeits­lo­sig­keit hat sich in den letz­ten drei Jah­ren bei­na­he ver­drei­facht, wodurch ein immenser Steu­er­aus­fall sowie ein hoher Anstieg der Sozi­al­kos­ten folg­ten. Gleich­zei­tig kamen die Ban­ken auf­grund der geplatz­ten Immo­bi­li­en­bla­se in beson­de­re Bedräng­nis. Der Staat hat­te damit beson­de­re Belas­tun­gen zu tra­gen und ein Kon­junk­tur­pa­ket zu finan­zie­ren, um den Absturz zu brem­sen. So dreh­te der Maas­tricht-Sal­do von einem Über­schuss von knapp 2 % des BIP 2007 auf ein Rekord­de­fi­zit von 11,2 % des BIP 2009.

Ein wei­te­rer Fak­tor ist die poli­ti­sche Dyna­mik. Der Plan der sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Min­der­heits­re­gie­rung Zapa­tero bestand 2009 aus Opti­mis­mus und einem ambi­tio­nier­ten mit­tel­fris­ti­gen Kon­so­li­die­rungs­plan, der die EU-Vor­ga­ben – mind. ‑6 %p. in den kom­men­den vier Jah­ren – über­erfül­len wür­de. Die­ser Plan schei­ter­te im Früh­jahr 2010, als in Fol­ge der Grie­chen­land-Panik die Zin­sen auf spa­ni­sche Staats­an­lei­hen in unge­ahn­te Höhen schos­sen, die nega­ti­ve Wirt­schafts- und Beschäf­ti­gungs­ent­wick­lung wei­ter ging und gleich­zei­tig auf Euro­päi­scher Ebe­ne klar­ge­stellt wur­de, dass es kei­ne wesent­li­che Hil­fe zu erwar­ten gab. Ein har­tes Not-Spar­pro­gramm soll­te sicher­stel­len, dass die euro­päi­sche Kon­so­li­die­rungs­vor­ga­be von durch­schnitt­lich 1,5 %p. des BIP pro Jahr bereits 2010 und 2011 erfüllt wer­den – trotz pro­gnos­ti­zier­ter Rezes­si­on 2010.

Gefangen in der Spirale nach unten

2010 wur­den die Zie­le auch weit­ge­hend erfüllt, aller­dings nicht 2011: Statt den ange­streb­ten 6 % erreich­te das Defi­zit 8,5 % des BIP. Schuld war aller­dings nicht die alte, Ende Novem­ber abge­wähl­te Zen­tral­re­gie­rung. Die hat­te ihr Spar­pro­gramm trotz deut­lich schlech­te­rer Beschäf­ti­gungs- und damit Bud­get­ent­wick­lung durch­ge­zo­gen. Mit einem Defi­zit von 5,1 statt 4,8 % des BIP ver­fehl­te sie ihr Ziel nur knapp (bzw. 5,2 statt 4,4 %p. inklu­si­ve Sozi­al­ver­si­che­rung). Der über­wie­gen­de Teil der Defi­zit-Ver­feh­lung ging auf die Kon­ten der fast aus­schließ­lich kon­ser­va­tiv regier­ten Bun­des­län­der (die aber eben­falls erheb­li­che Spar­an­stren­gun­gen unter­nah­men). Bezeich­nend für den eiser­nen Spar­wil­len war eine Mel­dung in ElPaís Anfang Okto­ber, wonach der öffent­li­che Sek­tor in eini­gen Mona­ten bereits einen grö­ße­ren Bei­trag zum Zuwachs zur Arbeits­lo­sig­keit lie­fer­te als der private.

Wie auch immer, mit die­sem hohen Defi­zit-Start­wert und der sich ver­schär­fen­den Rezes­si­on (statt dem Ende 2010 pro­gnos­ti­zier­ten Wachs­tum von 1,7 % wird nun mit minus 1 bis 2 % gerech­net) wur­de klar, dass 2012 weder das ursprüng­li­che Defi­zit­ziel von 5,3 % des BIP vom Juni 2010 noch das bis Jah­res­en­de 2011 auf­recht erhal­te­ne ambi­tio­nier­te Ziel von 4,4 % des BIP erreicht wer­den kön­nen. Dar­an wird auch der eben erst beschlos­se­ne radi­ka­le Abbau der Arbeits­markt­stan­dards (bei Umsatz­rück­gang dür­fen Arbeit­ge­be­rIn­nen Arbeits­ver­trä­ge ver­schlech­tern, leich­te­re Kün­di­gung auch lang­jäh­rig Beschäf­tig­ter, etc.), der gemäß OECD, EU-Kom­mis­si­on und spa­ni­scher Regie­rung Beschäf­ti­gung schaf­fen soll, nichts ändern.

Europäische Wirtschaftspolitik versagt

An die­ser Stel­le kommt der Fak­tor „Ver­sa­gen der euro­päi­schen Wirt­schafts­po­li­tik“ zu tra­gen. Am spa­ni­schen Bei­spiel offen­bar­te sich die Absur­di­tät der Eco­no­mic-Gover­nan­ce/­Six-Pack/­Fis­kal­pakt-Debat­te: Obwohl es eine Kon­junk­tur­klau­sel gibt, die eine Stre­ckung des Kon­so­li­die­rungs­pfa­des pro­blem­los erlau­ben wür­de, und obwohl selbst die ver­schärf­ten Spar­vor­ga­ben hin­sicht­lich des mit­tel­fris­ti­gen struk­tu­rel­len Defi­zits wie auch schon vor der Kri­se ein­ge­hal­ten wer­den, wird bei­des igno­riert und wei­ter­hin an der dümms­ten aller Vor­ga­ben – näm­lich dem von der Kon­junk­tur­ent­wick­lung maß­geb­lich bestimm­ten Maas­tricht-Defi­zit – fest­ge­hal­ten. Der Rat der Finanz­mi­nis­te­rIn­nen kam der spa­ni­schen Regie­rung nur inso­fern ent­ge­gen, als dass nun wie­der die alte Pro­gno­se für den Defi­zit­pfad mit 5,3 % des BIP 2012 (neben den unver­än­der­ten 3 % im Jahr 2013) als ver­pflich­ten­der Ziel­wert gilt. Detail am Ran­de: gemäß ElPaís übte sich eine klei­ne Grup­pe von Hard­li­ne­rIn­nen – dar­un­ter natür­lich auch die öster­rei­chi­sche Ver­tre­te­rin – in völ­li­ger Rea­li­täts­ver­wei­ge­rung mit der For­de­rung Spa­ni­en müs­se am Defi­zit-Ziel von 4,4 % des BIP festhalten.

Mit die­sem Beschluss haben die euro­päi­schen Finanz­mi­nis­te­rIn­nen eines klar zum Aus­druck gebracht: Es ist ihnen ernst mit der in der Reform der Eco­no­mic Gover­nan­ce ange­leg­ten und mit dem Fis­kal­pakt voll­ende­ten Ver­un­mög­li­chung einer aus­ge­wo­ge­nen Wirt­schafts­po­li­tik. Immer­wäh­ren­de Aus­teri­täts­po­li­tik plus Wett­be­werbs­fä­hig­keit ste­hen über Wohl­stand, des­sen Ver­tei­lung, nied­ri­ge Arbeits­lo­sig­keit oder öko­lo­gi­sche Nach­hal­tig­keit. Die spa­ni­sche Regie­rung bemüht sich trotz­dem dies­be­züg­lich Mus­ter­schü­le­rin zu blei­ben: Statt Pro­gram­me gegen die gras­sie­ren­de Arbeits­lo­sig­keit, Armut oder für leist­ba­re Woh­nun­gen (seit 2008 wur­den bereits etwa 1 % der Haus­hal­te delo­giert; selbst Erwach­se­ne müs­sen viel­fach bei ihren Eltern woh­nen) wur­de ver­gan­ge­nen Frei­tag das bereits zwei­te Spar­pa­ket in nur 100 Tagen prä­sen­tiert. Die Kon­so­li­die­rung der Zen­tral­re­gie­rung soll 27,3 Mrd Euro (über 2,5 % des BIP) betra­gen. Hin­zu kommt eine Ver­ein­ba­rung mit Län­der und Gemein­den, wonach die­se ihr Defi­zit 2012 um 1,7 % des BIP sen­ken müs­sen (wobei ein unbe­stimm­ter Teil davon bereits in den 2,5 % aus dem Zen­tral­re­gie­rungs­pa­ket ent­hal­ten sein dürfte).

Scheitern vorprogrammiert

Die­ser Plan wird aller­dings nicht genü­gen um das Defi­zit tat­säch­lich aus­rei­chend zu sen­ken, da die nega­ti­ven Rück­kop­pe­lungs­ef­fek­te auf Wachs­tum und Beschäf­ti­gung nicht ein­ge­rech­net zu sein schei­nen. Die Kür­zun­gen in den Minis­te­ri­en von durch­schnitt­lich 17 % wer­den jedoch sehr deut­li­che Aus­wir­kun­gen haben – vor allem da bei Inves­ti­tio­nen oder akti­ver Arbeits­markt­po­li­tik über­pro­por­tio­nal gespart wird. Damit wird die Jugend­ar­beits­lo­sig­keit wohl noch län­ger über 50 % blei­ben und die sozia­le Kri­se verschärfen.

Inter­es­sant ist die Reak­ti­on auf euro­päi­scher Ebe­ne: das deut­sche EZB-Direk­to­ri­ums­mit­glied for­der­te gemäß ElPaís, dass das Kon­so­li­die­rungs­pa­ket per Not­stands­ge­setz­ge­bung beschlos­sen wer­den soll­te um eine schnellst­mög­li­che Umset­zung sicher­zu­stel­len. Was das alles mit glaub­wür­di­ger Bud­get­po­li­tik oder einer Über­win­dung der Kri­se in der Euro­zo­ne zu tun hat, so wie auf euro­päi­scher Ebe­ne mehr­fach fan­ta­siert wur­de, bleibt ein offe­nes Rät­sel. Es wür­de im Gegen­teil nicht über­ra­schen, wenn damit die wirt­schaft­li­che Situa­ti­on in der Euro­zo­ne neu­er­lich belas­tet wür­de – mit all den nega­ti­ven Kon­se­quen­zen für alle Mit­glied­staa­ten. Trotz­dem ist nicht aus­zu­schlie­ßen, dass der Kurs in der Euro­zo­ne wie in Spa­ni­en selbst unver­än­dert bleibt und auch in den nächs­ten 100 Tagen Amts­zeit der neu­en spa­ni­schen Regie­rung ein wei­te­res Spar­pa­ket ver­ab­schie­det wird um die euro­päi­schen Vor­ga­ben ein­zu­hal­ten. Schließ­lich geht es ja um die Glaub­wür­dig­keit der euro­päi­schen Austeritätspolitik …

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Buchrezension: Reinhard Bispinck/Thorsten Schulten/Peeter Raane (Hrsg.): Wirtschaftsdemokratie und expansive Lohnpolitik – Zur Aktualität von Viktor Agartz

Mai. 4th 2009 — 20:49

Wer war Vik­tor Agartz, wel­che wirt­schafts­po­li­ti­schen Kon­zep­te ver­trat er, und sind sei­ne Über­le­gun­gen heu­te noch rele­vant? Ein kürz­lich erschie­ne­ner Tagungs­band wid­met sich die­sen Fra­gen, und weist auf die Aktua­li­tät „klas­si­scher“ sozi­al­de­mo­kra­ti­scher Wirt­schafts­po­li­tik hin.

 

Vik­tor Agartz

 

Vik­tor Agartz (1897–1964) gilt als einer der ein­fluss­reichs­ten und bedeu­tends­ten Wirtschaftspolitiker/​innen der west­deut­schen Gewerk­schaf­ten und Sozi­al­de­mo­kra­tie in der Nach­kriegs­zeit. Im Zen­trum sei­ner Über­le­gun­gen stand die sozia­le und demo­kra­ti­sche Neu­ge­stal­tung der BRD nach dem Zwei­ten Welt­krieg. Zu Agartz’ wich­tigs­ten Kon­zep­ten gehö­ren die expan­si­ve Lohn­po­li­tik und die Wirtschaftsdemokratie.

 

In einem kürz­lich erschie­ne­nen Sam­mel­band zu einer Tagung des Wirt­schafts- und Sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen Insti­tuts (WSI) in der Hans-Böck­ler-Stif­tung und der Rosa-Luxem­burg-Stif­tung NRW anläss­lich des 110. Geburts­tags von Vik­tor Agartz wird argu­men­tiert, dass des­sen zen­tra­le Über­le­gun­gen heu­te noch von Rele­vanz sind.

 

Expan­si­ve Lohnpolitik

 

 

Für Agartz ist „jede expan­die­ren­de Wirt­schaft von der Gefahr bedroht, dass die Nach­fra­ge hin­ter dem Waren­an­ge­bot zurück­bleibt“ (S. 154). Die Lohn­po­li­tik ist in Agartz’ Vor­stel­lung nicht ein­fach pro­duk­ti­vi­täts­ori­en­tiert, son­dern ver­sucht, „die wirt­schaft­li­che Expan­si­on von sich aus zu for­cie­ren, um durch bewuss­te Kauf­kraft­stei­ge­rung eine Aus­wei­tung der Pro­duk­ti­on her­aus­zu­for­dern“ (S. 154). Zugleich wir­ke die­se expan­si­ve Lohn­po­li­tik als Struk­tur­peit­sche, wel­che die Unter­neh­men zu höhe­rer Pro­duk­ti­vi­tät zwin­ge. Agartz war stets auf die gewerk­schaft­li­che Auto­no­mie bedacht, und plä­dier­te gegen die Unter­ord­nung gewerk­schaft­li­cher Tarif­po­li­tik unter ande­re Zie­le, denn der Lohn sei „immer ein poli­ti­scher Lohn“.

 

Gleich­zei­tig sah er in der expan­si­ven Lohn­po­li­tik aber kei­ne ego­is­ti­sche Inter­es­sens­po­li­tik, son­dern eine wachs­tums­för­dern­de struk­tur­po­li­ti­sche Erwei­te­rung der damals keyne­sia­nisch gepräg­ten Vor­stel­lun­gen des öko­no­mi­schen Main­stream. Gegen die Kri­tik, dass Lohn­er­hö­hun­gen über den Pro­duk­ti­vi­täts­spiel­raum hin­aus eine Lohn-Preis-Spi­ra­le in Gang set­zen, wand­te Agartz ein, dass die Preis­set­zung der Unter­neh­men nicht durch voll­kom­me­ne Kon­kur­renz deter­mi­niert sei, son­dern der jewei­li­gen Macht­kon­stel­la­ti­on fol­ge. Es sei „Sache einer Regie­rung, Preis­stei­ge­run­gen durch eine akti­ve Preis­po­li­tik zu mil­dern oder zu ver­hü­ten.“ (S. 154) Expan­si­ve Lohn­po­li­tik sei des­halb ein Instru­ment zur Begren­zung der Monopolrenten.

 

Wirt­schafts­de­mo­kra­tie

 

Nach der Kata­stro­phe des Zwei­ten Welt­kriegs stand die Grün­dung einer neu­en demo­kra­ti­schen Gesell­schafts­ord­nung an. Für Agartz soll­te die Demo­kra­tie aus drei Grün­den nicht an den Fabriks­to­ren enden: Ers­tens sta­bi­li­sie­re Wirt­schafts­de­mo­kra­tie die stets gefähr­de­te poli­ti­sche Demo­kra­tie. Zwei­tens ermög­li­che sie die Ent­wick­lung der for­ma­len zur leben­di­gen Demo­kra­tie. Und drit­tens beför­de­re sie die Eman­zi­pa­ti­on der Lohn- und Gehaltsempfänger/​innen von Untertan/​innen zu selbst­be­wuss­ten Bürger/​innen.

 

Agartz’ Kon­zept der Wirt­schafs­de­mo­kra­tie beinhal­te­te die Ver­ge­sell­schaf­tung der Schlüs­sel­in­dus­trien und von unten nach oben orga­ni­sier­te, demo­kra­ti­sche Pla­nungs­in­sti­tu­tio­nen, wel­che einen volks­wirt­schaft­li­chen Rah­men­plan aus­ar­bei­ten sol­len. Er sah wei­ters eine pari­tä­ti­sche Beset­zung und Demo­kra­ti­sie­rung der Auf­sichts- und Kon­troll­be­hör­den sowie der Wirt­schafts­kam­mern vor. Zen­tral ist zudem die Aus­wei­tung der pari­tä­ti­schen Mit­be­stim­mung auf alle pri­va­ten und öffent­li­chen Betrie­be. Schließ­lich befür­wor­te­te Agartz eine stär­ke­re Regu­lie­rung der Märk­te. Ziel Agartz’ war die Sozia­li­sie­rung der Unternehmer/​innen/​funktion, nicht aber die Abschaf­fung der Marktwirtschaft.

 

Wirt­schafts­po­li­tik in der glo­ba­len Krise

 

Die Bei­trä­ge des Sam­mel­ban­des dis­ku­tie­ren enga­giert Agartz’ Kon­zep­te und die Fra­ge ihrer heu­ti­gen Rele­vanz, da sie aber vor der aktu­el­len Kri­se geschrie­ben wur­den, gehen sie nicht auf die mitt­ler­wei­le stark ver­än­der­te Situa­ti­on der Welt­wirt­schaft ein. Die­se unter­streicht aber nur die not­wen­di­ge Abkehr von neo­li­be­ra­len Denk­mus­tern, „klas­si­sche“ sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Wirt­schafts­po­li­tik erscheint vor die­sem Hin­ter­grund wie­der modern. Aber auch wenn neu­er­dings alle Keynesianer/​innen sei­en, ist vie­ler­orts doch nur ein rudi­men­tä­rer Keynes angekommen.

 

Die glo­ba­le Wirt­schafts­leis­tung befin­det sich im frei­en Fall, die USA wer­den ihre bis­he­ri­ge Rol­le als Haupt­ab­neh­me­rin von Pro­duk­ten export­ori­en­tier­ter Län­der mit­tel­fris­tig nicht län­ger spie­len kön­nen. Stei­gen­de Arbeits­lo­sig­keit erhöht den Druck auf die Löh­ne, was zu einem wei­tern Weg­bre­chen der Nach­fra­ge führt. Im schlimms­ten Fall mün­det die­se Ent­wick­lung in eine Defla­ti­ons­spi­ra­le und Depres­si­on. Soll dies ver­mie­den wer­den, muss der län­ger anhal­ten­de Nach­fra­ge­aus­fall von Sei­ten der USA durch expan­si­ve Finanz- und Lohn­po­li­tik insb. in Län­dern mit Han­dels­bi­lanz­über­schüs­sen – v.a. Chi­na, Japan, Deutsch­land sowie eini­ge klei­ne­re EU-Staa­ten – kom­pen­siert wer­den. Aus makro­öko­no­mi­scher Sicht sind höhe­re staat­li­che Inves­ti­ti­ons- und Kon­sum­aus­ga­ben, sowie eine sta­bi­li­sie­ren­de Lohn­po­li­tik unab­ding­bar zur Ein­gren­zung die­ser „Jahr­hun­dert­kri­se“.

 

In die­ser Hin­sicht sind die im Buch dis­ku­tier­ten lohn­po­li­ti­schen Vor­stel­lun­gen aktu­el­ler denn je. Und auch wirt­schafts­de­mo­kra­ti­sche Über­le­gun­gen gewin­nen in die­sem Umfeld an Charme. Ein wich­ti­ger Kon­tra­punkt gegen die Kurz­fris­tori­en­tie­rung der Finanzmarktakteur/​innen im Betrieb kann die Stär­kung der Mit­be­stim­mung sein. Und was spricht gegen die Aus­wei­tung von Mit­be­stim­mungs- und Demo­kra­tie­ele­men­ten in öffent­li­chen Betrie­ben und Regu­lie­rungs­be­hör­den? War­um soll­ten Betrie­be, die öffent­li­che Hilfs­gel­der in Anspruch neh­men, nicht auf eine demo­kra­tisch bestimm­te Sozi­al­char­ta ver­pflich­tet werden?

 

Wirt­schafts­de­mo­kra­tie und expan­si­ve Lohn­po­li­tik – Zur Aktua­li­tät von Vik­tor Agartz“ von Rein­hard Bispinck/​Thorsten Schulten/​Peeter Raa­ne (Hrsg.) ist 2008 im VSA-Ver­lag Ham­burg erschie­nen. Es umfasst 244 Sei­ten und kos­tet 17,80 EUR.

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Was hat die Finanzkrise mit der Einkommensverteilung zu tun?

April. 22nd 2009 — 14:37

Seit den frü­hen 80er Jah­ren ist es zu dra­ma­ti­schen Ver­än­de­run­gen in der Ein­kom­mens­ver­tei­lung gekom­men. In den meis­ten Län­dern hat sich die Ein­kom­mens­ver­tei­lung pola­ri­siert – die Rei­chen sind rei­cher und die Armen (rela­tiv) ärmer gewor­den. In prak­tisch allen Län­dern ist die Lohn­quo­te, d.h. der Anteil der Löh­ne und Gehäl­ter am Volks­ein­kom­men gesun­ken, in Öster­reich seit 1980 gar um mehr als 15 %. Schlimm, aber was hat das mit der Finanz­kri­se zu tun?

Auf den ers­ten Blick wenig, mag es schei­nen. Die Finanz­kri­se wur­de ver­ur­sacht durch die Dere­gu­lie­rung der Finanz­märk­te: Ban­ken bün­del­ten Hypo­the­kar­kre­di­te, tran­chier­ten sie und ver­kauf­ten sie; unre­gu­lier­te Hedge Fonds ver­schul­de­ten sich gewal­tig und waren damit kri­sen­an­fäl­lig; star­ke Kapi­tal­zu­flüs­se in die USA, die die­se zur Deckung ihres Leis­tungs­bi­lanz­de­fi­zits benö­tig­ten, finan­zier­ten die Spe­ku­la­ti­on … So, oder so ähn­lich sind die gän­gi­gen Kri­sen­er­klä­run­gen – alles Ent­wick­lun­gen eines außer Rand und Band gera­te­nen Finanzsektors.

Kor­rekt, aber der Fokus auf die Fehl­ent­wick­lun­gen im Finanz­sek­tor droht dahin­ter­lie­gen­de struk­tu­rel­le Ursa­chen aus dem Bewusst­sein zu ver­drän­gen – und die haben viel mit der Ver­än­de­rung der Ein­kom­mens­ver­tei­lung zu tun.

Für den Groß­teil der Haus­hal­te sind Lohn­ein­kom­men die Haupt­ein­kom­mens­quel­le. Aus ihnen wird der Gross­teil der Kon­sum­aus­ga­ben finan­ziert. Blei­ben die Löh­ne hin­ter dem Pro­duk­ti­vi­täts­wachs­tums zurück, so wird weni­ger kon­su­miert. Öko­no­me­tri­sche Schät­zun­gen erge­ben, dass Eine Umver­tei­lung von 100 € von den Pro­fi­ten zu den Löh­nen zu rund 30 bis 40 € mehr Kon­sum­aus­ga­ben führt.

Eine nied­ri­ge­re Lohn­quo­te bedeu­tet defi­ni­ti­ons­ge­mäß eine höhe­re Pro­fit­quo­te. Und höhe­re Pro­fi­te füh­ren zu mehr Inves­ti­tio­nen. Kom­pen­sie­ren die höhe­ren Inves­ti­ti­ons­aus­ga­ben nicht die gesun­ke­nen Kon­sum­aus­ga­ben? Nein; zwar füh­ren höhe­re Gewin­ne tat­säch­lich zu mehr Inves­ti­tio­nen, aber in einem beschei­de­nen Aus­maß. 100 € höhe­re Gewin­ne füh­ren zu rund 10 € höhe­ren Investitionen.

Kurz, die hei­mi­sche Nach­fra­ge sta­gniert, wenn die Löh­ne nicht stei­gen. Ver­schie­de­ne Län­der ent­wi­ckel­ten unter­schied­li­che Stra­te­gien damit umzu­ge­hen. Etli­che Län­der, z.B. Deutsch­land und Japan, haben das schwa­che Wachs­tum der hei­mi­schen Nach­fra­ge durch Export­über­schüs­se kompensiert.

Das Pro­blem: es kön­nen nicht alle Län­der gleich­zei­tig Export­über­schüs­se erzie­len. Jedem Leis­tungs­bi­lanz­über­schuß muss ein Leis­tungs­bi­lanz­de­fi­zit in einem ande­ren Land gegen­über­ste­hen. Irgend­wer muss impor­tie­ren. Es waren die angel­säch­si­schen Län­dern, allen vor­an die USA, die sich als Wachs­tums­mo­tor der Welt­wirt­schaft eta­blier­ten. Waren in die­sen Län­dern die Löh­ne etwa stär­ker gewach­sen? Nein, im gros­sen und gan­zen nicht. Auf­grund ihres Immo­bi­li­en­mark­tes und ihres Finanz­sys­tem ent­wi­ckel­ten die­se Län­der mit der Dere­gu­lie­rung des Finanz­sek­tors ein schein­bar bril­lan­tes Sys­tem der Nach­fra­ge­an­kur­be­lung: der Kon­sum wur­de kre­dit­fi­nan­ziert und die Kre­di­te durch stei­gen­de Immo­bi­li­en­prei­se besi­chert. Die­ses kre­dit-finan­zier­te Wachs­tums ging gut, solan­ge die Haus­prei­se wei­ter stie­gen. Als die­se zu fal­len began­nen, began­nen auch die Ban­ken zu krachen. 

Wie finan­zier­ten die Ban­ken eigent­lich die­ses Kre­dit­wachs­tum? Größ­ten­teils nicht über Ein­la­gen, son­dern indem sie die Kre­di­te wei­ter­ver­kauf­ten, teils in Form recht kom­pli­zier­ter Wert­pa­pie­re. Und wer kauf­te eigent­lich die­se Papie­re? Zu einem Teil inter­na­tio­na­le Anle­ger. Das muß so sein: ein Land das Export­über­schüs­se (an Gütern) hat, muß auch Kapi­tal expor­tie­ren. Indi­rekt finan­zier­ten damit Chi­na, Japan und Deutsch­land die Kre­di­te für die Immo­bi­li­en­bla­se. In einem ver­nünf­ti­gen Wech­sel­kurs­sys­tem hät­ten der US-Dol­lar schon vor Jah­ren abwer­ten müs­sen. Aber im heu­ti­gen Sys­tem sind die Wech­sel­kur­se den Märk­ten über­las­sen. Die Aus­sen­han­dels­un­gleich­wich­te konn­ten damit in unge­wohn­te Höhen steigen. 

Fas­sen wir also zusam­men: Eini­ge Län­der, in denen wegen Lohn­zu­rück­hal­tung die hei­mi­sche Nach­fra­ge schwä­chelt, expor­tie­ren fleis­sig und finan­zie­ren mit ihren Kapi­tal­ex­por­ten die Kre­dit­ge­ne­rie­rung in jene Län­der, wo die Haus­hal­te fleis­sig ein­kau­fen, was sie sich wegen des gerin­gen Lohn­wachs­tums gar nicht leis­ten kön­nen und daher über Kre­di­te finan­zie­ren müs­sen. Ins­ge­samt ein per­ver­ses Sys­tem. Mög­lich wur­de all dies durch die Dere­gu­lie­rung des Finanz­sys­tems, aber auch durch eine Pola­ri­sie­rung der Einkommensverteilung.

Und die Moral von der Geschicht? Eine Reform des Finanz­sys­tems kann daher nur ein Teil der Repa­ra­tur des Sys­tems sein. Der ande­re Bereich der der Repa­ra­tur bedarf ist die Lohn- und Ver­tei­lungs­po­li­tik. Erst wenn die Löh­ne wie­der mit der Pro­duk­ti­vi­tät wach­sen ist ein wirt­schaft­li­ches Gleich­ge­wicht mög­lich, das ohne spe­ku­la­ti­ve Bla­sen und stei­gen­de Haus­halts­ver­schul­dung auskommt. 

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